TE OGH 2011/1/19 3Ob226/10x

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Veröffentlicht am 19.01.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei K***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 355 EO, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 1. September 2010, GZ 47 R 286/10x-9, womit ua über Rekurs der betreibenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 20. Jänner 2010, GZ 23 E 7096/09p-4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einbeziehung der in Teilrechtskraft erwachsenen Aussprüche insgesamt zu lauten hat:

„I. Auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses des Handelsgerichts Wien vom 15. April 2008, GZ 10 Cg 46/08g-31, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Erwirkung der Unterlassung „es im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb periodischer Druckwerke, insbesondere der Tageszeitung „K*****“, zu unterlassen, einen nicht zutreffenden zeitlichen Vorsprung ihrer redaktionellen Berichterstattung zu behaupten und/oder zu verbreiten, insbesondere zu behaupten, dass die „K*****“ das erste Interview mit Skiläufer L***** nach seinem folgenschweren Sturz veröffentlicht hätte,“ die Exekution bewilligt.

1. Die verpflichtete Partei hat nach Eintritt der Vollstreckbarkeit dieses Exekutionstitels diesem durch die in der Ausgabe der „K*****“ vom 24. September 2009 auf Seite 40 im Artikel mit der Überschrift „'K*****' holt die Superstars: U2 landen endlich in Wien“ aufgestellte Behauptung, dass „K*****“-Leser exklusiv als Erste vom U2 Konzert am 30. August 2010 im Wiener Ernst-Happel-Stadion erfahren würden, obwohl zeitgleich auch andere Medien darüber berichteten, zuwidergehandelt.

2. Der Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Exekution auch wegen des Umstands, die verpflichtete Partei habe weiters nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des oben angeführten Exekutionstitels diesem durch die in der Ausgabe der „K*****“ vom 14. Oktober 2009 auf Seite 3 im Artikel mit dem Titel „NÖ-Landeshauptmann tritt zwar nicht selbst an, sagt aber: 'ÖVP muss gegen Heinz F***** eigenen Kandidaten aufstellen'“ aufgestellte Behauptung, die „K*****“ habe exklusiv darüber berichtet, dass der Ruf aus Niederösterreich, Erwin P***** möge nach der von ihm so erfolgreich geschlagenen Wahl 2008 mit über 54 Stimmenanteil doch in seinem Bundesland bleiben, immer lauter geworden sei, obwohl zeitgleich auch andere Medien darüber berichteten, zuwidergehandelt, wird abgewiesen.

II. Auf Antrag der betreibenden Partei wird daher aus Anlass der Bewilligung der Exekution gemäß 355 Abs. 1 EO für den unter Punkt I.1. dargestellten Verstoß eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 EUR über die verpflichtete Partei verhängt.“

Der betreibenden Partei werden die mit 1.021,96 EUR bestimmten Kosten der Exekutionsbewilligung (darin enthalten 133 EUR an Barauslagen und 148,16 EUR an USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 455,86 EUR bestimmten Kosten ihres Rekurses (darin enthalten 144 EUR an Barauslagen und 51,98 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 2.360,64 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin enthalten 326,94 EUR an USt und 399 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die verpflichtete Partei wird mit ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen, ebenso die betreibende Partei mit ihrer Kostenrekursbeantwortung.

Text

Begründung:

Die Verpflichtete ist aufgrund des im Spruch genannten Exekutionstitels schuldig, es im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb periodischer Druckwerke, insbesondere der Tageszeitung „K*****“, zu unterlassen, einen nicht zutreffenden zeitlichen Vorsprung ihrer redaktionellen Berichterstattung zu behaupten und/oder zu verbreiten.

In ihrem Exekutionsantrag vom 27. Oktober 2009 brachte die Betreibende vor, die Verpflichtete habe dem nach Eintritt der Vollstreckbarkeit zuwider gehandelt, indem sie am 24. September 2009 in der „K*****“ einen Artikel veröffentlicht habe, worin die Behauptung aufgestellt werde, „K*****-Leser“ würden die Sensation eines U2-Konzerts in Wien „exklusiv als Erste“ erfahren. Tatsächlich habe aber auch die Betreibende in ihrer Ausgabe vom 24. September 2009 darüber berichtet. Weiters habe die Verpflichtete am 14. Oktober 2009 in der „K*****“ einen Artikel veröffentlicht, in dem sie behauptet habe, sie hätte darüber, dass der Ruf an Landeshauptmann Erwin P*****, in Niederösterreich zu bleiben, immer lauter geworden wäre, „exklusiv berichtet“ und damit einen zeitlichen Vorsprung ihrer Berichterstattung in Anspruch genommen. Dies sei unrichtig, die „K*****“ habe über dieses Thema nicht exklusiv berichtet.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution nach § 355 EO nur teilweise wegen des Verstoßes vom 24. September 2009. Es verhängte eine Geldstrafe von 2.000 EUR über die Verpflichtete. Der Begriff „exklusiv“ ziele nicht auf eine zeitliche Dimension ab und stelle deswegen auch keinen Verstoß gegen den Exekutionstitel dar.

Dagegen richtete sich der Rekurs der Betreibenden, mit dem sowohl die verhängte Geldstrafe als zu gering bemängelt und eine solche von je 10.000 EUR angestrebt, als auch die Verneinung des weiteren Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot bekämpft wurde. Die Verpflichtete erhob einen Kostenrekurs.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge, erachtete auch den zweiten geltend gemachten Verstoß als gegeben und verhängte für beide Verstöße eine Geldstrafe von 10.000 EUR. Den Entscheidungsgegenstand bewertete es mit 5.000, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs zu. Mit ihrem Kostenrekurs wurde die Verpflichtete ebenso wie die Betreibende mit ihrer Kostenrekursbeantwortung auf die Rekursentscheidung verwiesen. Die Betreibende habe auch den zweiten Verstoß in der erforderlichen Bestimmtheit konkret umschrieben. Die Behauptung einer „exklusiven“ Berichterstattung beinhalte auch die Behauptung eines zeitlichen Vorsprungs. Wer „exklusiv“ berichte, berichte auch als Erster. Nicht erforderlich sei es, dass bereits im Exekutionsantrag ein konkretes Vorbringen zu früheren Berichten anderer Medien erstattet werde. Es reiche die Behauptung, andere Medien hätten früher berichtet. Der betreibende Gläubiger sei nämlich nicht verpflichtet, seine Behauptung zu bescheinigen. Die Geldstrafe sei im Hinblick auf den zweifachen Verstoß unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Verpflichteten mit 10.000 EUR zu bemessen.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, da keine Rechtsprechung vorliege, ob die Tatsachen aus denen sich die Unrichtigkeit einer verbotenen Behauptung ergebe, bereits im Exekutionsantrag konkret zu behaupten seien.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Verpflichteten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen. Inhaltlich setzt sich das Rechtsmittel allerdings mit keinem Wort mit der vom Rekursgericht vorgenommenen Bemessung der (Gesamt-)Geldstrafe auseinander; vielmehr wendet sich die Verpflichtete gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichts, die Behauptungen der Betreibenden zum zweiten Verstoß wären ausreichend gewesen. Das Bestimmtheitserfordernis gebiete es, dass der Betreibende zumindest ein Medium konkret und schlüssig benenne, welches über jenes Thema, für das der Verpflichtete einen zeitlichen Vorsprung in der Berichterstattung in Anspruch nehme, zumindest zeitgleich berichtet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Die betreibende Partei hat schon im Exekutionsantrag nach § 355 EO konkrete Behauptungen über das angebliche Zuwiderhandeln des Verpflichteten aufzustellen, während die bloße allgemeine Behauptung eines Zuwiderhandelns nicht genügt (RIS-Justiz RS0004808). Sie muss im Exekutionsantrag konkret und schlüssig behaupten, dass und wie der Verpflichtete dem Exekutionstitel nach Eintritt der Vollstreckbarkeit zuwider gehandelt hat; es muss zumindest ein konkreter Verstoß gegen das Unterlassungsgebot angeführt werden, damit geprüft werden kann, ob dieses im konkreten Fall verletzt oder eingehalten wurde (3 Ob 215/02t = SZ 2002/178). Eine konkrete und schlüssige Behauptung erfordert in der Regel nähere Angaben über Zeit, Ort und Art (Beschaffenheit) des Zuwiderhandelns (RIS-Justiz RS0000709 [T14]). Etwas anderes gilt nur, wenn die relevanten Tatsachen offenkundig sind (RIS-Justiz RS0004692 [T1]).

Demgegenüber braucht der betreibende Gläubiger das Zuwiderhandeln des Verpflichteten nicht zu beweisen oder zu bescheinigen; die Behauptung über das Zuwiderhandeln des Verpflichteten ist also auf ihre inhaltliche Richtigkeit nicht zu überprüfen (RIS-Justiz RS0004808 [T11]; RS0000709 [T12]).

2. Nach dem hier zu beurteilenden Exekutionstitel liegt ein Verstoß dagegen vor, wenn die Verpflichtete „einen nicht zutreffenden zeitlichen Vorsprung ihrer redaktionellen Berichterstattung“ behauptet und/oder verbreitet. Da die bloße allgemeine Behauptung eines Zuwiderhandelns nicht genügt, sondern konkret dargestellt werden muss, wie der Verpflichtete dem Exekutionstitel nach Eintritt der Vollstreckbarkeit zuwider gehandelt hat, bedarf es hier auch jener Behauptungen, aus denen sich schlüssig ergibt, dass die Behauptung/Verbreitung eines zeitlichen Vorsprungs durch die Verpflichtete unzutreffend ist. Nur in diesem Fall wird ja gegen das Verbot im Exekutionstitel verstoßen. Zur Veranschaulichung und Verwirklichung eines solchen Verstoßes war daher auch die Behauptung notwendig, wer zumindest gleichzeitig mit der Verpflichteten (ebenso) zum selben Thema berichtete. Dem kam die Betreibende zum ersten Verstoß vom 24. September 2009 nach, nicht jedoch für den zweiten Verstoß vom 14. Oktober 2009.

Diese mangelnde Schlüssigkeit der Antragsbehauptungen rechtfertigt ungeachtet des § 54 Abs 3 EO kein Verbesserungsverfahren (3 Ob 162/05b = RIS-Justiz RS0120139 = SZ 2005/115). Daher hat das Erstgericht zu Recht nur den Artikel vom 24. September 2009 als Verstoß gegen das Unterlassungsangebot angesehen, weshalb insofern der Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen war.

3. Es erachtete dafür eine Geldstrafe von 2.000 EUR für angemessen, während das Rekursgericht für die von ihm angenommenen zwei Verstöße eine solche von 10.000 EUR aussprach. Mangels näherer Ausführungen zur Zusammensetzung dieses Gesamtbetrags, ging es erkennbar davon aus, jeder Verstoß sei mit einer Geldstrafe von 5.000 EUR zu ahnden, womit es dem Rekurs der Betreibenden auch zum Ausmaß der Geldstrafe geringfügig Folge gab. Dies blieb von der Verpflichteten im Revisionsrekurs inhaltlich gänzlich unbekämpft, weshalb von der Angemessenheit der Geldstrafe von 5.000 EUR ausgegangen werden kann.

4. Die Kostenentscheidung zur Exekutionsbewilligung stützt sich auf § 74 EO, der
- abgesehen von einem hier in erster Instanz nicht vorliegenden Zwischenstreit - nur einen Kostenersatzanspruch des Betreibenden vorsieht. Daher kommt eine Entlohnung der Äußerung der Verpflichteten schon deshalb nicht in Betracht.

Jene zum Rekursverfahren beruht auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Der Rekurs der Betreibenden war nur hinsichtlich der Erhöhung der Geldstrafe um 3.000 EUR erfolgreich, weshalb sie auf dieser Basis Anspruch auf Kostenersatz hat.

Die Kostenersatzverpflichtung der Betreibenden für den im Zwischenstreit erfolgreichen Revisionsrekurs der Verpflichteten ergibt sich aus § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO (RIS-Justiz RS0002189). Wegen der Bestimmung der erstinstanzlichen Kosten mit dieser Entscheidung sind die Verpflichtete mit ihrem Kostenrekurs und die Betreibende mit ihrer Kostenrekursbeantwortung auf diesen Beschluss zu verweisen.

Schlagworte

5 Exekutionssachen,

Textnummer

E96272

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00226.10X.0119.000

Im RIS seit

24.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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