TE OGH 2011/1/25 14Os145/10w

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Veröffentlicht am 25.01.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 12. Juli 2010, GZ 36 Hv 36/10h-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Sperker, der Angeklagten Manfred P*****, Christoph S*****, Manuel H***** und Erich R***** sowie deren Verteidiger Mag. Baum, Dr. Wolf, Mag. Perl und Dr. Pfeifer zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Freispruch A des Angeklagten Manfred P***** sowie hinsichtlich sämtlicher Angeklagten im jeweiligen Schuldspruch wegen des Vergehens der Datenbeschädigung nach § 126a Abs 1 StGB (II) und demzufolge auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Manfred P***** fallen auch die auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Manfred P***** und Christoph S***** jeweils des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB (I) sowie mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV), Manuel H***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB (I/B) sowie Erich R***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB (I/A, B, E, F) und des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 zweiter Satz StGB (III) und sämtliche Angeklagte jeweils des Vergehens der Datenbeschädigung nach § 126a Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben, soweit für die amtswegige Maßnahme (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) von Bedeutung,

II) Manfred P*****, Christoph S*****, Manuel H***** und Erich R***** zwischen 9. März 2009 und 14. September 2009 in Neunkirchen Verfügungsberechtigte des V***** dadurch geschädigt, dass sie automationsunterstützt verarbeitete Daten, über die sie nicht verfügen durften, unterdrückten, indem sie die als Speichermedium fungierenden Laptops widerrechtlich an sich nahmen und behielten.

Hingegen wurde Manfred P***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar

A) Ende Oktober 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christoph S***** der M***** GmbH 500 Euro durch Aufsperren eines Hallentors mit einem gestohlenen Schlüssel und Aufbrechen eines Metallspinds (Faktum I/C/2/b der Anklage) sowie

B) im September oder Oktober 2009 in Neunkirchen dem Jürgen S***** eine Flasche Rum durch Aufzwängen eines Fensters seines Imbisslokals (Faktum I/E der Anklage),

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft den Freispruch A des Manfred P***** und strebt stattdessen eine Verurteilung wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 „Abs 1“ und Abs 4 dritter Fall StGB an.

Vorweg ist festzuhalten, dass sich die Nichtannahme „hehlereimäßigen Verhaltens“ im Rahmen der Beweiswürdigung auf US 15 ausschließlich auf den Einbruch des Erich R***** zum Nachteil des Jürgen S***** bezieht (I/E) und damit lediglich den von der Anfechtung unberührt gelassenen Freispruch B betrifft.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) der Staatsanwaltschaft, die mit Blick auf § 262 StPO den Freispruch A des  Manfred P***** betreffend einen Feststellungsmangel geltend macht, kommt Berechtigung zu.

Sie zeigt nämlich zutreffend das Fehlen von Konstatierungen dahingehend auf, dass Manfred P***** nach dem von den Tatrichtern Christoph S***** allein angelasteten Einbruch im Wissen um die Herkunft der Sache aus dieser hehlereitauglichen Vortat Beuteteile an sich gebracht hat, obwohl die im Einklang stehenden Aussagen der Angeklagten Christoph S***** und Manfred P***** in der Hauptverhandlung (ON 55 S 15 und S 25), wonach dieser gewusst habe, dass jener zu M***** einbrechen gehen werde und nach „so“ einem Einbruch einmal 70 Euro aus der Beute übernommen habe, dies indizierten.

Sollte das ins Treffen geführte Beweisergebnis als erwiesen angesehen werden, wären derartige Feststellungen geeignet, die von der Staatsanwaltschaft angestrebte, aber vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz in objektiver und subjektiver Hinsicht zu begründen.

Mangels Behebbarkeit des aufgezeigten Feststellungsmangels durch den Obersten Gerichtshof ist eine Aufhebung des Urteils im Freispruch A des Angeklagten Manfred P***** und demnach in diesem Umfang eine neue Verhandlung und Entscheidung in erster Instanz nicht zu vermeiden.

Demzufolge erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Mängelrüge (Z 5).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof (hinsichtlich aller Angeklagten) den unangefochten gebliebenen Schuldspruch II betreffend - in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur - davon überzeugt, dass diesem der von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Diesbezüglich erschöpfen sich die Konstatierungen in der Annahme, dass die Angeklagten anlässlich zweier Diebstahlsangriffe zum Nachteil des V***** jeweils einen Laptop erbeuteten und so die darauf gespeicherten Programme und Daten unterdrückten (US 14).

Nachdem Feststellungen zur subjektiven Tatseite des als Vorsatzdelikt konzipierten Vergehens der Datenbeschädigung (Fabrizy, StGB10 § 126a Rz 2) fehlen, vermögen die Urteilsannahmen den Schuldspruch nicht zu tragen.

Demnach war das Urteil in sämtlichen zu II ergangenen Schuldsprüchen und demzufolge auch in den Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang ebenso zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Aufgrund der Aufhebung der Sanktionsaussprüche ist die Berufung der Staatsanwaltschaft gegenstandslos.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Manfred P***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO, sie erstreckt sich nicht auf das amtswegige Vorgehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

Im zweiten Rechtsgang wird vom Erstgericht § 262 StPO zu beachten und werden die Beteiligten demgemäß auch zum allenfalls geänderten rechtlichen Gesichtspunkt zu hören sein (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 542 f).

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96388

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00145.10W.0125.000

Im RIS seit

12.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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