TE OGH 2011/2/17 11Os154/10x

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Veröffentlicht am 17.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erhard S***** und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall; 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Markus L***** sowie die Berufung des Angeklagten Gernot H***** gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 16. September 2010, GZ 23 Hv 26/10v-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, im den Angeklagten Markus L***** betreffenden Umfang zur Gänze und hinsichtlich der Angeklagten Erhard S***** sowie Gernot H***** im Schuldspruch I, demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufgehoben, diesbezüglich eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten L***** und H***** auf die Kassation der Strafaussprüche verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Angeklagten Erhard S***** und Gernot H***** enthält - wurde Markus L***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (I), des Vergehens (richtig: der Vergehen) der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 dritter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB (III 1) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall; 15 StGB (III 2) schuldig erkannt.

Danach haben

I) Erhard S*****, Markus L***** und Gernot H***** zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2008 in Salzburg „oder andernorts“ eine kriminelle Vereinigung, nämlich einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung wiederholte Verbrechen nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB ausgeführt werden, gegründet bzw sich an der kriminellen Vereinigung als Mitglieder beteiligt, indem sie die unter II 1 bis IV 2 angeführten strafbaren Handlungen begingen,

II) Erhard S*****

1) zu nachstehenden Zeiten in Salzburg falsche inländische öffentliche Urkunden und falsche ausländische öffentliche Urkunden, die durch Gesetz (§ 2 Abs 4 Z 4 FPG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, im Rechtsverkehr zum Beweis „eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder“ einer Tatsache gebraucht, und zwar

1.1 am 28. August 2008 den gefälschten deutschen Personalausweis lautend auf Udo Si*****, geboren am 4. August 1969 in Töging, mit der Nummer *****, ausgestellt am 26. Mai 1999 vom Kreisverwaltungsreferat München und versehen mit seinem Lichtbild sowie die gefälschte Meldebestätigung des Magistrats der Stadt Salzburg lautend auf Udo Si*****, geboren am 4. August 1969, durch Vorlage gegenüber Verantwortlichen der O***** AG, Geschäftsstelle *****, zur Eröffnung des Kontos mit der Nummer *****.

1.2 am 18. September 2008 den gefälschten deutschen Personalausweis lautend auf Thomas Lo*****, geboren am 30. August 1969 in Glatten, mit der Nummer *****, ausgestellt am 26. Mai 1999 vom Kreisverwaltungsreferat München und versehen mit seinem Lichtbild, durch Vorlage gegenüber Verantwortlichen der Sa***** AG, Geschäftsstelle *****, zur Eröffnung des Kontos mit der Nummer *****,

2) im Zeitraum 21. bis 25. November 2008 in Sch***** und andernorts in 52 - im Ersturteil näher beschriebenen - Angriffen mit dem Vorsatz, sich und die anderen Mitglieder der kriminellen Vereinigung durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von derartigen Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte diverser Bankinstitute durch die Vorgabe, der Kontoführungsberechtigte der jeweiligen Kontoverbindung, der Auftraggeber der Überweisung und zur Durchführung von Banküberweisungen berechtigt zu sein, und durch die Verwendung von Überweisungsscheinen, auf denen die Unterschrift und die Stampiglien der Kontoführungsberechtigten gefälscht worden waren, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung von gefälschten Urkunden, zur Überweisung von Geldbeträgen von den Konten der vorgeblichen Auftraggeber der Überweisungen auf die durch die unter II 1) 1.1 und 1.2 angeführten strafbaren Handlungen eröffneten Konten, sohin zu Handlungen verleitet, wodurch den Bankinstituten oder den Kontoberechtigten ein den Betrag von 50.000 Euro übersteigender Schaden entstanden ist oder, da es teilweise beim Versuch blieb, hätte entstehen sollen.

III) Markus L*****

1) dadurch, dass er unter Verwendung des deutschen Personalausweises von Erhard S***** mit der Nummer *****, ausgestellt am 26. Mai 1999 vom Kreisverwaltungsreferat München, zwei falsche, auf die Namen Thomas Lo*****, geboren am 30. August 1969 in Glatten, und Udo Si*****, geboren am 4. August 1969 in Töging, lautende, jeweils mit dem Lichtbild des Erhard S***** versehene, deutsche Personalausweise herstellen ließ und S***** aufforderte, bei Banken unter Verwendung der gefälschten Identitäten Udo Si***** und Thomas Lo***** Konten zu eröffnen, zur Ausführung der unter Punkt II 1) 1.1 und 1.2 beschriebenen strafbaren Handlungen beigetragen,

2) dadurch, dass er die Unterschriften und Stampiglien der geschädigten Kontoführungsberechtigten von Leasingverträgen aus der EDV der G***** AG beischaffte, die gefälschten Überweisungsscheine herstellte und Erhard S***** aufforderte, diese hinsichtlich der unter II 1) 1.1 und 1.2 angeführten Konten bei Selbstbedienungsautomaten verschiedener Banken zu stempeln und einzuwerfen, zur Ausführung der unter II 2) beschriebenen strafbaren Handlungen beigetragen, wobei er durch die Tat einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte bzw herbeiführen wollte und den Tatbeitrag zum schweren Betrug in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Markus L***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend wendet der Beschwerdeführer ein (Z 5a, der Sache nach Z 5 vierter Fall), dass die Feststellungen zum Schuldspruch III 1 (US 25 f) völlig begründungslos blieben, was im Übrigen auch für die Annahmen zur kriminellen Vereinigung (US 24) gilt, aus denen überdies nicht hervorgeht, wie die Angeklagten untereinander in Kontakt kamen.

Die Tatrichter beschränkten sich bei dem komplexen Tatgeschehen auf die Ausführungen, dass die leugnende Verantwortung des Zweitangeklagten „durch das abgeführte Beweisverfahren - vor allem durch die glaubwürdige Verantwortung des Erstangeklagten S***** - widerlegt werden“ konnte (US 29, 31), ohne den Hinweis auf „objektive Beweise im Akt“ (US 21) zu konkretisieren. Lediglich die Feststellungen über das Verschaffen von Kontodaten, Stampiglienabdrucken und Unterschriften durch den Zweitangeklagten, womit in der Folge unechte Überweisungsscheine als Betrugsmittel hergestellt wurden (US 26), fanden eine formal mängelfreie Begründung (US 29 f).

Weil von der einleitenden Tätigkeit der Konteneröffnung mit unechten, inhaltlich unrichtigen Urkunden, hinsichtlich derer auch im Dunkeln blieb, wie sie der Drittangeklagte H***** (der sie dem Erstangeklagten gab - US 25 f) vom Zweitangeklagten erlangte, die sonstige Delinquenz füglich nicht getrennt werden kann, war - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - wegen der aufgezeigten Mangelhaftigkeit hinsichtlich der Urkundenfälschungen mit gänzlicher Aufhebung des den Nichtigkeitswerber betreffenden Urteils vorzugehen (§§ 285e, 289 StPO), ohne das übrige Beschwerdevorbringen erörtern zu müssen.

Infolge der Aufhebung des Schuldspruchs gegen Markus L***** wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (I./) waren (gemäß § 289 StPO) auch die zu I./ ergangenen Schuldsprüche gegen die Angeklagten Erhard S***** und Gernot H***** (samt den Strafaussprüchen) zu beseitigen, weil der verbleibende (auf längere Zeit angelegte und auf die Begehung einer oder mehrerer der in § 278 Abs 2 StGB genannten Straftaten ausgerichtete) Zusammenschluss von bloß zwei Personen nicht mehr den objektiven Tatbestand des § 278 Abs 1 StGB (im Sinn der Legaldefinition des Abs 2 leg cit) erfüllt.

Mit ihren Berufungen waren der Zweit- und der Drittangeklagte auf die Kassation der Strafaussprüche zu verweisen.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96689

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00154.10X.0217.000

Im RIS seit

07.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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