TE OGH 2011/3/8 12Os205/10d

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Veröffentlicht am 08.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen A***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 zweiter Fall, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. September 2010, GZ 33 Hv 72/10p-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtionseinheit nach §§ 129 Z 2 zweiter Fall, 130 erster und vierter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 zweiter Fall, 130 erster und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien im Zeitraum von Anfang Juli 2007 bis 18. Februar 2010 gewerbsmäßig in 450 Angriffen Gewahrsamsträgern der W***** GmbH & Co KG fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeldbeträge von zusammen 12.347 Euro, durch Öffnen von Behältnissen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel, den er im Frühjahr 2007 in der Abteilung Geldzählerei unberechtigt an sich genommen hatte, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem er als Techniker der W***** GmbH & Co KG versperrte, dem Münzaustausch bei Fahrscheinautomaten dienende Münzwechselgeldbehälter öffnete und sich die jeweiligen Bargeldbeträge zueignete, wobei der Gesamtschaden 3.000 Euro überstieg.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der zum Teil Berechtigung zukommt.

Die Konstatierung, wonach die Diebstähle durch Öffnen von Behältnissen mit einem Schlüssel begangen wurden, den sich der Angeklagte im Frühjahr 2007 widerrechtlich zugeeignet hatte, blieb - wie die Mängelrüge der Sache nach zutreffend aufzeigt - unbegründet (Z 5 vierter Fall, nominell auch Z 10). Das Schöffengericht erörterte nämlich insoweit lediglich die Beweisergebnisse zum Zeitpunkt des Abhandenkommens des zur Tatausführung jeweils verwendeten Schlüssels und damit zum Beginn der dem Beschwerdeführer angelasteten Diebstahlsserie. Die in diesem Zusammenhang vom Rechtsmittelwerber gewählte Einlassung, wonach er den Schlüssel "gefunden" habe (womit die Qualifikation des § 129 Z 2 zweiter Fall StGB allenfalls nicht erfüllt wird; vgl RIS-Justiz RS0093818), wurde von den Tatrichtern als bloße Schutzbehauptung verworfen (US 5), ohne jedoch darzulegen, auf welche Beweisergebnisse sie die Feststellungen zur angenommenen Tatmodalität des § 129 Z 2 zweiter Fall StGB stützten.

Im Weiteren bekämpft der Nichtigkeitswerber die Konstatierung im Zeitraum von Juli 2007 bis März 2009 durch ihn begangener Diebstähle als unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), weil insoweit bloß eine - durch keine Beweisergebnisse fundierte - Scheinbegründung vorliege. Diese - nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß nehmende (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394) - Kritik ist mit Blick auf die oben angesprochene, logisch und empirisch einwandfreie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts zum Tatzeitraum (vgl US 5 f) nicht nachvollziehbar.

Da im Fall der Idealkonkurrenz die (strafsatzbestimmende) Qualifikation des § 130 vierter Fall StGB jene nach § 130 erster Fall StGB aus Gründen der Spezialität verdrängt (vgl RIS-Justiz RS0113904), war im Zusammenhang mit der infolge der mangelhaften Begründung notwendigen Aufhebung der Unterstellung der Taten unter § 130 vierter Fall StGB auch die (bei Annahme dieser Qualifikation) verfehlte Beurteilung nach § 130 erster Fall StGB zu kassieren.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher im dargestellten Umfang bereits bei nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben, das Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in der Subsumtionseinheit nach §§ 129 Z 2 zweiter Fall, 130 erster und vierter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch - nicht aber im Umfang des Privatbeteiligtenzuspruchs - aufzuheben, eine neue Hauptverhandlung anzuordnen und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Eine (vorliegend durch die Teilkassation zerschlagene) Subsumtionseinheit nach § 29 StGB wird im zweiten Rechtsgang nach Maßgabe der zu treffenden Feststellungen neu zu bilden sein.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96880

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0120OS00205.10D.0308.000

Im RIS seit

22.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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