TE OGH 2011/3/16 15Os22/11s (15Os23/11p)

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Veröffentlicht am 16.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richtersamtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Siegfried K***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen §§ 14 ff MedienG, AZ 093 Hv 50/05m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. August 2008 (ON 68) und des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 24. November 2008, AZ 17 Bs 372/08t, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Seidl, sowie des Vertreters des Antragstellers Mag. Zechbauer zu Recht erkannt:

Spruch

In der Medienrechtssache des Antragstellers Siegfried K***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen §§ 14 ff MedienG, AZ 93 Hv 50/05m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, verletzen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. August 2008 (ON 68) und des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 24. November 2008, AZ 17 Bs 372/08t (ON 73), § 16 Abs 3 MedienG iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache des Antragstellers Siegfried K***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen §§ 14 ff MedienG wies das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 16. August 2005, GZ 093 Hv 50/05m-10, Anträge des Siegfried K***** auf Veröffentlichung der begehrten Gegendarstellung gemäß § 14 Abs 1 MedienG und auf Zahlung einer Geldbuße gemäß § 18 Abs 1 MedienG (ON 1) unter Hinweis auf § 17 Abs 1 letzter Satz MedienG ab. Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 19. April 2006, AZ 17 Bs 51/06h (ON 18), Folge, hob das angefochtene Urteil auf und ordnete die beantragte Veröffentlichung der Gegendarstellung an. Die Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße wurde gemäß § 18 Abs 2 MedienG dem allenfalls fortgesetzten Verfahren vorbehalten.

Aufgrund einer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes und aus deren Anlass hob der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 23. August 2007, GZ 12 Os 36/07x-10 (ON 45), das Urteil des Oberlandesgerichts Wien auf und erkannte in der Sache selbst, wobei er die Berufung des Antragstellers als unbegründet zurückwies. Unter einem wurde der Beschwerde des Antragstellers gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichts nicht Folge gegeben. Zur Entscheidung über ein allfälliges Vorgehen analog § 16 Abs 2 und Abs 3 MedienG wurden die Akten dem Landesgericht für Strafsachen Wien übermittelt.

Nachdem die Antragsgegnerin über ihren Antrag mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. April 2008 (ON 62) ermächtigt worden war, die zur Unterrichtung der Öffentlichkeit erforderlichen Teile des höchstgerichtlichen Urteils zu veröffentlichen und vom Antragsteller ein angemessenes Einschaltungsentgelt für die zu Unrecht - aufgrund der aufgehobenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien - erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung und die beantragte Urteilsveröffentlichung zu fordern, begehrte die V***** GmbH mit Antrag vom 5. Juni 2008 (ON 65) die Bestimmung eines angemessenen Einschaltungsentgelts analog § 16 Abs 3 MedienG.

Mit Beschluss vom 28. August 2008 (ON 68) bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien das vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu zahlende Entgelt für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung mit 12.000 Euro (darin enthalten 20 % Umsatzsteuer in der Höhe von 2.000 Euro) sowie für die Veröffentlichung der Einschaltung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 23. August 2007 mit 16.987,20 Euro (darin enthalten 20 % Umsatzsteuer in der Höhe von 2.831,20 Euro).

Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 24. November 2008, AZ 17 Bs 372/08t (ON 73), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl Erst- als auch Beschwerdegericht wiesen darauf hin, dass der Zuspruch von Umsatzsteuer als Bestandteil des üblichen Einschaltungsentgelts der ständigen Judikatur und Lehre entspreche.

Die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. August 2008 und des Oberlandesgerichts Wien vom 24. November 2008 stehen, wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, im Umfang des Zuspruchs der Umsatzsteuer mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Im Hinblick darauf, dass das Einschaltungsentgelt den Medieninhaber für die Veröffentlichung der Gegendarstellung oder des höchstgerichtlichen Urteils entschädigen soll, umfasst es Steuern und Abgaben nur insoweit, als der Medieninhaber solche abzuführen bzw zu entrichten hat. Im Zusammenhang mit der - hier vom Berufungsgericht aufgetragenen - Veröffentlichung einer Gegendarstellung und eines Urteils des Obersten Gerichtshofs, das die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung nachträglich verneint, hat der Medieninhaber aber keine Umsatzsteuer abzuführen.

Denn der Zahlung eines Einschaltungsentgelts nach (analog) § 16 Abs 3 MedienG liegt keine iSd § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 umsatzsteuerpflichtige Leistung zu Grunde. Die Zahlung wird nämlich nicht vorgenommen, weil oder damit der Medieninhaber die Gegendarstellung veröffentlicht, sondern aus anderen Gründen. Die Gegendarstellung hatte der Medieninhaber vielmehr dem gerichtlichen Auftrag folgend unentgeltlich zu veröffentlichen. Die nachträgliche Zuerkennung eines „Entgelts“ - im Sinne eines echten Schadenersatzes - ändert nichts daran, dass ein nach dem Umsatzsteuergesetz unverzichtbarer Leistungsaustausch in diesem Fall nicht stattgefunden hat.

Für das Einschaltungsentgelt, das der Medieninhaber für die Veröffentlichung des Urteils erhält, gilt im Ergebnis dasselbe. Auch dabei handelt es sich nicht um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Medieninhabers, fehlt doch ein vom Leistenden verschiedener Leistungsempfänger, der dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erhielte. Diese Veröffentlichung nimmt der Medieninhaber nämlich - unbeschadet dessen, dass der Antragsteller dafür aufzukommen hat - ausschließlich im eigenen Interesse vor (siehe zum Ganzen 15 Os 45/10x = MR 2010, 311 mwN).

Die oben angeführten Beschlüsse verletzen daher insoweit, als sie in Ansehung der Veröffentlichung der Gegendarstellung und der Urteilsveröffentlichung dem der Antragsgegnerin zu ersetzenden Einschaltungsentgelt auch 20 % Umsatzsteuer hinzurechnen, das Gesetz in der Bestimmung des § 16 Abs 3 MedienG iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG.

Weil die Beschlüsse der Antragsgegnerin, der im Verfahren nach dem Mediengesetz die Stellung der Angeklagten zukommt, nicht zum Nachteil gereichen, war die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96976

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00022.11S.0316.000

Im RIS seit

05.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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