TE OGH 2011/3/17 11Os176/10g

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Veröffentlicht am 17.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Resch als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Engelbert M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, Abs 2 Z 1 und Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 3. November 2010, GZ 22 Hv 80/09v-76, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Engelbert M***** unter Einbeziehung der durch Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 17. August 2010, AZ 11 Os 70/10v, rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche des ersten Rechtsgangs nunmehr auch der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Z 3 SMG und § 15 StGB (B./I./ und II./) schuldig erkannt.

Danach hat er

B./ vorschriftswidrig

I./ „Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, wobei er die Straftat teilweise gewerbsmäßig (zu Punkt 1./) beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28 Abs 2 erster Fall ua SMG (idF BGBl I Nr 134/2002), § 15 Abs 1 StGB (Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. Oktober 2005, 28 Hv 135/05w, rk am 25. November 2005) verurteilt worden ist, und die Straftat in Bezug auf das Suchtgift in einer zumindest das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, indem er

1./ im Zeitraum von September 2008 bis Oktober 2009 zumindest 200 Gramm Metamphetaminbase (Reinsubstanz) zum gewinnbringenden Verkauf erzeugte;

2./ im Zeitraum Sommer 2009 bis Oktober 2009 zumindest 250 Gramm Cannabiskraut aus fünf Cannabispflanzen, die er im Sommer 2009 im Summerauer Holz aussetzte und im Oktober 2009 erntete, wovon am 2. November 2009 noch ca 109,5 Gramm Cannabiskraut sichergestellt wurden;

II./ Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen Personen überlassen und zu überlassen versucht, wobei er die Straftat überwiegend gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG nämlich ua wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG idF BGBl I Nr 134/2002 (Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. Oktober 2005, 28 Hv 135/05w, rk am 25. November 2005) verurteilt worden ist und die Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer zumindest das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, und zwar:

1./ die unter Faktum B./I./1./ genannte Menge an Metamphetamin (200 Gramm) gewinnbringend (lit a und b) wie folgt:

a) im September/Oktober 2009 50 Gramm Metamphetamin an Sasa O*****;

b) im Sommer 2009 150 Gramm Metamphetamin an unbekannte Abnehmer;

c) im Sommer 2009 in Linz eine 'Line' Metamphetamin unentgeltlich an Jacqueline A*****;

2./ am 18. Dezember 2007 in Freistadt ein 5 x 5 cm großes Säckchen Kokain an Beata B***** und andere Prostituierte zu verkaufen versuchte;

3./ am 23. Dezember 2007 in Freistadt Kokain an Lenka G***** zu verkaufen versuchte;

4./ im November 2007 in Freistadt Kokain an N. S***** zu verkaufen versuchte.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Entgegen der eine offenbar unzureichende Begründung behauptenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) wurde das Vorliegen der gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten von den Tatrichtern nicht bloß auf die Aussage einer anonymen Zeugin gegründet, sondern - logisch und empirisch einwandfrei - auf die den „Eigenkonsumbedarf“ übersteigende Menge an erzeugtem Suchtgift, die professionelle Vorgangsweise, das Weiterführen der Suchtgiftaktivitäten trotz gegen ihn gerichteter Fahndungsmaßnahmen und seine generell angespannte finanzielle Situation (US 9 f).

Dass die Tatrichter den Angaben der „anonymen Zeugin“ (deren Identität den Verfahrensbeteiligten offenbar bekannt ist [vgl ON 75 S 13 und S 3 der Beschwerde]), mehr Glauben geschenkt haben, als jenen der Zeugin Jacqueline A***** verstößt - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 13 StPO, wurden doch beide Personen unmittelbar in der Hauptverhandlung vernommen. Erörterungsbedürftige Widersprüchlichkeiten in der Aussage der anonymen Zeugin liegen - der Rüge zuwider - nicht vor (Z 5 zweiter Fall). Die hiezu angestellten Erwägungen des Beschwerdeführers erschöpfen sich in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts (teils auch in Bezug auf bereits rechtskräftige Teile des Schuldspruchs) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld.

Gegenstand der Subsumtionsrüge (Z 10) ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810). Die gesetzeskonforme Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat daher das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung.

Die ein Fehlen der subjektiven Tatkomponente (in Betreff der Gewerbsmäßigkeit) monierende Rüge geht nicht von den erstgerichtlichen Konstatierungen US 8 f aus, die sowohl für die Erzeugung (B./I./) als auch für die Überlassung (B./II./) von Suchtgift die gewerbsmäßige Tendenz des Angeklagten eindeutig und unmissverständlich zur Darstellung gebracht haben. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen Geldmangel beim Angeklagten bestreitet und einen ausschließlichen Eigenverbrauch behauptet, verbleibt sie neuerlich im Bereich der bloßen Beweiswürdigungskritik, vermag aber auch unter diesem Aspekt weder einen Rechts- noch einen Begründungsmangel aufzuzeigen.

Das weitere Vorbringen, der Angeklagte habe kein Suchtgift verkauft und es sei die privilegierende Bestimmung des § 28a Abs 3 SMG anzuwenden, vernachlässigt die bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruchteile. Das Argument, „da keine Gewerbsmäßigkeit vorliegt, muss auch eine Privilegierung iSd § 28a Abs 3 vorliegen“, geht weder von den gegenteiligen Feststellungen aus (US 8 f) noch entwickelt sie diesen Gedankengang argumentativ aus dem Gesetz.

Mit seinem das Vorliegen einer „Straftat nach Abs 1“ (§ 28a Abs 2 Z 1 SMG) bestreitenden Einwand ist der Beschwerdeführer auf die bereits im ersten Rechtsgang hiezu ergangene Antwort des Obersten Gerichtshofs zu verweisen (S 6 der Entscheidung 11 Os 70/10v-4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die Beschwerde waren zurückzuweisen, weil diese Rechtsmittel nach der Aktenlage weder bei Urteilsverkündung noch innerhalb der im § 294 Abs 1 StPO bezeichneten Frist angemeldet worden sind (zur Rechtslage vor BGBl I 2009/40 gegenteilig hinsichtlich der Beschwerde: 15 Os 122/97).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96979

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00176.10G.0317.000

Im RIS seit

05.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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