TE OGH 2011/3/29 10ObS27/11k

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2011
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. iur. Peter Krüger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schleinbach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M***** B*****, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Jänner 2011, GZ 25 Rs 99/10k-36, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 255 Abs 7 ASVG gilt der Versicherte auch dann als invalide, wenn er bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 310 BlgNR XXII. GP 18) soll dadurch auch Menschen, die bei Eintritt in das Erwerbsleben aufgrund ihrer starken gesundheitlichen Einschränkungen „arbeitsunfähig“ waren, dennoch über lange Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, ermöglicht werden, einen Anspruch auf Leistungen aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) zu erwerben.

Der Gesetzgeber stellt somit in der Frage des Eintritts in das Berufs- bzw Erwerbsleben ausdrücklich auf die erstmalige Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung ab (10 ObS 59/05g = SSV-NF 19/49 ua). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dieser Eintritt in das Berufs- bzw Erwerbsleben sei beim Kläger mit Beginn der Lehrzeit (Oktober 1975) erfolgt, steht daher im Einklang mit der geltenden Gesetzeslage (vgl § 4 Abs 1 Z 2 und § 10 Abs 1 ASVG) und der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 10 ObS 279/97w = SSV-NF 11/117). Daraus folgt, dass die beim Kläger erst aufgrund eines Verkehrsunfalls am 24. 11. 1976 eingetretene Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit eine Anwendung der Bestimmung des § 255 Abs 7 ASVG nicht zu begründen vermag.

Die Frage des Eintritts eines Lehrlings in das Erwerbsleben ist - wie der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung 10 ObS 279/97w = SSV-NF 11/117 ebenfalls bereits ausgesprochen hat - inhaltlich anders zu beurteilen als die Frage eines Berufsschutzes nach § 255 Abs 2 ASVG. Die Lehrlinge sind zwar nach § 4 Abs 1 Z 2 ASVG regelmäßig in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aufgrund des ASVG versichert (vollversichert) und insoweit in das Erwerbsleben integriert, sie üben jedoch noch keinen erlernten Beruf iSd § 255 Abs 2 ASVG aus, sondern werden aufgrund des Lehrvertrags zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufs bei einem Lehrberechtigten erst für die (spätere) Ausübung eines Berufs fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet. Die Lehrzeit kann daher noch nicht als „Ausübung“ einer erst zu erlernenden qualifizierten Berufstätigkeit iSd § 255 Abs 2 Satz 2 ASVG gewertet werden (RIS-Justiz RS0084530).

Im Übrigen kommt eine Anwendung der Bestimmung des § 255 Abs 7 ASVG im vorliegenden Fall auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen auch unter Berücksichtigung seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls weiterhin in der Lage ist, die Verweisungstätigkeiten eines Portiers, Parkgaragenwächters und Museumsaufsehers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 255 Abs 3 ASVG) zu verrichten. Nach den Feststellungen besteht in jedem dieser genannten Verweisungsberufe auch ein unter Berücksichtigung der Einschränkungen des medizinischen Leistungskalküls des Klägers ausreichender Arbeitsmarkt. Damit ist der Kläger aber weiterhin im Stande, einem regelmäßigen Erwerb auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Die diese Rechtsansicht der Vorinstanzen in Zweifel ziehenden Revisionsausführungen des Klägers bekämpfen in unzulässiger Weise die Richtigkeit der Beweiswürdigung sowie der darauf beruhenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen.

Die außerordentliche Revision des Klägers war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Schlagworte

12 Sozialrechtssachen,

Textnummer

E96933

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:010OBS00027.11K.0329.000

Im RIS seit

26.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten