TE OGH 2011/6/9 10Ob48/11y

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Veröffentlicht am 09.06.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen A*****, geboren am 21. Oktober 1993, vertreten durch das Land Kärnten als Jugendwohlfahrtsträger (Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, Jugendwohlfahrt, 9100 Völkermarkt, Spanheimergasse 2), infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen „vertreten durch die Mutter R*****“, diese vertreten durch Dr. Reinhard Schubert, Rechtsanwalt in Völkermarkt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 10. März 2011, GZ 2 R 28/11m-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 21. Dezember 2010, GZ 1 PU 207/10h-4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Land Kärnten (Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, Jugendwohlfahrt, 9100 Völkermarkt, Spanheimergasse 2) als Jugendwohlfahrtsträger wird aufgetragen, binnen 2 Wochen eine Erklärung dahin abzugeben, ob dem von der Mutter namens der Minderjährigen A***** erhobenen Revisionsrekurs vom 28. April 2011 die nachträgliche Genehmigung erteilt wird.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht bewilligte der Minderjährigen mit Beschluss vom 21. 12. 2010 Unterhaltsvorschüsse gemäß den §§ 3, 4 Z 1 UVG in Titelhöhe für den Zeitraum vom 1. 12. 2010 bis 31. 10. 2011.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, Folge und wies den Antrag der Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Minderjährigen, „vertreten durch die Mutter“, diese vertreten durch den bestellten Verfahrenshelfer, vom 28. 4. 2011 mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses abzuändern.

Der Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel der Minderjährigen zurückzuweisen bzw ihm keine Folge zu geben.

Zutreffend wird in der Revisionsrekursbeantwortung darauf hingewiesen, dass der Jugendwohlfahrtsträger gemäß § 9 Abs 2 UVG mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem die Unterhaltsvorschüsse gewährt werden, alleiniger gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes in Unterhaltsvorschussangelegenheiten und zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche wird. Der bisherige gesetzliche Vertreter verliert somit während der Dauer der gesetzlichen Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 9 Abs 2 UVG die Verwaltungs- und Vertretungsbefugnis zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung in Ansehung aller dem Kind zustehenden Unterhaltsansprüche (RIS-Justiz RS0076463, RS0076450 ua).

Es ist somit davon auszugehen, dass die Minderjährige im gegenständlichen Unterhaltsvorschussverfahren ausschließlich vom Jugendwohlfahrtsträger vertreten wird. Die Mutter ist daher seit der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nicht mehr berechtigt, das Kind in Angelegenheiten der Durchsetzung des Unterhalts oder bei Geltendmachung des Anspruchs auf Unterhaltsvorschüsse zu vertreten (3 Ob 551/92 ua). Ein von der Mutter im Namen des Kindes erhobener Rekurs ist somit mangels Vertretungsmacht der Mutter in diesem Bereich zurückzuweisen (8 Ob 641/91 ua).

Der Mangel der Vertretungsmacht der Mutter, namens ihres Kindes die Abweisung ihres Antrags auf Unterhaltsvorschussgewährung durch das Rekursgericht anzufechten, darf aber nicht zum Anlass genommen werden, ihren Revisionsrekurs sofort zurückzuweisen. Nach § 5 Abs 1 AußStrG hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens (also auch noch im Rechtsmittelverfahren) zur Beseitigung des Mangels der gesetzlichen Vertretung das Erforderliche anzuordnen. Das Rechtsmittelgericht hat die nach seiner Meinung unterlassenen Verfügungen gemäß § 5 Abs 1 AußStrG selbst zu treffen und kann dabei auch im Außerstreitverfahren angemessene Fristen setzen, auch wenn § 5 Abs 1 AußStrG im Gegensatz zu § 6 Abs 2 ZPO solches nicht ausdrücklich vorsieht (vgl 6 Ob 3/09y mwN). Erst wenn dieser Versuch einer Behebung des Mangels der Vertretungsmacht scheitert, darf der Revisionsrekurs (als unwirksame Prozesshandlung) zurückgewiesen werden (6 Ob 175/99z, 5 Ob 530/95 ua).

Textnummer

E98360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00048.11Y.0609.000

Im RIS seit

30.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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