TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/23 96/02/0061

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Veröffentlicht am 23.02.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des AS in K, vertreten durch Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwalt in Wien I, Jasomirgottstrasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Dezember 1995, Zl. I/7-St-Sch-9513, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Tierarztes, vom 21. Juni 1995 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der Kurzparkzone am Stadtplatz in K. in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 8.00 bis 18.00 Uhr und Samstag von 8.00 bis 12.00 Uhr (höchstzulässige Parkdauer neunzig Minuten) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst beizupflichten, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO nicht im Ermessen der Behörde liegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0259, mwN). Der Antragsteller hat aber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung nur dann, wenn die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen zutreffen. Mangelt es schon an einer dieser Voraussetzungen, ist also das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen, ist die Bewilligung nicht zu erteilen (vgl. dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis).

Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend gemachten erheblichen Erschwernis bei der Durchführung seiner beruflichen Aufgaben und begründete dies unter anderem damit, dass der Beschwerdeführer bei Notfällen seine Tätigkeit in der Ordination unabhängig davon unterbrechen müsse, ob sein Fahrzeug in der Kurzparkzone geparkt sei oder nicht. Bei schwer erkrankten Tieren oder Unfallpatienten bestehe auch die Möglichkeit, das Fahrzeug in der Kurzparkzone für die Dauer von 90 Minuten abzustellen, das Tier zu versorgen und erst nach der unverzüglichen Erste-Hilfe-Leistung das Fahrzeug in eine gebührenfreie Parkzone zu verbringen.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides unter anderem vor, dass eine drastische Einschränkung seines Ordinationsbetriebes gegeben sei, wenn er bei jeder Visite oder bei jedem Notfalleinsatz sein Fahrzeug erst von einer Position mehrere hundert Meter von seiner Ordination entfernt holen müsse, damit er es beladen könne. Ferner sei der Transport der medizinischen Instrumente und Medikamente von der Ordination zu der nächsten Parkposition nicht möglich. Für die Erreichung der nächsten kurzparkfreien Parkmöglichkeit müsse er zumindest drei Kreuzungen überqueren und an die 400 Meter zurücklegen, sodass ein Transport des ca. 70 kg schweren Röntgengerätes auf einem Handwagen oder ähnlichem ausscheide. Der Zeitaufwand, der benötigt werde, um das Fahrzeug zu holen, werde je nach kurzparkfreier Parkposition mit zumindest zwanzig bis höchstens vierzig Minuten geschätzt. Der Beschwerdeführer sei in der Ärztezentrale als Notdienstarzt geführt und es komme laufend vor, dass er gezwungen sei, den Ordinationsbetrieb zu unterbrechen, um Notfallpatienten zu behandeln. Darüber hinaus führe er ständig Tiertransporte durch, weil er Patienten zur Behandlung in seine Ordination hole und nach Abschluss der Behandlung wieder zurück transportiere. Er sei auch verpflichtet, verendete Tiere entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu entsorgen. Es sei auch unumgänglich, dass er für seine Berufsausübung ein Fahrzeug benötige. In der Vielzahl der Fälle sei es überhaupt nicht möglich, dass das zu behandelnde Tier auf Grund seiner Größe in die Ordination gebracht werde, sodass er darauf angewiesen sei, die tierärztlichen Leistungen am Aufenthaltsort des Tieres vorzunehmen. Die Arzt- und Notarzteinsätze seien nicht vorhersehbar, sodass er nicht in der Lage sei, eine Planung zu erstellen, die es ihm gestatte, das Holen und Zurückstellen seines Fahrzeuges mit dem Ordinationsbetrieb zu koordinieren. Erschwerend komme hinzu, dass das Haus in dem sich die Ordination befinde, über keinerlei Einfahrtsmöglichkeit und über keinen Hof verfüge, in welchem das Fahrzeug abgestellt werden könne.

Dem ist zu entgegnen, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die antragstellende Partei außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zlen. 96/02/0176, 0177, mwN).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist der Beschwerde schon deshalb kein Erfolg beschieden, weil der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Zeitaufwand zwischen "zwanzig und vierzig" Minuten für das Holen des Fahrzeuges von außerhalb der Kurzparkzone - wofür er (behauptetermaßen) bis zum Fahrzeug an die 400 Meter zurücklegen müsse - schon mit der durchschnittlichen Gehleistung eines Fußgängers in auffallendem Widerspruch steht.

Die belangte Behörde hat daher das Vorliegen von besonderen Erschwernissen bei der Durchführung der dem Beschwerdeführer obliegenden Aufgaben schon deshalb zu Recht verneint. Wie bereits ausgeführt, führt bereits der Mangel einer der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 StVO dazu, dass die Bewilligung nicht zu erteilen ist.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2001

Schlagworte

Ermessen besondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996020061.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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