TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/4 96/02/0176

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Veröffentlicht am 04.10.1996
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/02/0177

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 27. Februar 1996, Zl. MA 65-PB/199/95, und 2. den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 1996, Zl. MA 65-PB/200/95, betreffend Ausnahmebewilligungen nach § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. September 1995 wies der Wiener Magistrat - MA 46 - den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO von der im 6., 7., 8. und 9. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09.00 bis 20.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von zwei Stunden für ein dem nach Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug ab.

Aufgrund der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung erließen die belangten Behörden die angefochtenen Bescheide, jeweils datiert mit 27. Februar 1996, wobei sich der vom Berufungssenat der Stadt Wien erlassene Bescheid auf näher umschriebene Gemeindestraßen und der von der Wiener Landesregierung erlassene Bescheid auf näher ausgeführte Abschnitte von Bundesstraßen bezieht. Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Es entspricht der hg. Rechtsprechung, daß bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die antragstellende Partei außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 93/02/0310, m.w.N.).

Die Mitwirkungspflicht der antragstellenden Partei erfordert aber - initiativ (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0070) - ein genaues Vorbringen jener persönlichen und innerbetrieblichen Umstände, die ein entsprechendes erhebliches persönliches und wirtschaftliches Interesse der antragstellenden Partei darlegen oder die die Verhinderung bzw. besondere Erschwernis der Durchführung der dieser Partei gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben begründen.

Auch wenn die Beschwerdeführerin bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz (durch Stellungnahme vom 13. September 1995) auf ein ihrer Behauptung nach "schweres" Wirbelsäulenleiden hinweist, welches ein möglichst nahes Heranfahren an ihren jeweiligen Arbeitsort auch im Hinblick auf die mitzuführende schwere und umfangreiche Photoausrüstung bedinge, zeigt sie damit noch nicht auf, daß tatsächlich ein erhebliches persönliches Interesse im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO in ihrem Fall vorliegt:

Aufgrund der hg. Judikatur stellt der im Gesetz angeführte Fall einer schweren Körperbehinderung ein Maß für das Gewicht dar, das ein persönliches Interesse haben muß, um "erheblich" im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 1987, Slg. Nr. 12.425/A). Daß die Beschwerdeführerin von sich aus initiativ dargelegt hätte, daß das eingewendete Leiden einer "schweren Körperbehinderung" gleichkommt, ist im Zuge des vor den belangten Behörden durchgeführten Verwaltungsverfahrens nicht hervorgekommen. Der Hinweis auf einen Röntgenbefund eines Facharztes für Radiologie im Zuge einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren vermag jedoch - auch angesichts der von der belangten Behörde im Zuge des Berufungsverfahrens eingeräumten Möglichkeit zur Beibringung ergänzender Unterlagen - einen entsprechenden Nachweis nicht zu ersetzen.

Auf die Frage, ob die belangte Behörde zu Unrecht das Vorbringen eines erheblichen persönlichen Interesses mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Benützung eines Taxis ausschließt, braucht daher in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen zu werden.

Die Beschwerdeführerin wendet ferner insbesondere bezüglich des Vorliegens eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses ein, sie sei ihrer Mitwirkungspflicht ausreichend im Zuge ihrer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen sowie der Berufung nachgekommen. Sie habe bereits in der Stellungnahme vom 13. September 1995 (gemeint: gegenüber der Behörde erster Instanz) im Detail Auskunft über ihren Tätigkeitsbereich als Photojournalistin erstattet. Es sei davon auszugehen gewesen, daß die Behörden über den Tätigkeitsbereich einer Photojournalistin informiert seien, d.h. im speziellen darüber Bescheid wüßten, daß Photoaufnahmen nicht in einem Zeitraum von zwei Stunden zu absolvieren seien, das benötigte Photomaterial einen "extrem hohen finanziellen Wert" repräsentiere und dieses insbesondere wegen seines Wertes, seiner Schwere und der großen Anzahl an einzelnen Geräten keinesfalls - wie von den belangten Behörden vorgeschlagen - mit Taxis befördert werden könne. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin auch, daß die belangten Behörden die beantragte Durchführung eines Ortsaugenscheins, um sich ein "klares Bild vom Tätigkeitsbereich einer freien Photojournalistin" zu machen, abgelehnt haben.

Auch wenn die Beschwerdeführerin im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens eine allgemeine Aufstellung ihrer "Auftraggeber", Kopien von Rechnungen sowie Lieferscheine betreffend diverses Photomaterial vorgelegt hat, und im Zuge einer ergänzenden Stellungnahme nochmals unter anderem auf diese Unterlagen verwies, war es nicht rechtswidrig, wenn die belangten Behörden anhand dieser allgemeinen Unterlagen zu dem Schluß kamen, daß kein "erhebliches wirtschaftliches Interesse" im Beschwerdefall gegeben ist. Es ist nämlich der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren - mangels Vorlage ergänzender Unterlagen - nicht gelungen, konkret nachzuweisen, daß sie tatsächlich eine über die auf zwei Stunden begrenzte Parkdauer hinausgehende Ausnahmebewilligung zur Ausübung ihres Berufes in den von ihr angeführten Bezirken Wiens benötigt.

Mit der Rüge der nicht durchgeführten Parteieneinvernahme zur Frage der Tätigkeit einer Photojournalistin wird schon im Hinblick auf die Allgemeinheit des angebotenen Beweisthemas die Wesentlichkeit eines Verfahrensfehlers nicht aufgezeigt. Außerdem wurde der Beschwerdeführerin von den belangten Behörden auf andere Weise Gelegenheit geboten, ergänzende Unterlagen zum konkreten Nachweis des behaupteten "erheblichen wirtschaftlichen Interesses" beizubringen, wovon die Beschwerdeführerin jedoch nicht Gebrauch gemacht hat. Die erstmals im Zuge der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde aufgestellte Behauptung, daß im Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin Verträge oft mündlich abgeschlossen würden, die Beschwerdeführerin über die Auftragserteilung oft Stillschweigen bewahren müsse und daher die Beibringung von Auftragsbestätigungen aufgrund der Gegebenheiten nicht möglich sei, stellt eine nach § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar. Auch in diesem Zusammenhang kann es dahingestellt bleiben, ob die belangten Behörden rechtswidrig von der alternativen Möglichkeit der Benützung eines Taxis ausgegangen sind, war doch das fehlende Vorliegen eines wesentlichen wirtschaftlichen Interesses schon aus anderen Gründen zu Recht zu verneinen.

Ferner trifft es nicht zu, daß die Beschwerdeführerin - wie diese in ihrer Beschwerde ausführt - "niemals" ihr Vorbringen auf gesetzlich oder sonst obliegende Aufgaben gestützt hätte. Aus den von den belangten Behörden vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin unter anderem auch diesen Grund in ihrem ursprünglichen Antrag vom 25. Juli 1995 angekreuzt hat. Den angefochtenen Bescheiden kann jedoch nicht entnommen werden, wie dies die Beschwerdeführerin hilfsweise ausführt, daß die belangten Behörden in Verkennung der Rechtslage von der Notwendigkeit einer Prüfung dieser Voraussetzungen zusätzlich zum Vorliegen eines "erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses" ausgehen würden.

Die Beschwerde erweist sich aus den dargelegten Gründen als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend einen weiteren Vorlageaufwand war abzuweisen, da die Verwaltungsakten nur einmal vorgelegt wurden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020176.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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