TE OGH 2011/8/25 13Os70/11k

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Veröffentlicht am 25.08.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Einwagner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mensur M***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Karen A***** sowie über die Berufung des Mensur M***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 11. März 2011, GZ 23 Hv 2/11t-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Karen A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Karen A***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 12 dritter Fall, 15 StGB (B/I) und der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

(B)

I) in N***** zur Ausführung der strafbaren Handlung des Mensur M*****, der dem Berechtigten der dortigen O***** Tankstelle durch gewaltsames Öffnen der Glasschiebetüre, mithin durch Einbruch in ein Gebäude, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz am 13. Oktober 2010 Autobahnvignetten im Wert von 1.465,20 Euro sowie 1.275,19 Euro Bargeld (A/I/1) weggenommen und am 22. Oktober 2010 Bargeld wegzunehmen versucht hat (A/I/2), durch Fahr- und Aufpasserdienste beigetragen

II) am 1. Jänner 2011 in Innsbruck Jona Al***** absichtlich schwer am Körper zu verletzen versucht, indem er mit der Faust und einem gläsernen Gegenstand (Glas oder Flasche) in sein Gesicht schlug, wodurch dieser eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch, Schnittwunden im Bereich der Nase, der linken Augenhöhle und der linken Augenbraue sowie eine geschwollene Wange erlitt.

Die dagegen nominell aus Z 4, 5, 6 (der Sache nach Z 10), 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, dass die Verfahrensrüge (Z 4) keine entsprechende Fundstelle im Akt bezeichnet (RIS-Justiz RS0124172), ist das Erstgericht dem Antrag auf „Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage der Art und Schwere der bei Al***** eingetretenen Verletzungen sowie zur Frage, ob aus dem Verletzungsbild Schlüsse auf die Begehungsart zu treffen sind, insbesondere ob es sich dabei um einen Gegenstand gehandelt hat, der die Verletzungen herbeigeführt hat, sowie zum Beweis dafür, dass die Verletzung des Al***** durchaus mit einem Faustschlag in Einklang zu bringen ist“ (ON 52 S 17), als auf bloße Erkundungsbeweisführung gerichtet mit Recht nicht gefolgt. Denn angesichts der Krankengeschichte des Landeskrankenhauses Innsbruck, wonach Genannter insgesamt zwar bloß leicht verletzt wurde, jedoch Schnittwunden im Gesichtsbereich erlitt und ein Glassplitter aus einer Rissquetschwunde über dem linken Auge entfernt werden musste (ON 2 in ON 48 S 44), sowie dessen mit den Angaben eines unbeteiligten Zeugen übereinstimmender Aussage, Karen A***** habe ihm die Verletzungen mit einem gläsernen Gegenstand zugefügt (ON 2 in ON 48 S 19 und S 26), ließ der Antrag nicht erkennen, warum die Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis, ein bloßer Faustschlag hätte zu den Verletzungen geführt, erwarten habe lassen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Entgegen dem - erneut ohne Angabe von Fundstellen erhobenen - Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) betreffend die Beurteilung der Überzeugungskraft der Aussage des Mensur M***** haben die Tatrichter die klinische Behandlung des Genannten wegen einer Schizophrenieerkrankung (US 12) und dessen widersprüchliche Angaben berücksichtigt (US 16 ff).

Die Kritik zum Schuldspruchpunkt B/II, die (vom Erstgericht im Übrigen den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen folgend auf die Aussage des Opfers und eines unbeteiligten Zeugen gestützten; US 23 f) Urteilsfeststellungen zum Tathergang stünden „im direkten Widerspruch zu den Aussagen der Zeugin W*****“, bekämpft unzulässig nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter, die die Angaben der genannten Zeugin als „äußerst unglaubwürdig“ beurteilt haben (US 25).

Gegenstand einer Rechts- oder Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen mit dem festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810).

Demgegenüber verfehlt die Behauptung (Z 6, inhaltlich Z 10), der Beschwerdeführer habe „allenfalls den Tatbestand der Sachhehlerei nach § 164 StGB erfüllt“, den Bezugspunkt der tatrichterlichen Konstatierungen, wonach Karen A***** durch Fahr- und Aufpasserdienste zu den Einbrüchen des Mensur M***** beigetragen hat (US 9).

Gleiches gilt für das Vorbringen zum Schuldspruchpunkt B/II, es sei „im äußersten Fall von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 83 Abs 1 StGB zu sprechen“, das die eine Subsumtion als Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB tragenden Urteilskonstatierungen (US 12) ignoriert.

Auch der weitere Einwand, die „Abwehrhaltung“ des Beschwerdeführers sei als Notwehr (§ 3 Abs 1 StGB) zu werten, missachtet die entscheidenden Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer nicht „um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff von Al***** abzuwehren“, diesem „den Schlag absichtlich versetzt“ hat, und er „auch nicht irrtümlich angenommen“ hat, „dass ein derartiger gegenwärtiger oder unmittelbar drohender Angriff vorlag“ (US 12).

Indem die Sanktionsrüge (Z 11) behauptet, das Erstgericht habe bestimmte Milderungsgründe übergangen, macht sie keinen Nichtigkeits- sondern bloß einen Berufungsgrund geltend (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 728).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Karen A***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E98179

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0130OS00070.11K.0825.000

Im RIS seit

12.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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