TE OGH 2011/9/14 6Ob174/11y (6Ob175/11w)

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Veröffentlicht am 14.09.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN ***** eingetragenen R***** GmbH mit dem Sitz in S*****, über die Revisionsrekurse der Gesellschaft und des Geschäftsführers R***** R*****, beide vertreten durch Dr. Christoph Brandweiner und Dr. Gabriela Brandweiner-Reiter, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 8. Juni 2011, GZ 6 R 91/11m-12, womit die Beschlüsse des Landesgerichts Salzburg vom 1. April 2011, GZ 45 Fr 2362/11a-5 und GZ 45 Fr 2362/11a-6, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Begründung:

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs zugelassen, weil zum neuen Zwangsstrafverfahren nach § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 noch keine oberstgerichtliche Judikatur bekannt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind unzulässig.

Die Rechtsmittelwerber meinen, das Rekursgericht hätte statt einer Sachentscheidung die unbegründeten Zwangsstrafverhängungsbeschlüsse des Erstgerichts gemäß § 57 Z 1 AußStrG aufheben müssen.

Zutreffend ist, dass der erstinstanzliche Beschluss begründet hätte werden müssen, da kein Fall des § 39 Abs 4 AußStrG, wonach in bestimmten Fällen eine Begründung eines Beschlusses unterbleiben kann, vorliegt.

Die Rechtsmittelwerber übersehen aber, dass § 57 AußStrG auch in den dort angeführten Fällen dem Rekursgericht keine Pflicht zur Aufhebung auferlegt, vielmehr „darf“ in diesen Fällen das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss aufheben. Die §§ 57, 58 AußStrG normieren den Grundsatz der Sacherledigung durch das Rechtsmittelgericht. Selbst wenn einer der Gründe des § 57 Z 1 - 6 AußStrG vorliegt, steht es dem Rechtsmittelgericht frei, selbst meritorisch zu entscheiden (RIS-Justiz RS0123649).

Für das Firmenbuch- bzw Zwangsstrafenverfahren gemäß § 283 UGB hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass selbst dann, wenn ein Begründungsmangel iSd § 57 Z 1 AußStrG vorläge, nur dann eine Zurückweisung zu erfolgen hätte, wenn dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenden Kosten erheblich verringert würden. Ein Begründungsmangel führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn auch aufgrund der Aktenlage die Erwägungen des Erstgerichts nicht nachvollzogen werden können (6 Ob 246/07f).

Im vorliegenden Fall ist nicht zweifelhaft, dass das Erstgericht die Zwangsstrafen deshalb verhängt hat, weil es die im Einspruch vorgebrachten Argumente aufgrund der insoweit eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen für nicht stichhaltig erachtet hat. Das Rekursgericht hat diese Ansicht begründet bestätigt.

Unter der Überschrift „Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot“ formulieren die Rechtsmittelwerber letztlich Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der durch das Budgetbegleitgesetz 2011 geschaffenen Rechtslage im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0112921) liegt diesbezüglich einerseits deshalb keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung mehr vor, weil der erkennende Senat in der Entscheidung vom 18. Juli 2011, 6 Ob 129/11f, eine Verfassungswidrigkeit von § 283 UGB idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 (einerseits im Zusammenhang mit der Mindeststrafe von 700 EUR, andererseits im Zusammenhang mit dem behaupteten Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung) verneint hat.

Andererseits liegt auch hinsichtlich der Behauptung der Rechtsmittelwerber, die Übergangsfristen seien zu kurz und somit sachlich nicht gerechtfertigt, keine erhebliche Rechtsfrage vor, weil der Oberste Gerichtshof diese verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt (RIS-Justiz RS0116943; RS0122865). Die Rechtsmittelwerber können diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen werden. Dieses hat zusammengefasst ausgesagt, das Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl I 2010/111) habe keine Verkürzung der Einreichfrist des § 277 UGB gebracht. Die Rechtsmittelwerber seien daher auch nach altem Recht mit Ablauf des 31. 12. 2010 mit der Einreichung in Verzug gewesen (Jahresabschlussstichtag 31. 3.). Das genannte Gesetz sei am 30. 12. 2010 ausgegeben worden und enthalte für Geschäftsführer einer GmbH, für die der Sorgfaltsmaßstab der §§ 2, 1299 ABGB gelte, durchaus überschaubare Neuerungen. Überdies seien nach den Übergangsbestimmungen Jänner und Februar 2011 „straffreie“ Monate.

Schlagworte

Gruppe: Handelsrecht,Gesellschaftsrecht,Wertpapierrecht

Textnummer

E98401

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0060OB00174.11Y.0914.000

Im RIS seit

05.10.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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