TE OGH 2011/5/19 11Os46/11s

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Veröffentlicht am 19.05.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christoph C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 und 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. November 2010, GZ 22 Hv 151/10w-110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Christoph C***** (zu I.) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 und 148 zweiter Fall StGB und (zu II.) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch Täuschungen über Tatsachen teils unter Benützung eines falschen Beweismittels zu Handlungen verleitet, die sie an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden insgesamt 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro überstieg, und zwar:

1. am 3. Oktober 2009 in Navis Jürgen T***** als Geschäftsführer der K***** GmbH durch die wahrheitswidrige Behauptung, er sei Eigentümer des PKWs der Marke Mercedes E 320 CDI, Typ 211 K, zum Abschluss eines Kaufvertrags und Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von              5.200 Euro und Übernahme von Reparaturkosten betreffend des oben angeführten PKWs in Höhe von ca 5.000 Euro;

2. am 24. September 2009 in Innsbruck Alexander B***** durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er sei fähig und willens, dem Alexander B***** einen Leasingvertrag betreffend einen PKW der Marke Mercedes Vito im Wert von 28.980 Euro zu vermitteln, zur Übergabe eines Anzahlungsbetrags in der Höhe von 3.000 Euro;

3. am 10. November 2009 in Raubling Verfügungsberechtigte des V***** durch die wahrheitswidrige Vorgabe, ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, sowie unter Benützung eines falschen Beweismittels, nämlich durch Vorlage einer Kopie einer gefälschten Überweisungsbestätigung, zur Übergabe eines PKWs der Marke Audi A6 im Wert von 23.900 Euro;

4. am 24. Oktober 2009 in Wiesing Harald H***** durch die wahrheitswidrige Vorgabe, ein rückzahlungsfähiger und -williger Kreditnehmer zu sein, zur Übergabe eines Bargeldbetrags in der Höhe von 600 Euro;

5. am 16. bzw 17. Jänner 2010 in Wien Verfügungsberechtigte des Hotels I***** durch die wahrheitswidrige Vorgabe, ein zahlungsfähiger und -williger Gast zu sein, zur Gewährung von Unterkunft im Wert von 176,80 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Mit der Verfahrensrüge kritisiert der Beschwerdeführer die Abweisung mehrerer in der Hauptverhandlung am 11. Oktober 2010 gestellter Beweisanträge (ON 99 S 46 f).

Zunächst beantragte die Verteidigerin die Einholung und Auswertung der Kontoauszüge des Angeklagten von drei im Antrag genannten Banken zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte im Zeitraum von September 2009 bis zu seiner Verhaftung stets liquide war und über einen entsprechenden Deckungsfonds für seine Außenstände verfügt hat; insbesondere bezüglich des Punkts I.1. (der Anklage ON 64) zum Beweis dafür, dass er im September/Oktober 2009 die Rechnung der Firma A***** bezahlt habe und das Vergleichsangebot der Firma C***** AG von 70 % im Jänner 2010 begleichen hätte können; insbesondere bezüglich des Punkts I.2. (der Anklage) zum Beweis dafür, dass der Angeklagte selbst eine Anzahlung von 2.000 Euro getätigt hat. All dies zum Beweis, dass der Angeklagte (zumindest) nicht mit dem notwendigen bedingten Vorsatz gehandelt hat.“

Die Aufnahme dieser Beweise wurde vom Schöffengericht zu Recht abgelehnt, wird dem Angeklagten doch keine Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit zur Last gelegt (zur nur beim Vergehen der Veruntreuung nach § 133 StGB allfällig gegebenen Relevanz eines präsenten Deckungsfonds siehe Fabrizy, StGB10 § 133 Rz 6), sondern zu I.1. der Anklage ON 64 die Täuschung darüber, Eigentümer eines PKWs zu sein, und zu I.2. die wahrheitswidrige Vorgabe, er sei fähig und willens, einen Leasingvertrag betreffend eines PKWs zu vermitteln. Das Bezahlen einer Reparaturrechnung (der Firma A*****) hat für den strafrechtlichen Vorwurf ebenso wenig Bedeutung wie ein nach dem Tatzeitpunkt liegendes Vergleichsangebot, das allenfalls zu einer Schadensgutmachung führen könnte. Gleiches gilt für die vom Angeklagten - nach eigenem Bekunden - selbst geleistete Anzahlung von 2.000 Euro (I.2.). Weshalb schließlich aus diesen Beweisergebnissen zu schließen sei, dass der Angeklagte nicht mit bedingtem Vorsatz gehandelt hätte, lässt der Antrag im Unklaren.

Weiters beantragte der Beschwerdeführer (ohne ein Beweisthema zu nennen) die Vernehmung seines Vaters, Robert C*****, da dieser „bei den anklagegegenständlichen Vereinbarungen - insbesondere bei Anklagepunkt I.2. - zugegen war“. Er könne darüber hinaus Angaben bezüglich des Aufenthaltsorts des Angeklagten im Jänner 2010 machen.

Auch diese Beweisaufnahme konnte ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil der beantragte Zeuge - entgegen dem Antragsvorbringen - kein Tatzeuge ist. Die fraglichen, gemeinsam mit dem Sohn getätigten Telefonanrufe, auf die sich der Antrag bezieht, erfolgten nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers erst nach dem Tatzeitpunkt (ON 99 S 20f). Aus welchem Grund der Zeuge etwas darüber aussagen können soll, in welchem Hotel in Wien der Angeklagte im Tatzeitraum genächtigt habe (Faktum I.5.), legt der Antrag nicht dar. Er zielt somit auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis ab (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO).

Der Zeuge Hannes K***** wurde zum Beweis dafür beantragt, dass der Angeklagte 300 Euro an ihn übergeben habe und er eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen habe (Schuldspruch I.2.). Auch dieser Umstand betrifft jedoch lediglich das Nachtatverhalten des Angeklagten (US 8; ON 99 S 21), somit allenfalls eine Strafzumessungstatsache. Die Ladung und Vernehmung des Zeugen konnte daher unterbleiben.

Gleiches gilt für die beantragte Vernehmung des Zeugen Till *****, weil das Beweisthema, am 18. Jänner 2010 sei ein Anbot der C***** AG an den Angeklagten bezüglich der Möglichkeit des Rückkaufs des gegenständlichen Fahrzeugs gestellt worden (I.1.), ebenfalls ein nach dem Tatzeitpunkt gelegenes Geschehen betrifft.

Die in der Rüge nachgelieferte Begründung, die Zeugen könnten beweisen, dass „der für die Tathandlungen geforderte Vorsatz beim Angeklagten nicht vorlag“, unterliegt - ganz abgesehen vom Fehlen jeglichen Vorbringens zur Tauglichkeit des Beweismittels - dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die in ON 114 ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zurückzuweisen, kennt doch die Strafprozessordnung ein solches Rechtsmittel gegen Urteile von Schöffengerichten nicht (§§ 280, 283 Abs 1; 285d Abs 1 StPO).

Zur Erledigung der Berufung wegen Strafe und wegen der privatrechtlichen Ansprüche ist somit das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E97384

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00046.11S.0519.000

Im RIS seit

06.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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