TE Vfgh Erkenntnis 1998/6/17 G372/97, G373/97, G374/97, G375/97, G376/97, G377/97, G378/97, G379/97,

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Veröffentlicht am 17.06.1998
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/13 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
EisenbahnenteignungsG §7 Abs3 idF StrukturanpassungsG 1995
EisenbahnenteignungsG §44
BStG 1971 §20
AVG §74

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung der Benachteiligung des in einem Enteignungsverfahren obsiegenden Enteignungsgegners gegenüber dem Enteigneten beim Ersatz der Verfahrenskosten; keine sachliche Rechtfertigung auch der unterschiedlichen Bemessungsregelung bei teilweiser Stattgabe eines Enteignungsantrags; unterschiedliche Regelung des Verfahrenskostenersatzes im Enteignungsverwaltungsverfahren und im daran anschließenden gerichtlichen Entschädigungsverfahren hingegen nicht unsachlich

Spruch

§7 Abs3 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, idF des ArtXVIII Z1. des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 1999 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind 23 auf Art144 B-VG gestützte Beschwerden anhängig, mit denen unter Anwendung des §7 Abs3 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71/1954 idF Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, (im folgenden: EEG) erlassene, aus dem Zeitraum 1. August 1995 bis 15. November 1996 datierte Bescheide des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten angefochten wurden. Mit diesen Bescheiden wurden Pauschalvergütungen zur Abgeltung von Aufwendungen, die den Beschwerdeführern durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung in Enteignungsverfahren nach den §§17 bis 20 Bundesstraßengesetz 1971 entstanden sind, zuerkannt und im übrigen - bis auf einen Bescheid (in dem ohne ausdrückliche Abweisung des Mehrbegehrens bloß eine Pauschalvergütung zuerkannt wurde) - die Anträge auf Ersatz der Kosten der anwaltlichen Vertretung abgewiesen. Als Bemessungsgrundlage für die Zuerkennung der Pauschalvergütung nach §7 Abs3 EEG hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in jenen Fällen, in denen bereits eine Entscheidung in der Hauptsache (Enteignung und Enteignungsentschädigung) vorlag, die zugesprochene Enteignungsentschädigung und in jenen Fällen, in denen eine Entscheidung in der Hauptsache noch nicht vorlag, jene präsumtive Entschädigungssumme herangezogen, die durch Sachverständigengutachten im Grundeinlöseverfahren ermittelt worden war. Ergaben 1,5 vH der solcherart ermittelten Bemessungsgrundlage einen Betrag, der unter 5 000 S lag, wurde eine (Mindest-)Pauschalvergütung in Höhe von 5 000 S zuerkannt.

Da der Verfassungsgerichtshof bei Behandlung dieser Beschwerden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §7 Abs3 EEG hegte, hat er am 18. Juni 1997 gemäß Art140 Abs1 B-VG beschlossen, ein Verfahren zur amtswegigen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung des EEG einzuleiten.

2. Die für die Frage des Ersatzes der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971 maßgebliche Rechtslage (zum einen idF vor und zum anderen idF nach dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995) stellt sich wie folgt dar:

§20 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971), BGBl. Nr. 286/1971 idF BGBl. Nr. 159/1990, lautet auszugsweise:

"§20. Enteignungsverfahren

(1) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde (§32) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. ...

(2) Der Enteignungsbescheid hat zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten. Diese ist aufgrund der Schätzung beeideter unparteiischer Sachverständiger unter Beobachtung der in den §§4 bis 8 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, aufgestellten Grundsätze zu ermitteln.

(3) Gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung ist die Berufung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zulässig. Eine Berufung bezüglich der Höhe der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung ist unzulässig. Doch steht es jedem der beiden Teile frei, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht zu begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Mit Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung kann ohne Zustimmung des Antragsgegners nicht zurückgenommen werden. Bei Zurücknahme des Antrages gilt der im Enteignungsbescheid bestimmte Entschädigungsbetrag als vereinbart.

(4) ...

(5) ..."

Die Kostentragungsregelung des §44 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71/1954 idF vor der Abänderung durch das Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, lautete wie folgt:

"§44. Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten."

Mit dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, wurde dem im Abschnitt II. "Gegenstand und Umfang der Entschädigung."

eingeordneten §7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 folgender Absatz 3 angefügt:

"(3) Dem Enteigneten gebührt zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen können, eine Pauschalvergütung von 1,5 vH der Enteignungsentschädigung, mindestens aber 5 000 S, ohne daß es eines Nachweises bedarf."

Weiters wurde mit dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, der §44 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 wie folgt neu gefaßt:

"§44. (1) Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

(2) Im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung hat der Enteignete auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Als ersiegter Entschädigungsbetrag ist die Differenz zwischen dem gerichtlich zugesprochenen Entschädigungsbetrag und jenem Betrag anzusehen, den der Enteignungswerber zu leisten offenkundig bereit war. §41 Abs1 zweiter Satz, Abs2 und Abs3 ZPO ist anzuwenden."

Diese Änderungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 durch das Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, ausgegeben am 4. Mai 1995, traten gemäß Art49 Abs1 B-VG mit 5. Mai 1995 in Kraft.

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Strukturanpassungsgesetzes, 134 BlgNR XIX. GP, wird zu den Änderungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 wie folgt ausgeführt:

Zu §7 Abs3: "Die pauschale Entschädigung steht jedem Enteigneten im Verwaltungsverfahren zu, unabhängig davon, ob er überhaupt eine rechtsfreundliche oder sachverständige Beratung in Anspruch genommen hat."

Zu §44: "Die jüngere Judikatur zur Frage der Kostentragung kann zu einer unbillig starken Belastung des Enteignungswerbers durch hohe Anwaltskosten des Enteigneten im Gerichtsverfahren führen, da der Enteignete rechtsfreundliche Vertretung ohne jegliches Kostenrisiko in Anspruch nehmen kann. Der neue §44 Abs2 begrenzt den Kostenersatzanspruch des Enteigneten entsprechend den Kostentragungsregelungen des streitigen Verfahrens."

Die die "Kosten der Beteiligten" regelnde Bestimmung des §74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, lautet wie folgt:

"§74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden."

3.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vom 18. Juni 1997 von der Zulässigkeit der Beschwerden sowie davon aus, daß er bei seiner Entscheidung darüber §7 Abs3 EEG anzuwenden habe.

3.2. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß §7 Abs3 EEG dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG) widerspreche:

Nach Darlegung der vom OGH (SZ 59/229) und vom Verwaltungsgerichtshof (VwSlg. 13777 A/1993) in verstärkten Senaten vertretenen Auffassung, daß nach der Bestimmung des §44 EEG idF vor dem Strukturanpassungsgesetz 1995 zu den Kosten des Enteignungsverfahrens bzw. der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung auch jene der rechtsfreundlichen Vertretung zu zählen waren, sowie nach Darlegung in die gleiche Richtung weisender Literaturmeinungen ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, daß §7 Abs3 EEG der Intention des Strukturanpassungsgesetzes 1995 entsprechend dahin auszulegen sein dürfte, daß der Enteignete zusätzlich zur Pauschalvergütung von 1,5 vH der Enteignungsentschädigung, mindestens aber von 5 000 S, keinen Ersatz für die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung oder sachverständiger Beratung im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Enteigner beanspruchen kann.

3.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte das Bedenken, daß §7 Abs3 EEG deshalb dem Gleichheitssatz widerspreche, weil die darin enthaltene Regelung ohne sachlichen Grund von der dem Enteigneten zugute kommenden Kostenersatzvorschrift des §44 Abs2 EEG abweiche.

Wie nämlich der Gerichtshof in VfSlg. 10367/1985 (für die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof) ausgeführt habe, komme die unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes grundsätzliche Unvergleichbarkeit verschiedener verfahrensrechtlicher Ordnungssysteme dann nicht zum Tragen, wenn eine prozeßtechnisch notwendige, vom einfachen Gesetzgeber aktualisierte Verzahnung zweier Rechtsbehelfe und dementsprechender Verfahren vorliege. In diesem Fall bedürften verfahrensrechtliche Abweichungen des einen vom anderen Verfahren eines entsprechend einsichtigen Grundes, weil dem Gesetzgeber kraft Gleichheitsgebotes die Schaffung anderer als sachlich begründbarer Differenzierungen verwehrt sei.

Dem Gerichtshof sei vorläufig kein Grund einsichtig, warum eine rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung des Enteigneten im Verwaltungsverfahren durch eine - relativ geringfügige - Pauschalvergütung abgegolten wird, die jedenfalls ( - also gleichgültig, ob eine derartige Vertretung und Beratung in Anspruch genommen wurde oder nicht, und unabhängig vom Prozeßerfolg - ) zusteht, im gerichtlichen Entschädigungsverfahren gemäß §44 Abs2 EEG hingegen die tatsächlich anfallenden Vertretungskosten auf der Grundlage des ersiegten Entschädigungsbetrages dem Enteigneten zu ersetzen sind.

3.2.2. Unsachlich erschien es dem Gerichtshof vorläufig ferner, daß dem Eigentümer, wenn und insoweit er mit seinen Einwendungen gegen die beantragte Enteignung obsiegt, sodaß der Enteigungsantrag - ganz oder teilweise - abgewiesen und demgemäß eine Entschädigung insofern nicht zugesprochen wird, dem Wortlaut des §7 Abs3 EEG zufolge keine Vergütung gebühre. Wolle man nicht annehmen, daß gerade der im Verwaltungsverfahren durch die Abwehr der beantragten Enteignung erfolgreiche Eigentümer überhaupt ohne Prozeßkostenersatz bleibe, müßte neuerlich auf §44 Abs1 EEG zurückgegriffen werden. Dann dürfte es aber an der angesichts des Gleichheitssatzes notwendigen sachlichen Begründung fehlen, warum im Falle der Abweisung des Enteignungsantrages ein vom Pauschalvergütungssystem des §7 Abs3 EEG abweichender Kostenersatz gewährt wird.

4. Die Bundesregierung brachte zu den vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität des §7 Abs3 EEG nichts vor, bestritt jedoch, daß die vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Bedenken zutreffen.

4.1. Zu dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, daß die Regelung des §7 Abs3 EEG ohne sachlichen Grund von der dem Enteigneten zugute kommenden Kostenersatzvorschrift des §44 Abs2 EEG abweiche und deshalb dem Gleichheitssatz widerspreche, führt die Bundesregierung - wie auch das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme im Anlaßverfahren zu B2818/95 - aus, daß sich der Verfassungsgerichtshof bereits mit differenzierenden Kostenregelungen der beanstandeten Art befaßt habe. Er habe es insbesondere nicht als unsachlich angesehen, wenn der Gesetzgeber das Bedürfnis nach Einheitlichkeit der Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde, wenn diese über zivilrechtliche Streitigkeiten zu entscheiden hat, höher bewerte als das Interesse an gleichartiger Behandlung zivilrechtlicher Streitigkeiten durch die Verwaltungsbehörden einerseits und die Gerichte andererseits (VfSlg. 9875/1983). In ähnlichem Sinne habe er in VfSlg. 13455/1993 ausgesprochen, daß es dem Gesetzgeber freistehe, das Bedürfnis nach Einheitlichkeit der Verfahren des Betriebsverfassungsrechts höher zu bewerten als das Interesse nach gleichartiger Behandlung zivilrechtlicher Streitigkeiten.

Im vorliegenden Fall stehe nach Auffassung der Bundesregierung das Interesse an der Einheitlichkeit des Verwaltungsverfahrens im Vordergrund: die Regelung des §7 Abs3 EEG stehe dem in §74 Abs1 AVG verankerten Grundsatz der Selbsttragung der Kosten nahe. Dieser Grundsatz stelle ein "Ordnungssystem" oder Teil desselben dar, dessen allgemeine Geltung, auch für ein von Amts wegen und damit ohne Zutun der Partei eingeleitetes Verwaltungsverfahren, in VfSlg. 11301/1987 für unbedenklich erachtet worden sei. Eine sachliche Rechtfertigung für den Grundsatz der Selbsttragung der Kosten könne insbesondere darin gefunden werden, daß er die Parteien tendenziell zur Sparsamkeit und zur Zurückhaltung bei der Aufsichnahme von Kosten anhalte und damit in Richtung einer Vermeidung volkswirtschaftlich nicht sinnvoller Kosten wirke und überdies die Grundsätze und die Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren (vor allem die Offizialmaxime) eine rechtsfreundliche Vertretung als weitgehend entbehrlich erscheinen ließen. Beim verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren ergebe sich "noch die Besonderheit, daß dieses nicht nur der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts und dem Parteiengehör dient, sondern auch auf die Erzielung eines gütlichen Ausgleiches ausgerichtet wird". In diesem Sinne werde dem Gesetzgeber kein Vorwurf gemacht werden können, wenn er den Kostenersatzanspruch des Enteignungsgegners auf einen verhältnismäßig bescheidenen Prozentsatz des Enteignungsentschädigungsbetrages beschränke. Andererseits erscheine es auch nicht unsachlich, wenn der Pauschalbetrag auch einem Enteignungsgegner gebühre, der gar keine rechtsfreundliche oder sachverständige Vertretung in Anspruch nehme (insbesondere auch bei Erwerb des Enteignungsgegenstandes durch Vertrag), zumal die Pauschalierungsregelung dem Gedanken der Verwaltungsökonomie diene.

Den unter Hinweis auf VfSlg. 10367/1985 erfolgten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluß, wonach die grundsätzliche Unvergleichbarkeit verschiedener verfahrensrechtlicher Ordnungssysteme dann nicht zum Tragen komme, wenn eine prozeßtechnisch notwendige, vom einfachen Gesetzgeber aktualisierte Verzahnung zweier Rechtsbehelfe und dementsprechender Verfahren vorliege, hält die Bundesregierung entgegen, daß die im Erkenntnis VfSlg. 10367/1985 zugrunde gelegene Besonderheit der prozeßtechnischen Verzahnung im vorliegenden Fall nicht gegeben sei:

In dem genannten Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof eine Unsachlichkeit darin erblickt, daß aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem VwGG einerseits und nach dem VerfGG (iVm der entsprechenden Bestimmung der ZPO) andererseits bei an sich "völlig gleichem Sachverhalt unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten" können, je nachdem, welcher der beiden zur Einleitung eines Beschwerdeverfahrens beim Verwaltungsgerichtshof führenden Wege, nämlich der der Erhebung einer Beschwerde unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof oder jener der Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde mit gleichzeitigem oder späterem Begehren auf Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof, beschritten werde. Beim verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren einerseits und beim gerichtlichen Entschädigungsverfahren andererseits handle es sich jedoch um zwei getrennte, aufeinander folgende Verfahren. Die Hauptfrage im Verwaltungsverfahren liege in der Entscheidung über die Notwendigkeit, den Gegenstand sowie den Umfang der Enteignung (§20 Abs1 BStG 1971), erst in zweiter Linie sei im Verwaltungsverfahren auch die Höhe eines allfälligen vorläufigen Entschädigungsbetrages zu prüfen (§20 Abs2 BStG 1971). Die "Frage der Kosten sowie das gesamte Prozedere des Verwaltungsverfahrens" richteten sich nach dem "'Hauptgegenstand' des Verwaltungsverfahrens, nämlich der grundsätzlichen Frage der Enteignung". Wenn in diesem Verfahren aus ökonomischen Gründen, um soweit als möglich sämtliche Fragen des Enteignungsverfahrens zu klären, auch über die Entschädigung abgesprochen werde, so könne hiebei im Hinblick auf ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren, in dem nur ein Aspekt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung, nämlich die Höhe der Entschädigung, zu prüfen sei, nicht von einer prozeßtechnischen Verzahnung gesprochen werden. Die Frage der Höhe der Entschädigung sei im gerichtlichen Verfahren überdies unabhängig vom Verwaltungsverfahren zu entscheiden, da gemäß §20 Abs3 BStG 1971 die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung mit Anrufung des Gerichtes außer Kraft trete. Hierin liege der entscheidende Unterschied zu dem dem Erkenntnis VfSlg. 10367/1985 zugrundeliegenden Fall, in dem - anders als im vorliegenden Fall - "der Prozeßgegenstand, nämlich der angefochtene Bescheid, derselbe war, und es zum selben Verfahren kam, und nur die Art der Einleitung eine unterschiedliche war, nämlich in einem Fall über den VfGH zum VwGH, im anderen Falle direkt zum VwGH."

Zur Zulässigkeit unterschiedlicher Kostenersatzregelungen, sofern diese an unterschiedliche, dem materiellen Recht zugrundeliegende Lebenssachverhalte anknüpfen, verweist die Bundesregierung nochmals auf das bereits zitierte, zu den unterschiedlichen Kostenersatzregelungen im ASGG ergangene Erkenntnis VfSlg. 13455/1993 und meint, "daß es daher nicht unsachlich ist, wenn im Verfahren, in dem in erster Linie über die Enteignung entschieden wird, die Grundsätze des AVG zur Anwendung kommen".

4.2. Den gleichheitsrechtlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, daß dem obsiegenden, die Enteignung abwehrenden Eigentümer, dem mangels Enteignung auch keine Entschädigung zugesprochen wird, dem Wortlaut des §7 Abs3 EEG zufolge keine Vergütung gebühre, hält die Bundesregierung entgegen, daß gemäß §7 Abs3 iVm §4 Abs2 EEG dem Wortlaut nach als "Enteigneter" "jeder anzusehen (ist), dem der Gegenstand der Enteignung gehört, oder dem an einem Gegenstande der Enteignung ein mit dem Eigentume eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zusteht". Jede Person, deren Eigentum oder deren Gegenstand, an dem sie ein dingliches Recht besitzt, im Rahmen eines Verfahrens nach dem EEG enteignet werden soll, sei daher, unabhängig davon, ob eine Enteignung am Ende des Verfahrens auch tatsächlich ausgesprochen wird oder nicht, als "Enteigneter" anzusehen. Diese Personen erhielten "auf alle Fälle" 5 000 S gemäß §7 Abs3 EEG. Die Höhe dieses Betrages orientiere sich am "durchschnittlichen Enteignungsverfahren". Es könne daher nicht davon gesprochen werden, daß diese Personen mit einem unverhältnismäßig niedrigen Kostenbeitrag abgefunden würden. Im übrigen könne insbesondere bei Personen, die tatsächlich nicht enteignet werden, eine prozeßtechnische Verzahnung mit dem gerichtlichen Verfahren nicht vorliegen, weil ein solches mangels einer Entschädigung gar nicht in Frage käme. Was den Personenkreis der "Teilenteigneten" betreffe, wird auf §6 EEG hingewiesen, wonach bei der Ermittlung der Entschädigung nicht nur der Wert des enteigneten Teiles, sondern auch die Wertminderung des verbleibenden Teiles zu berücksichtigen ist. Deshalb werde auch der Ersatz der Verfahrenskosten relativ höher ausfallen.

4.3. Abschließend beantragte die Bundesregierung, die in Prüfung genommene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben und für den Fall der Aufhebung für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

5. Die Beschwerdeführer im Anlaßbeschwerdeverfahren zu B2818/95 erstatteten eine Äußerung:

5.1. Darin wenden sich die Beschwerdeführer gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes (siehe oben 3.1.), daß dieser bei seiner Entscheidung über die Beschwerde §7 Abs3 EEG anzuwenden habe.

Der Anspruch auf Kostenersatz für die rechtsfreundliche Vertretung sei "dem Grunde nach mit der Enteignung selbst entstanden, also mit dem dieser Beschwerde zugrundeliegenden Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 01.07.1994". Die Berufungsbehörde hätte daher nach Ansicht der Beschwerdeführer jene Rechtsänderungen, die nach Erlassung des Bescheides vom 1. Juli 1994 eingetreten sind, sohin auch den erst mit Wirkung vom 5. Mai 1995 in Kraft getretenen §7 Abs3 EEG, nicht zu berücksichtigen gehabt.

Weiters verweisen die Beschwerdeführer auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 9315 A/1977, VwSlg. 13384 A/1994) zu Ausnahmen vom Grundsatz der Anwendung des im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltenden Rechtes. Danach sei für die Beantwortung der Frage der Anwendung neuen Rechtes auf frühere Sachverhalte unter Zugrundelegung der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Vertrauensschutz insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich bei der zu beurteilenden Gesetzesänderung um eine verschlechternde oder um eine begünstigende handle. Da die Beschwerdeführer im Vertrauen auf die im Jahre 1993 von einem verstärkten Senat des Verwaltungsgerichtshofes eingeschlagene Judikaturlinie rechtlichen Beistand in Anspruch genommen hätten, handle es sich um eine - aus Sicht der Beschwerdeführer - verschlechternde Gesetzesänderung.

5.2. In der Sache vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, daß es keine sachlichen Gründe dafür gebe, daß die Kostenbestimmung im zivilgerichtlichen Enteignungsentschädigungsverfahren anders als im verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren geregelt werde. Auf der Grundlage der Entscheidungen des OGH (SZ 59/229) sowie des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 13777 A/1993) sei davon auszugehen, daß zwischen dem Kostenbegriff des §44 EEG (idF vor dem Strukturanpassungsgesetz 1995) und dem der ZPO kein Unterschied bestehe. Nunmehr müsse ergänzt werden, daß "auch zwischen dem Kostenbegriff des §7 Abs3 EEG und de(m) des §44 EEG ... keine sachliche Differenzierung zulässig ist".

Zum Grundsatz, daß es dem Gesetzgeber offenstehe, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform gestaltet sind, führen die Beschwerdeführer aus, daß die "Diktion" des EEG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1995 eine Trennung unterschiedlicher Verfahrensbereiche gar nicht zulasse, da verwaltungsrechtliche und zivilprozeßrechtliche, "für die Bestimmung der Entschädigungshöhe maßgeblich(e)" Ansatzpunkte durch die Bestimmungen des §7 Abs3 EEG und des §44 Abs2 EEG geradezu vermengt würden.

6. Die Beschwerdeführer im Anlaßbeschwerdeverfahren zu B14/97 verweisen in ihrer Äußerung auf die historische Absicht des Gesetzgebers des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1878, den Enteigneten schadlos zu halten, sowie auf die Grundrechtsnähe des Enteignungsvorganges, die eine effektive Rechtsschutzgarantie auch gegenüber den Verwaltungsbehörden erfordere. Mit einem Pauschalbetrag von 5 000 S könne eine wirksame Abwehr ungerechtfertigter Enteignungsbegehren nicht erfolgen. §7 Abs3 EEG widerspreche daher nicht nur dem Gleichheitsgrundsatz, sondern auch Art6 EMRK.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat ergeben, daß die Beschwerden, die den Anlaß zu seiner Einleitung bildeten, zulässig sind, und daß der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über jene Beschwerden §7 Abs3 EEG anzuwenden hat.

Dies gilt auch für die zu den Zlen. B2818/95, B221/96, B2506/96, B 3361-3366/96, B 3385-3392/96 und B 3463-3467/96 erhobenen Beschwerden, die sich gegen Bescheide richten, mit denen ein pauschalierter Kostenersatz für Vertretungshandlungen zuerkannt (und gemäß §7 Abs3 EEG der Höhe nach beschränkt) wurde, die vor dem Inkrafttreten des §7 Abs3 EEG, also vor dem 5. Mai 1995, geleistet worden waren. Zwar teilt der Verfassungsgerichtshof die von den Beschwerdeführern zu B2818/95 im Gesetzesprüfungsverfahren neuerlich vertretene Auffassung, daß es bei verfassungskonformer Auslegung "wegen des Rückwirkungsverbotes zu keiner Anwendung des §7 Abs3 EEG auf den gegenständlichen Sachverhalt" kommen durfte, weil er anders auch entsprechende zusätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen §7 Abs3 EEG in seinen Prüfungsbeschluß aufgenommen hätte. Gleichwohl hat der Verfassungsgerichtshof schon mit Rücksicht auf die von der belangten Behörde in jenem Beschwerdeverfahren vertretene Rechtsmeinung, wonach §7 Abs3 EEG auch für Vertretungshandlungen in Enteignungsverfahren Anwendung findet, die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung am 5. Mai 1995 geleistet wurden, auch selbst jene Gesetzesbestimmung in Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe gemäß Art144 B-VG in den bei ihm anhängigen, oben angeführten Beschwerdefällen anzuwenden.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes erweisen sich zum Teil als berechtigt:

a) §44 Abs1 EEG ist auf Grund seiner Ergänzung durch die §§7 Abs3 sowie 44 Abs2 EEG im Wege des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, dahin zu verstehen, daß dem Enteigneten der Ersatz "der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung" im gerichtlichen Verfahren durch §44 Abs2 EEG verheißen ist, die "Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen", jedoch abschließend in §7 Abs3 EEG geregelt ist. Entsprechend der Intention des Strukturanpassungsgesetzes 1995 - und insoweit auch im Einklang mit der Auffassung der Bundesregierung - ist §7 Abs3 EEG (anders als der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß noch offenließ) dahin auszulegen, daß zusätzlich zur Pauschalvergütung von 1,5 vH der Enteignungsentschädigung, mindestens aber von 5 000 S, der Enteignete keinen Ersatz für die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung oder sachverständiger Beratung im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Enteigner beanspruchen kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner in seinem Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Z95/06/0246, aussprach, sieht §7 Abs3 EEG lediglich einen Kostenersatzanspruch des Enteigneten, nicht aber des Enteignungsgegners schlechthin vor. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu begründend aus:

"... (im Falle der Abwehr der Enteignung gäbe es auch keine Enteignungsentschädigung, die für die Berechnung des Anspruches nach §7 Abs3 Eisenbahnenteignungsgesetz herangezogen werden könnte). Soweit in der Beschwerde auf die Funktion des Verwaltungsverfahrens als (auch) zur Feststellung des öffentlichen Interesses an der Enteignung dienendes Verfahren hingewiesen wird (und daraus offenbar eine Rechtfertigung für einen Anspruch der Partei abgeleitet wird, die durch ihre Mitwirkung am Verfahren gleichsam auch dem öffentlichen Interesse diene), ist darauf hinzuweisen, daß es die Funktion des Verwaltungsverfahrens ganz allgemein ist, zu einer (insbesondere auch die öffentlichen Interessen objektiv zutreffend gewichtenden) rechtsrichtigen Entscheidung zu führen, ohne daß deshalb die Beteiligung von Parteien daran (insbesondere im Fall, daß sie sich rechtsfreundlich vertreten lassen) zu einem Kostenersatzanspruch führen würde."

Der Verwaltungsgerichtshof geht sohin offenbar davon aus, daß dem in der Sache erfolgreichen Enteignungsgegner infolge der lediglich für den "Enteigneten" geltenden Regelung des §7 Abs3 EEG kein Kostenersatzanspruch zukommt.

Nach Auffassung der Bundesregierung sind als Enteignete demgegenüber nicht "nur solche Personen anzusehen, die durch das Verfahren auch tatsächlich enteignet wurden, sondern jede Person, deren Eigentum ... im Rahmen eines Verfahrens nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz enteignet werden soll, unabhängig davon, ob eine Enteignung am Ende des Verfahrens auch tatsächlich ausgesprochen wird oder nicht".

Der Verfassungsgerichtshof schließt sich der Auslegung des §7 Abs3 EEG durch den Verwaltungsgerichtshof an. Ihn überzeugt die Meinung der Bundesregierung schon deswegen nicht, weil §7 Abs3 EEG für den Kostenersatzanspruch primär auf die im Bescheid bestimmte Enteignungsentschädigung abstellt, die jedoch bei Abwehr der Enteignung durch Abweisung des Enteignungsbegehrens gerade nicht bestimmt wird. Die von der Bundesregierung vertretene Auffassung, daß in diesen Fällen stets die Mindestpauschalvergütung von 5 000 S beansprucht werden kann, widerspricht schon deshalb der Regelung des §7 Abs3 EEG, weil diese insgesamt von einer zu gewährenden Enteignungsentschädigung ausgeht, bei Entfall einer Entschädigung sohin gerade kein Maß für den Kostenersatzanspruch bereithält.

b) Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner ständigen Rechtsprechung, wonach aus einem Vergleich unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Regelungen im Prinzip unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes nichts zu gewinnen ist, weil es dem Gesetzgeber offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform gestaltet sind (vgl. zB VfSlg. 9965/1984, 10084/1984, 10770/1986, 13420/1993). Insbesondere widersprechen auch differenzierende Kostenersatzregelungen in verschiedenen Verfahrensbereichen, mögen diese auch miteinander eine gewisse Verwandtschaft aufweisen, (noch) nicht dem Gleichheitssatz (vgl. insbesondere VfSlg. 9875/1983, 13455/1993). Es widerspricht auch nicht dem Gleichheitssatz, die Kostenersatzregelungen des EEG lediglich einer Partei zugute kommen zu lassen, wenn diese als wirtschaftlich schwächere Partei eines Verfahrens dadurch in die Lage versetzt wird, "den formal vorgesehenen Rechtsschutz auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen" (VfSlg. 14610/1996).

Der Verfassungsgerichtshof kann daher seine im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken nicht aufrechterhalten, wonach es unsachlich ist, den Verfahrenskostenersatz für das Enteignungsverwaltungsverfahren anders zu regeln als im daran anschließenden gerichtlichen Entschädigungsverfahren. Die Bundesregierung verweist zurecht darauf, daß die besondere prozeßtechnische Verzahnung, die den Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 10367/1985 veranlaßte, die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem VwGG einerseits und nach dem VerfGG andererseits als gleichheitswidrig zu erkennen, zwischen dem verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren und dem gerichtlichen Entschädigungsverfahren nicht besteht. Mag auch der nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens zu erlassende Enteignungsbescheid eine vorläufige Festsetzung der Höhe der Entschädigung enthalten, so liegt doch der wesentliche Streitgegenstand dieses Verwaltungsverfahrens in der Frage der Notwendigkeit, des Gegenstandes sowie des Umfanges der Enteignung (vgl. §20 Abs1 BStG 1971). Die Höhe eines allfälligen Entschädigungsbetrages wird demgegenüber im Verwaltungsverfahren nur vorläufig festgesetzt (vgl. §20 Abs2 BStG 1971). Demgegenüber ist im gerichtlichen Verfahren nicht die Enteignung selbst, sondern ausschließlich die Höhe der Entschädigung Gegenstand des Verfahrens. Schon mit Rücksicht auf §20 Abs3 BStG 1971, demzufolge die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung mit Anrufung des Gerichtes außer Kraft tritt, kann von der für einen Vergleich der Kostenersatzregelungen unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes notwendigen prozeßtechnischen Verzahnung zwischen dem Enteignungs(verwaltungs-)verfahren und dem gerichtlichen Verfahren über die Höhe der Entschädigung keine Rede sein.

c) Hingegen trifft das vom Verfassungsgerichtshof geäußerte Bedenken zu, daß kein sachlicher Grund ersichtlich ist, den in einem Enteignungsverfahren obsiegenden Enteignungsgegner dadurch zu benachteiligen, daß ihm kein Verfahrenskostenersatz zuerkannt werden darf, während §7 Abs3 EEG dem Enteigneten einen Kostenersatz zugesteht. Es ist von der Sache her schlechterdings nicht einzusehen, daß dem - womöglich unter Zuhilfenahme rechtsfreundlicher Vertretung - im Enteignungsverfahren dadurch obsiegenden Eigentümer, daß der Enteignungsantrag abgewiesen und ihm demgemäß eine Entschädigung nicht zugesprochen wird, dem §7 Abs3 EEG zufolge der Verfahrenskostenersatz vorenthalten wird und somit der Wert des Streitgegenstandes unberücksichtigt bleibt, während dem Enteigneten bei möglicherweise viel geringerem Verfahrenskostenaufwand eine Vergütung nach Maßgabe der festgesetzten Enteignungsentschädigung zuzuerkennen ist. Darüber hinaus ermangelt es auch an jedweder sachlichen Rechtfertigung, im Fall einer teilweisen Stattgabe eines Enteignungsantrags den Verfahrenskostenersatz ausschließlich anhand des Wertes des enteigneten Teiles bemessen, die teilweise Abweisung des Enteignungsantrags und damit den Wert der Sache, deren Enteignung insgesamt beantragt wurde, hingegen beim Verfahrenskostenersatz nicht berücksichtigen zu lassen.

Auch die allgemeine Vorschrift des §74 Abs1 AVG, wonach jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten einschließlich der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung selbst zu bestreiten hat, vermag keine sachliche Rechtfertigung für die Schlechterstellung des obsiegenden Eigentümers im Vergleich zu dem im Enteignungs(verwaltungs)verfahren gleichsam unterliegenden Enteigneten zu bilden: Wenn der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13455/1993 auf das vom Gesetzgeber wahrzunehmende "Bedürfnis nach Einheitlichkeit" für die Sachlichkeit verfahrensrechtlicher Regelungen abstellte, so ist im vorliegenden Zusammenhang des Verfahrenskostenersatzes ein derartiges Bedürfnis nach Einheitlichkeit der Gestaltung des Enteignungs(verwaltungs)verfahrens mit dem allgemeinen Verwaltungsverfahren im Sinne des §74 Abs1 AVG deswegen nicht (mehr) auszumachen, weil der Gesetzgeber selbst im §7 Abs3 EEG von der Notwendigkeit ausging, dem Enteignungsgegner im Falle seiner Enteignung einen Kostenersatz zuzusprechen. Eine Unterscheidung der Enteignungs(verwaltungs-)verfahren in dem Enteignungsantrag stattgebende und abweisende Verfahren kann schlechterdings keinen sachlichen Grund für sich in Anspruch nehmen, was den Anspruch auf Kostenersatz anlangt. Unsachlich ist es ferner, im Fall einer nur teilweisen Enteignung die Höhe des Verfahrenskostenersatzes lediglich am Maßstab der Enteignungsentschädigung zu bemessen und damit das teilweise Obsiegen des Enteignungsgegners durch teilweise Abweisung des Enteignungsantrags bei der gesetzlichen Regelung des Maßstabs für den Verfahrenskostenersatz nicht zu berücksichtigen. Ist es doch keinesfalls zu belegen, daß einem Eigentümer, demgegenüber die Enteignung rechtskräftig ausgesprochen wurde, mehr Verfahrenskosten erwachsen als einem Eigentümer, dem es gelang, den Enteignungsantrag im Verwaltungsverfahren ganz oder teilweise abzuwehren.

Die Regelung des §7 Abs3 EEG widerspricht sohin dem Gleichheitssatz, insoweit sie einen Kostenersatzanspruch im Verwaltungsverfahren lediglich für den "Enteigneten" vorsieht, nicht hingegen für Eigentümer, soweit sie im Enteignungsverfahren durch Abweisung des Enteignungsbegehrens ganz oder teilweise obsiegten. §7 Abs3 EEG war somit als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Entsprechend der Anregung der Bundesregierung hat der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten des §7 Abs3 EEG gemäß Art140 Abs5 B-VG eine Frist bis 30. Juni 1999 bestimmt, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Der Ausspruch, daß sonstige gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, stützt sich auf Art140 Abs6 B-VG, die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung auf Art140 Abs5 B-VG.

Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Eisenbahnrecht, Enteignung, Verfahren, Verwaltungsverfahren, Kostenersatz, Rechtsschutz, Straßenverwaltung, Sparpaket

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:G372.1997

Dokumentnummer

JFT_10019383_97G00372_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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