TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/18 E11 258536-1/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2011
beobachten
merken
Spruch

E11 258536-1/2010/33E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER, LL.M als Vorsitzenden und der Richterin Dr. ZOPF als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA. Armenien, vertreten durch Mag. Bernhard GRAF, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.02.2005, Zl. 03 29.883-BAI, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides wird stattgegeben und Spruchpunkt III. ersatzlos behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte am 01.10.2003 beim Bundesasylamt (BAA) einen Asylantrag, welchen das BAA mit Bescheid vom 16.02.2005, FZ. 03 29.883-BAI, gemäß § 7 AsylG 1997 abwies (Spruchpunkt I); weiters erklärte das BAA die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des BF nach Armenien gemäß § 8 AsylG Abs 1 1997 für zulässig (Spruchpunkt II) und wies den BF aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III).

 

Die Gattin und die beiden minderjährigen Kinder des BF reisten ebenfalls mit dem BF nach Österreich ein und stellten Asylerstreckungsanträge; diese wurden vom BAA ebenfalls gem. §§ 10,11 AsylG 1997 abgewiesen; eine Ausweisung der Gattin und der beiden Kinder des BF durch das BAA erfolgte mangels gesetzlicher Grundlage nicht.

 

2. Die gegen den Bescheid erhobene Berufung wies der UBAS mit Bescheid vom 08.10.2007, Zahl: 258.536/0/15E-VIII/22/05, in sämtlichen Spruchpunkten ab.

 

3. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab der VwGH mit Erkenntnis vom 26.05.2010, Zahl: 2008/19/0091-6, insofern statt, als Spruchpunkt III. (Ausweisung des BF nach Armenien) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wurde; im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren grundsätzlich nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. § 10 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt (§ 75 Abs 8 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 122/2009).

 

3. Gemäß dem in gegenständlichem Verfahren anzuwendenden § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 122/2009 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegt.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

-

dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

-

diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Nach Abs 6 dieser Bestimmung bleiben Ausweisungen nach Abs 1 binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

 

4. Die Behörde erster Instanz prüfte die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffes in das Recht auf Familienleben gemäß Artikel 8 Absatz 1 EMRK und kam in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis, dass im Falle des BF kein diesbezüglicher Grundrechtseingriff vorliege. In diesem Zusammenhang argumentierte die Behörde erster Instanz lediglich, dass seitens des BF kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden vorläge, zumal auch der Aufenthalt seiner Angehörigen nur ein vorübergehender, nämlich als Asylwerber, sei. Im Lichte von EGMR CRUZ VARAS gegen Schweden, 20.03.1991, Applic. 15576/89, liege kein Eingriff in das Familienleben von Fremden vor, wenn die gesamte Familie von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen ist, sondern greife eine solche lediglich in deren Privatleben ein.

 

5. Im gegenständlichen Fall besteht bei der Ausweisung jedoch ein Hindernis nach Art. 8 EMRK. Nach der Rechtsprechung des VwGH - die in diesem Verfahren auch zur Behebung von Spruchpunkt III. des Bescheides des UBAS führte - hat eine Ausweisung durch die Asylbehörde zu unterbleiben, wenn nicht alle Familienmitglieder nach dem AsylG ausgewiesen werden. Eine Ausweisung war aber im Asylverfahren der Gattin und der beiden minderjährigen Kinder des BF nicht auszusprechen, zumal die Bescheide des Bundesasylamtes keinen solchen Ausspruch enthielten und der Asylgerichtshof als Kontrollorgan bei verfassungskonformer Auslegung nicht zu einer im Ergebnis erstinstanzlichen Entscheidung zuständig gemacht werden kann; eine allfällige Ausweisung der Familie des BF obliegt den Fremdenpolizeibehörden. Die Ausweisung des BF durch das Bundesasylamt war daher zu beheben (Vgl. VwGH 16.01.2008, 2007/19/0851-5).

 

6. Ein begründeter Abspruch gemäß § 10 Abs. 5 AsylG konnte infolge der Unzuständigkeit des Asylgerichtshofes im Hinblick auf ein Ausweisungsverfahren der Gattin und den beiden Kindern des BF im Übrigen nicht getroffen werden.

 

7. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 41 Abs 7 AsylG 2005 unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familieneinheit, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
04.05.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten