TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/20 B8 302040-2/2011

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Veröffentlicht am 20.04.2011
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Spruch

B8 302.040-2/2011/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009 (AsylG 2005) und § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit: Republik Kosovo, vom 31.03.2011 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2011, Zahl: 10 12.017 EAST-OST, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.

 

II. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, führt den im Spruch angeführten Namen, reiste zunächst am 30.10.2005 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag in Österreich einen (ersten) Antrag auf Gewährung von Asyl.

 

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 22.05.2006, Zahl: 05 18.290-BAT, wurde dieser erste Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo," gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist sowie der Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo", ausgewiesen.

 

Das Bundesasylamt kam in diesem Bescheid zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass es dem Beschwerdeführer im Rahmen seines Asylverfahrens nicht möglich gewesen sei, die behauptete Gefährdungslage glaubhaft zu machen. Sein Vorbringen sei vage, höchst widersprüchlich und zudem nicht nachvollziehbar.

 

Die gegen diesen negativen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde vom 30.05.2006 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.10.2008, Zl. B8 302.040-1/2008/7E, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 57 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG) idF BGBl. I Nr. 126/2002, wurde weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

In dieser Entscheidung gelangte der Asylgerichtshof in Gesamtbetrachtung der vorgelegenen Umstände, insbesondere der aktuellen Lage im Kosovo sowie dem Umstand, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zukam, zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer in der Republik Kosovo keiner asylrelevanten - oder sonstigen - Verfolgung maßgeblicher Intensität ausgesetzt ist. Darüber hinaus war im konkreten Fall von der Schutzgewährungswilligkeit und Schutzgewährungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden im Kosovo auszugehen. Im Rahmen dieses ersten Asylverfahrens hatte der Beschwerdeführer zusammengefasst angegeben, er fürchte, von unbekannten Männern, die auch schon seine Freunde erschossen hätten, umgebracht zu werden. Aufgrund gravierender Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers und auch aufgetretener Unplausibilitäten wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer Verfolgungssituation als nicht den Tatsachen entsprechend erachtet. Hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. wurde berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer noch mehrere Angehörige im Kosovo sowie eine Unterkunftsmöglichkeit hat, keine maßgeblichen familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen, weiters ein rechtskräftiges Rückkehrverbot besteht und, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX mit Urteil vom XXXX gemäß §§ 15, 127, 128 Abs. 1/4, 129/1, 129/2 und 130 (2., 3., 4. Fall) StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 27 Monaten verurteilt worden war.

 

In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer zur Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Verfahrenshilfe, welcher abgelehnt wurde.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX gemäß §§ 12 (3. Fall), 127, 129 Abs.1 und 129 Abs. 2 StGB ein weiteres Mal und zwar diesmal zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 18 Monaten verurteilt.

 

Der Beschwerdeführer reiste in weiterer Folge im Dezember 2010 erneut illegal in das Bundesgebiet ein. Am 13.12.2010 wurde er im Zuge einer Amtshandlung von der Polizei angehalten und in weiterer Folge in die Justizanstalt XXXX zur Verbüßung einer noch offenen Freiheitsstrafe eingeliefert.

 

Aus dem Stande der Strafhaft stellte der Beschwerdeführer nunmehr am 17.03.2011 einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

 

Im Rahmen der asylrechtlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.03.2011 gab der Beschwerdeführer befragt nach den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, er sei nach seiner letzten Entlassung aus der Strafhaft im Jahr 2009 wieder in den Kosovo zurückgekehrt und für rund drei Wochen zuhause gewesen. Er habe gedacht, dass dort alles in Ordnung sei. Schon nach vier Tagen seien vier Leute mit einem Jeep zum Beschwerdeführer nachhause gekommen. Der Beschwerdeführer habe sofort gewusst, dass es Probleme geben werde und sei aus dem Haus gelaufen. Auf der Straße sei dann sofort auf den Beschwerdeführer geschossen worden. Er sei aber nicht verletzt worden. Der Beschwerdeführer sei "Zeuge bei verschiedenen Dingen nach dem Krieg, die nicht passieren hätten dürfen" gewesen. Deshalb hätten ihn die Täter von damals töten wollen. Er habe sich dann drei bis vier Tage bei einer Tante aufgehalten, sei dann aber auch dort wieder weggegangen. Danach habe er sich einige Tage bei einem Onkel aufgehalten. Er habe den Vorfall auch bei "ONMIK" (wohl gemeint: UNMIK) angezeigt. Dort sei eine Vernehmung durchgeführt worden. Davon habe der Beschwerdeführer eine Abschrift bekommen. Dieses Papier liege aber in der Schweiz bei einem Freund. Dieses Papier könne seine derzeitige Freundin auch besorgen. Der Beschwerdeführer sei anschließend im Sommer 2009 nach Österreich zurückgekehrt, obwohl er gewusst habe, dass ein Aufenthaltsverbot bestehe. Er sei dann mit seiner Freundin nach Zürich gefahren und sei zirka ein Jahr illegal in der Schweiz bei Freunden untergebracht gewesen. Dort liege auch das Papier über die Einvernahme. Er sei dann in einem Lokal in Zürich kontrolliert und mitgenommen worden und habe dort einen Asylantrag gestellt. Dann sei er wieder freigelassen worden und am 13.12.2010 von der Schweiz nach Österreich gekommen, um seine Freundin zu besuchen. Als er wieder in die Schweiz zurückkehren habe wollen, habe ihn die Polizei in Salzburg kontrolliert und festgenommen. Da er nun leider in seinem Heimatland erfahren habe, dass er persönlich noch immer Probleme habe, stelle er einen neuen Antrag. Der damalige Grund aus dem Jahr 2005 sei heute noch immer vorhanden. Der Beschwerdeführer werde das Dokument der UNMIK besorgen, das beweisen könne, dass er zuhause im Mai 2009 wieder Probleme gehabt habe. Im Falle einer Rückkehr befürchte er wiederum "diese Probleme zu haben". Diese Leute wollten den Beschwerdeführer töten. Die alte Gruppe der UCK würde den Beschwerdeführer wegen "der Dinge, die er wisse", weiterhin verfolgen.

 

Am 25.03.2011 erhielt der Beschwerdeführer die Möglichkeit, im Zuge eines Rechtsberatungsgespräches volle Akteneinsicht in den gegenständlichen Verwaltungsakt zu nehmen. In der daran anschließenden niederschriftlichen Einvernahme gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt an, er verbüße derzeit noch eine Reststrafe. Strafende sei am 8. Juli 2011. Er habe auch noch Kontakte zu seinem Heimatland. Er sei seit einem Jahr wegen eines Traumas aus dem Krieg in psychologischer Behandlung. Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestünden immer noch. Die Personen, welche den Beschwerdeführer schon vor seiner ersten Ausreise verfolgt hätten, hätten nun erfahren, dass er in den Kosovo zurückgekehrt sei. Er sei von diesen während seines Aufenthaltes angeschossen, aber nicht verletzt worden. Er habe sich dann bei seiner Tante versteckt und sei dann weiter zu seinem Onkel geflüchtet. An das Datum, wann er angeschossen worden sei, könne er sich nicht erinnern. Er werde von den gleichen Personen verfolgt, die er bereits im Erstverfahren angegeben habe. Er habe in Österreich keine Verwandten. Er habe aber hier seine Freundin, die ebenfalls Staatsbürgerin des Kosovo sei und einen Aufenthaltstitel in Österreich habe. Der Beschwerdeführer wolle nicht in den Kosovo, sondern in die Schweiz abgeschoben worden. In Österreich habe er seinen Lebensunterhalt von der Grundversorgung bestritten. Deutschkurse habe er keine besucht. Er spreche aber ein bisschen Deutsch. Auch sonst habe er in Österreich kein Eigentum und sei auch kein Mitglied in einem Verein. Abschließend gab der Beschwerdeführer an, er wolle nach seiner Haftentlassung Beweismittel organisieren und der Behörde vorlegen. Auch der Rechtsberater hatte keine weiteren Fragen oder Anträge.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2011, Zl. 10 12.017 EAST-Ost, wurde der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.03.2011 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das erstinstanzliche Asylverfahren beim Bundesasylamt unter der Verfahrenszahl 11 02.567 geführt worden war, der Bescheid jedoch ausdrücklich die oben genannte Zahl 10 12.017 EAST-Ost trägt.

 

Das Bundesasylamt führte darin zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer im neuerlichen Asylverfahren keine weiteren glaubwürdigen asylrelevanten Gründe vorgebracht habe und sich insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellen lasse.

 

Gegen diesen Bescheid, dem Beschwerdeführer am 31.03.2011 zugestellt, wurde mit Schriftsatz vom 31.03.2011, Postaufgabestempel 04.04.2011, fristgerecht Beschwerde erhoben und der Bescheid in vollem Umfang angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass nach der freiwilligen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Kosovo im April 2009 das Auto des Beschwerdeführers angeschossen worden sei. Daraufhin sei der Beschwerdeführer in einen anderen Ort zu einer Tante geflüchtet. Auch dort sei ihm nachgestellt worden und er habe daraufhin Mitarbeiter der Internationalen Friedenstruppen um Schutz gebeten. Dort sei ihm nahe gelegt worden, das Land zu verlassen, weil sein Leben im Kosovo nicht geschützt werden könne. Die Mutter des Beschwerdeführers lebe nach wie vor im Kosovo. Sie habe bereits zwei Söhne im Krieg verloren und auch einen Schwager und dessen Sohn. Deshalb habe auch die Mutter den Beschwerdeführer gebeten, das Land sofort zu verlassen. Die Mutter werde dem Beschwerdeführer Bestätigungen von der Polizei im Kosovo schicken, die seine Aussagen bestätigen würden, diese Bestätigungen werde er nachreichen. Auch eine persönliche Nachfrage bei der Polizeibehörde in XXXX werde seine Aussagen bestätigen können. Er ersuche um Gewährung von Asyl.

 

Am 18.04.2011 wurde seitens des Bundesasylamtes dem Asylgerichtshof eine Eingabe eines Bruders und einer Schwester des Beschwerdeführers übermittelt. Dabei handelt es sich um eine Aussage der XXXX und des XXXX vom 01.04.2011 vor einem kosovarischen Rechtsanwalt, worin diese angeben, dass der Beschwerdeführer im April 2009 von unbekannten maskierten Personen auf der Strecke XXXX, als er auf dem Heimweg war, attackiert worden sei. Der Beschwerdeführer sei beschimpft und beleidigt worden, während sie mit Fäusten und Füßen auf ihn eingeschlagen hätten. Dem Beschwerdeführer sei gesagt worden, dass er die Tätigkeit für die XXXX abbrechen solle, da er sonst liquidiert werde. Im Falle einer Anzeige werde er noch viel Schlimmeres erleben. Aus diesem Grund sei der Vorfall nicht der Polizei gemeldet worden. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen müssen. Diese Aussage könne für die Regelung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich verwendet werden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Zur Situation im Hinblick auf die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden, Rückkehrsituation und die Gesundheitsversorgung im Herkunftsstaat wird festgestellt:

 

Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:

 

Kosovo Police (KP), ehemals Kosovo Police Service KPS/ShPK:

 

Die OSCE leitete in VUSHTRRI eine zentrale Aus - und Fortbildungsstätte für KPS. Seit 1999 werden die verschiedenen Lehrgänge - bisher immerhin über 8.000 Polizisten - durch internationale Trainer aus verschiedenen Staaten ausgebildet.

 

Inzwischen wird das Institut durch einen lokalen Direktor geleitet und auch seit 2006 aus dem Kosovo Budget finanziert. Die OSCE ist mit einem kleinen Stab an Mitarbeitern (12 und 2 sonstige) direkt vor Ort bzw. als Unterstützung auch im Hauptquartier vertreten.

 

Neben der Ausbildung besteht ein Hauptaugenmerk auf Fortbildung. Immer wieder werden bei Kursen auch externe Experten eingeflogen, welche dann in ihrem Spezialgebiet die Kenntnisse weitergeben.

 

Durch entsprechende gesetzliche Regelungen wurde die Aus- und Fortbildung von Polizei, Zoll, Feuerwehr und Justiz (Justizwache) an dieser Fortbildungsstätte zusammengefasst. Das Kosovo Centre for Public Safety Education and Development - KCPSED - ist im Ministerium für Inneres angesiedelt und hat 2008 ein Budget von 2,7 Millionen Euro bei einem Personalstand von 177 ständigen Mitarbeitern.

 

Nach der Ausbildung erfolgt die Aufteilung in die verschiedenen Regionen des Kosovo. Von diesen waren bis auf die Region Mitrovica alle bereits von UNMIK Police an KPS übergeben worden. UNMIK Police übte eine beobachtende Rolle aus, unterstützt und evaluierte die Arbeit von KPS. (Kosovo-Bericht 29. September 2008 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 41-42)

 

KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc. werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. (Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI 05. Mai 2007, Zahl 154/07 an das BAE)

 

KPS erfüllt seine Aufgaben generell professionell und kompetent. (Commission of the European Communities: Kosovo Under UNSCR 1244 2007 Progress Report, COM (2007) 663 final, 06. November 2007, Seite

46)

 

Es besteht eine beratende und überwachende Tätigkeit von EULEX Polizei bezüglich Kosovo Police auch im Falle, wenn Anzeigen nicht entgegengenommen werden. (Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI, 15. Jänner 2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof)

 

Wenden sich Personen an KFOR, versuchen diese, die Anzeige an eine dafür zuständige Stelle weiterzuleiten. KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo.

 

Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.

 

Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.

 

Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger.

 

Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden. Es besteht die Möglichkeit einer Beschwerde an den Ombudsmann und damit eine Garantie für eine Weiterbehandlung.

 

Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden. (Kosovo-Bericht 31. März 2007 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 9-10; Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI, 26. Mai 2009, Zahl 132/09 an den Asylgerichtshof)

 

Zudem wird die Tätigkeit jeder Polizeidienststelle von der OSZE (Security Issues Officer) überwacht. Täglich werden Polizeiberichte verfasst, welche auch der OSZE übermittelt werden. Gegebenenfalls kann sich eine Person auch an die OSZE wenden, sollte ein KPS Mitarbeiter seine Kompetenzen überschritten bzw. nicht erfüllt haben. [Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07. Mai 2007, Seite 11].

 

Es besteht also auch hier die Möglichkeit einer Beschwerde bzw. Anfrage um Unterstützung im Anlassfall. (Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI, 26. Mai 2009, Zahl 132/09 an den Asylgerichtshof)

 

UNMIK Police/EULEX Police

 

Seit August 1999 war UNMIK Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestanden in der Region Mitrovica, in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol - Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc.). Sonderfälle waren die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz. Sonst hatte UNMIK POLICE eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen.

 

Nunmehr hat EULEX Police die Rolle von UNMIK Police übernommen. Der Aufgabenbereich liegt in Überwachung und Beratung der lokalen Polizei, Justiz, Justizwache und des Zolls. Operative Aufgaben im Polizeibereich sind: Finanzverbrechen, Kriegsverbrechen, Organisierte Kriminalität, Wirtschaftsverbrechen, Terrorismus, Zeugenschutz, Personenschutz (Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI, 15. Jänner 2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof; Kosovo-Bericht 31. März 2010, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 39)

 

Generell ist für alle ethnischen Albaner, auch solchen in Gebieten, wo sie eine Minderheit bilden, hinlänglicher Schutz durch UNMIK/KPS verfügbar.

 

UNMIK/KPS sind willens und auch in der Lage, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und stellen einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicher. (Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22. July 2008, Seite 4 und 5)

 

Die Aufklärungsquote liegt bei Eigentumsdelikten bei 45 Prozent, bei Straftaten gegen Personen bei 71 Prozent. Schwerere Verbrechen haben eine höhere Aufklärungsrate als weniger schwere Verbrechen aufgrund der Ressourcen, die zu deren Ermittlung bereitgestellt werden. (UN Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo. S/2008/211, 28. März 2008, Seite 11)

 

Municipal Community Safety Council:

 

In allen Gemeinden des Kosovo besteht darüber hinaus ein "Municipal Community Safety Council" (MCSC, Rat zum Schutz der Volksgruppen). Dem Rat gehören neben KFOR, UNMIK Polizei, KPS auch Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften (orthodoxe, katholische, islamische Gemeinschaft) wie auch alle Dorfvorsitzenden der Gemeinde an. Zweck des Rates, welcher vom Gemeindepräsidenten einberufen wird, ist es, einmal pro Monat über die Sicherheitslage im Allgemeinen und eventuelle Bedenken bzw. Bedürfnisse der einzelnen ethnischen bzw. religiösen Minderheiten zu beraten und wenn erforderlich korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Personen, die sich unsicher fühlen, können sich an diesen Rat wenden bzw. über ihre Dorfräte ihre Sicherheitsbedenken den zuständigen Behörden bekannt machen. So klagte beispielsweise der Dorfrat eines Dorfes im albanischen Grenzgebiet in der Gemeinde Gjakove/Djakovica (der MCSC wurde in dieser Gemeinde im August 2006 eingerichtet) über Raubüberfälle (vorwiegend Viehraub) durch maskierte Banden. Zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung dieser Gegend verstärkte die KFOR ihre Truppen in der Region und auch die Polizei führt seither mehr Patrouillen in der Region durch. (Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07. Mai 2007 , Seite 11-12)

 

Kosovo-Albaner

 

Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo-Albaner, die während der Kosovo-Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist.

 

Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte, nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. (Müller, Stephan:

Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15. Februar 2007, Seite 4-5)

 

Im Positionspapier des UNHCR vom 09. November 2009 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo-Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo-Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo-Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden, Opfer von Menschenhandel, Opfer von häuslicher Gewalt sowie Personen, deren Anträge auf sexueller Orientierung basieren) gibt, die mit ernsten Problemen konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. (UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Individuals from Kosovo)

 

Katholische Albaner sind im politischen wie wirtschaftlichen Leben voll integriert und sind keinerlei Benachteiligungen durch die mehrheitlich moslemischen Albaner ausgesetzt.

 

Es kann festgehalten werden, dass es für eine Diskriminierung bzw. Verfolgung der katholischen Albaner im Kosovo durch die mehrheitlich moslemische Bevölkerung keine Anhaltspunkte gibt. Auch sind keine Einzelfälle von Übergriffen bekannt geworden. Katholische Albaner sind keiner Verfolgung bzw. besonderen Gefährdung aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ausgesetzt. (Demaj, Violeta: Katholische Albaner im Kosovo. Gutachten erstellt im Juli 2006, Seite 13-15)

 

Ausweichmöglichkeiten

 

Eine Übersiedlung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen. Alle Ethnien können sich in Kosovo grundsätzlich frei bewegen. Die Freizügigkeit von Personen ist nach Einschätzung der Europäischen Kommission allerdings nicht im gesamten Land gewährleistet. Die Sicherheitskräfte bemühen sich zwar um einen verstärkten Schutz für Minderheitengebiete und Enklaven, Angehörige von Minderheiten verlassen diese Gebiete - oftmals aufgrund eines subjektiv empfundenen Unsicherheitsgefühls und auch sprachlicher Barrieren - nur selten.

 

Von der Freizügigkeit wird zum Teil von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern v.a. dort aus einem subjektiv empfundenem Unsicherheitsgefühl heraus kein Gebrauch gemacht, wo sich diese Gruppen in der Minderheit befinden. (Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06. Jänner 2011, Stand: Dezember 2010, Seite 23)

 

Grundversorgung

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Bevölkerung Kosovos ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. die sozial schwachen Bewohner der Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen.

 

Staatliche Sozialleistungen sind bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung zu beantragen und werden für die Dauer von bis zu 6 Monaten bewilligt. Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe nach dem Gesetz No. 2003/15. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes ist ein neuer Antrag zu stellen. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wird durch Mitarbeiter des Sozialministeriums (Ministry of Social Welfare) überprüft. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Sozialarbeit. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Minderheitenangelegenheiten betreut.

 

Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2003 gab es keine Anpassungen. Sie beträgt für Einzelpersonen 40 Euro monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 80 Euro monatlich. Zusätzlich hierzu sind Empfänger von Sozialhilfeleistungen von den Zuzahlungsbeträgen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Ferner ist die Stromzufuhr für Familien, die Sozialhilfeleistungen beziehen, bis zu 500 kW pro Monat kostenlos. Voraussetzung hierfür ist ein registrierter Stromzähler. Im Dezember 2009 erhielten 35.654 Familien bzw. 152.508 Personen Sozialhilfe, bezogen auf die Familien eine Steigerung um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. (Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06. Jänner 2011, Stand: Dezember 2010, Seite 26-27)

 

Die Kriterien für die Sozialhilfe sind entsprechend geregelt und auch im Verwaltungsweg durchsetzbar.

 

Kategorie I:

 

Alle Familienmitglieder sind Abhängige (eingestuft als nicht arbeitsfähig oder für Arbeit nicht verfügbar und tatsächlich nicht arbeitstätig):

 

1. Personen über 18 Jahre mit dauernder oder schwerer Behinderung und damit verbundener Arbeitsunfähigkeit;

 

2. Personen mit 65 Jahren oder älter;

 

3. Personen mit Behinderung, mit 65 Jahren oder älter oder Kinder unter 5 Jahren, welche eine Vollaufsicht benötigen;

 

4. Kinder bis zu 14 Jahren;

 

5. Personen zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr (inklusive), welche eine höhere Schule besuchen;

 

6. Elternteile mit Kindern unter 15 Jahren;

 

Kategorie II:

 

Zumindest ein Familienmitglied ist arbeitsfähig und beim Arbeitsamt ("Entin e Punsimit") als "arbeitslos" gemeldet und die restlichen Familienmitglieder sind "Abhängige" (siehe Kategorie I) oder auch als arbeitslos gemeldet.

 

a) zumindest ein Kind unter 5 Jahren od.

 

b) ein Vollwaisenkind unter 15 Jahren mit Vollaufsicht

 

c) Grundbesitz nicht über 50 Ar (1/2 Hektar)

 

Es gibt die Möglichkeit einer Berufung, wenn Sozialhilfe nicht gewährt wird. Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, für Familien welche Sozialunterstützung erhalten oder unter das Kriegsopfergesetz fallen Strom bis zu 500 kw/h pro Monat kostenlos zu beziehen (Voraussetzung ist ein registrierter Stromzähler und ein Vertrag mit dem Energieversorgungsunternehmen KEK).

 

Die Sozialleistungen reichen alleine oft nicht zur Abdeckung der Grundbedürfnisse

 

Der Zusammenhalt der Familien besonders im ländlichen aber auch im städtischen Bereich sichert das wirtschaftliche Überleben, verbunden mit Unterstützungszahlungen von Verwandten aus dem Ausland. Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche.

 

Unterstandslosigkeit ist im Kosovo im Gegensatz zu westlichen EU-Staaten äußerst selten auftauchendes Problem. So ist die Zahl der tatsächlich unterstandslosen Personen in Pristina - immerhin geschätzte 600.000 Einwohner verschwindend gering (geschätzte 20 Personen!), im ländlichen Bereich gar nicht vorhanden. (Kosovo-Bericht 27. September 2009 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 12; Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo, Stand Dezember 2010, 06. Jänner 2011, Seite 27; Müller, Stephan: Gutachten vom 10. April 2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057-0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477-1/2008/5Z vom 10. April 2009; Kosovo-Bericht 27. September 2009 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 13-15)

 

Selbst wenn keine eigene Unterkunft zur Verfügung steht, so funktioniert im Kosovo das "Auffangbecken" Familie trotz aller widrigen, vor allem schweren wirtschaftlichen, Umstände nach wie vor. Soll heißen, dass durch diese Familienbande kein derartiger Kosovare einem Leben auf der Straße ausgesetzt wäre. Es finden sich allein schon aufgrund der im Kosovo vorherrschenden "zahlreichen" Verwandtschaftsverhältnisse immer noch irgendwelche Möglichkeiten der Unterbringung und Unterstützung solcher Personen.

 

Sollte die für einen AW extreme Situation der "Nichtunterstützung" seitens seiner Familie auftreten, welche allerdings sehr unwahrscheinlich ist, so finden sich im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und nationale humanitäre Organisationen ("Mutter Teresa", das "Rote Kreuz", die "Caritas"...), die humanitäre Hilfe ermöglichen.

 

Weiters sind zahlreiche NGOs im Kosovo tätig, die eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, bei auftretenden Problemen welcher Art auch immer entsprechende Unterstützung zu erhalten. Der Zugang zu deren Büros oder eine direkte Kontaktaufnahme ist für alle Personen im Kosovo möglich. (Auskunft des Spezialattachés Wolfgang Hochmüller,12. November 2007, Zahl 536/07 an das BAE)

 

Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass ethnische Albaner im Kosovo nicht Gefahr laufen zu verhungern oder in ihrer Existenz gefährdet zu sein. Die Solidarität in der Großfamilie in Zusammenspiel mit Schwarz- oder Gelegenheitsarbeiten, möglicher Sozialhilfe und humanitärer Hilfe verhindern im Allgemeinen ein vollkommenes Abgleiten kosovo-albanischer Familien. (Müller, Stephan: Gutachten vom 10. April 2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057-0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477-1/2008/5Z, Seite 8-9)

 

Es sind in den erörterten Berichten keine Fälle dokumentiert, dass aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Personen tatsächlich lebensgefährdend in ihrer Existenz bedroht waren oder aktuell sind.

 

Medizinische Versorgung

 

Durch die Ereignisse der neunziger Jahre wurde der Gesundheitssektor sehr in Mitleidenschaft gezogen. Die Wiederherstellung einer umfassenden medizinischen Versorgung, insb. durch das öffentliche Gesundheitssystem, ist für die Regierung prioritär, schreitet aber nur langsam voran. (Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06. Jänner 2011, Stand: Dezember 2010, Seite 28)

 

Öffentliches Gesundheitssystem

 

Die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik Pristina.

 

Es existiert kein öffentliches oder privates Krankenversicherungssystem. Das Gesundheitsministerium ist weiterhin bestrebt, unter Mithilfe einer Anzahl ausländischer Experten sowie unter Einbeziehung der von der Weltbank in Auftrag gegebenen Studie ("Kosovo Health Financing Reform Study") vom 06. Mai 2008 einen zum Teil aus Steuermitteln finanzierten öffentlichen Gesundheitsfonds einzuführen.

 

Die primäre Gesundheitsversorgung, d.h. die ambulante Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal erfolgt in Kosovo in sogenannten Familien-Gesundheitszentren, die in der Verantwortung der jeweiligen Kommune betrieben und von diesen finanziert werden. Die dafür erforderlichen Mittel werden vom Ministerium für Wirschaft und Finanzen zur Verfügung gestellt. Zur primären Erstversorgung der Bevölkerung stehen 191 Ambulanzen für Familienmedizin, 145 Zentren für Familienmedizin und 30 medizinische Hauptzentren zur Verfügung. Bei den Ambulanzen handelt es sich um Gesundheitsstationen in den ländlichen Gebieten, die eine eingeschränkte Basisversorgung bieten und nur zu bestimmten Zeiten mit einem Arzt besetzt sind. Die Zentren für Familienmedizin sind täglich geöffnet. Patienten werden von einem Arzt sowie in den meisten Zentren durch einen Zahnarzt medizinisch behandelt. Die medizinischen Hauptzentren sind regionale Gesundheitshäuser in den Städten Deçan, Gjakovë, Gllogoc, Gjilan, Dragash, Istog, Kaçanik, Klinë, Fushë Kosovë, Kamenicë, Mitrovicë, Leposaviq, Lipjan, Malishevë, Novobërdë, Obiliq, Rahovec, Pejë, Podujevë, Prishtinë, Prizren, Skënderaj, Shtime, Shtërpcë, Suharekë, Ferizaj, Viti, Vushtrri, Zubin Potok und Zveçan. In diesen Zentren werden Patienten durch Ärzte für Allgemeinmedizin sowie durch weitere Fachärzte, wie Ärzte für Pädiatrie, Dermatologie, Ophthalmologen, Gynäkologen und Zahnärzte behandelt.

 

Die sekundäre Versorgung wird aus dem Etat des Gesundheitsministeriums von Kosovo finanziert. Sie beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung, die in den Regionalkrankenhäusern in Ferizaj, Gjakovë, Gjilan, Mitrovicë-Nord, Pejë, Prizren und Vushtrri geleistet wird.

 

Die tertitäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina gewährleistet, die medizinische Dienstleistungen von hoher Komplexität und mit hohen Kosten bietet. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig. Dies führt zu einer starken Auslastung ihrer Ambulanzen.

 

Die derzeit 336 auf das gesamte Gebiet von Kosovo verteilten öffentlichen Ambulanzen und Zentren für Familienmedizin, sowie die in allen Städten von Kosovo befindlichen 30 medizinischen Hauptzentren, sieben Regionalkrankenhäuser und die Universitätsklinik Pristina gewährleisten zumindest eine flächendeckende medizinische Basisversorgung in allen Regionen von Kosovo. Die in den großen Städten befindlichen Regionalkrankenhäuser können durch ein Netz von regelmäßig mehrmals am Tag verkehrenden Busverbindungen erreicht werden. Private Minibusse und Privattaxen verkehren zwischen den meisten Dörfern und den größeren Städten. Von den größeren Städten aus bestehen mehrmals tägliche regelmäßige Busverbindungen nach Pristina und zurück. Zehn Fußminuten vom Busbahnhof Pristina entfernt befindet sich die Universitätsklinik. Besondere vom Staat eingerichtete Busverbindungen (sog. "humanitarian bus lines") werden von vielen Minderheitenangehörigen genutzt, um aus entlegenen Gebieten zum Einkauf und für sonstige Verrichtungen in die Städte zu fahren.

 

Die Bettenkapazität in den Krankenhäusern ist ausreichend. Die Auslastungsquote der Regionalkrankenhäuser liegt im Durchschnitt bei ca. 63 Prozent. Das Universitätsklinikum Pristina verfügt über eine Kapazität von 1.998 Betten, seine Auslastungsquote liegt bei ca. 74 Prozent. Der Gesamtetat des Gesundheitsministeriums beträgt für das Jahr 2010 88 Mio. Euro. Zusammen mit den Einnahmen aus Zuzahlungen der Patienten reichen die Mittel aber nur zur Finanzierung einer Gesundheitsversorgung auf einfachem Niveau aus. Patienten, die Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems in Anspruch nehmen, müssen weiterhin Einschränkungen hinnehmen, die insbesondere auf den schlechten baulichen Zustand von Krankenhäusern und Gesundheitsstationen sowie auf die noch teilweise vorhandenen veralteten Ausstattungen zurückzuführen sind. Die Regionalkrankenhäuser sowie die Universitätsklinik Pristina wurden in den letzten Jahren mit einigen modernen und leistungsstarken medizinisch-technischen Diagnosegeräten ausgestattet. Abgesehen von Notfällen müssen Patienten wegen der Auslastung der wenigen Geräte mit Wartezeiten rechnen, die mehrere Wochen betragen können. Die Wartezeiten für eine Kontrolluntersuchung, die mit der Durchführung eines Herzultraschalls und einer Elektrokardiographie (EKG) verbunden ist, können mehrere Monate betragen.

 

Mit der abgeschlossenen Erweiterung der Kardiologie der Universitätsklinik verfolgt das Gesundheitsministerium das Ziel, dass im öffentlichen Gesundheitswesen in Kosovo herzchirurgische Eingriffe durchgeführt werden können. Mangels ausreichender finanzieller Mittel musste die Anschaffung der Ausstattung mit den erforderlichen medizinischtechnischen Geräten bisher zurückgestellt werden. Kontrolluntersuchungen bei Herzerkrankungen sind im öffentlichen Gesundheitssystem möglich. Defizite bei der Durchführung von operativen Eingriffen bestehen weiterhin vor allem in der invasiven Kardiologie, in der Neurochirurgie sowie in der chirurgischen Orthopädie. Schwere Komplikationen bei Herzerkrankungen, die einen operativen herzchirurgischen Eingriff notwendig machen, können deshalb im öffentlichen Gesundheitswesen weiterhin nicht behandelt werden. Im November 2010 wurde in Pristina eine Privatklinik unter türkischer Leitung eröffnet, die derzeit als einzige Klinik in Kosovo Herzoperationen aller Art durchführt. (siehe Abschnitt IV.1.2.2.) Kinder mit schweren Herz- oder Tumorerkrankungen können nicht behandelt werden.

 

In einem Neubau auf dem Gelände der Uni-Klinik Pristina wurde inzwischen die neue Klinik für Onkologie und Bestrahlungstherapie errichtet. Ausgestattet wurde die Klinik u.a. mit modernen Bestrahlungsgeräten. Wegen des Mangels an medizinischem Fachpersonal kann die Abteilung für Bestrahlungsmedizin jedoch auf absehbare Zeit nicht in Betrieb genommen werden. Die der Onkologischen Klinik zugeordnete Abteilung für Mammografie hat inzwischen ihren Betrieb aufgenommen. Auch hier bestehen wegen der starken Inanspruchnahme lange Wartezeiten von mehreren Wochen für einen Untersuchungstermin. Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Ärzte und Pflegepersonal sind weiterhin begrenzt. Hinsichtlich der fachärztlichen Ausbildung bestehen Defizite, die es erforderlich machen, dass Ärzte Zusatzausbildungen im Ausland erhalten. Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für medizinisches Personal finden derzeit in Kliniken in Deutschland, der Türkei, in Tschechien, Albanien und Mazedonien statt.

 

Weiterhin verfügen Ärzte bei der Anwendung neuartiger Operationsmethoden und - techniken nicht immer über die erforderlichen Kenntnisse. Das Fehlen praktischer Erfahrungen kann deshalb in Einzelfällen dazu führen, dass ein behandelnder Arzt die Durchführung eines komplizierten Eingriffs ablehnt und dem Patienten eine Weiterbehandlung im Ausland empfiehlt. Im Jahr 2010 stellt das Gesundheitsministerium für die Behandlung von ca. 500 Patienten im Ausland Mittel in Höhe von ca. 2,5 Mio. Euro zur Verfügung. Über die Bewilligung eines Antrages auf Behandlung im Ausland entscheidet eine ärztliche Kommission des Gesundheitsministeriums. Die Bewilligung eines Antrages ist an strenge Regelungen gebunden. Die Wartezeit kann bis zu zwei Jahre betragen. Das Gesundheitsministerium verfügt zudem über einen Fonds, um medizinische Behandlungen, vor allem von Kindern mit Herz- oder Tumorerkrankungen, im Ausland zu ermöglichen. Auch Nichtregierungsorganisationen wie "Nena Theresa" und Initiativen von Privatpersonen führen für schwerkranke Kinder regelmäßig Spendensammlungen durch und/oder suchen Sponsoren für die Finanzierung von Behandlungskosten, die im Ausland anfallen.

 

Die Durchführung von Organtransplantationen ist gesetzlich verboten. Die Medikamentenversorgung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom Gesundheitsministerium gesteuert; die Medikamente werden zentral beschafft und an alle medizinischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems weitergeleitet. Der Etat für den Einkauf von Medikamenten beträgt auch im Jahr 2010 insgesamt 16 Mio. Euro. Hiervon wurden drei Mio. Euro für die Anschaffung und Bereitstellung von Zytostatika zur Behandlung von Krebspatienten zur Verfügung gestellt.

 

Im Bedarfsfall sind alle vom Gesundheitsministerium zugelassenen Medikamente über Apotheken in Kosovo gegen Zahlung des Verkaufspreises erhältlich. In der vom Gesundheitsministerium auf seiner Homepage www.mshgov-ks.org/veprimtaria_private/ipsh/ veröffentlichten Importliste (Lista e Produktet qe kane drejt importi dhe ato qe posedojn certifikata) sind alle in Kosovo zugelassenen Medikamente mit Angabe der enthaltenen Wirkstoffe, der Packungsgrößen und Bezugsquellen aufgeführt.

 

Für medizinische Leistungen sowie für bestimmte Basismedikamente (verzeichnet in der sog. "Essential Drug List") zahlen Patienten Eigenbeteiligungen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind Invaliden und Empfänger von Sozialhilfeleistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 15. Lebensjahr, Schüler und Studenten bis zum Ende der Regelausbildungszeit und Personen über 65 Jahre. Das Gesundheitsministerium verfügt über ein Budget, um Personen ohne ausreichende finanzielle Mittel Medikamente zur Verfügung stellen zu können, die nicht in der "Essential Drug List" aufgeführt sind. Die Entscheidung über die Vergabe trifft eine Kommission des Gesundheitsministeriums. Das Verfahren ist sehr formell und an strenge Voraussetzungen gebunden. Die Bewilligung erfolgt nur in Ausnahmefällen, wenn der Patient ansonsten in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde. Es gibt auch Krankenhausärzte, die Medikamentenvorräte angelegt haben, mit denen sie sozial schwache Patienten kostenlos behandeln.

 

Am 15. Dezember 2006 haben das Gesundheitsministerium der Republik Albanien und das Gesundheitsministerium von Kosovo ein Memorandum of Understanding geschlossen, in dem Kosovaren medizinische Behandlungsmöglichkeiten auf den Gebieten der Kardiochirurgie, Neurochirurgie und Onkologie (Strahlentherapie) im Universitätsklinikum "Nenë Terezë" in Tirana eröffnet werden.

 

Gemessen am Durchschnittsverdienst in Kosovo lagen bedingt durch die Finanzknappheit im öffentlichen Gesundheitssystem die Gehälter des medizinischen Personals im unteren Bereich. Insbesondere vor diesem Hintergrund sind Korruptionsfälle im öffentlichen Gesundheitswesen aufgetreten. Gegen Geldzahlungen an medizinisches Personal bewirkten Patienten eine vorrangige Behandlung. Auch sind Korruptionsfälle im Hinblick auf die an sich kostenlose Bereitstellung von Medikamenten bekannt geworden. Vor diesem Hintergrund und nach massiven Protesten des medizinischen Personals wurden ihre Monatslöhne seit Februar 2010 wesentlich erhöht. Gegen Korruption im öffentlichen Gesundheitswesen tritt außerdem u.a. KDI, das Kosova Democratic Institute in Zusammenarbeit mit Transparency International (TI) ein. Im Rahmen der Durchführung des Programms ALAC (Advocacy and Legal Advice Center) geht KDI Korruptionsvorwürfen aus der Bevölkerung nach und erstattet gegebenenfalls Anzeige.

 

Kosovaren nutzen teilweise auch die Möglichkeit, eine für sie kostenpflichtige medizinische Behandlung in Mazedonien durchführen zu lassen. Soweit sie gültige serbische bzw. ehemals serbisch-montenegrinische Personaldokumente (Personalausweis oder Reisepass) besitzen, können sie auch nach Serbien reisen, um sich dort auf eigene Kosten medizinisch behandeln zu lassen. Aufgrund der politischen Situation sind aber die ethnische Zugehörigkeit der Person, die ethnische Situation am Behandlungsort, Sprachkenntnisse etc. entscheidende Faktoren, um von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu können. (Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 06. Jänner 2011, Stand: Dezember 2010, Seite 28-32)

 

Behandlung von Rückkehrern

 

Aus Drittstaaten zurückgeführte Personen erhalten direkt nach Ankunft am Flughafen Pristina weiterführende Informationen durch ein von UNHCR und IOM in Auftrag gegebenes Kontaktstellen-Projekt. (Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo, Stand: Dezember 2010, Seite 36)

 

Zur ersten medizinischen Versorgung ankommender Rückkehrer wurde eine Flughafenambulanz eingerichtet. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten organisiert werden.

 

II.2. Erwägungen:

 

Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I Nr. 4/2008 idF BGBl. I Nr. 153/2009) sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 lit. c AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG. Gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

 

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24.02.2005, Zlen. 2004/20/0010 bis 0013, VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 20.03.2003, Zl. 99/20/0480, VwGH 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913, und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315, VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173, VwGH 21.10.1999, Zl. 98/20/0467).

 

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich an Hand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. VwGH 04.04.2001, Zl. 98/09/0041, VwGH 07.05.1997, Zl. 95/09/0203; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 105 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Asylgerichtshofes nur die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

 

Der Beschwerdeführer hatte bereits im Rahmen seines ersten Asylverfahrens vorgebracht, er fürchte, von unbekannten Männern, die auch schon seine Freunde erschossen hätten, umgebracht zu werden. Aufgrund gravierender Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers und auch aufgetretener Unplausibilitäten war das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer Verfolgungssituation in beiden Instanzen als nicht den Tatsachen entsprechend erachtet worden.

 

In seinem nunmehrigen zweiten Asylverfahren gab der Beschwerdeführer an, die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestünden immer noch. Die Personen, welche den Beschwerdeführer schon vor seiner ersten Ausreise verfolgt hätten, hätten nach seiner Rückkehr in den Kosovo im Jahr 2009 erfahren, dass er in den Kosovo zurückgekehrt sei. Er habe sich im Jahr 2009 nur drei Wochen im Kosovo aufgehalten, werde aber neuerlich von den gleichen Personen verfolgt, die er bereits im Erstverfahren angegeben habe. Konkret gab der Beschwerdeführer im Rahmen der asylrechtlichen Erstbefragung an, schon vier Tage nach seiner Rückkehr seien vier Leute mit einem Jeep zum Beschwerdeführer nachhause gekommen. Der Beschwerdeführer habe sofort gewusst, dass es Probleme geben werde und sei aus dem Haus gelaufen. Auf der Straße sei dann sofort auf den Beschwerdeführer geschossen worden. Er sei aber nicht verletzt worden. Auch im Rahmen der Einvernahme am 25.03.2011 gab der Beschwerdeführer an, er sei von den Verfolgern während seines Aufenthaltes angeschossen, aber nicht verletzt worden. Im Rahmen seiner Beschwerde vom 31.03.2011 gab der Beschwerdeführer in grobem Widerspruch an, dass nach der freiwilligen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Kosovo im April 2009 das Auto des Beschwerdeführers angeschossen worden sei und er diesen Vorfall daraufhin Mitarbeitern der internationalen Friedenstruppen gemeldet habe. Dort sei ihm nahe gelegt worden, das Land zu verlassen, weil sein Leben im Kosovo nicht geschützt werden könne.

 

In Beurteilung dieses vorgebrachten Fluchtvorbringens ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines zweitens Asylverfahrens zwar einen Sachverhalt behauptete, welcher sich zeitlich nach seiner ersten rechtskräftigen negativen Entscheidung des ersten Antrages auf internationalen Schutz ereignet haben soll, jedoch nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf wiederholte Asylanträge die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den weiters auch eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.

 

Diese Voraussetzung ist jedoch im Beschwerdefall nicht erfüllt, da sich aus dem oben dargestellten Fluchtvorbringen aus folgenden Gründen keine glaubhafte Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer, welche zu einer anderen Entscheidung führen könnte, ableiten lässt:

 

Es war zunächst zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im nunmehrigen Asylverfahren angab, die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestünden immer noch; er werde von den gleichen Personen verfolgt, die er bereits im Erstverfahren angegeben habe. Der Asylgerichtshof hatte jedoch in seinem, das erste Asylverfahren abschließenden, rechtskräftigen Erkenntnis vom 07.10.2008 ausdrücklich das damals erstattete Vorbringen zur behaupteten Verfolgungsgefahr als nicht glaubwürdig erachtet, sodass sich schon aus diesem Grund auch das nunmehrige Fluchtvorbringen, welches an die Fluchtgründe in seinem ersten Asylverfahren anknüpft, als unglaubwürdig erweist.

 

Darüberhinaus blieb auch im Rahmen dieses zweiten Asylverfahrens das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen - wie auch bereits im Rahmen des ersten Asylverfahrens - äußerst vage und unkonkret. Zudem bestehen auch wiederum massive Unplausibilitäten und Widersprüche: Der Beschwerdeführer gab sowohl im Rahmen der asylrechtlichen Erstbefragung als auch im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt übereinstimmend an, es sei schon wenige Tage nach seiner Rückkehr im Jahr 2009 auf der Straße, als er aus seinem Haus gekommen sei, auf ihn geschossen worden. Er sei angeschossen, jedoch nicht verletzt worden. Im Rahmen seiner Beschwerde vom 31.03.2011 gab der Beschwerdeführer nunmehr grob widersprüchlich an, im April 2009 sei sein Auto angeschossen worden. Dies könne auch eine persönliche Nachfrage bei der Polizeibehörde bestätigen.

 

In weiterem Widerspruch zu seinem eigenen Vorbringen steht auch die mit Eingabe des Beschwerdeführers vorgelegte "Aussage" der XXXX und des XXXX vom 01.04.2011 vor einem kosovarischen Rechtsanwalt "für die Regelung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich", worin diese angaben, dass der Beschwerdeführer von unbekannten maskierten Personen auf der Strecke XXXX, als er auf dem Heimweg gewesen sei, attackiert worden sei. Der Beschwerdeführer sei beschimpft und beleidigt worden, während mit Fäusten und Füßen auf ihn eingeschlagen worden sei. Auf Grund der groben Widersprüche in dieser "Aussage für die Regelung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich" mit dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers kann dieser Eingabe lediglich die Beweiskraft eines reinen Gefälligkeitsschreibens beigemessen werden und es vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.

 

Keinesfalls nachvollziehbar ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, im Zuge einer Einvernahme bei internationalen Sicherheitskräften sei dem Beschwerdeführer gesagt worden, man könne sein Leben im Kosovo nicht schützen. Man habe ihm nahe gelegt, das Land zu verlassen. Dieses Vorbringen widerspricht den oben wiedergegebenen aktuellen, auf objektiven und glaubwürdigen Quellen beruhenden Länderberichten in Bezug auf die Sicherheitslage im Kosovo, weshalb dem diesbezüglichen unbelegten Vorbringen des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden kann. Dieses Vorbringen widerspricht im Übrigen auch den Angaben in der "Aussage" der XXXX und des XXXX vom 01.04.2011 vor einem kosovarischen Rechtsanwalt "für die Regelung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich", worin diese angaben, es sei auf Grund der Drohungen durch die unbekannten Maskierten der Vorfall nicht

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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