TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/31 E11 417626-1/2011

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Veröffentlicht am 31.03.2011
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Spruch

E11 417626-1/2011/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER, LL.M als Vorsitzenden und die Richterin Dr. ZOPF als Beisitzerin über die Beschwerde der XXXX, StA. von Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.01.2011, Zl. 10 05.793-BAI, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Verfahrensgang

 

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch BF genannt), eine Staatsangehörige von Armenien reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle ins Bundesgebiet ein und stellte am 02.07.2010 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer Schwester im Jänner 2000 Armenien in Richtung Russland verlassen hätte. In Moskau sei die Beschwerdeführerin von ihrer Familie getrennt worden und sie sei schließlich zehn Tage später alleine nach Österreich weitergereist, um ihre Familienangehörigen zu suchen. Die BF sei am 02.03.2010 in Vorarlberg angekommen jedoch habe sie ihre Familie bis heute nicht gefunden. Die Familie sei nur aus Armenien ausgereist, weil der Vater der BF an einer Nierenkrankheit leide und ihm die Ärzte geraten hätten, sich in Europa einer Behandlung zu unterziehen. Die Beschwerdeführerin sei nur mitgereist, um bei ihrer Familie zu bleiben; Fluchtgründe habe sie keine. Nachdem die Beschwerdeführerin von einem in Österreich anerkannten Flüchtling schwanger geworden war, hatte sie schließlich am 02.07.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz beim BAA eingebracht, damit sie mit ihrem Freund zusammenleben könne. Die Beschwerdeführerin gab weiters an, dass die laut Erzählungen ihrer Eltern im Irak geboren sei und als siebenjährige mit ihrer Familie nach Armenien ausgewandert seien, wo sie bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2010 in einem Dorf in der Provinz XXXX gelebt und eine Landwirtschaft betrieben haben.

 

Das BAA veranlasste via Staatendokumentation eine Recherche im Heimatland der BF und am 27.09.2010 langte die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation beim BAA ein.

 

Weiters veranlasste das BAA eine Sprachanalyse, die vom Sprachinstitut XXXX durchgeführt wurde.

 

Am XXXX wurde die Tochter, XXXX, in Österreich geboren. Als Bestätigung wurde die Geburtsurkunde sowie das Vaterschaftsankerkenntnis des Freundes vorgelegt.

 

Mit Bescheid des BAA vom 12.01.2010, FZ. 10 11.807-BAI, wurde dem Antrag der Tochter der BF auf internationalen Schutz stattgegeben und ihr der Status der Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

Die Tochter der BF konnte ihre Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des Familienverfahrens vom Kindesvater, der ebenfalls anerkannter Flüchtling ist, ableiten.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 12.01.2011, FZ. 10 05.793-BAI, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 und Abs. 5 AsylG 2005 wurde verfügt, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer unzulässig sei (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte aus, dass die BF hinsichtlich der Person als nicht glaubwürdig anzusehen sei und stützte die Begründung vor allem auf die Ergebnisse der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sowie der Sprachanalyse, die die Angaben der BF eindeutig widerlegt hätten. Die belangte Behörde hielt lediglich das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die keinerlei Flucht- oder Asylgründe habe, als glaubwürdig. Mangels konkreter Verfolgung oder drohender Verfolgung aus Gründen der GFK, konnte daher auch der Asylstatus nicht zuerkannt werden. Das BAA führte zwar in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass im Falle der BF ein Familienverfahren vorliegen würde jedoch sei auch in diesem Falle eine Asylgewährung aufgrund der Familieneigenschaft gem. § 34 Abs. 6 Z 2 ausgeschlossen, weil auch die Tochter der Status einer Asylberechtigten nur im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt worden sei.

 

Im Rahmen der Refoulementprüfung führte das BAA begründend aus, dass im Falle der BF - aus näher dargelegten, auch die "real risk"-Judikatur des EGMR und VwGH mit einbeziehenden Gründen - keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die dafür sprechen würden, dass die BF bei einer Rückkehr nach Armenien, einerseits Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder andererseits in eine derart extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK darstellen würde.

 

Die dauernde Unzulässigkeit der Ausweisungsentscheidung wurde damit begründet, dass sich die Tochter und der Lebensgefährte als anerkannte Flüchtlinge in Österreich aufhalten und eine Ausweisung daher einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des BAA wurde mit Schriftsatz vom 31.01.2011 innerhalb offener Frist Beschwerde durch die Beschwerdeführerin erhoben. Hinsichtlich des detaillierten Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen. In der Beschwerdeschrift werden im Wesentlichen die Mangelhaftigkeit sowie die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Verfahrens gerügt. Die BF sei irakische Staatsbürgerin und werde als Beweis versuchen einen Zeugen zu nennen. Das Sprachgutachten habe nur zu diesem Ergebnis führen können, da die BF als Kind mit ihren Eltern nach Armenien gekommen sei und die Landessprache sowie dessen kulturelle Gegebenheiten angenommen habe. Die BF spreche Armenisch und Kurmanji, da die Eltern aus dem Irak stammen. Weder im Irak noch in Armenien habe die BF eine Existenzgrundlage und das sei im Hinblick auf Art. 3 EMRK und seiner Asylrelevanz zu wenig geprüft worden. Als irakische Jezidin würde die BF im Irak sowohl ethnischer und religiöser Verfolgung ausgesetzt sein. Auch habe die BF ihre Fluchtgründe iSd Judikatur deutlich genug beschrieben. Das Kind der BF habe Asyl bekommen, da sein Vater aus Armenien stamme und Asyl erhalten habe.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens

 

Beweisaufnahme

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsverfahrensakt (OZ 1/1) beinhaltend den Asylantrag vom 02.07.2010 (AS 1-15), die Erstbefragung der BF am 05.07.2010 (AS 21-33), die niederschriftlichen Einvernahmen der Beschwerdeführerin vor dem BAA am 09.07.2010 (AS 55-67) und am 23.08.2010 (AS 143-159) sowie am 12.01.2010 (AS 219-223), die Anfragebeantwortung der Staatendokumentaion vom 27.09.2010 (AS 173-175), das Ergebnis der Sprachanalyse vom 13.12.2010 (AS 203), der Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck vom 12.01.2011, FZ. 10 05.793-BAI (AS 233-312), der Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck vom 12.01.2011, FZ. 10 11.807-BAI (AS 312-324, = Tochter), die Beschwerdeschrift vom 31.01.2011 (AS 329-335).

 

Mutter - Kind Pass der BF

 

Kopie des Konventionsreisepasses des Lebensgefährten der BF

 

Geburtsurkunde des Kindes der BF

 

Vaterschaftsanerkenntnis

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 27.09.2010

 

Sprachanalyse von XXXX vom 13.12.2010

 

Einsicht in folgende Länderdokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat und die Herkunftsregion der Beschwerdeführerin:

 

Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien des Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland (AA, Stand Oktober 2009)

 

KfW Entwicklungsbank: Landesinformation Armenien, Mai 2009

 

Bundesministerium für europäische und internationale

Angelegenheiten: Armenien, 19.5.2009

 

BAA - Bundesasylamt: Bericht zur Fact Finding Mission - Armenien, Georgien, Aserbaidschan, 1.11.2007)

 

HRW - Human Rights Watch: World Report 2008: Armenia, 31.1.2008

 

IOM - International Organisation for Migration:

Länderinformationsblatt Armenien 2009, letztes Update 30.11.2009)

 

US DOS - U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights

Practices 2009: Armenia, 11.3.2010

 

Europäische Kommission: ENP Progress Report:Armenia, 12.05.2010

 

FH- Freedom House: Nations in Transit 2010, 29.6.2010

 

Anfragebeantwortung des Sachverständigen für Armenien Dr. V.A. vom 18.09.2010

 

Ermittlungsergebnis

 

Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem Sachverhalt aus:

 

Zur Person der Beschwerdeführerin

 

Die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX und Staatsangehörige von Armenien. Es konnte nicht eruiert werden, wo die BF tatsächlich geboren wurde und wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt hat. Festgestellt werden konnte jedoch, dass die BF Armenisch und Kurmandschi spricht und zur Volksgruppe der Jeziden gehört.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes besteht kein Grund, die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Identität der Person sowie der Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen; diesbezüglich ist auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sowie auf das Ergebnis der Sprachanalyse zu verweisen.

 

Festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin unter Umgehung der Grenzkontrolle im März 2010 nach Österreich eingereist ist und am 02.07.2010 einen Asylantrag beim BAA eingebracht hatte.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass die BF im Irak geboren und irakische Staatsangehörige sei.

 

Festgestellt werden konnte, dass sich auch der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin als anerkannter Flüchtling in Österreich aufhält.

 

Festgestellt werden konnte, dass die Tochter der BF am XXXX in Österreich geboren ist und ebenfalls anerkannter Flüchtling ist.

 

Festgestellt werden konnte, dass die BF derzeit in einer Asylwerberunterkunft in XXXX wohnt und von der Grundversorgung lebt.

 

Festgestellt werden konnte, dass die BF weder einen Deutschkurs noch einen Verein in Österreich besucht.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin in Armenien asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle ihrer Rückkehr eine solche zu befürchten hätte.

 

Zur Lage in Armenien

 

Der Asylgerichtshof trifft aufgrund der in das Verfahren eingeführten aktuellen Quellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführerins:

 

Allgemein/Bevölkerung

 

Armenien hat 29.800 km² und rund 3,2 Millionen (tatsächlich wohl weniger) Einwohner, davon 96% Armenier, sowie Russen, Kurden, Jesiden, Griechen.

 

Der Zusammenbruch der früheren Sowjetunion, verbunden mit schlechteren Lebensbedingungen, und der Krieg mit Aserbaidschan haben abermals dazu geführt, dass Hunderttausende aus Armenien auswanderten. Nach offiziellen Angaben von 2006 leben derzeit circa 3,1 Millionen Menschen in Armenien, hinzu kommen etwa fünf Millionen Armenier, die zeitweilig oder permanent im Ausland leben. Als Folge des "Exodus" verringerte sich zunächst die Geburtenrate; erst seit 2001 steigt diese wieder leicht an. Im Zuge der Emigration wanderten aber auch etwa 25 Prozent der Erwerbstätigen vor allem nach Russland ab, von denen seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgrund der ebenso verschlechterten Arbeitsbedingungen in Russland nun viele wieder zurückkehren.

 

Der überwiegende Teil der Bewohner Armeniens sind ethnische Armenier (95 Prozent), gefolgt von Kurden und Russen (jeweils zwei Prozent) und anderen Gruppen (ein Prozent). Etwa zwei Drittel der Bevölkerung lebt in den urbanen Zentren Armeniens, die Hälfte davon in der Hauptstadt Eriwan (1,1 Millionen Einwohner).

 

Allgemeine Lage/Sicherheitslage

 

An der Grenze zu Aserbaidschan (besonders im nordöstlichen Abschnitt) kommt es noch vereinzelt zu Auseinandersetzungen oder Schusswechseln. In Teilen der Grenzgebiete droht Minengefahr.

 

Armenien verfolgt eine Außenpolitik der Komplementarität: enge strategische Partnerschaft mit Russland einerseits, gute Beziehungen zum Westen (USA, EU, NATO) andererseits. Armenien bemüht sich um eine Annäherung an europäische/internationale Strukturen; die Aufnahme in die Europäische Nachbarschaftspolitik erfolgte im Juni 2004. Im November 2006 trat der Aktionsplan mit der EU in Kraft. Im Verhältnis zur NATO arbeitet Armenien an der Umsetzung des Ende 2004 verabschiedeten Individual Partnership Action Plan (IPAP).

 

Kernproblem der armenischen Außenpolitik bleibt der Konflikt um Berg-Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei. Trotz Vermittlungsbemühungen der drei Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe (USA, Russland, Frankreich) und wiederholter Treffen der Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan steht eine Lösung weiterhin aus. Die Beziehungen zu Iran sind gut.

 

Armenien ist trotz einiger Reibungsfelder weiterhin um gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Georgien bemüht.

 

Sicherheitsbehörden

 

Die nationale Polizei ist für die innere Sicherheit verantwortlich, während der Nationale Sicherheitsdienst (NSD) für die nationale Sicherheit, nachrichtendienstliche Aktivitäten und Grenzkontrollen zuständig ist. Die Leitungspositionen in beiden Organisationen werden vom Präsidenten ernannt. Der Polizei und dem NSD mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an etablierten Strukturen zur Umsetzung von Reformen oder zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Gefangene berichteten, dass Exekutivbehörden wenig unternahmen, um bei Anschuldigungen von Misshandlungen zu ermitteln. Infolgedessen blieb Straffreiheit ein ernstzunehmendes Problem.

 

Die Polizei ist ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD) direkt der Regierung unterstellt, aber der Präsident ernennt die Behördenleiter. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit, Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Es besteht eine klare Trennung zwischen beiden Organen. Hin und wieder treten aber Kompetenzstreitigkeiten auf, z. B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

 

Das OSZE Büro in Eriwan unterstützte die armenische Regierung bei der Verstärkung der Maßnahmen gegen Menschenhandel, unter anderem durch Vorschläge, gesetzliche Vorkehrungen für den Schutz von Opfern von Menschenhandel, die als Zeugen aussagen, oder in einem weiteren Sinn Zeugenstatus genießen, einzuführen.

 

Im März 2007 veröffentlichte das OSZE Büro in Eriwan eine Studie mit dem Titel "Trafficking in Human Beings in the Republic of Armenia:

An Assessment of current Responses" von Hana Snajdrova und Blanka Hancilova. Die Studie betonte, dass im Sommer 2006 die Regierung von der Nationalversammlung die Koordination ihrer Bestrebungen mit dem Justizministerium forderte, das früher der Nationalversammlung die Adaptierung der Strafprozessordnung vorlegte, unter anderem mit Änderungen zu Opfer- und Zeugenschutz. Diese wurden mit Unterstützung des OSZE Büros in Eriwan entwickelt. Das Paket wurde im Mai 2006 adaptiert.

 

Die Studie bezieht sich auf Kapitel 12, Art. 98 und 98.1 der Zivilprozessordnung als Teil des Pakets, das in Kooperation mit dem OSZE Büro in Eriwan konzipiert wurde. Ungeachtet dieser Änderungen führt die Studie die folgenden großen Mängel bezüglich Zeugenschutzes aus: Die aktuelle Version der Strafprozessordnung beschränkt den Schutz nur auf Opfer, auf Zeugen, die im Strafprozess involviert sind und deren enge Verwandten, doch dehnt sich der Schutz nicht auf andere Personen aus, die am Strafprozess teilnehmen. Momentan verlangt die Strafprozessordnung, dass die Behörden anfangs mit einer offiziellen Warnung auf die Bedrohung von Opfern oder Zeugen antworten, eine Maßnahme, die wenig dazu tut, derartige Drohungen zu beenden, während die Sicherheit der Opfer und Zeugen untergraben wird.

 

Artikel 98 und 98.1 wurden in die Strafprozessordnung als einzige Vorkehrungen in den armenischen Gesetzen zum Thema Zeugenschutz eingeführt. Besonders Artikel 98 gewährt den Schutz des Zeugen und der Mitglieder seiner/ihrer Familie, wenn der Zeuge einen schriftlichen Antrag einbringt und dem Antrag durch die Institution, die den Strafprozess durchführt, stattgegeben wird. Artikel 98.1 gewährt die Mittel des Schutzes, wie Warnung der Person, die den Zeugen bedroht, Datenschutz, Änderung des Arbeitsplatzes des Zeugen, Anhörungen hinter verschlossenen Türen, Aufzeichnung der Anrufe der Person, die den Zeugen bedroht usw.

 

Folglich ist es möglich, zwei Leistungen des OSZE Büros in Eriwan herauszuheben:

 

1) Die oben erwähnte Studie, in der das Thema Menschenhandel und Zeugenschutz mit einer Reihe von Empfehlungen vorangebracht wurde, um von den armenischen Behörden berücksichtigt zu werden;

 

2) Änderungen der Strafprozessordnung, die Zeugenschutz vorsehen.

 

Nichtsdestotrotz sollte man mit der OSZE Schlussfolgerung einverstanden sein, dass der relevante Artikel nur beschränkte Auswirkung hat und möglicherweise sogar kontraproduktiv ist. Dies ist der erste Mangel. Der zweite ernstzunehmende Mangel ist, dass das Gesetz in der Praxis sehr beschränkt durchgeführt wird. Um gemäß den Anforderungen des Gesetzes zu leben, sind finanzielle und materielle Mittel nötig, die die armenische Regierung in Anbetracht der akuten sozioökonomischen Probleme, die als erste Priorität bekämpft werden müssen, kaum zur Verfügung hat.

 

Zusammenfassend sollte gesagt werden, dass nach der Änderung der Strafprozessordnung zum Zeugenschutz im Jahr 2006 keine weitere gesetzliche Verbesserung in diesem Bereich stattgefunden hat. Die weitere OSZE Beteiligung zu diesem Thema deckt Empfehlungen zu Gesetzesänderungen aus Sicht der Opfer des Menschenhandels.

 

Polizeigewalt / Folter

 

Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass auf dem Gebiet der Republik Armenien landesweit systematisch Folter praktiziert wird.

Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll. Diese Praktiken sind jedoch im Vergleich mit der Zeit kurz nach der Unabhängigkeit Armeniens stark zurückgegangen. Folteropfer können den Rechtsweg nutzen. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind.

 

Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen und durch die Polizei wurden auch 2009 berichtet, vor allem in Verbindung mit den Ausschreitungen vom März 2008 [damalige Präsidentschaftswahl], gegenüber Wehrpflichtigen, in Hafteinrichtungen und in Polizeistationen. Es gibt keine verfügbaren Daten in Bezug auf Folter und Misshandlung und die wenigen Untersuchungen von Misshandlungsvorwürfen bleiben Grund zur Sorge. Armenien unternahm weiter Schritte in Richtung der Implementierung des optionalen Protokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT). Armenien legte einen ersten Bericht zur Implementierung von OPCAT im Dezember 2009 vor.

 

Obwohl Folter und unmenschliche Behandlung gesetzlich verboten sind, wird von Sicherheitskräften immer wieder Gewalt angewandt, v. a. bei Verhaftungen und Verhören während der Haft Haft. Die meisten der Fälle werden aus Angst vor Vergeltung nicht offiziell gemeldet.

 

Korruption

 

Wichtige Schritte wurden in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Anti-Korruption getätigt. Eine Anti-Korruptionsstrategie 2009-2012 mit zugehörigem Aktionsplan wurde im Oktober 2009 angenommen, inbegriffen ist ein Monitoring- und Evaluierungssystem. Die Strategie fasst auch das Errichten eines Anti-Korruptionssekretariates ins Auge, um die Durchführung des Aktionsplanes zu beobachten. In diesen Prozess wurden sowohl zivilgesellschaftliche, als auch wichtige internationale Organisationen integriert. Im Jahr 2009 wurde Armenien Vertragsstaat der "Astana Declaration on Good Governance and Fighting Corruption" der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Das Büro des Ministerpräsidenten hat ein Konzept in Hinblick auf die Transparenz der politischen Aktivitäten, auf die Schlichtung von Interessenskonflikten und auf die Errichtung einer Datenbank, deren Inhalt das Einkommen, der Besitz und ebenso Beteiligungen von hochrangigen Beamten und deren nahe Verwandten umschließen, ausgearbeitet. Im Bereich der Schulung von öffentlich Bediensteten in Bezug auf Anti-Korruption wurden Fortschritte gemacht, jedoch ist trotz des Fortschrittes in der Legislative die wahrgenommene Korruption laut internationalen Berichten nicht wirklich weniger geworden - insofern müssen noch weitere Schritte unternommen werden.

 

Korruption stellt vor allem im Justizbereich, bei der Polizei, bei den Sicherheitskräften und in Gefängnissen ein Problem dar, das unter anderem auf niedrige Gehälter zurückzuführen ist. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, doch die Regierung setzte dieses Gesetz nicht effektiv um. So blieben korrupte Beamte oft ungestraft. Korruption war auf allen Ebenen und in allen Sektoren verbreitet. Die Korruption ist ein ernstzunehmendes Problem.

 

Regierungsprogramme, die die Korruption eindämmen sollen, lieferten nur wenig greifbare Resultate. Lokale Beobachter sind der Anti-Korruptionsstrategie 2009-2012 gegenüber skeptisch eingestellt, ob die neuen Strategien auch wirklich greifen.

 

Menschenrechtsorganisationen

 

In Armenien gibt es eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, deren Tätigkeit keinerlei Einschränkungen durch staatliche Organe unterliegt. Nationale und ethnische Minderheiten sind integriert und im Rat der Nationalen Minderheiten organisiert.

 

Im armenischen Parlament wurde Anfang Juni 2007 das "Standing Committee on Protection of Human Rights and Public Affairs" eingerichtet. Das Komitee hat formell umfassende Aufgaben in Hinblick auf allfällige Menschenrechtsverstöße in Armenien. Dazu gehören die Recherchen zu bestimmten Einzelfällen wie Folter und Misshandlungen, Anwaltsdienstleistungen, Notariat, Minderheiten- und Kinderrechte, etc. Das Komitee hat in regelmäßigen Abständen dem Parlament über seine Aktivitäten zu berichten. Das Komitee hat bislang 150 Beschwerden von Bürgern angenommen, wobei der Großteil soziale Fragen und Ermittlungsverfahren betraf. Jedem Bürger steht es frei sich einerseits an den Ombudsmann oder das Komitee zu wenden, da die beiden Einrichtungen miteinander kooperieren.

 

Es gibt auch eine Reihe von Nichtregierungsorgansiationen, die Rechtschutz bieten können. So hat etwa der "Fund against violation of Law" ein spezielles Programm für Folteropfer eingerichtet. In diesem Rahmen besuchen die Mitarbeiter des FAVL die betroffenen Familien, bzw. werden Juristen für die weitere Rechtsvertretung gestellt.

 

Ombudsmann

 

Der derzeitige Ombudsmann und seine Vorgängerin haben sich das Vertrauen der Bevölkerung erworben und zur Verbesserung der Menschenrechtslage beigetragen. In den ersten sechs Monaten 2007 hat der Ombudsmann 1353 Beschwerden, hauptsächlich gegen Stadtverwaltungen und die Polizei, erhalten. In seinem Report von 2006 beschreibt er den Schutz der Menschenrechte in Armenien als ungenügend.

 

Armeniens Ombudsmann Armen Harutyunyan erhielt im ersten Halbjahr 2007 1,353 Beschwerden, vor allem gegen Stadtbehörden und Polizisten. In seinem Jahresbericht 2006 beschreibt er den Schutz der Menschenrechte in Armenien als "unbefriedigend". Er verzeichnete übermäßiges Verhängen von Untersuchungshaft, Gewalt gegen Journalisten, Einschränkungen der Redefreiheit und die Notwendigkeit einer unabhängigeren Justiz.

 

Die in Armenien eingerichtete Ombudsmanninstitution ist am Gesetzgebungsprozess beteiligt und kann zu Gesetzesentwürfen Stellung nehmen. Hierbei wird eine intensive Kooperation mit dem Parlament und der Regierung durchgeführt. Der Ombudsmann ist in ganz Armenien tätig und verfügt über Außenstellen in anderen Landesteilen. Die Behörden in Armenien sind jedenfalls verpflichtet dem Ombudsmann Auskunft zu bestimmten Fällen zu erteilen. Es sind bisher keine Fälle bekannt geworden wonach eine Beschwerde aufgrund Drucks von Außen zurückgezogen wurde.

 

Der Großteil der Beschwerden von Bürgern an den Ombudsmann betreffen "gerechte Verfahren" und Eigentumsrechte, die einen immer größeren Raum in der Arbeit des Ombudsmanns einnehmen. Eine Vielzahl an Beschwerden richtet sich auch gegen soziale Ungerechtigkeiten. 2007 wurden bis 01.09.2007 3.500 Beschwerden eingebracht. Im Jahr 2006 waren es 6.500. Der Ombudsmann ist schriftlich und mündlich erreichbar und es wurde ein eigene Hotline eingerichtet, die 24 Stunden besetzt ist über die sich jeder Bürger mit dem Ombudsmann in Verbindung setzen kann.

 

Grundversorgung/Wirtschaft

 

Seit 1994 wächst die armenische Wirtschaft ohne Unterbrechungen, in den Jahren 2001 bis 2007 durchschnittlich 13% pro Jahr, erreichte allerdings erst im Jahre 2004 wieder den Stand von 1990.

 

Erste Auswirkungen der Finanzkrise führten zu einer Verminderung des BIP-Wachstums im Jahre 2008 auf 6,8%, nach einer vorsichtigen Schätzung des IWF könnte die armenische Wirtschaft 2009 um 1,5% schrumpfen.

 

Bereits im ersten Quartal 2009 führte das gleichzeitige und signifikante Abfallen von Exporten, Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und privaten Kapitalzuflüssen zu einem akuten und hohen Zahlungsbilanzdefizit Armeniens. Die erforderlich gewordene Freigabe des Wechselkurses des Dram führte Anfang März zu einer Abwertung von gut 20%. Kredite durch IWF, Weltbank und Russland über zusammen ca. 1,6 Mrd. Euro wurden bereits bewilligt.

 

Nachdem die Finanzkrise in Armenien zunächst wenig Auswirkungen gezeigt hatte, sind nun die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise deutlich spürbar. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts fiel im Jahre 2008 auf 6,8% (nach sieben Jahren zweistelligen Wachstums, 2007 noch 13,8%). In den ersten zwei Monaten diesen Jahres schrumpfte die armenische Wirtschaft um 3,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Ausblick für 2009 ist düster, nach Schätzung des IWF könnte die Wirtschaft um 1,5% schrumpfen.

 

Die durchschnittliche Inflationsrate betrug 2008 9% (2007: 4,4%). Die Arbeitslosenquote lag 2008 offiziell bei ca. 6,3%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Es sind sehr viele Menschen im informellen Sektor tätig, Einkommen werden oft nicht versteuert. Für 2009 wird aufgrund der Finanzkrise mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen gerechnet.

 

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zu Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen, insbesondere in den Sommermonaten in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

 

Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Ansonsten überwinden viele auch durch die traditionellen Familienbande Versorgungsschwierigkeiten. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen durch Verwandte im Ausland unterstützt.

 

Das gesetzlich festgeschriebene Existenzminimum beträgt in Armenien (wie auch in Berg- Karabach) 25.000 Dram (derzeit ca. 52 Euro) im Monat. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitsjobs nach.

 

Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass viele Armenier das Land verlassen wollen. Der Migrationsdruck hält an, da ein Angleichen des Lebensstandards an westeuropäisches Niveau trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten in Kürze nicht zu erwarten ist.

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Rückkehrer werden nach Ankunft in Armenien in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Sie haben überdurchschnittliche Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt. Staatliche Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige bestehen nicht, es gibt jedoch zahlreiche Waisenhäuser, die durch Spenden aus dem Ausland z. T. einen guten Unterbringungs- und Betreuungsstandard gewährleisten können.

 

(AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien, 18.6.2008)

 

Personen, die im Ausland um Asyl angesucht haben, haben in Armenien alleine aufgrund der Asylantragstellung mit keinen Sanktionen zu rechnen. Es gibt jedenfalls keinen entsprechenden Straftatbestand im armenischen Strafgesetzbuch.

 

Für Rückkehrer nach Armenien besteht Unterstützung durch einige Organisationen, die psychologische und rechtliche Konsultationen anbieten. GRINGO ist ein Netzwerk aller Organisationen die Rückkehrer in Armenien unterstützen, welches vom "Danish Refugee Council" betreut wird. Rückkehrer haben sich mehrfach an NGOs gewandt, wobei in erster Linie um soziale Unterstützung angesucht wurde. Probleme mit Behörden wurden keine gemeldet.

 

Schutzbedürftige Personen: Dazu zählen Frauen und Mütter, die alleine zurückkehren (Gender Projects). Das armenische Rote Kreuz führt ein Projekt zur Schulung von Flüchtlingsfrauen durch. Ziel dieses Projekts ist es, Schulungen/Seminare für 30 Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren in Englisch, Computerkenntnissen und Buchhaltung anzubieten, um diesen Frauen bei der Suche nach einer Arbeitstelle zu helfen.

 

Die soziale Absicherung behinderter Menschen in der Republik Armenien wird durch das armenische Gesetz über den Sozialschutz behinderter Mitmenschen in der Republik Armenien und eine Reihe von Regierungserlassen geregelt. Bei der Erstellung der Regierungserlasse zur Gewährleistung der Gesetzgebung.

 

Problematisch für viele Rückkehrer bleibt, dass sie vor Ihrer Ausreise fast alles verkauft haben, um sich die Reise nach Europa finanzieren zu können. Daher ist die Quote jener, die nochmals auswandern relativ hoch. Es gibt mit einigen EU Mitgliedstaaten eigene Rückkehrprogramme im Rahmen derer Rückkehrer besonders unterstützt werden, was zu einer Senkung der "Rückfallsquote" geführt hat. Es existieren auch einige Präventionsprogramme gegen Auswanderung. Dazu gehört ein spezielles Programm von IOM.

 

Die Armut in Armenien ist noch immer groß. Geschätzte 37% der Armenier leben unter der Armutsgrenze. Dies betrifft auch häufig Rückkehrer aus Europa. Dennoch treffen die sozialen Probleme alle Armenier gleich, unabhängig von ihrer Ethnie und Herkunft. Es gibt Unterstützungsprogramme seitens des Staates und NGOs, wobei die staatlichen Programme mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden sind.

 

Religionsfreiheit

 

Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, das Recht die Religion auszuüben oder zu wechseln. Der armenisch-apostolischen Kirche werden einige Privilegien zuteil, die andere Religionsgruppen nicht haben. So zum Beispiel ist die Heirat nach armenischem Kirchenritus rechtlich bindend, jedoch ist der unterstützende Rechtsakt, um das Gesetz zu vollziehen, noch nicht implementiert.

 

Die Jesiden konzentrieren sich primär in den landwirtschaftlichen Gebieten im Nordwesten Jerewans. Armenische Katholiken leben hauptsächlich im Norden, wohingegen Juden, Mormonen, Baha'is und Orthodoxe Christen in Jerewan leben, gemeinsam mit einer kleinen Gemeinschaft von Moslems.

 

Im Vergleich zum vorigen Berichtsjahr wurden Zeugen Jehovas zu geringeren Haftstrafen aufgrund Wehrdienstverweigerung verurteilt. Repräsentanten der Zeugen Jehovas gaben an, dass alle Inhaftierten die Möglichkeit gegeben wurde, einen Wehrersatzdienst zu leisten, jedoch lehnten diese ab, weil das Militär auch die Aufsicht über diese Einrichtungen innehat.

 

Abgesehen von den Zeugen Jehovas, die Wehrdienstverweigerer sind, gab es keine Berichte über Häftlinge, die aufgrund ihres Glaubens inhaftiert wurden.

 

Die Religionsfreiheit ist in Artikel 26 Abs. 1 der armenischen Verfassung festgeschrieben und darf gemäß Artikeln 26 Abs. 2 und 44 nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Die armenisch-apostolische Kirche hat den Status einer Nationalkirche und genießt mehr Privilegien als andere anerkannte Glaubensgemeinschaften.

 

Religiöse Organisationen mit mindestens 200 Anhängern können sich amtlich registrieren lassen und dürfen dann Zeitungen und Zeitschriften mit einer Auflage von mehr als 1.000 Exemplaren veröffentlichen, regierungseigenes Gelände (z.B. "Platz der Republik" in Jerewan) mieten, Fernseh- oder Radioprogramme senden und als Organisation Besucher aus dem Ausland einladen. Das Gesetz verbietet zwar Bekehrungen durch religiöse Minderheiten; missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen sind jedoch auch in Armenien tätig und werden staatlich nicht behindert.

 

Es gab Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung, die auf religiöser Zugehörigkeit, Glauben oder Religionsausübung basieren. Die Gesellschaft verhält sich gegenüber den meisten religiösen Minderheiten zwiespältig. Obwohl viele Staatsbürger nicht streng religiös sind, ist die Verbindung zwischen armenischer Ethnizität und der armenischen Kirche sehr stark.

 

Es gab keine Berichte, dass die Regierung religiösen Gruppen die Registrierung verweigerte. Das Gesetz verbietet Missionierung sowie die ausländische Förderungen von ausländischen Kirchen, doch keine der Beschränkungen wurde in der Praxis umgesetzt.

 

Die Religionsfreiheit wird im Allgemeinen respektiert, wenngleich die armenisch-apostolische Kirche eine herausragende Rolle spielt und bestimmte Privilegien genießt. Angehörige religiöser Minderheiten sehen sich hin und wieder mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert. Ende des Jahres 2009 waren 76 Zeugen Jehovas in Haft, aufgrund Wehrdienstverweigerung und Verweigerung des Wehrersatzdienstes.

 

Religiöse Gruppen

 

Die armenische Bevölkerung besteht zu 94,7% aus Armenisch-Apostolischen und zu 4% aus anderen Christen. 1,3% der Bevölkerung gehören den Jesiden an.

 

Die Verbindung zwischen der armenischen Ethnizität und der armenischen Kirche ist stark. Geschätzte 90 Prozent der Bevölkerung gehören der armenischen Kirche an. Es gibt eine Reihe kleiner Gemeinden anderer Religionsgruppen, verlässliche Daten wie viele Angehörige welche religiöse Minderheit hat, gibt es aber nicht. Zu den religiösen Gruppen mit einem Anteil von weniger als 5% der Bevölkerung gehören die römisch-katholischen Christen, Mechitaristen, orthodoxen Christen, Evangelikale, Moloken, Pfingstkirchler, Siebenten-Tags Adventisten, Baptisten, Zeugen Jehovas, Mormonen, Jesiden, Juden, Sunniten, Schiiten, Bahai¿s und andere.

 

(US DOS - US Department of State: International Religious Freedom Report 2009 Armenia, 26.10.2009)

 

Minderheitenrechte

 

Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Behinderung, Sprache oder sozialem Status, jedoch setzte die Regierung dies nicht immer effektiv durch.

 

Die Bevölkerung der Republik Armenien ist homogen. Sie setzt sich aus 96% armenischen Volkszugehörigen und 4% Minderheiten (vor allem Jesiden, aber auch Russen, Kurden, Griechen, Juden, Deutschen, Georgiern, Ukrainern, Assyrern u. a.) zusammen. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren. Sie dürfen in der eigenen Sprache studieren und veröffentlichen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache. 2007 wurden in jesidischen Schulen jedoch landesweit jesidische Lehrbücher eingesetzt, assyrische Schulen sollen nach Angaben von Lehrern Unterricht auch in russischer Sprache (wie zu Zeiten der Sowjetunion) anbieten.

 

In Armenien setzt sich ein eher tolerantes Klima fort, es gibt keine Berichte über systematische staatliche Diskriminierung aufgrund der Volkszugehörigkeit. Jedoch werden gelegentlich Fälle von gesellschaftlicher Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten berichtet. Angemerkt sollte aber werden, dass die registrierten Fälle von Rechtsverletzungen gegenüber ethnischen Minderheiten nicht unbedingt bedeuten, dass die Diskriminierung aufgrund der "Volkszugehörigkeit" stattfand. Die bestehende Korruption bei der Regelung bezüglich Sozialleistungen, Benachteiligung am Arbeits- oder Wohnungsmarkt, Missbrauch und Korruption in der Armee, also die sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes, treffen alle armenischen Staatsbürger, unabhängig ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit.

 

Mitglieder der ethnischen Minderheiten berichteten kaum über Fälle von offener Diskriminierung. Sie beklagten jedoch Schwierigkeiten, muttersprachlichen Unterricht zu erhalten.

 

Im Vergleich zum vorigen Berichtsjahr wurden Zeugen Jehovas zu geringeren Haftstrafen aufgrund Wehrdienstverweigerung verurteilt. Repräsentanten der Zeugen Jehovas gaben an, dass allen Inhaftierten die Möglichkeit gegeben wurde, einen Wehrersatzdienst zu leisten, jedoch lehnten diese ab, weil das Militär auch die Aufsicht über diese Einrichtungen innehat.

 

Jesiden

 

Im Allgemeinen kann festgestellt werden, dass die jesidische Minderheit in Armenien keiner systematischen Diskriminierung ausgesetzt ist, auch wenn sporadische Berichte über ungerechte Behandlung vorkommen.

 

Es gibt zwar immer wieder Berichte von Angehörigen der jesidischen Minderheit über Diskriminierungen, aber nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes sind weder Jesiden noch andere Minderheiten Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen. Im Falle von Straftaten gegen Angehörige von Minderheiten sind die Behörden schutzbereit. Strafanzeigen werden aufgenommen. Die Ermittlungen dauern zwar häufig sehr lange, aber dies ist grundsätzlich oft der Fall, auch bei Verfahren, die nur armenische Volkszugehörige betreffen. Die Volkszugehörigkeit wird in armenischen Reisepässen nur eingetragen, wenn der Passinhaber dies von sich aus beantragt.

 

Mitglieder der jesidischen Gemeinschaft berichteten gelegentlich über Diskriminierung durch Polizei und lokale Behörden.

 

In Bezug auf das armenische Militär gab es keine Berichte über Missbrauch gegenüber Jesiden. Seit 2003 kooperieren ca. 60 Nichtregierungsorganisationen - darunter die "National Union of Yezidi" - mit den armenischen Streitkräften. Sie besuchen regelmäßig - ohne Hindernisse - Militäreinheiten, und führen Untersuchungen bezüglich der sozialen und sanitären Verhältnisse, ebenso wie die moralische und psychologische Verfassung des militärischen Personals durch.

 

Nach Aussagen von Jesiden-Vertretern liegen die Hauptprobleme der Volksgruppe im sozialen Bereich und der mangelnden Integration. Jesiden werden in Armenien nicht systematisch diskriminiert. Es gibt in Armenien keine grundlegend negative Einstellung gegenüber Jesiden. Das Zusammenleben zwischen Armeniern und Jesiden ist in erster Linie mehr von gegenseitigem Ignorieren als Feindschaft geprägt und seitens des Staates gibt es keine Benachteiligungen oder sonstigen Druck auf die Bevölkerungsgruppe der Jesiden. Es kann im Einzelfall vorkommen, dass sie außerhalb ihrer Gemeinde von der Bevölkerung diskriminierend behandelt werden, etwa durch verächtliche Blicke, oder unhöfliche Bedienung beim Einkaufen

 

Beweiswürdigung

 

Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin.

 

Vorbringen

 

Die Feststellungen zur Identität und Herkunft des Beschwerdeführers sowie ihrem persönlichen Umfeld im Herkunftsstaat und in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin sowie aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation und der Sprachanalyse im Verfahren.

 

In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Rahmen der freien Beweiswürdigung in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert.

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation der Beschwerdeführerin und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

 

Auch ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 3 AsylG bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts (1991) 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191) Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524), wie es hier der Fall ist.

 

Der Asylgerichtshof geht - so wie bereits das Bundesasylamt - davon aus, dass die Angaben der der Beschwerdeführerin bezüglich ihrer Person und ihrer Identität als nicht glaubhaft anzusehen sind. Die Beschwerdeführerin konnte auch keine Dokumente vorlegen, die ihre Angaben bestätigt hätten. Auch hatte sich ihre Ankündigung in der Beschwerdeschrift, dass sie einen Zeugen benennen werde, der ihre Herkunft aus dem Irak bestätigen könne, nicht bewahrheitet. Aus dem Ergebnis der vom BAA beauftragten Sprachanalyse durch das Sprachinstitut XXXX geht hervor, dass die Beschwerdeführerin Armenisch auf Muttersprachenniveau spricht und es sich eine Variante von Ostarmenisch handelt, welche den Zentralen Teilen von Armenien zuzuordnen ist. Es ist daher nicht plausibel, dass die BF im Irak geboren und bis zu ihrem siebten Lebensjahr dort gelebt haben solle. Anschließend sei die BF mit ihren Eltern nach Armenien ausgewandert, ohne dort jedoch in die Schule gegangen zu sein. Es ist aus der Sicht des Asylgerichtshofes nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin kein Arabisch sprechen kann, jedoch perfekt Armenisch beherrscht, wobei ihre Eltern aus dem Irak stammen sollen und sie zudem niemals eine Schule besucht haben solle. Es ist sehr zweifelhaft, dass die Beschwerdeführerin ihre guten armenischen Sprachkenntnisse auf Muttersprachenniveau alleine von ihren Familienangehörigen gelernt haben soll. Aufgrund der Sprachkenntnisse in Kurmandschi geht der Asylgerichtshof davon aus, dass die Beschwerdeführerin zur Volksgruppe der Jeziden gehört, was sie selbst auch bestätigt hatte.

 

Unglaubwürdig sind auch die Angaben der Beschwerdeführerin bezüglich ihrer Lebensumstände in Armenien. Die BF gab vor, dass sie mit ihrer Familie von 1998 bis 2010 im Dorf XXXX gelebt habe. Aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation wurde jedoch bekannt, dass das Dorf XXXX umbenannt wurde und derzeit XXXX heißt. Auch heißt der Dorfvorsteher nicht wie von der BF angegeben, XXXX, sondern tatsächlich seit dem Jahr 2001 XXXX. Der Dorfvorsteher hatte auch die Auskunft gegeben, dass keine Familie namens XXXX jemals im Dorf gelebt hat. Der Asylgerichtshof geht daher angesichts dieser Ermittlungsergebnisse durch den Ländersachverständigen für Armenien davon aus, dass die Beschwerdeführerin bewusst falsche Angaben über ihre Identität und ihre Lebensumstände in Armenien gemacht hatte, um so ihre wahre Identität zu verschleiern. Aufgrund der Sprachanalyse konnte jedenfalls zweifelsfrei festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin aus Armenien stammt.

 

Glaubwürdig waren hingegen die Angaben der Beschwerdeführerin, dass die selbst keinerlei Asylgründe hatte und auch niemals Probleme in Armenien hatte. Diese Annahme wird auch damit untermauert, dass die Beschwerdeführerin ihren Asylantrag erst vier Monate nach ihrer Einreise in Österreich eingebracht hatte, was auch darauf schließen lässt, dass die BF in ihrer Heimat keine Verfolgungshandlungen zu befürchten hatte.

 

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Sofern in der Beschwerde seitens der Beschwerdeführerin moniert wird, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht stichhaltig sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH - wie bereits oben ausgeführt - das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Der Asylgerichtshof gelangt - wie auch das Bundesasylamt - nach eingehender Würdigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der vorliegenden Länderberichte zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft ist, dass der BF im Herkunftsstaat aus dem von ihr angegebenen Gründen Verfolgung iSd. GFK droht und dass sie aus Furcht vor Beeinträchtigung von Leib und Leben ihren Herkunftsstaat verlassen habe.

 

Länderquellen

 

Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat Armenien ergeben sich aus den angeführten Erkenntnisquellen. Hierbei wurden aktuelle Berichte sowohl staatlicher Spezialbehörden, etwa Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes oder US.DOS als auch nichtstaatliche Behörden wie Berichte von IOM oder HRW herangezogen.

 

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität der übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für den Asylgerichtshof kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Ebenso ist die Partei weder den in das Verfahren eingeführten Quellen, noch den, auf diesen beruhenden Feststellungen derart substantiiert entgegengetreten, als dass der Asylgerichtshof zu einem völlig anderslautenden Ergebnis kommen könnte.

 

Rechtliche Beurteilung

 

Grundlagen

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige Unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 29/2009 entscheidet der Asylgerichtshof, soweit nicht in Abs. 3 leg. cit. eine Einzelrichterzuständigkeit vorgesehen ist, über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes in Senaten.

 

Gemäß § 23 Bundesgesetz über den Asylgerichtshof (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008 idF BGBl. I Nr. 147/2008, sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde - außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall -, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder eines Asylwerbers einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

1. dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asyl

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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