TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/04 C1 404864-2/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2011
beobachten
merken
Spruch

C1 404864-2/2010/15E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi als Vorsitzende und den Richter Mag. Marth als Beisitzer über die Beschwerde desXXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinrich Schellhorn, vom 01.04.2010 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.03.2010, Zl. 08 11.048-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.06.2010 und am 11.01.2011 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit seiner Familie am 07.11.2008 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 15.02.2009 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG nach Griechenland ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 02.03.2009 Beschwerde. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.03.2009 zur Zahl S11 404864-1/2009/3E wurde der Beschwerde gemäß § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und wurde der Beschwerdeführer unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Rechtsmittel erhoben.

 

Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Asylgerichtshof am 22.06.2010, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, wurden aktuelle Länderberichte erörtert und nach Einvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers die Verhandlung zwecks Einholung eines Sprachgutachtens zur Überprüfung des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers vertagt.

 

Mit Verfahrensanordnung vom 23.06.2010 wurde die Vornahme einer Sprachanalyse in Auftrag gegeben. Das Ergebnis der Sprachanalyse, das mit den Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft in Einklang steht, langte hg. am 23.07.2010 ein.

 

In der Folge wurde eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Asylgerichtshof am 11.01.2011 anberaumt, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte. Neben der Verlesung des Ergebnisses der Sprachanalyse wurden auch die Lebensumstände der Ehegattin des Beschwerdeführers in Afghanistan und in Österreich erörtert.

 

Einsicht wurde genommen in die Verfahrensakten der Ehegattin des Beschwerdeführers, XXXX, sowie der beiden gemeinsamen Kinder, XXXX und XXXX, zu den Zahlen C1 404865 bzw. C1 404863 und C1 404862.

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Der Beschwerdeführer verließ gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan, reiste illegal, aus Griechenland kommend, in Österreich ein und stellte am 07.11.2008 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Anträge auf internationalen Schutz der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers wurden jeweils gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und wurde gemäß § 10 AsylG die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgesprochen.

 

Der Beschwerdeführer ist der Ehegatte von XXXX, der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.04.2011, Zl. C1 404865-2/2010/15E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und der damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Der unbescholtene Beschwerdeführer lebt in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin und seinen beiden minderjährigen Kindern.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers, dem vom Asylgerichtshof eingeholten Sprachgutachten sowie aus dem Akteninhalt.

 

In das Verfahren wurden folgende Länderberichte eingebracht:

 

UK Home Office, Country of Origin Information Report, Afghanistan, 05.11.2010;

 

US Department of State, Human Rights Report Afghanistan, 2009;

 

Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan, 27.07.2010;

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Afghanistan - Aktuelle Lage, Juli 2009;

 

UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Stand: März 2009.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vor.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes (§ 34 Abs. 1 AsylG).

 

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts (Sonderbestimmungen für das Familienverfahren) sind nicht anzuwenden: 1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (§ 34 Abs. 6 AsylG).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde der Ehegattin des Beschwerdeführers der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen Familienangehörigen im Sinne des § 2 Absatz 1 Ziffer 22 AsylG. Überdies bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem unbescholtenen Beschwerdeführer die Fortsetzung seines Familienlebens mit der asylberechtigten Angehörigen, gegen die auch kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist, in einem anderen Staat möglich wäre.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008 idgF, zu führen.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
20.04.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten