TE AsylGH Erkenntnis 2009/03/11 D3 264668-0/2008

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Veröffentlicht am 11.03.2009
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Spruch

D3 264668-0/2008/17E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Vorsitzender und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Mag. Riesner über die Beschwerde des XXXX, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2005, Zl. 05 10.113-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.10.2008 zu Recht erkannt.

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 7 AsylG 1997 i. d.F. BGBI I 101/2003 Asyl gewährt.

 

Gemäß § 12 AsylG i.d.F. BGBL 101/2003 Asyl wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, gelangte am 08.07.2005 - unter Umgehung der Grenzkontrolle - nach Österreich und stellte am 09.07.2005 einen Asylantrag. Bei der ersten Einvernahme durch das Erstaufnahmezentrum Ost am 14.07.2005 wurde er in erster Linie zum Fluchtweg und im Rahmen dessen kurz zu seinen Fluchtgründen befragt. Dabei gab er an, dass er seit XXXX Mitglied der Partei XXXX gewesen sei. Er sei aber auch Polizist gewesen und habe als XXXX gearbeitet und habe ihn deswegen die neue Regierung verfolgt.

 

Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung im Zulassungsverfahren am 15.07.2005 führte er aus, dass er für die XXXX bei der Polizei gearbeitet habe und XXXX durch Leute der neuen Regierung mit Gewehrkolben so stark geschlagen worden sei, dass sein linkes Auge schwer verletzt worden sei. XXXX sei er während einer polizeilichen Aktion neuerlich geschlagen worden. Dabei sei sein Auge vollkommen zerstört worden und trage er seither eine Augenprothese. Es könne ihm keine Universitätsklinik der Welt sagen, warum auch sein rechtes Auge daraufhin auch immer mehr erblindet sei. Man habe ihn beschuldigt, Waffen zu verstecken und veruntreutes Geld in die Schweiz gebracht zu haben. Seine Familie sei ständig überwacht worden. Sein Kind (XXXX alt), das in der Heimat geblieben ist, wäre in Gefahr gewesen, da diese Leute auch vor dem Kindergarten gewartet hätten. Der Antragsteller gab auch an, einen Selbstmordversuch begangen zu haben. Er hätte sich jedoch dann in die linke Hand geschossen. Aus Sicht der Ärztin liege keine krankheitswerte psychische Störung vor. Die Ursache der Erblindung wäre jedoch augenfachärztlich zu ermitteln.

 

Bei einer zweiten ärztlichen Untersuchung im Zulassungsverfahren am 19.07.2005 stellte die untersuchende Fachärztin für Psychiatrie fest, dass doch eine krankheitswerte psychische Störung vorliege und eine psychiatrische Behandlung indiziert sei, worauf das Asylverfahren am 20.07.2005 zugelassen wurde. Der vorläufige Befund der Dokumentenuntersuchungsgruppe der Polizeiinspektion Traiskirchen stellte bei dem vorgewiesenen Personalausweis keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung fest.

 

Schließlich wurde er am 20.09.2005 durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, befragt. Zu seinen Dokumenten gab er an, dass er seinen Personalausweis bereits vorgelegt habe, sowie weiters auch einen Invalidenausweis und eine Heiratsurkunde. Er habe wohl im September XXXX einen Auslandsreisepass beantragt, aber sei ohne Reisepass eingereist. Der Reisepass sei ihm bereits im Jahre 2004 abgenommen worden. Zuletzt habe er eine Pension erhalten und einen kleinen Lebensmittelmarkt betrieben. Er habe neben der Schule eine Tanzausbildung erhalten und die Kunst und Kultur geliebt. Nach der Schule habe er ein Wirtschaftsstudium absolviert. Da er ursprünglich keine Waffen wollte, habe er einen Alternativdienst geleistet, diesen jedoch im XXXX absolviert. Da er sich an Waffen zwischenzeitig gewöhnt habe, sei er anschließend zur Polizei gegangen. Er habe aber auch Jus studiert. Im Jahre XXXX habe er als Polizist den Auftrag bekommen, eine Kirche zu stürmen und die versammelten Personen zu verhaften. Anschließend seien ständig merkwürdige Dinge passiert. Sein Partner sei bei einem Autounfall verstorben. Der Sohn seines Chefs sei auf seiner Hochzeit plötzlich blind geworden. Er glaube, dass dies alles mit dem Pfarrer zu tun gehabt habe und habe er sich in der Folge persönlich bei dem Pfarrer für den damaligen Polizeieinsatz entschuldigt. Er sei dann zum XXXX befördert worden, hätte jedoch Probleme mit seinem Chef gehabt, weil er zuwenig reiche Leute verhaftet und zuwenig Geld organisiert habe, denn damals sei bei der Polizei die Korruption stark verbreitet gewesen. Er habe daraufhin bei XXXX um Schutz angesucht. Dieser sei ein Verwandter von ihm und sei 1995 XXXX geworden. Er habe dann als sein Securitymann gearbeitet. Als er diesen begleitet habe, seien sie in eine Autosperre gefahren, sie hätten jedoch ausweichen können. Er sei am nächsten Tag wiederum angehalten worden, wobei er geschlagen worden sei und sein Auge verletzt worden sei. Die Leute hätten ihn gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Dies sei XXXX gewesen. Daraufhin habe er sich einen Monat lang in Krankenhausbehandlung begeben müssen, habe aber weiter für XXXX gearbeitet. Sein Auge sei jedoch nicht besser geworden und sei er zur Behandlung nach Russland geflogen. Trotz einer Therapie sei das Auge nicht besser geworden. Er habe wohl nicht mehr Autofahren können, jedoch weiter für XXXX gearbeitet und sei in der Folge Parteimitglied von XXXX geworden. Am XXXX sei er wieder geschlagen und aufgefordert worden, Tbilisi zu verlassen. Dabei habe er sein rechtes Auge komplett verloren. Am XXXX seien Leute der neuen Regierung SAAKASCHWILI in seine Wohnung gekommen und hätten 2 Millionen Dollar von ihm verlangt. Als er sagte, dass er nicht soviel Geld habe, entgegnete man ihm, er solle seine zwei Wohnungen verkaufen. Er sei verhaftet und nach einigen Tagen jedoch freigelassen worden, aber sein Reisepass sei ihm nicht zurückgegeben worden. Am 01.02.2004 sei er wiederum verhaftet worden, er habe 50 000 Dollar bezahlt und sei dann nach Moskau geflogen, wo er einige Bekannte habe. Dann sei er nach Österreich gereist. Auf die Frage, warum er anschließend noch einmal freiwillig nach Georgien zurückgekehrt sei, gab er an, dass ihm seine Frau mitgeteilt habe, dass diese Leute ihn gesucht hätten und dass das Kind mit Lungenentzündung im Spital liege. Er sei daraufhin legal nach Tbilisi zurückgekehrt, habe sich heimlich mit seiner Frau getroffen und die Tochter in einem Dorf versteckt. Im Juli 2005 sei er dann mit seiner Frau nach Österreich geflüchtet. Den Minimarkt habe er schon neben seiner Polizeitätigkeit gehabt, er habe keine andere Möglichkeit gehabt zu überleben. Von Deutschland sei er deswegen wieder zurückgekehrt, da ihm XXXX versichert habe, dass es nicht so schlimm sei. Dass er in der Tschechoslowakei einen Asylantrag gestellt habe, habe er nicht gewusst. In Russland habe er jedoch nicht bleiben wollen. Es wurde ihm auch das Parteiengehör zu Feststellungen zu Georgien eingeräumt. Diese Feststellungen bezeichnete er jedoch als "Schwachsinn". Er wisse nicht, wo sich XXXX derzeit aufhalte, Probleme habe er mit der neuen Regierung SAAKASCHWILI. Seine Tochter sei derzeit in Georgien in Sicherheit. Hier in Österreich fühle er sich sicher, in Georgien herrsche jedoch Chaos. Er habe im Jahre 2002 einen Selbstmordversuch begangen, wolle aber darüber nicht mehr sprechen. Seine Frau habe keine eigenen Fluchtgründe.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2005, Zl. 05 10.113-BAG, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 09.07.2005 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und unter Spruchteil III. gemäß § 8 Abs. 2 AsylG der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits in den verfahrenswesentlichen Teilen wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zu Georgien getroffen, sowie die Quellen hiefür angeführt. Beweiswürdigend wurde anschließend ausgeführt, dass die Herkunft des Asylwerbers aus Georgien als gegeben angenommen werde. Den fluchtrelevanten Sachverhalt habe er jedoch vage geschildert, er habe keine konkreten und detaillierten Angaben über seine Erlebnisse machen können; völlig unplausibel erscheine, dass der Antragsteller bereits 1999, aber auch 2004 freiwillig in sein Heimatland zurückgekehrt sei, obwohl er von der Regierung gesucht worden sei. Bei der Ersteinvernahme habe er behauptet, dass ihm im Frühjahr oder Sommer XXXX vom Passamt in Tbilisi ein Reisepass ausgestellt worden sei und er diesen in der Ukraine zerrissen habe. Bei seiner Einvernahme am 20.09.2005 habe er jedoch angegeben, dass er im Sommer XXXX einen Reisepass beantragt habe und ihm dieser im Jahre 2004 abgenommen worden sei und behauptet, dass die erste Aussage nicht von ihm stamme. Es sei auch unplausibel, dass er, wenn er schon seit XXXX Probleme in seiner Heimat gehabt habe, diese nicht früher verlassen habe und dass er, obwohl er in der Slowakei bereits zwei Asylanträge gestellt habe, dies bestreite, wodurch er seine persönliche Glaubwürdigkeit verliere. Die Behörde sei daher zu dem Schluss gekommen, dass dem behaupteten Sachverhalt hinsichtlich einer aktuellen Bedrohungssituation in Georgien kein Glauben geschenkt werde.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung wurde zunächst ausgeführt, dass es sich um ein Familienverfahren nach § 10 AsylG handle. Weiters wurde zu Spruchteil I. ausgeführt, dass die im Heimatstaat eines Antragstellers allgemein herrschenden politischen und sozialen Verhältnisse die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigten, das Vorbringen jedoch weder glaubhaft noch verifizierbar sei und daher auch keine Bedrohungssituation pro futuro habe festgestellt werden können. Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur festgehalten, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 57 Abs. 2 FrG bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei und dass sich die Angaben zum Fluchtgrund nicht als glaubhaft erwiesen hätten und dass es auch nicht glaubhaft sei, dass der Antragsteller in Georgien in irgendeiner Form Verfolgung ausgesetzt sei. Weiters seien keine Umstände bekannt, dass in Georgien eine solche extreme Gefährdungslage bestehe, dass jeder, der nach Georgien zurückkehre, einer Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt sei. Zu Spruchteil III. wurde - ebenfalls nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur - niedergeschrieben, dass der Antragsteller nur Familienmitglieder in Österreich habe, die selbst Asylwerber ohne Berechtigung zum dauernden Aufenthalt seien und somit kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege, sodass die Ausweisung keinen Eingriff in Artikel 8 EMRK darstelle.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Berufung, welche nunmehr als Beschwerde vor dem Asylgerichtshof zu werten ist.

 

Darin wurde eine Verletzung der Grundsätze der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes und der Wahrung des Parteiengehörs vorgebracht und auch, dass die Behörde nicht das ihr zugängliche Spezialwissen verwertet habe. Bei einem entsprechenden Ermittlungsverfahren wäre die Behörde zu einem positiven Ergebnis für ihn gekommen und werde durch die Ausweisung auch massiv in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben eingegriffen. Er habe entgegen der Ansicht der Behörde weder die öffentliche Ruhe und Ordnung noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl in Österreich gefährdet und stünden seinem weiteren Verbleib in Österreich keine öffentlichen Interessen entgegen.

 

Mit Schreiben vom 11.01.2007 legte der Beschwerdeführer Beweismittel, nämlich ärztliche Befunde vor, wonach er zu 90 % blind sei und nunmehr Pflegegeld der Stufe 4 erhalte und überdies chronische Hepatitis B und C festgestellt worden sei. Mit Schreiben vom 08.05.2007 übermittelte er einen weiteren Befund über Durchführung einer Kombinationstherapie wegen der Hepatitis B und C Infektion.

 

Der Beschwerdeführer brachte eine mit 14.08.2005 datierte Vollmachtbekanntgabe an RA Mag. Wolfgang AUNER mit der Bitte, möglichst bald eine Verhandlung anzuberaumen, ein.

 

Die nunmehrige Berufungsinstanz, der Asylgerichtshof, beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 15.10.2008 an, zu der sich die Behörde erster Instanz entschuldigen ließ.

 

Eingangs der Beschwerdeverhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, dass auch seine Tochter XXXX, nunmehr in Österreich sei und er gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, in ihrem Namen eine Beschwerde eingebracht habe. Weiters gab er an, dass als Nebenwirkung der Therapie gegen die Hepatitis C Infektion Weichteiltumore aufgetreten seien, welche mehrfach operiert worden seien. Die Hepatitis B hätten die Ärzte jedoch nicht in den Griff bekommen. Der Beschwerdeführer legte weitere ärztliche Befunde vor. Die Beschwerdeverhandlung wurde gemeinsam mit jener seiner Ehefrau XXXX durchgeführt.

 

Der Beschwerdeführer gab über Befragen durch den vorsitzenden

Richter und die beisitzende Richterin Folgendes an:

 

VR: Welcher Volksgruppe und Religion gehören sie an?

 

BF: Ich gehöre der georgischen Volksgruppe an und bin orthodox.

 

VR: Wo sind sie geboren?

 

BF: Ich bin in Tbilisi geboren.

 

VR: Wo haben sie im Laufe ihres Lebens gelebt?

 

BF: Ich habe von meiner Geburt bis zu meiner Ausreise immer in Tbilisi gelebt.

 

VR: Welche schulische odersonstige Ausbildung haben sie erhalten?

 

BF: Ich habe 11 Jahre die Grundschule besucht, dann habe ich an der staatlichen Universität XXXX Jus studiert. Ich war auch XXXX.

 

BR: Haben sie auch Wirtschaft studiert? (siehe AS 113)

 

BF: Nein, ich habe Rechtswissenschaften studiert.

 

VR: Welche berufliche Tätigkeit haben sie von wann bis wann ausgeübt?

 

BF: Ich habe die Schule im Jahr 1988 abgeschlossen. Nach dem Schulabschluss habe ich drei bis vier Monate als Bauarbeiter gearbeitet. Bevor ich Invalide geworden bin, habe ich immer bei der Polizei gearbeitet. Ich habe in der XXXX gearbeitet. Ich war dann bei der Kriminalpolizei. Diesbezüglich habe ich auch einen Ausweis vorgelegt. Dann war ich im XXXX. Als XXXX Abteilungsleiter wurde, habe ich bei ihm gearbeitet und als er zum XXXX befördert wurde, ebenso, wir waren befreundet, aber nicht verwandt.

 

BR: Haben sie neben ihrer Tätigkeit bei der Polizei Jus studiert?

 

BF: Ja.

 

Vorhalt: Beim BAG haben sie angegeben, dass sie mit ihm verwandt waren?

 

BF. Der Dolmetscher hat mir vorgehalten, dass ich lüge, ich hatte keine Beweismittel mit.

 

VR: Wie kamen sie zur georgischen Polizei?

 

BF: Zuerst habe ich Armeedienst geleistet, das war im XXXX. Dann habe ich bis XXXX gedient, es war so eine Unruhe in der Armee. Ich wurde vor die Alternative gestellt, entweder zwei Jahre beim Militär zu dienen oder drei Jahre im Rahmen der Sicherheitswache Regierungsgebäude und andere Objekte der Regierung zu überwachen. Ich entschied mich für die zweite Variante. Im dritten Jahr hatte ich die Möglichkeit im Rahmen der Polizei eine andere Tätigkeit auszuüben und so ist es passiert, dass ich zur Polizei gekommen bin.

 

Vorhalt: Beim BAG wurde protokolliert, dass sie den Dienst mit der Waffe abgelehnt haben und deshalb zur Polizei gegangen sind?

 

BF: Alles, was ich heute sage, kann ich beweisen, ich mag keine Lügen, ich war Polizist. Die Dolmetscherin war nicht perfekt.

 

VR: Welche Aufgaben hatten sie zunächst bei der Polizei?

 

BF: Ich sollte kriminelle Leute verhaften.

 

Vorhalt: Bei der erstinstanzlichen Einvernahme wurden Probleme mit einem Pfarrer erwähnt!

 

BF (BR liest die diesbezüglichen Passagen aus der erstinstanzlichen Einvernahme AS 113, 4. Absatz vor, diese werden dem BF übersetzt):

 

Es war ein Einsatz bei PaterXXXX. Es sind dann eine Reihe von Leuten nach einem Einsatz jeweils an Samstagen gestorben, es war ganz mysteriös, ein Polizist ist einer Explosion im Gefängnis gestorben, einer der Polizisten ist am halben Körper gelähmt und arbeitet jetzt als Taxifahrer. Ich war auch bei diesem Einsatz dabei, aber ich habe den Pfarrer nicht angerührt. Ich bin gläubig und habe mich bei dem Pfarrer entschuldigt. Damals habe ich in der XXXX gearbeitet.

 

BR: Sie wissen schon, dass dieser Geistliche jahrelang im Gefängnis war?

 

BF: Ja, seit zwei oder drei Wochen ist er jetzt wieder frei.

 

VR: Wie wurden sie ein enger Mitarbeiter des XXXX?

 

BF: Ich habe ihn aus dem XXXX, gekannt.

 

VR: Welche Aufgaben hatten sie, als dieser XXXX wurde?

 

BF: Ich war sein persönlicher Leibwächter.

 

BR: Waren sie direkt bei ihm angestellt oder beim Ministerium?

 

BF: Ich habe weiter mein Gehalt vom XXXX bekommen.

 

VR: Hatten sie dafür eine spezielle Ausbildung?

 

BF: Ich hatte ein spezielles Training erhalten.

 

VR: Wie kam es zu ihrer schweren Augenverletzung?

 

BF: (.....)

 

Am nächsten Tag war ich am Abend privat unterwegs. Plötzlich standen zwei Autos vor mir, ich habe angehalten und sie haben in die Luft geschossen, es war auf dem Weg nach XXXX in der Nähe von Tbilisi.

 

BR: Haben sie denselben Wagen wie am Vortag benutzt?

 

BF: Ja, das war ein Dienstwagen, ich konnte ihn aber auch nach Dienst privat nutzen.

 

BR: War das erkennbar, dass das ein Dienstwagen war?

 

BF: Ja, vom Kennzeichen her war das erkenntlich, es war ein XXXX.

 

VR: Was ist dann weiter geschehen?

 

BF: Sie haben mehrere Male in die Luft geschossen, ich bin dann ausgestiegen, ich habe einen Schlag mit dem Lauf einer Pistole der Marke Makarov bekommen und daraufhin bin ich ohnmächtig geworden. Als ich dann langsam wieder zu mir kam, sah ich, dass meine Kleidung total blutverschmiert war, es ist dunkel und ich sah nur mehr Streifen, mir war schwindlig, ich konnte kaum aufstehen, ich habe dann die Streifen, die ich gesehen habe, angefasst und habe gemerkt, dass ich mich in einer Zelle befinde. Ich merkte dann, dass ich keine Dienstwaffe mehr hatte, aber meine Polizeiausweise hatte ich noch bei mir, die Tür war nicht zugesperrt. Ich konnte sie aufmachen, ich bin dann auf wackligen Füßen hinausgegangen. Ich bin dann zu dem Nachtwachmann gegangen, ich habe meine Dokumente hingelegt. Ich habe ihm gesagt, dass ich Leibwächter von XXXX bin und bin dann wieder ohnmächtig geworden.

 

VR: Wo sind sie dann wieder aufgewacht?

 

BF: Als ich zu mir kam, war ich wieder auf demselben Wachposten, ich lag aber auf einer Bank. Ich hörte noch, wie der Polizist telefonierte und sagte, dass ich nicht irgendjemand sei und dass sie Probleme bekommen werden.

 

BR: Ist das so zu verstehen, dass die Mißhandler Polizisten waren?

 

BF: Nein, das hab ich nicht gesagt. Ich sagte nur, dass ich mich in einem polizeilichen Gebäude befand.

 

BR: War dieser Wachmann, den sie erwähnt haben, ein Polizist?

 

BF: Ja.

 

BR: Mit wem hat dieser Wachmann telefoniert?

 

BF: Mit Kollegen.

 

VR: Wer waren diese Personen, die sie überfallen haben?

 

BF: Sie waren vom Sicherheitsdienst.

 

BR: Meinen sie den Geheimdienst?

 

BF: Nein.

 

BR: Entspricht Sicherheitsdienst der Polizei?

 

BF: Jetzt ja, damals nicht.

 

VR: Was hatten diese Personen, die zum Sicherheitsdienst gehörten, gegen sie als XXXX?

 

BF: Ich habe das auch ein paar Monate nicht verstanden, später habe ich es dann verstanden. Ich wurde von diesen Personen noch ein zweites Mal überfallen und sie haben mir mein Auge "herausgenommen".

 

Ich möchte zuerst noch einmal über das erste Mal erzählen. Als ich beim ersten Mal wieder aufgewacht bin, habe ich viele Männer gesehen, alles Polizisten, drei davon habe ich sogar gekannt, sie haben mich beruhigt. Dann kam der XXXX dazu, ich kannte ihn sehr gut. Er hat gesagt, ich möge mich beruhigen, er wollte mit mir am nächsten Tag reden, seine Mitarbeiter brachten mich aber ins Krankenhaus, wo ich ca. einen Monat verblieb.

 

BR: Bei diesem Vorfall ist ihr Auge beschädigt worden, ist das richtig?

 

BF: Ja, das ist richtig.

 

VR: Wie kam es zu dem zweiten Vorfall und wann fand dieser statt?

 

BF: Vor XXXX wurde ich stark geschlagen, ich wurde am nächsten Tag operiert, sie haben mir das Auge rausoperiert, und zwar das linke.

 

VR: Können sie diesen zweiten Vorfall noch etwas genauer schildern?

 

BF: Das war in der Nähe der polytechnischen Universität, das ist im Bezirk XXXX, es waren Männer mit Makarov-Pistolen bewaffnet und haben Geld von mir verlangt. Es waren entweder Sicherheitsleute oder Polizisten, nur die durften Waffen dieser Marke tragen. Ich habe einen Faustschlag bekommen. Mein Auge war allerdings schon so geschädigt, dass es bereits auf Grund dieses Faustschlages zerstört wurde. Sie warfen mir vor, dass ich das Geld schon in die Schweiz gebracht habe. Ich fragte welches Geld und wann und was.

 

VR: Waren das dieselben Personen wie beim ersten Vorfall, die sie verletzten?

 

BF: Nein.

 

BR: Gehörten sie zur selben Gruppierung?

 

BF: Ja, leider.

 

VR: Sie haben noch nicht fertig erklärt, warum diese Leute von Sicherheitsdienst, etwas gegen sie als XXXX hatten.

 

BF: Ich kann ihnen in diesem Fall meine Antwort nicht beweisen, sondern nur meine Vermutung wiedergeben. XXXX hatte mit einigen Leuten aus der Regierung Probleme, deswegen hat er dann auch seine Position verloren. Ab XXXX habe ich dann nicht mehr bei XXXX gearbeitet, ich war nur mehr mit ihm befreundet.

 

VR: Was machten sie dann nach dieser schweren Augenverletzung?

 

BF: Als ich das erste Mal im Spital war, war die ganze linke Seite geschwollen, ich wurde im Spital untersucht, ich hatte keine Reaktionen auf Lichtreflexe, die Diagnose lautete auf "Riss des Sehnervs". Einen Monat lang habe ich eine Injektionskur ins Auge erhalten, die Ärztin garantierte mir damals, dass es keine Übertragung der Probleme auf die rechte Seite geben wird. Nach drei Monaten war ich am Wochenende im Dorf auf einer Party, am Sonntag fühlte ich mich nicht gut, ich konnte nicht ordentlich sehen, ich dachte zunächst, es ist eine Nachwirkung der Party. Am Montag war meine Sehkraft nach wie vor so schlecht, dass ich nicht selber fahren konnte. Die Sehkraft am linken Auge war null und rechts sah ich auch fast nichts mehr. Ich ging dann ins Spital zur selben Ärztin, sie war total erstaunt. Ich bin dann zur weiteren Behandlung nach Moskau geflogen. Ich bin mit meinem Vater in eine Spezialklinik gegangen und wurde zwei Tage lang untersucht. Ich wurde dann in ein Neuro-chirurgisches Institut, namens XXXX, weitergeschickt. Ich konnte nicht alle Befunde lesen, aber ich kann mich daran erinnern, dass in einem Befund stand, dass der Sehnerv weder geschädigt noch gerissen sei. Nach genauen Untersuchungen war die letzte Diagnose "Glaukome durch Trauma verursacht". Bei einem Glaukom passiert eine Übertragung von einem Auge auf das andere, aber bei mir war es für eine Operation schon zu spät. Ich wurde dann noch in eine weitere Klinik überwiesen, teilweise konnte mir in Moskau geholfen werden. Der Arzt schlug mir dann eine Unterbrechung der Therapie von drei Monaten vor. Ich bin zurück nach Tbilisi geflogen. Nach zwei oder drei Tagen ist es mir jedoch wieder schlechter gegangen. Die Diagnose war "Atrophie des Sehnervs", das bedeutet ein Absterben der Nervenzellen, das geht langsam vor sich. Als ich nach Österreich kam, konnte ich noch Personen vom Gesicht hererkennen, jetzt kann ich das aber nicht mehr. Mein Augenlicht haben die georgischen Ärzte kaputt gemacht.

 

BR: Absichtlich?

 

BF: Nein, sie haben gemacht, was sie konnten und wussten.

 

BR: Sie führen das nicht auf einen Racheakt von Pater XXXX zurück?

 

BF: Nein.

 

VR: Bei der Erstinstanz haben sie angegeben, dass sie in der Folge der Partei XXXX des Aslan ABASCHIDZE beigetreten sind, ihr Freund und Chef XXXX war jedoch Mitglied der georgischen Volksunion und überdies mit der Familie SCHEWARDNAZE verbunden. Was sagen sie dazu?

 

BF: XXXX stammt aus Batumi, sein Vater war früher XXXX in Adscharien, wir waren sehr oft in Batumi. Nach den Verletzungen habe ich dann nicht mehr gearbeitet. Ich war aber weiter mit der Familie XXXX freundschaftlich verbunden, ich war auch einmal im Vorzimmer von Aslan ABASCHIDZE. Ich war ganz kurz Mitglied von XXXX, Ich war aber auf keiner Seite, XXXX.

 

VR: Wie lange waren sie Mitglied bei XXXX?

 

BF: Ganz kurz. Ich war auch für diese Partei nicht aktiv. Ich war bei dieser Partei ein Niemand.

 

VR: Hatten sie wegen ihrer Mitgliedschaft bei XXXX Probleme?

 

BF: Nein.

 

VR: Was geschah dann bis zu ihrer ersten Ausreise aus Georgien im Jahr 2004?

 

BF: Ich hatte zwei Wohnungen und zwei Autos in Tbilisi, ich hatte auch ein Lebensmittelgeschäft. Ich habe alles verkauft, um die ärztliche Behandlung in Moskau und die Ausreise zu finanzieren. Ein Jahr vor meiner Ausreise wurde ich wieder angehalten, ich wurde ein paar Tage eingesperrt. Ich konnte diesen Leuten nicht beweisen, dass ich kein Geld mehr habe. Mir wurde vorgeworfen, dass ich einen Teil von XXXX Geld in die Schweiz gebracht hatte, ich konnte diesen Leuten nicht das Gegenteil bewiesen. Sie verlangten 200 000 amerikanische Dollar für meine Freilassung. Ich konnte diesen Betrag nicht bezahlen, versprach aber, den Betrag aufzutreiben, wenn sie mich freilassen würden. Ich habe mich dann an verschiedenen Orten in Georgien versteckt, da ich das Geld nicht auftreiben konnte, dann bin ich ausgereist.

 

Ich kann mich jetzt nicht mehr so genau erinnern, aber als ich noch in Georgien war, hatte ich ein gutes Gedächtnis. Ich wollte einfach Georgien verlassen.

 

VR: Was waren das für Leute, die sie 2004 festgehalten haben und von ihnen Geld verlangt haben?

 

BF: Das waren keine Polizisten, das waren Sicherheitsdienstmitarbeiter, die selbst kirminelle Sachen auf mich ausgeübt haben, die mit dem Geheimdienst zusammen gearbeitet haben. Ich habe in meinem Dienst mit solchen Leuten nicht zusammen gearbeitet und meinen Dienst ehrlich versehen.

 

BFV: Ist das richtig, dass sie wohl ihren Dienst ordnungsgemäß versehen haben, aber, dass es bei der Polizei und beim Geheimdienst korrupte Personen gibt?

 

BF: Ja, das weiß in Georgien jedes Kind.

 

VR: Beim Bundesasylamt wurde ein Betrag von 2 Mio Dollar protokolliert, den sie hätten bezahlen sollen, heute sprechen sie von 200 000 Dollar!

 

BF: Das wurde falsch protokolliert.

 

VR: Weiters haben sie beim BAA angegeben, dass es noch einen vierten Vorfall gegeben hätte, bei dem sie 50 000 Dollar bezahlt hätten!

 

BF: Ich erzähle heute, wie es wirklich gewesen ist. Das war erst, als ich von Österreich wieder nach Georgien zurückgekehrt bin. Als ich hier war, habe ich mit meiner Frau telefoniert. Ich erfuhr, dass meine Familie Probleme hatte und dass diese Leute mehrmals zu uns gekommen sind. Meine Tochter und meine Frau waren zu Hause. Dann bin ich nach Tbilisi zurückgefahren.

 

BFV: Wie lange waren sie in Österreich?

 

BF: Ich weiß es nicht mehr so genau. Es war Herbst. Es war noch nicht Ende November. Ich war in dieser Zeit in der Betreuungsstelle Traiskirchen untergebracht.

 

VR: Was ist dann nach ihrer Rückkehr in Georgien geschehen?

 

BF: Dieselben Leute, die von mir schon vor meiner Ausreise Geld verlangten, haben verlangt, dass sie mich treffen, ich bin dann in ein Auto eingestiegen, ich habe sie ersucht, 200 m weiter zu fahren, weil meine Eltern dort ein kleines Lebensmittelgeschäft hatten. Ich habe ihnen angeboten, das Geld langsam zu bezahlen und dass auch meine Eltern ihr Geschäft einschließlich der Waren verkaufen. Mein Vater hat dann das Geschäft verkauft, ich habe dann 50 000 Dollar bezahlt. Ich bat um Geduld, damit ich meine Wohnung zu einem angemessenen Preis verkaufen kann. Sie gaben mir eine Woche Zeit. Ich habe mein Kind in einem Dorf gelassen, habe meine Frau mitgenommen und wir haben Georgien verlassen.

 

BR: Stimmt es, dass beim zweiten, dritten und vierten Vorfall immer dieselben Personen beteiligt waren?

 

BF: Eine Person war immer gleich, die anderen nicht, aber sie gehörten zur gleichen Gruppe.

 

BR: Der erste Vorfall im Jahr XXXX hat mit den Vorfällen 2 bis 4 nichts zu tun?

 

BF: Nein, da besteht kein Zusammenhang.

 

VR: Wissen sie, wodurch sie mit dem Virus Hepatitis B und C infiziert wurden?

 

BF: Ich habe in meinem Leben nie Drogen konsumiert. Ich weiß es nicht, vielleicht durch die Behandlungen in Georgien oder Moskau. Bei den Untersuchungen in Moskau haben sie mir von Hepatitis nichts gesagt. Die Hepatitis wurde erst in Österreich festgestellt. Ich erhielt dann eine Interferron-Therapie. Es sind dann auch als Nebenwirkung der Therapie Weichteiltumore aufgetreten. Zum Teil verschwinden sie von selbst und zum Teil müssen sie operiert werden. Die Ärzte sagten, dass die Hepatitis C "eingefroren" wurde, aber die Hepatitis B, die ebenfalls festgestellt wurde, nicht therapiebar ist. Ich bekam dann auch psychische Probleme. Ich konnte auch nicht gut schlafen. Ich bin dann zu einem Psychiater gegangen, ich bekam Medikamente von ihm, konnte aber auf diese Medikamente nicht mehr gehen.

 

VR: Was würde mit ihnen geschehen, wenn sie nach Georgien zurückkehren würden?

 

BF: Wenn es möglich gewesen wäre zurückzukehren, hätte ich meine Tochter nicht hierher geholt. Es ist besser, dass meine Tochter einen blinden Vater hier in Österreich hat, als einen toten Vater in Georgien.

 

VR: Haben sie Verwandte in Georgien?

 

BF: Ja, meine Mutter, meinen Vater und zwei Schwestern. Ich habe auch telefonischen Kontakt zu ihnen. Mein Vater sagt mir das nicht, aber ich habe Informationen von meinen Exkollegen darüber, dass diese Leute, die mich verfolgt haben, mehrere Male bei mir zu Hause waren und nach mir suchten, sie waren auch bei dem Geschäftsnachfolger meines Vaters. Sie wollten sich erkundigen, auf welchen Namen das Geschäft jetzt läuft.

 

VR: Wissen sie, was XXXX jetzt macht und wo er sich befindet?

 

BF: Nein, das weiß ich nicht.

 

VR: Gibt es noch etwas, was ihnen für die Begründung ihres Asylantrages wichtig erscheint und sie noch nicht erwähnt haben?

 

BF: Ich weiß nicht, wie lange ich noch leben werde, vielleicht nicht mehr lange. Es ist mir wichtig, dass ich mit meiner Tochter zusammen bin. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass ich Pflegegeld der Stufe vier bekomme. Sie sehen meinen Gesundheitszustand, ich bitte, dass sie mir helfen. Ich bin ein Toter Mann zwischen Lebendigen.

 

Ende der Befragung."

 

Der Beschwerdeführervertreter führte aus, dass dieser in Österreich für ihn notwendige medizinische Versorgung erhalte und weitere Operationstermine und ärztliche Maßnahmen terminisiert seien und es daher aus ärztlicher Sicht notwendig sei, dass er weiter medizinisch von den bisher behandelnden Ärzten betreut werde und die ärztliche Therapie nicht abgebrochen werde.

 

Nach Befragung der Ehefrau des Beschwerdeführers wurden den Beschwerdeführern gemäß § 45 Abs. 3 AVG folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt:

 

Feststellungen zu Georgien vom Bundesasylamt vom 14.07.2008

 

US Departement of State, Country Report on Human Rights Report 2007

 

Feststellungen des Bundesasylamtes zur medizinischen Behandlung von Hepatitis C vom 23.04.2007

 

ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.11.2006 betreffend Behindertenrente, Meldewesen, Schutz für Informanten der Polizei

 

ACCORD Anfragebeantwortung vom 20.03.2007 betreffend AIDS/HIV und Hepatitis C

 

Auskunft der Deutschen Botschaft Tiflis betreffend medizinische Behandlungsmöglichkeiten von AIDS und Hepatitis in Georgien vom 13.02.2007

 

Stephan Hensell (Uni Hamburg) "Räuber oder Gendarm" zur informellen Betriebslogik der Polizei in Osteuropa, Pkt. 3 Polizei in Georgien

 

Der Beschwerdeführervertreter erstattete eine Stellungnahme. Das Bundesasylamt nahm die Dokumente zur Kenntnis und beantragte neuerlich das Parteiengehör zu den aus den Dokumenten gezogenen Schlussfolgerungen eingeräumt zu erhalten.

 

Weiters wurde den Verfahrensparteien mit Schreiben vom 12.01.2009 der Artikel "XXXX sowie eine Meldung von XXXX sowie einen Artikel aus der Internetausgabe der deutschen Tageszeitung TAZ von XXXX, welche ebenfalls XXXX zum Gegenstand hatte, unter Setzung einer Frist von zwei Wochen dem Parteiengehör übermittelt, wobei der Beschwerdeführervertreter nach Fristerstreckung weitere Beweismittel, insbesondere zu den Erkrankungen des Beschwerdeführers, vorlegte.

 

Der Asylgerichtshof hat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:

 

Er ist georgischer Staatsbürger und gehört der georgischen Volksgruppe und der orthodoxen Kirche an. Am XXXX wurde er in Tbilisi geboren, wo er auch (mit Ausnahme seiner Auslandsaufenthalte) immer lebte. Neben der Schule besuchte er eine Tanzausbildung und studierte anschließend Rechtswissenschaften. Über den Alternativdienst im XXXX gelangte er zur Polizei, wobei er in der Folge bei der Kriminalpolizei zugeteilt wurde. Er arbeitete unter dem damaligen Abteilungsleiter XXXX, mit dem er befreundet war (aber nicht verwandt). Als XXXX XXXX wurde, wurde der Beschwerdeführer - nach Erhalt einer diesbezüglichen Ausbildung - sein Leibwächter. Im Frühjahr XXXX. Am nächsten Tag wurde er mit seinem Dienstwagen, den er auch privat nutzen konnte, von zwei Autos in XXXX in der Nähe von Tbilisi aufgehalten und durch Schüsse in die Luft zum Aussteigen aufgefordert. Er wurde mehrmals mit dem Lauf einer Pistole geschlagen bis er ohnmächtig wurde und auf eine Polizeistation gebracht, jedoch von dort von Polizeimitarbeitern in das Krankenhaus gebracht, wo er einen Monat in stationärer Behandlung verblieb. Bei diesem Vorfall wurde erstmals sein linkes Auge beschädigt.

 

Kurz vor XXXX wurde er von unbekannten Männern mit Makarov-Pistolen im Bezirk XXXX in der Nähe der Polytechnischen Universität angehalten, welche von ihm Geld verlangten. Auf Grund von Faustschlägen wurde sein linkes Auge endgültig zerstört, wobei die Unbekannten, die der Beschwerdeführer dem Sicherheitsdienst zuordnete ihm vorwarfen, "dass er das Geld in die Schweiz gebracht habe". Obwohl nur das linke Auge durch mechanische Einwirkungen verletzt und in der Folge herausoperiert wurde, ließ auch die Sehkraft am rechten Auge stark nach, woran auch eine Behandlung in einer Spezialklinik in Moskau nichts ändern konnte. Nach der schweren Verletzung arbeitete der Beschwerdeführer nicht mehr für XXXX, war jedoch mit diesem und seiner Familie weiter freundschaftlich verbunden.

 

Der Beschwerdeführer gab an seinen Dienst immer korrekt ausgeführt zu haben und an kriminellen Aktionen nicht beteiligt gewesen zu sein.

 

Der Beschwerdeführer war kurz Mitglied der Partei XXXX des Aslan ABASCHIDZE, hatte jedoch wegen dieser Mitgliedschaft keine Probleme in Georgien. In der Folge wurde der Beschwerdeführer wiederum von Sicherheitsdienstmitarbeitern angehalten, wobei sie für seine Freilassung 20.000,-- US-Dollar verlangten. Der Beschwerdeführer hatte seinen Besitz (2 Wohnungen und 2 Autos sowie ein Lebensmittelgeschäft) zwischenzeitig verkauft, um die ärztliche Behandlung in Moskau zu finanzieren. Er versprach jedoch trotzdem den Betrag aufzubringen. Weil er den Betrag nicht aufbringen konnte, flüchtete er nach Österreich, reiste jedoch über Bitten seiner Gattin und auf Grund des Umstandes, dass seine Tochter schwer krank war, wieder nach Georgien zurück. Kurz nach seiner Rückkehr wurde jedoch wiederum von den gleichen Leuten versucht den Beschwerdeführer zu erpressen und verwies er auf das Lebensmittelgeschäft seiner Eltern samt den Waren. Sein Vater verkaufte dieses und konnte er den geforderten Betrag dann bezahlen. Er floh daraufhin mit seiner Frau aus Georgien und gelangte am 08.07.2005 - unter Umgehung der Grenzkontrolle - nach Österreich. Er ist an Hepatitis B und C erkrankt und glaubt, dass diese Infektion von Behandlungen in Georgien oder Moskau herrührt, er hat seinen eigenen Angaben zufolge niemals Drogen konsumiert. Darüber hinaus leidet er unter psychischen Problemen und hat die Sehkraft am rechten Auge in Österreich soweit nachgelassen, dass er faktisch blind ist. Die in Österreich erfolgte Behandlung gegen Hepatitis C führte zu Komplikationen (Weichteiltumoren) und machte weitere Operationen notwendig. Seine Tochter XXXX reiste ihren Eltern nach Österreich nach.

 

Zu Georgien wird Folgendes festgestellt:

 

Politische Lage

 

Georgien ist eine demokratische Republik. Die politische Lage hat sich seit den Parlamentswahlen vom November 1995 kontinuierlich stabilisiert. Das Land hat verschiedene konkrete Maßnahmen zum Aufbau demokratischer Institutionen und zur Reform des Rechtswesens gesetzt. So hat Amnesty International die Ernennung eines mit der Wahrung der individuellen Menschenrechte betrauten Ombudsmannes und die vollständige Abschaffung der Todesstrafe 1997 begrüßt. Die Verfassung Georgiens wurde am 24.08.1995 verabschiedet. Sie trägt präsidiale Züge, sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit.

 

Die erzielten Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie und Rechtsstaat waren wichtige Voraussetzungen für die Aufnahme Georgiens in den Europarat am 27.04.1999 als 41. Mitgliedsland. Bereits im Januar 1999 hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats einstimmig die Aufnahme des Kaukasus-Staates mit der Begründung beschlossen, dass das Land beträchtliche Fortschritte in Richtung einer pluralistischen Gesellschaft, basierend auf dem Respekt der Menschenrechte und einem Rechtsstaat, gemacht habe, auch wenn noch einige Probleme zu lösen wären. Mit der Aufnahme in den Europarat ist Georgien seinem Ziel, in europäische Strukturen integriert zu werden, einen wichtigen Schritt näher gerückt ("Formelle Aufnahme Georgiens in den Europarat", in: Neue Zürcher Zeitung vom 28.04.1999). Im Jahre 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet. Defizite, am Auffälligsten im Bereich des Strafvollzugs, der unter einem chronisch defizitären Budget leidet, bestehen jedoch fort.

 

Die gefälschten Parlamentswahlen im November 2003, die zum Sturz des seit 1992 regierenden Präsidenten Eduard Schewardnadse führten, sowie die Wahl von Michail Saakaschwili zum neuen Staatschef prägten die Innenpolitik des von Armut und Zerfall geprägten südkaukasischen Landes. Nach dem Machtwechsel in Tiflis kam es zu Konflikten mit Adscharien und Südossetien. Außenpolitisch zeichnete sich nach dem Antritt des neuen Präsidenten eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland ab. Aus den Parlamentswahlen vom 02.11.2003 ging nach offiziellen - später von der Regierung jedoch selbst als gefälscht bezeichneten - Angaben am 20.11.2003 das Wahlbündnis für ein neues Georgien von Präsident Eduard Schewardnadse mit 21,3 % als Sieger hervor. Zweitstärkste Kraft mit 18,8 % der Stimmen wurde die Union der demokratischen Wiedergeburt von Aslan Abaschidse, dem autoritären Führer der autonomen Teilrepublik Adscharien. Auf die beiden Wahlbündnisse der Opposition, die Nationale Bewegung des früheren Justizministers Michail Saakaschwili sowie die Neuen Demokraten von Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse, ebenfalls eine frühere Mitarbeiterin von Schewardnadse, entfielen 18,8 % bzw. 8,8 %. Die Arbeiterpartei und die Partei Rechte Opposition erhielten 12 % bzw. 7,8 % der Stimmen. Vom Wahltag an warf die Opposition der Regierung bei Demonstrationen Wahlbetrug vor und verlangte die Annullierung und Wiederholung des Urnengangs. Angesichts der Wirkungslosigkeit der anhaltenden Proteste schwenkte schließlich die gesamte Opposition auf die härtere Linie Saakaschwilis ein, der bereits im Wahlkampf die Absetzung von Präsident Schewardnadse gefordert hatte. Die Krise zwischen Staatschef und Opposition spitzte sich am 22.11.2003 zu, als Saakaschwili gemeinsam mit seinen Anhängern die konstituierende Sitzung des neu gewählten Parlaments sprengte und Schewardnadse unter heftigen Tumulten die Versammlung verließ. Nach Vermittlungsgesprächen des russischen Außenministers Igor Ivanow unterzeichnete Präsident Schewardnadse am 23.11.2003 seinen Rücktritt. Verfassungsgemäß übernahm daraufhin die Parlamentsvorsitzende Burdschanadse das Amt der Interimspräsidentin bis zu den Neuwahlen Anfang Januar 2004; zum Ministerpräsidenten wurde am 27.11.2003 Surab Schwania ernannt. Am 25.11.2003 erklärte das Oberste Gericht die Parlamentswahl für ungültig, entschied jedoch, dass nur die über Parteilisten zu bestimmenden Parlamentsmitglieder neu gewählt werden müssen, während die 75 direkt gewählten Abgeordneten ihr Mandat behalten dürfen. Aus den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 04.01.2004 ging Saakaschwili, den die Opposition zu ihrem gemeinsamen Kandidaten gekürt hatte, mit 96,3 % der Stimmen als Sieger hervor. Die vier Gegenkandidaten galten bereits vor der Wahl als chancenlos; der frühere Sicherheitschef Igor Giorgadse, der als aussichtsreichster Konkurrent Saakaschwilis galt, war nicht zur Kandidatur zugelassen worden, weil er in den letzten beiden Jahren nicht in Georgien lebte. Die Wahlbeteiligung lag bei 88 %. Bei seinem Amtsantritt am 25.01.2004 versprach Saakaschwili unter anderem, sich um die sozialen Probleme des Landes zu kümmern sowie angesichts der drei abtrünnigen Teilrepubliken Adscharien, Abchasien und Südossetien die staatliche Einheit Georgiens wieder herzustellen. Außenpolitisch kündigte er eine stärkere Anlehnung seines Landes an die USA, EU und NATO und einen Ausgleich mit Russland an. Am 07.02.2004 verabschiedete das Parlament Verfassungsänderungen, die den Präsidenten unter anderem das Recht zur Ernennung des Regierungschefs sowie unter bestimmten Bedingungen zur Auflösung des Parlaments ermächtigen; am 18.02.2004 bestätigte es das Kabinett von Premierminister Schwania. Am 11.03.2004 ersetzte Saakaschwili Außenminister Tedo Dschaparidse durch die georgischstämmige französische Botschafterin in Tiflis, Salome Surabischwili. Bei der teilweisen Neuwahl des Parlaments am 28.03.2004 errang das Wahlbündnis von Saakaschwilis Nationaler Union und Demokratischer Partei einen Stimmenanteil von 66,2 %, das Bündnis Rechte Opposition kam auf 7,9 % der Stimmen; alle weiteren Parteien scheiterten an der 7-%-Hürde. (Quelle: Der Fischer Weltalmanach 2005)

 

Seit dem 29.10.2004 ist Georgien mit der NATO durch einen Individual Partnership Action Plan (IPAP) verbunden. In dem Plan verpflichtet sich Georgien zur Reform seines politischen, Sicherheits- und Verteidigungssystems entsprechend den bei der NATO üblichen Standards. Die USA unterstützen Georgiens Armee seit 1994 finanziell. Von 2002 bis 2004 waren Ausbilder im Land tätig. Georgien ist Mitglied in den folgenden internationalen Organisationen: UNO, GUAM, GUS, OSZE, IWF, Weltbank, EBRD, WTO, Europarat, Eu-Programm Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP), NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden (PfP), Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation. Die Bundesrepublik Deutschland zählte von der Unabhängigkeit an zu den wichtigsten Förderern Georgiens. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Georgien, Abfrage: August 2005)

 

Auf eine "umfassende Transformation" in Georgien verwies der neue Präsident des südkaukasischen Landes, Michail Saakaschwili, in seiner Ansprache vor der Versammlung. Die jüngsten Revolutionen sowohl in seinem Land als auch in der Ukraine verdeutlichten den Weg des neuen Europas zur Befreiung. Georgiens Ziel sei es, eine stabile Demokratie aufzubauen, Toleranz und Diversität zu stärken, die Menschenwürde zu achten und die Korruption zu bekämpfen. Sein Ziel sei es, das Land durch kulturelle und fundamentale Rechte sowie die Stärkung der Rechte der Minderheiten zu einen. Es sei ein großer Erfolg, dass die Regionen nicht länger vernachlässigt würden. Er rief die EU dazu auf, im Friedensprozess zu vermitteln. Gleichzeitig erwarte er von der Russischen Föderation, dass sie die Rolle eines konstruktiven Partners einnimmt. Georgien, so Präsident Saakaschwili, sei ein unabhängiges europäisches Land, das letztlich das Ziel habe, der Europäischen Union beizutreten. Der deutsche Abgeordnete Gerd Höfer (SPD) betonte das große Interesse Deutschlands an Georgien. Bedenklich sei, dass es keine Opposition im Parlament gebe. Bemerkenswert sei aber die wirkungsvolle Bekämpfung der Korruption, auch wenn ein funktionierender Rechtsstaat noch weit entfernt sei. Der Europarat habe die Aufgabe, Georgien an die euro-atlantische Gemeinschaft heranzuführen. (Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 15/5298. Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 24.-28.01.2005 in Straßburg)

 

Die Reform der Hauptinstitutionen des Justizwesens wirft Fragen bezüglich des Respekts der Unabhängigkeit der Richter auf. Die Befolgung der Empfehlungen von Experten des Europarates zu diesem Thema sollte verstärkt beobachtet werden. Die Reform der Strafprozessordnung ist gerade in Arbeit, und es muss noch sichergestellt werden, dass sie den Standards des Europarates, insbesondere des ECHR entspricht. Die richtige Anwendung des Verfahrens der Absprache mit der Staatsanwaltschaft über die Schuldigerklärung (= Aushandeln, wie sich der Angeklagte bekennen soll) bleibt ein genau zu beobachtendes Thema. Die Menschenrechte und eine professionelle Ausbildung der in Exekutive und Gefängnis Beschäftigten sollten ein Hauptgebiet der Zusammenarbeit mit dem Europarat werden. Eine aktive Kampagne gegen Korruption stärkte von Fall zu Fall den Optimismus der georgischen Bevölkerung. Jetzt ist jedoch die Zeit für umfassende Strategien gegen die Korruption und tief greifende institutionelle Reformen gekommen. Außerdem ist es von essentieller Bedeutung sicherzustellen, dass der Kampf gegen die Korruption völlig unter Einhaltung der Menschenrechte und der Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit erfolgt. Für Juni 2005 wird eine allgemeine Beurteilung der Lage von GRECO erwartet. Der von MONEYVAL im Jänner 2005 angenommene Evaluationsbericht der zweiten Runde erkannte Fortschritte bei der Entwicklung von Grundvoraussetzungen zum Kampf gegen die Geldwäsche an. Lokale und internationale Menschenrechtskämpfer begrüßten die Verurteilung jenes Priesters, der in den späten 90-er Jahren für Fälle religiöser Gewalt verantwortlich war, als ein Zeichen des festen Willens der Behörden, der Straffreiheit ein Ende zu setzen. Für die angebliche Misshandlung von Häftlingen in Haftanstalten, wo die Insassen auf ihr Verfahren warten, sowie in Gefängnissen scheint die Straffreiheit jedoch weiter zu bestehen. (Quelle: Council of Europe, Secretary General, CoE-SG, Originaltitel: "Compliance with commitments and obligations: the situation in Georgia [SG/Inf (2005) 6]", Berichtszeitraum: 07.2004-02.2005)

 

Zur Aghordzineba Partei wird festgestellt:

 

Die Union für Demokratische Wiedergeburt war eine regional orientierte Partei in Georgien. Sie wurde 1991 unter dem Namen Georgische Union für Wiedergeburt gegründet. 1997 erhielt sie ihren jetzigen Namen. Vorsitzender war der Staatschef Adschariens, Aslan Abaschidse. Die Partei hat sich nach dem Machtwechsel in Adscharien am 06.05.2004 aufgelöst. Sie setzte sich für den Schutz regionaler Interessen ein und forderte eine von der Zentralregierung unabhängige regionale Selbstverwaltung. Der wirtschaftliche Aufstieg sollte auf marktwirtschaftlichem Wege, verbunden mit sozialstaatlichen Sicherheiten wie der früheren Sowjetunion, erreicht werde. Außenpolitisch befürwortete sie eine Annäherung an Russland. Bei Wahlen in Adscharien erhielt die Wiedergeburts-Partei stets mehr als 95% der Stimmen. Im Obersten Rat Adschariens stellt sie die Mehrheit und die Regierung. Bei den georgischen Parlamentswahlen 1995 bekam sie 7,03% der Stimmen und 31 Sitze. 1999 erheilt ein von ihr geführtes Wahlbündnis mit Sozialisten und Einheitsunion 25,18%. Von den 51 Sitzen des Bündnisses entfielen 15 Sitze auf die Wiedergeburts-Partei. Im Georgischen Parlament fungierte sie vor allem als Sprecher der Adscharischen Regierung.

 

Nach der samtenen Revolution im Georgien 2003 sank die Popularität der Partei dramatisch. Die Wiedergeburt hatte als einige Oppositionspartei zu Demonstrationen für den unter Druck geratenen Präsidenten Eduard Schewardnadse nach Tiflis aufgerufen. Parteichef Abaschidse versicherte ihm öffentlich dessen Solidarität. Bei den georgischen Parlamentswahlen am 28.März 2004 rutschte die Partei auf 6,01% der Stimmen. Im Parlament hatte sie sechs Abgeordnete, die Direktmandate errangen. Im Stadtrat von Tiflis besetzte sie vier von 49 Sitzen.

 

Die Partei hatte eine eigenen Zeitung und eine Nachrichtenagentur, die beide den Namen Aghordzineba führten (Union für Demokratische Wiedergeburt (infos.aus-germanien.de)).

 

Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat sich im Machtkampf um die autonome Teilrepublik Adscharien durchgesetzt. Der bisherige Präsident Aslan Abaschidse verließ nach Protesten tausender Menschen in der Nacht auf Donnerstag Georgien. Er traf in Begleitung des Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrates, Igor Ivanow, in Moskau ein, wie die Nachrichtenagentur ITAR-TASS berichtete. In der adscharischen Hauptstadt Batumi wurde diese Nachricht von zahlreichen Demonstranten mit Jubel begrüßt.

 

Präsident Saakaschwili hatte seinen langjährigen Rivalen Abaschidse am Sonntag ultimativ aufgefordert, die paramilitärischen Gruppen in Adscharien aufzulösen und Repressalien gegen die Opposition einzustellen. Abaschidse ließ darauf hin Brücken zerstören und Eisenbahnverbindungen unterbrechen. Doch er hatte offenbar den Rückhalt der Bevölkerung bereits verloren. In Batumi hatten am Dienstag und Mittwoch tausende Menschen gegen seine Politik demonstriert. Sie schwenkten georgische Fahnen und riefen in Sprechchören den Namen Saakaschwilis.

 

Nach Polizeiangaben wechselten 175 adscharische Polizisten auf Seiten der Demonstranten. Auch Innenminister Elgudscha Dschintscharadse reiste aus. Außerdem traten der adscharische Oberstaatsanwalt und ein Verwaltungschef zurück, hieß es in Georgien. ... (APA0528 5 AA 0398 vom 06.05.2004).

 

Medizinische und Soziale Grundversorgung der Bevölkerung

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist insgesamt gewährleistet. Dazu trägt die humanitäre Hilfe der internationalen Geberorganisationen bei, die auf besonders betroffene Bevölkerungsgruppen (Vertriebene aus den inner-georgischen Konfliktgebieten, Waisen, Behinderte, allein stehende Rentner, Alleinerziehende) zielt. Staatliche Unterstützungsprogramme gibt es vor allem für Vertriebene aus Abchasien und Südossetien, die sich - in Notunterkünften untergebracht - häufig in einer besonders schwierigen Lage befinden. Das georgische Gesundheitswesen befindet sich nach wie vor in einer schwierigen Lage. Sie ist durch ständig erweiterte Behandlungsmöglichkeiten gekennzeichnet, die aber häufig nur gegen kostendeckende Bezahlung erhältlich und damit für zahlreiche Georgierinnen und Georgier kaum verfügbar sind. Eine kostenlose medizinische Behandlung ist nur in bestimmten Fällen (unter anderem Geburten, Krebs, psychiatrische Behandlung in schweren Fällen, Tuberkulosebehandlung, Lebensbedrohung) möglich. Auch die Finanzierung dieser kostenlosen Behandlungsprogramme ist angesichts der großen Finanzprobleme des Staates nicht immer gesichert. Einige Krankenhäuser, die mit internationaler humanitärer Hilfe unterstützt werden, behandeln besonders bedürftige Patienten kostenlos. Gleiches gilt für einzelne besonders engagierte Ärzte. Ein beitragsabhängiges System für eine Basisversorgung befindet sich im Aufbau, funktioniert aber noch nicht ausreichend. In Tiflis und anderen größeren Städten existieren Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. In sechs über das Land verteilten Krankenhäusern sind Plätze für die psychiatrische Behandlung von bis zu 1.000 chronisch kranken Patienten vorhanden. Chronische Erkrankungen aus dem Bereich der inneren Medizin können - gegebenenfalls nach Einstellung in speziellen Zentren in Tiflis - in den größeren Städten (Batumi, Kutaissi, Telawi) grundsätzlich behandelt werden. Die Standards in den Tifliser Krankenhäusern sind in der Regel höher als in den übrigen Städten, so dass zahlungskräftige Patienten eine Behandlung in Tiflis vorziehen. Krebserkrankungen bei Kindern werden nur in Tiflis behandelt. Die genannten Behandlungsmöglichkeiten werden im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens angeboten. Parallel dazu wurden mittlerweile zahlreiche private klinische Einrichtungen geschaffen, in denen - allerdings zu für die meisten Georgier unerschwinglichen Preisen - ein nahezu westlicher Standard angemessene Behandlung erfolgt. (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 20.05.2005, Gz. 508-516.80/3 GEO, Seite 15)

 

(.....) Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Antragstellers durch die Behörde erster Instanz am 14.07.2005 und am 20.09.2005, sowie durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Asylgerichtshofes am 15.10.2008, durch Einholung zweier ärztlicher Stellungnahme im Zulassungsverfahren (durch die Behörde erster Instanz), durch Vorhalt der oben näher bezeichneten Dokumente und schließlich durch Vorlage von Dokumenten (und zwar Personaldokumenten und Dokumenten zu seinem Gesundheitszustand bzw. seinen Behinderungen) durch den Beschwerdeführer.

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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