TE UVS Burgenland 2008/11/06 134/13/08002

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Veröffentlicht am 06.11.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Bauer über die Berufung der Frau Mag. X***, wohnhaft in ***, vertreten durch ***, Rechtsanwalt in ***, vom 12.06.2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 28.05.2008, Zl. MA-07-08-572-58, mit dem gemäß § 38 AVG das Verfahren über die Ansuchen vom 18.11.2005, vom 16.06.2006 und laut Bezirkshauptmannschaft vom 21.06.2006 (richtig: vom 19.06.2006) um Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ?***? und einem näher als Standort umschriebenen Gebiet in ***, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Ansuchen des Herrn Mag. Y** und der Frau Mag. Z** ausgesetzt wurde, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass der zweite Absatz des Spruches ab den Worten ?sowie über das Ansuchen der Frau Mag. Z**? bis zu den Worten ?bis östlich der Bahnlinie? ersatzlos aufgehoben wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (im Folgenden ?BH?) vom 28.05.2008, Zl. MA-07-08-572-58, wurde das im Vorspruch angeführte Konzessionsverfahren betreffend Frau Mag. X** ausgesetzt. In der Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die zeitlich früheren Ansuchen des Herrn Mag. Y** und der Frau Mag. Z** Vorfragen für die Entscheidung über den Konzessionsantrag der Frau Mag. X** darstellten und deshalb werde gemäß dem Grundsatz der Verfahrensökonomie und der Gewährleistung einer einheitlichen Vollziehung das Verfahren im Sinne des § 38 AVG ausgesetzt.

 

In der dagegen erhobenen Berufung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine Bedarfsprüfung ein eklatanter Verstoß gegen Artikel 43 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft als auch gegen Artikel 6 Staatsgrundgesetz sei und daher könne auch unmöglich eine Bedarfsprüfung stattfinden. Die Erstbehörde wolle nach fast drei Jahren laufenden Verfahrens die Berufungswerberin in diskriminierender Weise durch unbegründete Aussetzung des Verfahrens auf Niederlassungs- und Erwerbsfreiheit schädigen und der Aussetzungsbescheid stelle nichts Anderes als eine Form der Rechtsverweigerung dar. Ob Mag. Y** oder Mag. Z** ihre Verfahren weiter verfolgen und ob sie eine Konzession erlangen können, stelle für die Berufungswerberin mangels Standortidentität keine Vorfrage dar. Die Behörde versuche zu verhindern, dass der Sachverhalt ermittelt werde. Dem Ansuchen der Berufungswerberin käme Priorität gegenüber dem Ansuchen von Mag. Z**  für die Betriebsstätte in ***, zu. Das Ansuchen von Mag. Z** für eine Betriebsstätte in Pöttelsdorf könne keinesfalls Priorität in *** begründen, weil die Berufungswerberin für den Betriebsstandort in *** vor Mag. Z** am 18.11.2005 angesucht habe. Eine Konzessionserteilung für den gleichen Standort (***) für die beiden Konzessionswerber sei auch nicht möglich.

 

II. Aus der Aktenlage sowie dem Berufungsvorbringen ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

II.1 Zum Verfahren betreffend Mag. X**:

 

Am 18.11.2005 stellte die Berufungswerberin einen Antrag bei der BH auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in *** und dem Standort ?***?. Mit Bescheid der BH vom 16.03.2006 wurde dieser Antrag von Mag. X** gemäß § 47 Abs. 2 i.V.m. §§ 9, 10, 46 und 51 ApoG ohne weiteres Verfahren abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass vor nicht mehr als zwei Jahren, nämlich mit Bescheid der BH vom 08.06.2004, Zl.: MA-07-08-274-25, zugestellt am 17.06.2004, das Ansuchen von Mag. A** um Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in *** ? Ortsteil ***, mangels Bedarfes im Sinne des § 10 ApG abgewiesen worden ist.

 

Mit Bescheid des UVS Burgenland vom 29.08.2006, Zl.: E 134/11/2006.002 wurde der Bescheid der BH vom 16.03.2006, Zl. MA-07-08-572/6, behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die BH zurückverwiesen.

 

Am 16.06.2006 wurde nochmals die ?Erteilung der apothekengesetzlichen Konzession, damit eventuelle Terminversäumnisse nicht stattfinden? beantragt. Ein gleichlautender Schriftsatz, datiert mit 19.06.2006, wurde am 19.06.2006 bei der BH eingebracht. Im Landesamtsblatt für das Burgenland vom 18.08.2006, 76. Jahrgang, 33. Stück, erfolgte am 07.08.2006 die Verlautbarung des Antrages gemäß § 48 Abs. 1 ApG.

 

Mit Bescheid der BH vom 26.06.2007, Zl. MA-07-08-572-46, wurde nach Einholung von Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zur Frage des Bedarfes an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke der Antrag von Mag. X** als unbegründet abgewiesen. Auch dieser Bescheid wurde mit Bescheid des UVS Burgenland vom 07.12.2007, Zl. E 134/11/2007.002, gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die BH zurückverwiesen.

 

Mit Bescheid der BH vom 28.05.2008, Zl. MA-07-08-572-58, wurde das Verfahren betreffend das Ansuchen um Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ***, von Mag. X** ausgesetzt. Dieser Bescheid wurde am 30.05.2008 zugestellt und es wurde dagegen am 12.06.2008 per Fax Berufung erhoben.

 

II.2. Zum Verfahren betreffen Mag. Z**:

 

Am 20.10.2003 hat Frau Mag. Z**,  um Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Pöttelsdorf, ***, und dem Standort Gemeindegebiet Pöttelsdorf, angesucht. Mit Bescheid der BH vom 03.06.2004, Zl.: MA-07-08-253-16, wurde dieses Verfahren ausgesetzt. Dieser Bescheid wurde mit der Entscheidung des UVS Burgenland vom 21.06.2005, Zl.: E 134/11/2004.003, ersatzlos behoben und das Verfahren ist derzeit bei der BH (wieder) anhängig.

 

Mit Eingabe vom 19.12.2005 suchte Mag. Z** bei der BH um Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ?*** der KG ***? und dem Standort ?***? an. Mit Bescheid der BH vom 17.03.2006, Zl.: MA-07-08-589-4, wurde dieses Ansuchen gemäß § 47 Abs. 2 i.V.m. §§ 9, 10, 46 und 51 ApG ohne weiteres Verfahren abgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 19.05.2006 stellte Frau Mag. Z** einen ? mit der Eingabe vom 19.12.2005 gleichlautenden ? neuen Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ?mit Wirkung für die logische Sekunde nach Ablauf der Sperrfrist am 17.06.2006?. Ein gleich lautendes  Ansuchen wurde per e-mail am Sonntag, dem 18.06.2006 Uhr der BH übermittelt. Der Bescheid der BH Mattersburg vom 26.06.2007, Zl.: MA 07-08-589-27, mit dem dieses Ansuchen als unbegründet abgewiesen wurde, wurde mit Bescheid des UVS Burgenland vom 11.12.2007, Zl.: E 134/11/2007.001, ersatzlos behoben. Begründend wurde vom UVS zusammengefasst ausgeführt, dass in der Berufung von Mag. Z** vom 10.07.2007 das Konzessionsansuchen dahingehend geändert wurde, dass die Konzession für die Betriebsstätte ?***?, die etwa 2 km von der Adresse ?***? entfernt ist, erteilt werden möge und diese Änderung des Antrages in der Berufung sei unzulässig. Es liege ein neues Konzessionsansuchen vor, über das jedoch nicht von der Berufungsbehörde, sondern zunächst wieder von der Behörde erster Instanz zu entscheiden sei. Gegen diesen Bescheid des UVS Burgenland wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mag. Z**, vertreten durch die *** Rechtsanwälte OEG, beantragte im Verfahren der Konzessionswerberin Mag. X** mit Fax vom 13.09.2006 Parteistellung und führte hiezu aus, dass sie mit ? gegenüber dem Konzessionsansuchen von Mag. X** prioritär eingelangtem ? Schreiben bei der BH einen Antrag auf Erteilung einer Konzession für die Errichtung und den Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in *** gestellt hätte und dieses Konzessionsansuchen wäre im 33. Landesamtsblatt für das Burgenland vom 18.08.2008 als Nr. 433 zur Zahl MA-08-08-589-9 vor dem Konzessionsansuchen von Mag. X** (Nr. 434 zur Zahl MA-07-08-572-11) veröffentlicht worden. Es sei denkunmöglich, dass beide Ansuchen bewilligt werden und es sei daher offensichtlich, dass sie ein rechtliches Interesse an dem Konzessionsverfahren von Mag. X** habe.

 

Mit Eingabe vom 20.06.2006 teilte Mag. Z** mit, dass das Konzessionsverfahren ?Pöttelsdorf? nur dann fortgesetzt werden soll, wenn ihr Konzessionsantrag ?***? abgewiesen werden sollte.

 

III.3. Zum Verfahren betreffend Mag. Y**:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes Burgenland vom 06.07.2000, Zl.: 6-G-AP3552/18-2000, wurde das Ansuchen von Mag. Y** vom 02.06.1997 um Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ?***? und dem Standort ?***? gemäß §§ 9, 10 und 51 ApG mangels Bedarfes als unbegründet abgewiesen. Am 26.9.2006 langte bei der BH der Einspruch gegen den Antrag von Mag. X** auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke von Herrn Mag. Y**, vertreten durch Rechtsanwalt *** in ***, ein. Begründend wurde ausgeführt, dass der Einspruchswerber bereits am 02.06.1997 beim Amt der Burgenländischen Landesregierung beantragt hätte, ihm die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Mattersburg mit in etwa der gleichen Betriebsstättenanschrift wie die der Antragstellerin zu erteilen. Der Antrag sei zwar mit Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 18.12.2003 abgewiesen worden, er habe jedoch gegen diesen Bescheid eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht. Mit Erkenntnis des VwGH vom 28.01.2008 zu den Zahlen 2003/10/0206-10 und 2004/10/0011-16, wurden die Bescheide der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 16.06.2003 und 18.12.2003 betreffend die Erteilung der Apothekenkonzession an Mag. Y** wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde u.A. ausgeführt, dass der Berufung gegen den o.a. Bescheid des Landeshauptmannes zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer seine Absicht, die geplante Apotheke in ***, zu errichten, aufgegeben hätte und es sei die Errichtung einer Apotheke mit der Betriebsstätte in ***, beabsichtigt. Bei dieser Sachlage entspreche der über den Antrag des Beschwerdeführers, ihm die Konzession für die Errichtung einer Apotheke mit der Betriebsstätte in ***, zu erteilen, ergangene Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, nicht dem Gesetz.

 

Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem Berufungsvorbringen und ist unstrittig, sodass von weiteren Beweisaufnahmen abgesehen wurde.

 

III. Rechtlich folgt daraus:

 

§§ 38 AVG, §§ 9, 10, 46 Abs. 1,2 und 5, 48 Abs. 1 und 51 Abs. 1 bis 3 ApG lauten:

 

§ 38 AVG:

?Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.?

§ 9 ApG:

?(1) Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.

(2) Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.?

 

§ 10 ApG:

?(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

1.

in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2.

ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1.

sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

2.

die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3.

die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

(3) Ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke

1.

eine ärztliche Hausapotheke und

2.

eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.

(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß § 341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.

(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs. 2 Z 1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.

(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.

(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.?

 

§ 46 Abs. 1, 2 und 5 ApG:

?(1) Ein Antrag auf Erteilung der Konzession zum Betrieb einer bestehenden Apotheke ist bei der Österreichischen Apothekerkammer einzubringen. Ein Antrag auf Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Verwaltungsgebiet der Standort der Apotheke in Aussicht genommen ist, einzubringen.

(2) Einem solchen Antrag sind die Belege über das Vorhandensein der im § 3 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen für die persönliche Eignung anzuschließen; ferner hat der Bewerber, falls er eine bereits bestehende Apotheke als Einzelunternehmen fortbetreiben will, durch eine notariell oder gerichtlich beglaubigte Urkunde den Übergang des gesamten Apothekenunternehmens an ihn unter der Voraussetzung der Konzessionserteilung nachzuweisen. Falls der Bewerber eine öffentliche Apotheke als Personengesellschaft errichten oder fortbetreiben will, so hat er die rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht gemäß § 12 unter der Voraussetzung der Konzessionserteilung durch Vorlage der entsprechenden Vereinbarungen nachzuweisen.

(3) [...]

(5) Über einen Antrag auf Erweiterung des bei Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß § 9 Abs. 2 festgesetzten Standortes oder um nachträgliche Festsetzung des Standortes, wenn dieser bei Erteilung der Konzession nicht gemäß § 9 Abs. 2 bestimmt wurde, ist das für die Konzessionserteilung vorgesehene Verfahren durchzuführen.?

 

§ 48 Abs. 1 ApG:

?(1) Längstens innerhalb 14 Tagen nach Einlangen eines Gesuches um die Bewilligung zum Betriebe einer neu zu errichtenden Apotheke hat die Bezirksverwaltungsbehörde, falls das Gesuch nicht im Sinne der Bestimmungen des vorhergehenden Paragraphen ohne weiteres Verfahren abgewiesen worden ist, die Bewerbung unter Anführung des Namens, der Berufsstellung und des Wohnortes des Gesuchstellers und des für die Apotheke in Aussicht genommenen Standortes auf Kosten des Gesuchstellers in der für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Zeitung zu verlautbaren.?

 

§ 51 Abs. 1 bis 3 ApG:

?(1) Über Anträge auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Verwaltungsgebiet der Standort der Apotheke in Aussicht genommen ist.

(2) Kommen in dem im § 49 Abs. 1 vorgesehenen Fall mit Rücksicht auf den für die Apotheke gewählten Standort auch Gemeinden des Verwaltungsgebietes anderer Bezirksverwaltungsbehörden in Betracht, so hat die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde über die Konzessionserteilung im Einvernehmen mit diesen Bezirksverwaltungsbehörden zu entscheiden. Wenn zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden eines Landes eine Übereinstimmung nicht zustande kommt, entscheidet der Landeshauptmann. Wenn zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden mehrerer Länder eine Übereinstimmung nicht zustande kommt, entscheidet der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

(3) Gegen eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde, mit welcher die Konzession zum selbständigen Betriebe einer öffentlichen Apotheke verweigert wird, steht dem Antragsteller, gegen die Erteilung der Konzession aber denjenigen Inhabern öffentlicher Apotheken und gemäß § 29 Abs. 3 und 4 betroffenen Ärzten, welche gemäß § 48 Abs. 2 rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zu.

(4) [...]?

 

III.1. Das ApG enthält keinen Hinweis, nach welchen Gesichtspunkten eine Reihung der Bewerber bei einander ausschließenden Konzessionsansuchen erfolgen soll und lässt deutlich erkennen, dass es von der Gleichwertigkeit Aller ausgeht, die die Voraussetzungen zur Erteilung der Konzession (akademischer Studienabschluss, Praxis, Zuverlässigkeit) erfüllen. Daraus folgt, dass zwischen zwei oder mehreren Konzessionswerbern, die die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke erfüllen, deren Ansuchen einander jedoch im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, die Priorität des Einlangens ihres jeweiligen Konzessionsantrages bei der zuständigen Behörde das maßgebliche Entscheidungskriterium ist.

 

III.2. Mag. X** stellte am 18.11.2005 den ersten Antrag bei der BH auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in *** und dem Standort ?***?.

 

III.3. Mag. Y** beantragte am 02.06.1997 beim Landeshauptmann von Burgenland die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Mattersburg mit der voraussichtlichen Betriebsstättenadresse ?***? und einem im Ansuchen näher umschriebenen Standort. Mit Bescheid vom 06.07.2000, Zl.: 6-G-AP3552/18-2000, wies der Landeshauptmann von Burgenland das Ansuchen unter Berufung auf die §§ 9, 10 und 51 ApG mangels Bedarfes ab. Gemäß den Erkenntnissen des VwGH vom 28.01.2008 zu den Zahlen 2003/10/00206-10 und 2004/10/001-16, wurde in der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes erhobenen Berufung die Absicht zur Errichtung einer Apotheke in *** aufgegeben und das Ansuchen bezieht sich auf die Errichtung einer Apotheke mit der Betriebsstätte in ***. Dieses Verfahren betreffend das Konzessionsansuchen von Mag. Y** ist nun beim Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ) anhängig und ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

 

Im Hinblick auf das Bedarfsprüfungsverfahren im Sinne des § 10 ApG schließen die Ansuchen von Mag. X** und Mag. Y** einander aus, weil die Betriebsstättenadressen ?***? und ?***? von einander nur etwa 2 Kilometer entfernt sind. Die Erteilung der Konzession an Mag. Y** würde nach der Gesetzeslage die Erteilung der Konzession an Mag. X** ausschließen. Die nur mangels eines sonstigen dem Gesetz zu entnehmenden Auswahlkriteriums in der Rechtsprechung entwickelte Regel der "zeitlichen Priorität" kommt daher hier zum Tragen.

 

Das von Mag. Y** gestellte Konzessionsansuchen ist gegenüber dem Antrag von Mag. X** prioritär, weil es vor dem 18.11.2005 gestellt worden ist.

 

III.4. Der VwGH vertritt seit dem Erkenntnis vom 30.08.1994, 90/10/0129, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass zwischen zwei oder mehreren Konzessionswerbern, die die persönlichen und ? für sich gesehen ? die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke erfüllen, deren Ansuchen einander jedoch im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, eine Verfahrensgemeinschaft besteht. Danach sind (eine Verfahrensgemeinschaft bildende) Mitbewerber jene Bewerber um eine Apothekenkonzession, deren Anträge im Hinblick auf ein Überschneiden des potentiellen Kundenkreises derart konkurrieren, dass bei Erteilung einer Konzession ein Bedarf an einer weiteren Konzession im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 2 ApG dann nicht besteht, wenn das Kundenpotential des zum Zug kommenden Bewerbers infolge der Erteilung einer weiteren Konzession absinken und weniger als 5.500 zu versorgende Personen betragen würde. Über ihre Anträge ist in einem einzigen, alle Anträge erledigenden Bescheid derart abzusprechen, dass einem Bewerber die angestrebte Berechtigung verliehen, die Anträge der anderen Bewerber hingegen abgewiesen werden.

 

Im gegenständlichen Fall ist allerdings über die Frage der Erteilung der Apothekenbewilligung betreffend den Antrag von Mag. Y** in einem ?anderen Verfahren? von einer ?anderen Behörde? zu entscheiden. Der Antrag von Mag. Y** wurde vor Inkrafttreten des § 51 Abs. 1 ApG am 1.8.2002 in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, mit dem die Zuständigkeit zur Entscheidung über Konzessionsanträge geändert wurde, gestellt. Gemäß § 51 Abs. 3 ApG in der Fassung vor dem Verwaltungsreformgesetz 2001 war zur Führung des Konzessionsverfahrens der Landeshauptmann in erster Instanz zuständig. Nunmehr ist gemäß § 51 Abs. 1 ApG in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde und gemäß § 51 Abs. 3 ApG in zweiter Instanz der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes zur Entscheidung zuständig. Gemäß § 68a Abs. 2 ApG sind die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens am 01.08.2002 anhängigen Verfahren nach der vorher geltenden Rechtslage weiterzuführen.

 

Es besteht nach der geltenden Rechtlage keine Regelung, wonach über konkurrierende Ansuchen auf Erteilung zur Errichtung und zum Betrieb von Apotheken, die vor und nach dem 01.08.2002 gestellt worden sind und die einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, die Behörde über alle Ansuchen zu entscheiden hat, die nach der vor Inkrafttreten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 geltenden Rechtslage die zuständige war, aber eben auch keine, wonach die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die nach der geltenden Rechtslage zuständige Behörde übergeht. Die BH ist zur Führung des gegenständlichen Verfahrens in der ersten Instanz  zuständig und im Verfahren betreffend Mag. Y** ist die BMGFJ zuständig. Zur Führung der Konzessionsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in Mattersburg betreffend die Anträge von Mag. Y** und Mag. X** sind verschiedene Behörden zuständig. Die BH kann deshalb nicht in einem einzigen, die Anträge von Mag. X** und Mag. Y** erledigenden Bescheid absprechen, weil sie im Verfahren betreffend Mag. Y** jedenfalls unzuständig ist. Diese konkurrierenden Konzessionswerber bilden deshalb keine Verfahrensgemeinschaft.

 

III.5. Weil eine rechtskräftig erteilte Konzession an Mag. Y** die Erteilung einer weiteren Konzession an Mag. X** ausschließen würde, besteht im gegenständlichen Verfahren eine rechtliche Bindung hinsichtlich der Bedarfsprüfung im Verfahren über den prioritären Antrag von Mag. Y**. Insofern ist die Erteilung oder Nichterteilung der Konzession an Mag. Y** eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG im gegenständlichen Verfahren. Der zeitlich prioritäre Antrag von Mag. Y** ist bei der BMGFJ anhängig und, wie schon oben ausgeführt, in einem Verfahren nach der vor Inkrafttreten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 geltenden Rechtslage zu führen, sodass die BH berechtigt war, weil wie oben ausgeführt,  keine Verfahrensgemeinschaft bestehen kann, das Konzessionsverfahren von Mag. X** auszusetzen und es ist deshalb keine Ermessensüberschreitung der BH ersichtlich.

 

Die BH hat betreffend das Verfahren von Mag. Y** richtig beurteilt, dass dem gegenständlichen Verfahren ein anderer Sachverhalt als den Verfahren betreffend die zuvor zitierten Erkenntnisse des VwGH zugrunde liegt.

 

Anders ist der Sachverhalt in Bezug auf die Verfahren von Mag. Z** zu beurteilen, weil in diesen Verfahren die BH die zuständige Behörde ist und insofern Verfahrensgemeinschaft mit dem Verfahren der Berufungswerberin besteht. Weil Verfahrensgemeinschaft besteht, ist die Berufung in diesem Punkt begründet und der betreffende Teil des Spruches war ersatzlos zu beheben. Insgesamt  war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Verfahrensgemeinschaft, Priorität, Rechtslage, konkurrierend
Zuletzt aktualisiert am
08.04.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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