RS Vfgh 2009/3/6 B311/08

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Veröffentlicht am 06.03.2009
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art13
Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Art15a Abs1 B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 73/2005
GeschäftsO der Tir Landesregierung §2
KAKuG §10a
Tir GesundheitsfondsG §16
Tir KAG §9, §62a, §63
Tir Krankenanstaltenplan 2003 idF LGBl 60/2007

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Zurücknahme der noch aufrechten Teile der Errichtungsbewilligungfür das aö Krankenhaus Kitzbühel; keine Bedenken gegen dieRechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides; keine Gesetzwidrigkeitdes Tiroler Krankenanstaltenplanes in der Fassung 2007; keineÜberschreitung des Planungsspielraums durch Umschichtung derBettenstruktur eines unwirtschaftlichen kleineren Krankenhauses indas nahe gelegene Bezirkskrankenhaus in St. Johann in Tirol

Rechtssatz

Gegen §62a Abs1 Tir KAG bestehen auch in seiner Neufassung LGBl 3/2006 (die lediglich eine textliche Anpassung im Hinblick auf den den "Österreichischen Krankenanstaltenplan" ersetzenden "Österreichischen Strukturplan Gesundheit" enthält) keine Bedenken; keine dynamische Verweisung (vgl VfSlg 17232/2004).

Keine Präjudizialität der Art15a B-VG-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 73/2005, sowie des "Österreichischen Strukturplanes Gesundheit".

Keine Bedenken gegen §9 Abs4 Tir KAG (betr die Möglichkeit der Zurücknahme einer Errichtungsbewilligung), da die dadurch ermöglichten Eingriffe nur zulässig sind, wenn sie sich durch das öffentliche Interesse an einer Optimierung der Leistungserbringung der Krankenanstalten in ökonomischer und qualitativer Hinsicht rechtfertigen lassen.

Keine Gesetzwidrigkeit der Novellierung des Tiroler Krankenanstaltenplanes 2003 durch die Novelle LGBl 60/2007; keine Verletzung von Verfahrensvorschriften; kein inhaltlicher Widerspruch zu §62a Tir KAG.

Die Landesregierung hat allen im §62a Abs3 Tir KAG genannten Institutionen, auch dem Tiroler Gesundheitsfonds Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt (Amt der Tir Landesregierung, Gruppe "Gesundheit und Soziales", fungiert als Geschäftsstelle des Fonds, vgl §16 Abs1 Tir GesundheitsfondsG).

Stellungnahmefrist von einem Monat eingehalten; behauptete Verweigerung der Akteneinsicht kein beachtlicher Verfahrensmangel.

Verordnung von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Mitglied der Tir Landesregierung im Namen der Landesregierung erlassen (vgl §2 der Geschäftsordnung der Tir Landesregierung und Punkt 1. der Anlage idF LGBl 1/2006).

Keine verfassungswidrige "Einzelverordnung": Auch wenn allenfalls nur eine Krankenanstalt von den Änderungen des Krankenanstaltenplanes betroffen ist, handelt es sich dabei um die vorausschauende Planung und Sicherstellung der Krankenanstaltenpflege im gesamten jeweiligen Bundesland.

Der Verordnungsgeber des Landeskrankenanstaltenplanes hält sich im verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Planungsspielraum (vgl die Vorgaben der - der grundsatzgesetzlichen Bestimmung des §10a Abs2 KAKuG folgenden - Ausführungsbestimmung des §62a Abs2 Tir KAG, wenn er die Bettenstrukturen einer (nach dem LKF-Punkte-System unwirtschaftlicheren) kleineren Krankenanstalt mit 70 Betten in eine ca 10 km entfernte Krankenanstalt (St Johann in Tirol) mit bislang 210 Betten umschichtet.

Abschluss eines seit mehr als 20 Jahren geführten Planungsprozesses, in dem - angesichts weiterer, in der näheren Umgebung bestehender bettenführender Krankenanstalten - die Schließung des auf Grund seiner Größenordnung in der Relation unwirtschaftlichen Krankenhauses Kitzbühel stets als eine der Optionen vorgesehen gewesen ist.

Keine Denkunmöglichkeit, keine Willkür, keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, kein Entzug des gesetzlichen Richters.

Die Festlegung einer Frist von knapp zwei Jahren für das Wirksamwerden der Zurücknahme der Errichtungsbewilligung ist im Lichte der Vorgaben des §9 Abs4 Tir KAG nicht unverhältnismäßig.

Keine Verletzung von Art6 Abs1 und Art13 EMRK.

Die Zurücknahme einer Errichtungsbewilligung fällt in den Randbereich von Art6 EMRK (keine Streitigkeit über "civil rights" selbst, sondern nur Auswirkungen betroffen), womit sich unter dem Gesichtspunkt der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken ergeben (vgl VfSlg 17232/2004).

Keine Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des §63 lita Tir KAG.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Krankenanstalten, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung,Vereinbarungen nach Art15a B-VG, Verweisung dynamische, VfGH /Präjudizialität, Verordnungserlassung, Behördenzuständigkeit,Übergangsbestimmung, Anhörungsrecht, Landesregierung,Erwerbsausübungsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2009:B311.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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