TE AsylGH Erkenntnis 2009/02/10 B5 249688-0/2008

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Veröffentlicht am 10.02.2009
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Spruch

B5 249.688-0/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Beisitzer über die Beschwerde von B. K., geb. 00.00.1984, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.04.2004, FZ. 03 25.208-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2002/126 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist kosovarische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Aschkali an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft im Dorf G. in der Großgemeinde I., reiste laut eigenen Angaben am 22.08.2003 mit seinen Brüdern S. K. und N. K. illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag.

 

Vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache am 08.09.2003 einvernommen, wurde als Fluchtgrund im Wesentlichen angegeben, dass sein älterer Bruder N. K. mit einem Albaner Probleme gehabt habe. "Manche Albaner" würden die Askhali nicht mögen. Sein anderer Bruder S. K. habe ihm mitgeteilt, dass "die Albaner" gegen alle drei Brüder Morddrohungen ausgesprochen hätten. Sie seien drei bis viermal bedroht worden. Der Beschwerdeführer würde "die Albaner" nicht kennen, doch seien sie auch aus G., "aber ein wenig weiter entfernt". Der Beschwerdeführer selbst sei nie bedroht worden, da er seit der Rauferei seines Bruders N. K. mit dem Albaner zu seinem Schutz im Haus eingesperrt gewesen sei. Er sei zwei bis drei Monate zu Hause geblieben. Er habe keine Anzeige erstattet, da er sich aufgrund der Gefährdung durch die Albaner nicht frei bewegen habe können und so nicht nach I. fahren habe können, wo sich die örtliche Polizei befinde. Der Beschwerdeführer legte einen am 05.08.2003 von Passamt I. ausgestellten Personalausweis vor. Diesbezüglich befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er den Personalausweis am 05.08.2003 in Serbien abgeholt habe. Die Frage, wie es dem Beschwerdeführer, der nicht außer Haus gegangen sei, möglich gewesen sei, am 05.08.2003 einen Reisepass in Serbien abzuholen, konnte der Beschwerdeführer selbst nach viermaligen Nachfragen nicht beantworten. In weiterer Folge gestand er auch ein, nicht in Serbien gewesen zu sein. Er konnte auch nicht angeben, wann sein Bruder N. K. wegen der Schlägerei mit einem Albaner aus der Haft entlassen worden und nach Hause gekommen sei. Er konnte vorerst auch nicht angeben, wann sie erstmalig und wann letztmalig bedroht worden seien. In weiterer Folge brachte er dann diesbezüglich vor, dass er glaube, dass die erste Drohung zwei Wochen vor der letzten Drohung erfolgt sei, welche wiederum eine Woche vor seiner Ausreise (laut eigenen Angaben 18. oder 19.08.2003) gewesen sei. Die erste Drohung sei noch vor dem Zeitpunkt erfolgt, als sein Bruder N. K. ins Gefängnis gekommen sei. Der Beschwerdeführer sei auch bedroht worden, als sein Bruder N. K. noch im Gefängnis gewesen sei. Bei einer Rückkehr in den Kosovo befürchte er von Albanern umgebracht zu werden.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in ihren Herkunftsstaat Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § 8 leg.cit. zulässig sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner angeblichen Bedrohung derart unkonkret und widersprüchlich seien, dass diesen keine Glaubwürdigkeit zukommen könne, wobei hierfür konkrete Beispiele genannt wurden. Unabhängig davon gehe aus den getroffenen Länderfeststellungen hervor, dass die Sicherheitskräfte im Kosovo grundsätzlich willens und in der Lage seien, Bürger vor kriminellen Übergriffen von Privatpersonen zu schützen. Der Beschwerdeführer habe aber seinem Vorbringen zufolge nicht einmal versucht, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung Beschwerde (bis 30.06.2008 Berufung) erhoben, dass das Bundesasylamt bei richtiger Würdigung des Vorbringens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der beschwerdeführenden Partei die Flüchtlingseigenschaft zukomme. In diesem Zusammenhang wurde im Wesentlichen auf UNHCR Berichte vom März 2004 verwiesen, wonach Angehörige der Volksgruppe der Aschkali im Kosovo immer noch einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt wären. Weiters wurde der Beschwerde ein Artikel des Institutes for War and Peace Reporting mit Titel "Comment: New Stance Towards Kosovo Minorities Vital" vom 08.04.2004 beigelegt.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens des Asylgerichtshofes wurde den Parteien mit Schreiben vom 01.10.2008 Feststellungen zur Lage der Aschkali im Kosovo und zur Situation in der Großgemeinde I. zugestellt, und ihnen die Gelegenheit eingeräumt, sich binnen zwei Wochen dazu zu äußern, worauf der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.10.2008 lediglich sein Fluchtvorbringen wiederholte. Dem Schreiben beigelegt wurden die Kopien eines Strafabrechnungszettels des Kosovo Correctional Service, einer Haftentlassungsbestätigung der Haftanstalt Pejë sowie einer Strafverfügung des Bezirksgerichts für Verwaltungsdelikte in I. vom 01.07.2003. Alle drei Dokumente betreffen den älteren Bruder des Beschwerdeführers, N. K., wonach dieser am 01.07.2003 wegen einer am 29.06.2003 begangenen "sichtlichen Körperverletzung" zu 30 Tagen Haftstrafe verurteilt und am 21.07.2003 aus der Haft entlassen worden sei. Weiters wurde eine Internetartikel von Human Rights Watch mit den Titel:

"Unzulänglicher Zeugenschutz stellt Behörden vor große Probleme" vom 28.03.2008 beigelegt.

 

2.1. Aufgrund des vom Bundesasylamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die beschwerdeführende Partei ist kosovarische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Aschkali an, ist muslimischen Bekenntnisses, war zuletzt im Heimatstaat im Dorf G. in der Großgemeinde I. wohnhaft. Sie hat im gesamten Asylverfahren nicht dargetan, dass sie seinerzeit im Heimatstaat aus welchen Gründen auch immer in das Blickfeld von Behörden oder Sicherheitskräfte geraten ist und war auch politisch nicht aktiv. Die beschwerdeführende Partei war vor ihrer Flucht auch keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt und ihr droht auch bei einer Rückkehr nicht die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe.

 

Bezüglich des Herkunftsstaates der beschwerdeführenden Partei ist ergänzend auszuführen, dass das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo (Law Nr. 03/L-034 on Citizenship of Kosova) am 15.06.2008 in Kraft getreten ist.

 

Gemäß Artikel 3 leg.cit. wird die kosovarische Staatsbürgerschaft durch Geburt, Adoption, Einbürgerung, aufgrund internationaler Verträge oder aufgrund der Artikel 28 und 29 dieses Gesetzes erworben.

 

Aufgrund Art. 28 Abs. 1 leg.cit. wird jede Person, die nach Maßgabe der UNMIK Verordnung Nr. 2000/13 (UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry) als Einwohner ("habitual resident") in der Republik Kosovo registriert ist, als kosovarischer Staatsbürger angesehen und als solcher im Staatsbürgerregister ("register of citizens") eingetragen.

 

Jede Person, die am 01.01.1998 Bürger der Bundesrepublik Jugoslawien war und zu diesem Stichtag ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Republik Kosovo hatte, wird gemäß Art. 29 Abs. 1 leg.cit. als Staatsbürger der Republik Kosovo angesehen und als solcher ungeachtet seines derzeitigen Aufenthalts oder seiner derzeitigen Staatsbürgerschaft im Staatsbürgerregister eingetragen. Gemäß Art. 29 Abs. 2 leg .cit. gilt diese Bestimmung auch für direkte Nachkommen der in Abs. 1 angesprochenen Personengruppe. Die Registrierung der in Abs. 1 und 2 genannten Personengruppe im Staatsbürgerregister erfolgt durch den Antrag der Person, die die Voraussetzungen des Art. 29 Staatsangehörigkeitsgesetz erfüllt.

 

Gemäß Art. 3 leg.cit führt der Besitz oder Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft nicht zum Verlust der kosovarischen Staatsbürgerschaft.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird von den zutreffenden Feststellungen des Bundesasylamts zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid ausgegangen.

 

Zusätzlich werden folgende ergänzende Feststellungen zur Situation im Kosovo getroffen:

 

"UNHCR vertritt zumindest seit Juni 2006 die bis dato unveränderte Position, dass Angehörige der Aschkali und Ägypter im Kosovo im Allgemeinen nicht mehr internationalen Schutz bedürfen (vgl. UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom Juni 2006). Diese Einschätzung wird auch vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bericht des BAMF zur Situation im Kosovo vom Juni 2007), dem britischen Home Office (Operational Guidance Note - Republic of Serbia including Kosovo vom 12.02.2007) und des vor Ort tätigen Spezialattachès Obstl. A. Pichler der österreichischen Botschaft in Belgrad, Außenstelle Prishtina, geteilt (u.a. Anfragebeantwortung an das BAE vom 31.03.2007). Weiters ist drauf hinzuweisen, dass in der Großgemeinde I. ein in etwa 900 Mann umfassendes spanisches KFOR Kontingent stationiert ist, das effektiv und von der Gemeinde anerkannt ihre Sicherheitsagenden durchführt. Hinzu kommen in etwa 86 Angehörige der KPS (Kosovo Police Service), in der Albaner, Bosniaken und Roma ihren Dienst verrichten, sowie 2 Angehörige der UN Civil Police, sowie 52 Angehörige der KPC (Kosovo Protection Corps). Im Vergleich zu den Verhältnissen in anderen Großgemeinden ist die Kriminalstatistik in I. als niedrig zu bezeichnen (OSCE Municipal Profile I. vom Mai 2006 bzw. Oktober 2007)".

 

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den zitierten Berichten und wurden dem Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 01.10.2008 zu Kenntnis- und Stellungnahmemöglichkeit binnen zwei Wochen zugestellt. Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Die Feststellungen wurden vom Beschwerdeführer inhaltlich in seiner Stellungnahme vom 14.10.2008 auch nicht erkennbar bekämpft.

 

2.2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die vom Bundesasylamt getroffene Würdigung der Beweise, insbesondere der Aussage der beschwerdeführenden Partei ist umfassend und schlüssig und wird daher auch der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt.

 

Im angefochtenen Bescheid wurde im Bezug auf die beschwerdeführende Partei als Herkunftssaat BR Jugoslawien bzw. Serbien und Montenegro bzw. Serbien, jeweils Provinz Kosovo, angenommen. Infolge der unter anderem von Österreich anerkannten Unabhängigkeit hat die Republik Kosovo das am 15.06.2008 in Kraft getretene Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet. Im Verfahren ist hervorgekommen, dass die beschwerdeführende Partei die Voraussetzungen dieses Staatsbürgerschaftsgesetz erfüllt, weshalb spruchgemäß vom Herkunftsstaat Republik Kosovo auszugehen war.

 

In der Beschwerde werden den in der Beweiswürdigung des Bundesasylamts angeführten Widersprüche und Ungereimtheiten in Kernpunkten des Vorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten stichhaltigen Argumente entgegengesetzt.

 

Unabhängig von den Widersprüchen und Ungereimtheiten im Vorbringen des Beschwerdeführers, die bereits aus der im Verfahrensgang wiedergegebenen Zusammenfassung seiner Angaben vor dem Bundesasylamt hervortreten, ist weiters darauf hinzuweisen, dass weder aus den Feststellungen des Bundesasylamts noch den hier getroffenen Feststellungen zur konkreten Situation in I. Hinweise zu entnehmen sind, wonach die Sicherheitskräfte im Kosovo nicht willens oder nicht in der Lage wären, den Beschwerdeführer vor kriminellen Übergriffen zu schützen. Dagegen sprechen auch die vorgelegten, den Bruder N. K. des Beschwerdeführers betreffenden Dokumente, wonach dieser noch am Tag seiner Tatbegehung am 29.06.2003 festgenommen und bereits am 01.07.2003 unter Durchführung einer Gerichtsverhandlung verurteilt worden sei. Dem in der Stellungnahme vom 14.10.2008 beigefügten Internetartikel von Human Rights Watch mit dem Titel:

"Unzulänglicher Zeugenschutz stellt Behörden vor große Probleme" vom 28.03.2008, sind zwar punktuelle Schwachstellen im kosovarischen Strafrechtssystem zu entnehmen, deren Auswirkung auf den hypothetischen Fall des Beschwerdeführers aber nicht erkennbar in einem Ausbleiben der Strafverfolgung bestehen würde.

 

Die auf die Positionspapiere des UNHCR aus dem Jahr 2003 und 2004 gestützte Behauptung, dass der Beschwerdeführer allein aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit im Kosovo grundsätzlich einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sei, ist insofern nicht zutreffend, als UNHCR zumindest seit Juni 2006 die Position vertritt, dass Angehörige der Aschkali und Ägypter im Kosovo im Allgemeinen nicht mehr internationalen Schutz bedürfen (vgl. UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom Juni 2006). Auch aus dem der Beschwerdeschrift beigefügten Bericht des IWPR lässt sich keine Gruppenverfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Aschkali im Kosovo ableiten, noch liegen sonstigen Hinweise dafür vor.

 

Weder aus den vom Bundesasylamt sowie vom Asylgerichtshof getroffenen Feststellungen zum Kosovo, noch aus den in der Beschwerdeschrift zitierten Berichten sind Hinweise zu entnehmen, wonach die Sicherheitskräfte im Kosovo, denen auch internationales Fachpersonal (UNMIK, KFOR) angehört, bei ihrer täglichen Arbeit von ethnischen Motiven geleitet werden würden. Somit kann aber auch, wie vom Bundesasylamt ausgeführt wurde, kein Grund erkannt werden, warum es dem Beschwerdeführer bei der von ihm behaupteten kriminellen Bedrohung unzumutbar wäre, sich an die Sicherheitskräfte zu wenden, wobei dieser laut eigenen Angaben nicht einmal einen diesbezüglichen Versuch unternommen hat (vgl. VwGH vom 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191-9).

 

2.3. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren - abgesehen von im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten Bestimmungen - nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen, wobei § 44 dieses Gesetzes gilt. Dieser normiert, dass Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach dem Asylgesetzes 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei vor dem 01.05.2004 gestellt wurde, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zur Anwendung.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 und 3 Asylgesetz 2005 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat bzw. die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenats geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamts zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zur Entscheidung über den Asylantrag (§ 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002):

 

2.1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht, und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt. Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein.

 

2.2. Wie das Bundesasylamt im bekämpften Bescheid zutreffend festgestellt hat und in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt ist, ist es der beschwerdeführenden Partei jedoch während des gesamten Verfahrens nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass ihr in ihrem Herkunftsland Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Da die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Bedrohung von Privatpersonen ausgehen würde, wobei diese auch eine strafbare Handlung darstellen würde, ist weiters anzumerken, dass es auch an der staatlichen Zurechenbarkeit mangelt (vgl. VwGH vom 8.6.2000, 2000/20/0141; VwGH vom 22.08.2006, 2006/01/0251). Einer derartigen, nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung wäre zudem aber nur dann Asylrelevanz zuzubilligen, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH vom 11.06.1997, 95/01/0617; 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten. Die beschwerdeführende Partei machte laut eigenen Angaben nicht einmal den Versuch, sich an die Polizei um Schutz zu wenden. Weder aus dem vom Bundesasylamt im Bescheid getroffenen Feststellungen zum Kosovo, als auch aus dem in der Beschwerdeschrift zitierten Berichten finden sich zudem Hinweise, wonach die Sicherheitskräfte im Kosovo, denen auch internationales Fachpersonal (UNMIK, KFOR) angehört, grundsätzlich nicht gewillt oder nicht in der Lage wären, Strafanzeigen nachzugehen und kriminellen Handlungen entgegenzuwirken.

 

3. Zur Non Refoulement-Prüfung (§ 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 101/2003):

 

3.1. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG 2005 treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetztes 1997 verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

 

3.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (vormals § 57 FrG 1997, nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG 2005 ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH vom 27.02.1997, 98/21/0427).

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und / oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461; VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

3.3. Wie bereits bei der Abweisung des Asylantrages ausgeführt bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der beschwerdeführenden Partei aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG 2005 vorliegt.

 

3.4. Im gesamten Asylverfahren finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG 2005 ausgesetzt sein würde. Dass jedem Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, ist nicht hervorgekommen. Ebenso ist nicht hervorgekommen, dass es Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2001 wird die maßgelbliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

3.5. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei vermag sohin keine Gefahren i.S.d. § 50 FrG bzw. die Unzumutbarkeit der Rückkehr aufgrund der individuellen konkreten Lebensumstände darzutun. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Eine Ausweisung im Sinne von § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl I 101/2003 war nicht auszusprechen, zumal der Bescheid des Bundesasylamts - der damaligen Rechtslage entsprechend - keinen solchen Ausspruch enthielt und der Asylgerichtshof als Kontrollorgan bei verfassungskonformer Auslegung nicht zu einer im Ergebnis erstinstanzlichen Entscheidung zuständig gemacht werden kann.

 

5. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden, es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
05.03.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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