TE OGH 2009/1/21 15Os184/08k

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Veröffentlicht am 21.01.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther H* wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 23. September 2008, GZ 27 Hv 125/08f-7, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther H* der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Dezember 2007 und Jänner 2008 in Weer insgesamt dreimal mit einer unmündigen Person, nämlich der am 21. April 1995 geborenen Tanja H*, den Beischlaf unternommen, indem er mit ihr Geschlechtsverkehr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die fehlschlägt.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der in der Hauptverhandlung vom 23. September 2008 gestellten Anträge auf Vernehmung der Zeugin Melanie H* „zum Beweis dafür, dass der Angeklagte zu den ihm vorgeworfenen Zeitpunkten im Dezember 2007 und Jänner 2008 noch nicht gewusst hat, das Tanja H* erst 12 Jahre alt ist, sondern vielmehr erst nachher von der Schwester der Tanja H*, Melanie H* darauf angesprochen wurde, ob er wisse, dass diese erst 12 Jahre alt ist" sowie auf „Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der zum Tatzeitpunkt 17jährige Angeklagte unzurechnungsfähig war, weil er wegen verzögerter Reife und in intellektueller und emotionaler Hinsicht nicht reif genug war, ein allenfalls gegebenes Unrecht einzusehen und dementsprechend danach zu handeln" (ON 6 S 19) Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Ersterem Antrag mangelt es an dem Hinweis, aus welchem Grund die intendierte Vernehmung das behauptete Ergebnis erwarten lasse (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO), weil aus der allfälligen Anfrage der Zeugin Melanie H* kein Rückschluss darauf möglich wäre, dass der Beschwerdeführer das Alter deren Schwester nicht kannte, zumal der tatsächliche Wissensstand des Angeklagten einem Zeugenbeweis letztlich unzugänglich ist.

Zum anderen bieten die Verweise des Beschwerdeführers auf die durch die Scheidung der Eltern getrübten familiären Verhältnisse und seine negativen Schulerfolge keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine altersuntypisch verzögerte Entwicklung, die etwa auf physische oder psychische Krankheiten, massive Verwahrlosung oder grobe soziale Defekte zurückzuführen sein könnte (Schroll in WK2 JGG § 4 Rz 13), sodass der angestrebte Sachverständigenbeweis mangels Konkretisierung jener Umstände, die als Grundlage für den thematisierten Strafausschließungsgrund der verzögerten Reife nach § 4 Abs 2 Z 1 JGG eine Entwicklungshemmung außergewöhnlichen Grades (13 Os 188/93 = JUS-Extra 1994, 1454) indizieren, die Abgrenzung zum unzulässigen Erkundungsbeweis verfehlt.

Als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt erweist sich schließlich die Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO), in der der Angeklagte Feststellungen zu seinem Vorsatz hinsichtlich des Alters des Opfers vermisst, aber dabei die ohnedies getroffenen Konstatierungen hiezu (US 4) übergeht. Soweit er darüber hinaus unter Bezugnahme auf die eigene Verantwortung diese Feststellungen als „nicht ordnungsgemäß begründet" ansieht (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO), bekämpft er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichts, ohne formelle Begründungsdefizite aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E89967

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:E89967

Im RIS seit

20.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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