RS AsylGH Erkenntnis 2009/01/21 E9 401332-1/2008

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Veröffentlicht am 21.01.2009
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Rechtssatz

Rechtssatz 1

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

Schlagworte
Begründungspflicht, Gesetzesanalogie, Offensichtlichkeit, Rechtsanschauung des VwGH, Verhandlungspflicht (ab 07.10.2008)
Zuletzt aktualisiert am
11.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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