TE AsylGH Beschluss 2008/07/07 S8 400050-1/2008

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Veröffentlicht am 07.07.2008
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Spruch

Zahl: S8 400.050-1/2008/2Z

 

T.M.00.00.1990 alias 00.00.1989 geb.,

 

StA: Russische Föderation

 

B E S C H L U S S

 

SPRUCH

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. BÜCHELE als Einzelrichter über die Beschwerde des T.M. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.06.2008, Zahl: 08 02.622-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG

 

1. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 09.06.2008, Zahl: 08 02.622-EAST-West, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) (kurz: Dublin-II-VO) des Rates vom 18.2.2003 Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß

 

§ 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.

 

2. Der nähere Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Ein enger Familienangehöriger (der Bruder) des Beschwerdeführers hat in Österreich bereits mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.12.2004 Asyl erhalten (positiv rechtskräftig mit 04.01.2005).

 

3. Gegen diesen (am 09.06.2008 persönlich übernommenen) Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und beantragte u.a. dass der Berufung aufschiebend Wirkung zuerkannt, der Berufung stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.

 

4. Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlich vor, dass er durch die Vollziehung der Ausweisung und der Zurück- und Abschiebung nach Polen in den in Art. 3 und 8 EMRK garantierten Rechten verletzt würde, weil sein Bruder in Österreich Asyl erhalten habe und daher Österreich gemäß Art. 6 Dublin-II-VO für die Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei.

 

5. Die Berufung langte am 04.07.2008 bei der Berufungsbehörde ein. Eine Zustimmung von Polen zur Übernahme nach der Dublin-II-VO war am 31.03.2008 beim Bundesasylamt eingelangt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 18.03.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Nach herrschender Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht, 6. Anm. - analogen - Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG, 155;

Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs. 1 AsylG, 512 und K 8 zu § 38 AsylG 20052005, 522f; vgl. auch Fahrner/Premiszl, "Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005", Migralex 2/06, 69f).

 

Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-II-VO und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.

 

2. Nach der Aktenlage der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich. Insgesamt kann aus der der erkennenden Behörde zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage eine Verletzung des Art. 8 EMRK bei Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es erscheint insbesondere notwendig, nähere Erwägungen zu den in Österreich lebenden Verwandten und deren Beziehung zum Beschwerdeführer anzustellen.

 

Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 vorzugehen.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.

Schlagworte
aufschiebende Wirkung, familiäre Situation
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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