TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/10 B3 309366-1/2008

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Veröffentlicht am 10.07.2008
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Spruch

B3 309.366-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von K.S. geb. 00.00.2005, StA.: Türkei, vertreten durch den Vater, vom 24. Jänner 2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. Jänner 2007, Zahl: 05 21.930-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und K.S. gemäß § 7 iVm § 10 Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BG BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG wird festgestellt, dass K.S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den am 14. Dezember 2005 im Rahmen eines Familienverfahren (§10 AsylG) gestellten Asylantrag (Antrag auf Gewährung desselben Schutzes) der minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei aus (Spruchpunkt III.).

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Am 29. Mai 2008 führte die Rechtsmittelbehörde in der Sache der Beschwerdeführerin eine - gemäß § 39 Abs. 2 AVG mit den Verfahren ihrer Eltern und ihrer Brüder verbundene - öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Die Beschwerdeführerin ist die minderjährige, unverheiratete Tochter von K.A., dessen Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ: B3 253853-0/2008/4E, Folge gegeben und Herrn K.A. Asyl gewährt hat.

 

2. Dies ergibt sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin und ihres Vaters.

 

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

3.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des Asylgesetzt 1997 idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.

 

3.1.2. Die Beschwerdeführerin hat ihren Asylantrag nicht vor dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; das Berufungsverfahren ist daher nach dem AsylG idF der AsylG-Novelle 2003 zu führen.

 

3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

3.2.2. Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

3.3.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 23 AsylG (bzw. § 23 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2003) ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden (vgl. auch Art. II Abs. 2 lit. D Z 43 a EGVG). Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

§ 10 AsylG lautet:

 

"(1) Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines

 

1. Asylberechtigten;

 

2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 in Verbindung mit 15) oder

 

3. Asylwerbers

 

stellen einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.

 

(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.

 

(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid."

 

Gemäß § 1 Z 6 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.

 

3.3.2. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde dem Vater der Beschwerdeführerin Asyl gewährt. Bei der minderjährigen, unverheirateten Beschwerdeführerin handelt es sich somit, wie in § 10 Abs. 1 AsylG gefordert, um die Familienangehörige eines Asylberechtigten. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres Familienlebens mit dem asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war der Beschwerdeführerin spruchgemäß Asyl zu gewähren. Gemäß § 12 AsylG war diese Entscheidung mit der Feststellung zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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