TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/23 S5 400617-1/2008

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Veröffentlicht am 23.07.2008
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Spruch

S5 400.617-1/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des K.A., geb. 00.00.1990, StA. von Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2008, Zahl: 08 05.074-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der am 00.00.1990 geborene Asylwerber, ein Staatsangehöriger Indiens, beantragte am 11.04.2008 in der Bundesrepublik Deutschland die Asylgewährung (vgl. Eurodac-Treffer Aktenseite 9). Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer am 10.06.2008 vor dem Bundesasylamt die Gewährung internationalen Schutzes.

 

Mit E-mail vom 13.06.2008 ersuchte Österreich die Bundesrepublik Deutschland um Wiederaufnahme des Asylwerbers gemäß A16 Abs. 1 lit c der Dublin II VO.

 

Mit Schreiben vom 18.06.2008 erklärte sich die Bundesrepublik Deutschland bereit, den Asylwerber gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) wiederaufzunehmen.

 

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Deutschland zur Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass er auf keinen Fall nach Deutschland zurückwolle und er Angst habe, dass man ihn von dort nach Indien zurückschicken würde.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2008, Zahl: 08 05.074-EAST Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, sowie festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 13 iVm 16/1/e der Dublin Verordnung Deutschland zuständig ist

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber durch die zuständige Rechtsberaterin fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen geltend gemacht, dass unter Bedachtnahme auf Art. 6 der Dublin II VO jedenfalls Österreich für die Behandlung des Antrages auf internationalen Schutz Gewährung zuständig sei sowie dass dem Antragsteller - nach offensichtlicher Finalisierung seines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland - die Kettenabschiebung von Deutschland nach Indien drohe.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II VO finden die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates in der in diesem Kapitel (Kapitel III-Rangfolge der Kriterien) genannten Rangfolge Anwendung.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedsstaates von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylwerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedsstaat stellt.

 

Gemäß Art. 6 Dublin II VO ist bei unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern jener Staat für die Prüfung des Antrages zuständig, in dem sich ein Angehöriger seiner Familie rechtmäßig aufhält, sofern dies im Interesse des minderjährigen liegt. Ist kein Familienangehöriger anwesend, so ist der Mitgliedsstaat, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat, zuständig.

 

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Der Vollständigkeit halber wird ausdrücklich hervorgehoben, dass der Antragsteller im gegenständlichen Verfahren als minderjähriger unbegleiteter Asylwerber im Sinne des Art. 6 der Dublin II VO qualifiziert wird und er im österreichischen Bundesgebiet - gemäß eigener Aussage - über keinerlei familiäre Anbindungen verfügt.

 

Der erhobenen Beschwerderüge betreffend die Anwendbarkeit des obzitierten Art. 6 der Dublin II VO wird ausgeführt, dass diesbezüglich hinsichtlich des Begriffes Asylantrag unter Bedachtnahme auf Art. 5 Abs. 2 leg. cit. die Asylantragstellung des nunmehrigen Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen ist. (Erstasylantragsstaat) Es liegt somit in der Ingerenz unbegleiteter Minderjähriger ihren Zielstaat frei zu wählen - dies unter Voraussetzung des Art. 6 2. Satz. (vgl. Filzwieser/Liebinger Dublin II VO zu Art. 6 S 81 K7) In casu bedeutet dies, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Abführung des Asylverfahrens bereits durch die Erstantragstellung durch den Minderjährigen konsumiert wurde.

 

Eine neuerliche Ermittlung eines zuständigen Mitgliedstaates im Sinne der Rangfolge des Kapitel III der Dublin II VO findet nicht statt.

 

Die Gefahr einer sogenannten Kettenabschiebung, dh Rückverbringung in den Herkunftsstaat ohne Prüfung des dem Antragsteller zustehendem Menschenrechtsstandard (Art. 3 EMRK) bildet im Hinblick auf den Rechtsschutzstandard der Bundesrepublik Deutschland kein real risk bzw. wurden auch keine individualisierenden Risikofaktoren in casu aufgezeigt.

 

Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass sich im Verfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohenden Krankheit (im Endstadium), die überdies in Deutschland nicht behandelbar wäre, leidet, sodass nach der strengen Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK die Überstellung nach Deutschland nicht einmal ansatzweise eine für eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK relevante Gravität erreicht.

 

Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Antragsteller in Deutschland selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen somit letztlich ebenso wenig vorhanden, wie dass ihm die Bundesrepublik Deutschland entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatstaat unmenschliche Behandlung drohen würde, sodass sich letztlich auch die in der Beschwerde geäußerten Befürchtungen hinsichtlich einer möglichen Kettenabschiebung von Deutschland nach Indien als haltlos erweisen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Sicherheitslage, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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