TE AsylGH Beschluss 2008/08/14 S1 302218-3/2008

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Veröffentlicht am 14.08.2008
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Spruch

S1 302.218-3/2008/5Z

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr Filzwieser als Einzelrichter über die Beschwerde der C. R., geb. 1974, StA. Russland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2008, FZ. 08 04.667 EAST-Ost, beschlossen:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 17.07.2008, FZ. 08 04.667 EAST-Ost, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.

 

2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den entsprechenden Vorakten über die vorangegangene Asylantragstellung der Beschwerdeführerin in Österreich und ihre Überstellung nach Polen.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und beantragte u.a., dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.

 

4. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen vor, dass sie durch die Vollziehung der Ausweisung und der Zurück- und Abschiebung nach Polen aufgrund ihres Gesundheitszustandes in den durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte verletzt würde.

 

5. Die Beschwerde langte am 08.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBL. I Nr. 4/2008) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 28.05.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 4/2008 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-II-VO und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.

 

2. Nach der Aktenlage liegt ein Gutachten von Dr. D. über eine Untersuchung am 30.06.2008 vor, in dem eine krankheitswertige psychische Störung der Beschwerdeführerin verneint wird (As. 113-119 im Akt des Bundesasylamtes). Diesem Gutachten wurde bereits bei der erstinstanzlichen Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs und in der Beschwerdeschrift entgegengehalten, dass es anlässlich der Untersuchung zu massiven Verständigungsproblemen aufgrund mangelhafter Übersetzung des Dolmetschers gekommen sei. Hinzu kommt der nun mit der Beschwerde vorgelegte klinisch-psychologische Befund des Dr. H. wonach die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und von einem hohen Suizidrisiko auszugehen sei. Im Hinblick auf diese dem Asylgerichtshof zum Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage erscheint eine Verletzung des Art 3 EMRK bei Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes auch im Hinblick auf die diesbezüglich strenge Judikatur des EGMR nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen. Es erscheint insbesondere eine abschließende Untersuchung und Befundung durch einen geeigneten Facharzt im Sinne einer Gesamtschau erforderlich, sodass schon diesbezüglich für diese Untersuchung ein Verbleib der Beschwerdeführerin (und ihrer Familie) in Österreich erforderlich ist. Die Untersuchung wird durch den Asylgerichtshof unter bestmöglicher Bedachtnahme auf die Frist des § 37 Abs 3 AsylG veranlasst und das Ergebnis dem Parteiengehör unterworfen werden.

 

Der Asylgerichtshof wird sodann, unter Berücksichtigung aller Verfahrensakte der Familie der Beschwerdeführerin, eine gemeinsame Entscheidung über alle Beschwerden durchführen. Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs 1 AsylG vorzugehen.

 

Zusätzlich ist noch folgendes auszuführen.

 

§ 36 Abs. 3 AsylG lautet: "Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 leg cit.) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen im Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt."

 

§ 36 Abs. 3 letzten Satz AsylG folgend kommt mit der vorliegenden Entscheidung jedenfalls auch den Beschwerden der Kinder gegen deren erstinstanzlich zurückweisende Entscheidungen aufschiebende Wirkung zu. Von einer gesonderten beschlussmäßigen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerden konnte folglich Abstand genommen werden.

 

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.

Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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