TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/22 B16 257564-0/2008

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Veröffentlicht am 22.08.2008
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Spruch

B16 257.564-0/2008/8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. NOWAK als Einzelrichter über die Beschwerde der P. G., geb. 00.00.1969, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.01.2005, FZ. 04 01.930-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.10.2005 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBI. I Nr. 76/1997, idF. BGBI. I Nr. 126/2002 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I.

 

1. VERFAHRENSGANG

 

1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ukrainische Staatsangehörige. Sie gelangte illegal nach Österreich und brachte am 06.02.2004 beim Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, einen Asylantrag ein.

 

1.2. Am 13.02.2004 und am 20.01.2005 wurde die beschwerdeführende Partei bei der Erstbehörde zu den Fluchtgründen einvernommen. Hierüber wurde eine Niederschrift aufgenommen, auf welche verwiesen wird.

 

1.3. Die beschwerdeführende Partei bringt insbesondere vor:

 

Sie habe von 2002 bis 24.12.2003 in einer Bar gearbeitet. In der Nacht auf den 25.12.2003 hätte es einen Überfall auf die Bar gegeben. Sie sei von vier Männern mit einer Pistole bedroht worden und sei so gezwungen worden, die Tageslosung, sowie den Schlüssel zum Safe herauszugeben. Ihr Chef habe sie beschuldigt, mit dem Räubern in Verbindung zu stehen und habe von ihr verlangt, das Geld binnen einer Monatsfrist zurückzuzahlen. Jeden Tag seien Burschen gekommen, um sie an die Frist zu erinnern und sie hätten auch ihrer Tochter gedroht, dass wenn sie zur Polizei ginge, sie ihre Tochter nicht mehr sehen würde. Von einer Freundin, die bei der Staatsanwaltschaft gearbeitet habe, habe sie erfahren, dass gegen sie ein Strafverfahren werden Diebstahls eingeleitet worden sei. Aus Angst vor einer Inhaftierung und einer mehrjährigen Verurteilung habe sie sich entschlossen ihr Heimatland zu verlassen.

 

1.4. Gegen den im Spruch genannten und hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde, mit dem der Asylantrag im Spruchpunkt I gemäß § 7 AsylG abgewiesen wurde, im Spruchpunkt II die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in die Ukraine für zulässig erklärt wurde und im Spruchpunkt III die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen wurde, erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde). Darin bekämpfte sie textbausteinartig insbesondere die Beweiswürdigung der Erstinstanz, welche an Willkür grenze.

 

1.5. Auf Grund des Beschwerdevorbringens führte der damals zuständige Unabhängige Bundesasylsenat (nunmehr Asylgerichtshof) am 20.10.2005 eine mündliche Verhandlung durch, zu der die beschwerdeführende Partei persönlich erschien. Die Erstbehörde entschuldigte ihr Fernbleiben. In dieser Verhandlung wurde die beschwerdeführende Partei ergänzend einvernommen und nachstehendes Länderdokumentationsmaterial verlesen:

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 19.03.2003, Beilage

./A

 

U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2003, vom 25.02.2004, Beilage ./B UK Home Office, Ukraine Assessment, April 2003, Country Information and Policy Unit, Beilage

./C

 

Human Rights Watch World Report 2003, Ukraine, Beilage ./D

 

UN, Landkarte Ukraine, Beilage ./E

 

IHF, Statements to OSCE Human Dimension Implementation Meeting, September 2002, Beilage ./F

 

IHF, Focus Ukraine, 08.05.2003, Beilage ./G

 

IHF, Interventions an Recommendations to OSCE Human Dimension Implementation Meeting, Oktober 2003, Beilage ./H

 

Wilhelm Johann Siemers, Im Schatten des Präsidenten: Die Parlamentswahlen in der Ukraine vom 31. März 2002, Beilage ./I

 

ai, Jahresbericht Ukraine, 2003, Beilage ./J

 

SFH, Basisinformation Ukraine, 03.08.2003, Beilage ./K

 

Reporter ohne Grenzen, Annual Report 2003, Beilage ./L

 

OMCT, Report, 26.06.2003, Beilage ./M

 

ai, Gutachten an VG Weimar, Zl. EUR 50-02-062 (Roma), 17.04.2003, Beilage ./N

 

Dr. T. S., Gutachten an VG Aachen, 30.10.2003, Beilage ./O

 

Dt. Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Bayreuth, 17.11.2003, ./P

 

Dt. Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Aachen, 07.03.2003, ./Q

 

IGFM, Auskunft an VG Aachen, 14.01.2003, Beilage ./R

 

DW-Monitor Ost-/ Südeuropa, Nr. 16, 23.01.2004, Beilage ./S

 

1.6. Mit Schriftsatz vom 12.04.2006 gab S. E. die Vertretung der Beschwerdeführerin bekannt.

 

1.7. Mit Schreiben vom 19.05.2008 übermittelte der damals zuständige Unabhängige Bundesasylsenat dem Vertreter der Beschwerdeführerin aktuelle Länderfeststellungen mit einer Stellungnahmefrist von drei Wochen.

 

1.8. Am 19.06.2008 übermittelte der Vertreter der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme, wobei er insbesondere darauf verwies, dass sich im Alltagsleben in der Ukraine keine Verbesserungen bemerkbar gemacht hätten. Ferner wurde auf die Entscheidungsgründe des Bescheides zur Zahl 259.410/0-VIII/23/05 verwiesen, wobei es sich um einen inhaltlich ähnlich gelagerten Fall handeln würde, in welchem Asyl gewährt worden sei.

 

2. Sachverhalt

 

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin wird festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist ukrainische Staatsangehörige. Sie hinterließ im Heimatland eine minderjährige Tochter.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass sie in ihrem Heimatland wegen einem des in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Grundes verfolgt wurde und des Weiteren konnte kein Abschiebungshindernis festgestellt werden.

 

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

 

Politik:

 

Die "Orange Revolution" der Jahreswende 2004/2005 bewirkte in der politischen Arena der Ukraine wichtige Änderungen (etwa im Bereich der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit) und schuf damit gute Voraussetzungen, das Land in Richtung eines sicheren und stabilen Systems zu lenken. Die ukrainischen Parlaments-, Regional- und Kommunalwahlen im März 2006 wurden von der OSCE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) als erste freie und faire demokratische Wahlen in der Ukraine bezeichnet. Entgegen den skeptischen Erwartungen vieler Beobachter gelang es in der Ukraine, noch vor dem Jahreswechsel eine Mehrheitskoalition aus den Fraktionen Block Unsere Ukraine - Selbstverteidigung des Volkes und Block Timoschenko zu bilden und Julia Timoschenko zur Ministerpräsidentin zu wählen. Damit wurde ein Schlusspunkt unter die Ereignisse des Krisenjahres 2007 gesetzt.

 

Menschenrechte:

 

Den bestehenden innerstaatlichen Kontrollmechanismen - wie dem Verfassungsgericht und der Menschenrechtsbeauftragten der Werchowna Rada - gelingt es langsam, stärker Profil zu gewinnen und die Öffentlichkeit für Menschenrechtsfragen zu sensibilisieren. Eine nachhaltige Besserung der Lage muss auch nach der "Orangenen Revolution" noch erreicht werden. Eine gute Grundlage ist die moderne, den Grundrechten und dem Rechtsstaat verpflichtete Verfassung. Besonderes Augenmerk verlangt weiterhin die Lage in Haftanstalten, in Polizeigewahrsam ebenso wie in psychiatrischen Anstalten und Kinderheimen. In den letzten Jahren wurden jedoch einige Justizreformgesetze verabschiedet (Gerichtsverfassungsgesetz, Strafgesetzbuch), mit denen die Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsstaat gestärkt werden und den Forderungen des Europarates und der EU entsprochen werden sollen. Sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch staatliche Institutionen berichten über Folterungen und Misshandlungen im Gewahrsam der Polizei und über unzulängliche Bedingungen in Untersuchungshaft (überfüllte Zellen, Fehlernährung, ungenügender Zugang zu Gesundheitsversorgung). Der Europäische Menschengerichtshof lastete der Ukraine im März 2006 die völlig unzureichenden Haftbedingungen an, zusätzlich das Fehlen von Beschwerdemöglichkeiten gegen die Haftbedingungen. Von den Misshandlungen und Folterungen sind in der Regel gewöhnliche Gefangene betroffen, von denen man entweder Geständnisse erzwingen oder Geld erhalten möchte. Ein wichtiger Schritt im Rahmen der Justizreform war das Inkrafttreten des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit am 1. September 2005, mit dem der Grundstein für den Aufbau eines modernen, unabhängigen Verwaltungsgerichtswesens gelegt wurde. Im Februar 2006 legte die von Staatspräsident Juschtschenko einberufene Nationale Kommission für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ein umfassendes Konzept zur Justizreform vor. Das Konzept soll durch einzelne Gesetzesvorhaben umgesetzt werden. Der Monitoring-Bericht der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 19. September 2005 bescheinigt der Regierung weitere Fortschritte bei der Justiz- und Verwaltungsreform, stellt aber auch Defizite in einzelnen Bereichen fest. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangte eine Ende 2005/Anfang 2006 durchgeführte Evaluierung durch Experten der EU-Kommission. Die Ukraine hat 2001 ein internationalen Standards weitgehend entsprechendes Asylgesetz verabschiedet und Anfang 2002 die Genfer Flüchtlingskonvention ohne Vorbehalte ratifiziert. Allerdings werden Asylanerkennungsverfahren häufig schleppend durchgeführt, Asylanträge vielfach ohne hinreichende Begründung abgelehnt. Von den ca. 200 Verträgen des Europarats zum Schutz der Menschenrechte hat sie bislang 45 ratifiziert. Die Zahl der Individualbeschwerden, mit denen ukrainische Staatsbürger Menschenrechtsverletzungen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend machen, ist in letzter Zeit stark gestiegen. Es gibt in der Ukraine eine Reihe von Menschenrechtsorganisationen, die über die Menschenrechtslage recherchieren und offen berichten können. Nach der Orangenen Revolution werden diese Organisationen stärker in einen aktiven Dialog mit der Regierung zu Menschenrechtsfragen einbezogen.

 

Es ist ein deutlicher Aufschwung der Menschenrechtslage seit der "Orangen-Revolution" zu bemerken. So ist eine Zunahme der Verfolgung von Polizisten zu bemerken, welche gegen bestehende Rechtsvorschriften verstoßen haben. Die Medien machen einen großen Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Die Beeinflussung von staatlicher Seite auf das Versammlungsrecht schwindet. Die Regierung reduziert ihre Rolle in der Kirche. Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen operiert ohne staatliche Einflussnahme. Die neue Regierung räumte ein, dass Folterungen und Misshandlungen ein ernst zu nehmendes Problem darstellen, und ergriff eine Reihe von Maßnahmen, um derartige Praktiken zu unterbinden. So wurde im Januar mit einer Änderung von Paragraph 127 des Strafgesetzbuchs, der den Tatbestand der Folter zum Gegenstand hat, die Möglichkeit geschaffen, Staatsbedienstete wegen Folterhandlungen vor Gericht zu belangen. Der Generalstaatsanwalt gab im September bekannt, dass im zurückliegenden Jahr mehr als 1000 Beschwerden über Folterungen und Misshandlungen eingegangen und 226 Strafverfahren gegen tatverdächtige Polizisten eingeleitet worden seien. Ebenfalls im September unterzeichnete die ukrainische Regierung das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

 

Grundversorgung:

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet. Der am 21.05.2005 verabschiedete Aktionsplan der Europäischen Union und der Ukraine ist ein Abkommen zur Intensivierung der Beziehungen im politischen, wirtschaftlichen und

 

kulturellen Bereich mit eingeschlossen ist die Kooperation an den Grenzen und die Verantwortung zur Lösung von Konflikten. Dieser Aktionsplan ist ein wichtiger Schritt. Er wird zunächst auf drei Jahre beschränkt. Die Anwendung wird eine Unterstützung der Ukraine sein, um diese in die Europäische Wirtschaft zu Integrieren und soziale Strukturen

 

umzusetzen. Der Aktionsplan beruht auf Normen und dem Standard der Europäischen Union. Er wird auch zur wirtschaftlichen Integration und einer soliden Beziehung beitragen.

 

Als Prioritäten des Aktionsplans wird eine engere Zusammenarbeit gesehen um eine stabilere und effektivere Umsetzung von demokratischen Werten in der Ukraine umzusetzen. Als weiteres Ziel ist es den Respekt der Medien- und Pressefreiheit zu gewährleisten. Natürlich wir ein großes Augenmerk auf die Umsetzung der Normen auf dem Standard der Europäischen Union im Bereich der Justiz zu erreichen. Der Aktionsplan soll erreichen, dass die Ukraine den von ihr eingeschlagenen Weg, basierend auf internationalen Reformen und ihre Anstrengungen eine gefestigte Demokratie zu werden fortsetzt. Gewährleistet soll ein effektiver Kampf gegen Korruption sein. Hier hat die Ukraine große Fortschritte erreicht, indem diese der GRECO beigetreten ist und nationale Gesetze im Kampf gegen Korruption erlassen hat. Ein weiteres Ziel dieses Aktionsplans ist die Ukraine an näher an EU-Standards im Sozialbereich generell und speziell im Gesundheitsbereich, dem Arbeitsmarkt und der Gleichstellung von Mann und Frau heranzuführen.

 

3. BEWEISWÜRDIGUNG:

 

3.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin sind dem erstinstanzlichen Akt zu entnehmen und wurden vom Asylgerichtshof nicht in Zweifel gezogen.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den zur Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführerin gemachten Ausführungen an. Wie die Erstbehörde richtig ausführte, handelt es sich um ein vages Vorbringen und fanden sich immer wieder Widersprüche während des gesamten Verfahrens. So gab die Beschwerdeführerin beispielsweise unterschiedliche Daten an, wann ihre Tochter von Männern bedroht worden sein sollte. Ferner widersprach sie sich in diesem Vorbringen, dass sie einmal von "diesen Burschen" sprach, einmal von unbekannten Männern und im Beschwerdeverfahren von Männern, welche die Tochter "vom Sehen" aus der Bar gekannt haben soll. Ein weiterer Widerspruch besteht darin, dass die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren einmal angab, am Tag des Überfalls erst um 7 Uhr früh den Chef verständigen haben zu können, da um diese Zeit erst die Telefonstube geöffnet hätte. Bei der weiteren Einvernahme gab sie wiederum an, aus Schock erst nach zwei Stunden den Chef angerufen zu haben. Ein weiterer Punkt der an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin zweifeln lässt, ist, dass bei einer Urkundenuntersuchung der vorgelegten Ladung der Staatsanwaltschaft, der Verdacht hervorkam, dass es sich um kein Originalschreiben eines Gerichtes in der Ukraine handeln würde.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem damals zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenat steigerte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie nun von Schutzgelderpressern sprach, welche die Bar eigentlich vor Überfällen hätten schützen sollen. Da nun dennoch ein Überfall stattgefunden habe, hätten die Erpresser versagt und hätten ihren Fehler ausbessern müssen. Ferner gab sie an, dass ihr Chef offenbar Angst gehabt habe vor polizeilichen Ermittlungen, weil er möglicherweise in Steuerhinterziehungen verwickelt gewesen sei. Dieses Vorbringen steht aber in krassen Widerspruch dazu, dass der Chef die Beschwerdeführerin angezeigt haben soll und somit selbst polizeiliche Ermittlungen einleitete.

 

Zu dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass die Tochter der Beschwerdeführerin entführt und vergewaltigt worden sei, ist anzumerken, dass es für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar ist, in welchen Zusammenhang dies mit dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin steht. Sie selbst gab an, dass die Tochter von unbekannten Männern mitgenommen worden sei. Das Vorbringen, die Tochter hätte einen der Männer wieder erkannt, es sei einer von den Erpressern gewesen, welche sie bereits Ende Dezember 2003 bedroht haben sollen, macht das gesamte Vorbringen hinsichtlich der Entführung der Tochter unglaubwürdig. Für den Asylgerichtshof ist es nicht nachvollziehbar, dass nach fast zwei Jahren (gerechnet vom angeblichen Überfall auf die Bar) plötzlich dieser Vorfall geschieht, nachdem zwischendurch offenbar überhaupt keine Drohungen ausgesprochen wurden.

 

Aus all den widersprüchlichen Details und auch der nicht nachvollziehbaren Schilderungen ist dem gesamten Vorbringen der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

 

Zu der abgegeben Stellungnahme des Vertreters der Beschwerdeführerin ist anzumerken, dass auf das verwiesene Verfahren auf Grund der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführerin nicht die gleichen Rechtsfolgen abzuleiten waren. Ferner wird angemerkt, dass die Entscheidung aus dem Jahr 2006 ist und daher das Verfahren der Beschwerdeführerin nicht mit dem im Jahr 2006 abgeschlossenen Verfahren gleichzuhalten ist.

 

3.2. Die getroffenen Länderfeststellungen ergeben sich aus den in der mündlichen Verhandlung verlesenen Dokumentationsmaterialien, sowie aus den dem Vertreter zugestellten Länderfeststellungen. Diese Feststellungen beruhen auf folgenden Quellen:

 

Auswärtiges Amt vom 25.01.2007

 

HWV Basisinformation Länder / Ukraine / Stand Februar 2007

 

Ukraine Analyse Nr. 33 vom 22.01.2008

 

Schweizer Flüchtlingshilfe vom 21.03.2007

 

Länderfeststellungen zur Ukraine - Stand September 2005 staatendokumentation.at)

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Durch das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (BGBl. I 4/2008) und das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I 2/2008 ist die vormalige Zuständigkeit des Unabhängigen Bundesasylsenates zur Erledigung der gegenständlichen Beschwerde auf den Asylgerichtshof übergegangen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 haben alle Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof - soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr.10, nichts anderes ergibt - die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, das an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

2. Als Flüchtling im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. Abschn. A Z. 2 der GFK) droht und keiner der im Art. 1 Abschn. C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Die begründete Furcht vor Verfolgung ist das zentrale Element des Flüchtlingsbegriffes. Diese liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Dabei ist unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl: 94/19/0183). Im Hinblick auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) fallen nur solche Verfolgungsmaßnahmen unter diesen, die auf einen in der Konvention genannten Gründe zurückzuführen sind (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284).

 

Da den Ausführungen der Beschwerdeführerin kein Wahrheitsgehalt abgewonnen werden konnte, war weder der Erst- noch dem Beschwerdebehörde eine Subsumtion unter einen der Tatbestände der Genfer Flüchtlingskonvention möglich, weshalb sich ein näheres Eingehen auf das Fluchtvorbringen erübrigte.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich auch der Ansicht des Bundesasylamtes an, dass das Fluchtvorbringen, selbst wenn es der Wahrheit entsprechen würde, nicht asylrelevant ist. Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergibt sich, dass in den letzten Jahren einige Justizreformgesetze verabschiedet wurden, mit denen die Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsstaat gestärkt werden.

 

Die Berufung gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

 

3. Wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 AsylG im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 125 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

 

Da zuletzt zitierte Bestimmung mit seiner Wendung "dieses Bundesgesetzes" und "dessen" auf § 50 Fremdenpolizeigesetz Bezug nimmt, war dieser dem gegenständlichen Verfahren zugrunde zu legen.

 

Gemäß § 50 Fremdenpolizeigesetz ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß Abs 2 leg cit ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in dem ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 50 Fremdenpolizeigesetz als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (siehe VwGH-Erkenntnis vom 09.05.2003, Zahl 98/18/0317).

 

Es ergibt sich kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände", die eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine unzulässig machen könnten. In der Ukraine besteht nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Beschwerdeführerin hat auch keinen auf ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte. So handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine gesunde Frau, die bis zu ihrer Ausreise für ihren Lebensunterhalt aufkommen konnte. Ferner befinden sich im Heimatland noch Familienangehörige, weshalb sie auch über ein soziales Netz verfügt. Schließlich ist auch den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln insgesamt gewährleistet ist.

 

Dementsprechend war auch die Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

 

4. Die Beschwerdeführerin hat keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden vorgebracht, sodass eine Ausweisung in die Ukraine keinen unzulässigen Eingriff in die durch Art 8 EMRK gewährleitsteten Rechte darstellen würden. Es gibt auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass eine nachhaltige Integration der Beschwerdeführerin in Österreich vorliegt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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