TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/27 A12 239426-2/2008

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Veröffentlicht am 27.08.2008
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Spruch

A12 239.426-2/2008/4E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des N.W., geb. 00.00.1984, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.07.2008, Zahl 08 05.912-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Verfahrensgang

 

Am 30.06.2003 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer unter Angabe des Nationales N.W., 00.00.1984 geb., StA. von Nigeria, einen Antrag auf Asylgewährung ein. Dieser wurde nach zweiinstanzlichem Ermittlungsverfahren mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz - vom 14.03.2007, Zahl: 239.426/0/6E-III/07/03, gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen sowie wurde unter einem festgestellt, dass gem. § 8 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Nigeria zulässig ist.

 

Tenor der vormals in merito ergangenen Berufungsentscheidung bildete die behördliche Einschätzung, dass dem Vorbringen des Antragstellers zu seinen Flucht- bzw. Antragsmotiven keinerlei Glaubhaftigkeit beizumessen ist. Der Antragsteller hatte sich i ersten Rechtsgang ausschließlich auf eine sogenannte Sekten-Nachfolgegeschichte berufen.

 

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.09.2007, Zl. 2007/20/1093-4, wurde die Behandlung der gegen den letztgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt.

 

Aus dem Stande der Schubhaft beantragte der Genannte nunmehr abermals die Gewährung internationalen Schutzes. Im Zuge der nunmehrigen Antragstellung gab der Antragsteller zentral zu Protokoll, Nigeria nach einem erfolgten Busunfall, bei welchem zwei Personen gestorben seien, verlassen zu haben und hätte er Waffen und Munition verkauft und sei dies sein nunmehriger Asylgrund.

 

Seit der ergangenen abweislichen letztinstanzlichen Entscheidung im ersten Rechtsgang habe er sich nicht in seinem Herkunftsstaat aufgehalten. Die niederschriftlichen Angaben des Antragstellers im ersten Rechtsgang sowie jene des gegenständlichen Rechtsganges wurden im bekämpften Bescheid hinlänglich dargestellt (Seiten 2 bis 9 des Bescheides des Bundesasylamtes) und werden die bezughabenden Passagen zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.7.2008, Zl. 08 05.912-EAST Ost, wurde der vorliegende Asylantrag gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der Asylwerber unter einem gem. § 10 Abs. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Im Rahmen der letztzitierten Entscheidung wurden umfangreiche Feststellungen zur Allgemeinsituation in Nigeria getroffen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei der Antragsteller konkret rügte, dass seine nunmehr ins Treffen geführten Ausreisegründe, bezogen auf seine Ausreise vor der Erstantragstellung in Österreich, gänzlich unbehandelt geblieben seien.

 

I.2. Sachverhalt:

 

Festgestellt wird, dass der Antragsteller im ersten Rechtsgang als fluchtauslösendes Ereignis ins Treffen führte, dass er in seinem Herkunftsland nach dem Tod des Vaters aufgefordert worden sei, im Rahmen eines "geheimen Gerichtshofes" die Position seines Vaters einzunehmen, was er abgelehnt hätte, weshalb er nunmehr Verfolgung von Seiten privater Personen bzw. privater Kultangehöriger zu befürchten hätte. Das diesbezügliche Vorbringen wurde nach zweiinstanzlichem Ermittlungsverfahren als nicht glaubhaft eingestuft.

 

Im nunmehrigem Rechtsgang bezieht sich der Antragsteller auf gänzlich andere, zugrunde liegende Ausreisegründe bzw. Umstände, ohne hiebei auf die ursprüngliche Fluchtgeschichte zu rekurrieren.

 

Der Antragsteller verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keinerlei familiäre oder sonstige Bindungen zu dauernd aufenthaltsberechtigten Personen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat hinsichtlich beider Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 24.07.2007, Zl. 08 05.912-EAST Ost, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Lediglich zur Verdeutlichung wird ausgeführt, dass der Antragsteller in zwei Rechtsgängen sich auf gänzlich unterschiedliche Ausreisemotive bzw. ein gänzlich unterschiedliches behauptetes Sachsubstrat betreffend seine Asylantragstellung bezogen hat. Hervorgehoben sei diesbezüglich, dass der Antragsteller sich in beiden Rechtsgängen auf seine ursprüngliche Ausreise aus Nigeria vor der Erstantragstellung vor österreichischen Behörden bezog und er in der Zwischenzeit, d.h. nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Asylverfahrens nicht nach seinem Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, sondern sich im Gebiet der Europäischen Union aufgehalten hat.

 

Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 bis 4, 69 und 71 AVG nicht erfolgen.

 

Hervorzuheben ist, dass in casu kein anderer bzw. wesentlich geänderter Sachverhalt gegenüber dem ersten Rechtsgang vorliegen kann. Die obzitierten Regelungen der sogenannten Sperrwirkung dienen zentral dazu, jedem Asylwerber (wie auch jedem anderen Antragsteller in einem Verfahren nach dem allgemein Verwaltungsverfahrensgesetz) die Möglichkeit der Rechtswohltat lediglich eines Rechtsgangs pro Sachverhalt zu bieten. Erst bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse bzw. der Rechtslage entsteht ein subjektives Recht auf neuerliche meritorische Behandlung des Anliegens.

 

Der Berufungswerber behauptet im nunmehrigen Rechtsgang keine weiteren - allenfalls geänderten - Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären.

 

Die tatsächlich - mit der Wirklichkeit übereinstimmenden - maßgeblichen Gründe, die den Asylwerber zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen haben, haben sich naturgemäß seit seiner ersten Asylantragstellung im Juni 2003 nicht verändert.

 

Dies bedeutet aber, dass der Antragsteller keinen neuen Sachverhalt vorbringt, der sich nach seiner ersten Asylantragstellung bzw. rechtskräftiger Entscheidung im ersten Rechtsgang ereignet hat, sondern lediglich, dass seinem neuerlichen Asylantrag realiter derselbe Sachverhalt (derselbe Ausreisgrund) zugrunde liegt wie zum Zeitpunkt des Erstantrages, nur, dass er damals diesen Sachverhalt den Behörden nicht mitgeteilt hat.

 

Die allein dargestellte nunmehrige Abkehr von den ursprünglich im ersten Rechtsgang getätigten Angaben bzw. Fluchtgründen vermag an der Tatsache, dass ein neuer Sachverhalt nur dann besteht, wenn sich die maßgeblichen objektiven Umstände seit Antragstellung oder Abschluss des Verfahrens geändert haben, nichts zu ändern; andernfalls läge es in der jeweiligen Ingerenz des Asylwerbers, eine neuerliche meritorische Auseinandersetzung durch einfache Änderung oder Austausch des maßgeblichen Vorbringens zu erzwingen. Insbesondere hat der nunmehrige Beschwerdeführer nicht dargetan, warum sich nunmehr bei drohender Abschiebung nach seinem Herkunftsstaat auf gänzlich unterschiedliche fluchtauslösende Angaben bezieht. Das erklärungslos getauschte Grundvorbringen zu den Ausreisemotiven - dies unter Verweis auf die schlechten Zustände, etwa im Strafvollzug etc. - indiziert vielmehr, dass der Beschwerdeführer nunmehr als letzten Ausweg versucht, ein geändertes Sachsubstrat gleichsam nachzuschieben um der nahenden Außerlandesschaffung zu entgehen

 

Hervorgehoben sei letztlich, dass dem nunmehrigen Beschwerdeführer im ersten Rechtsgang aufgrund seiner Angaben ein vollinhaltliches Ermittlungsverfahren über zwei Instanzen hinweg zuteil wurde bzw. eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinen vorgetragenen Fluchtgründen erfolgte. Welche Gründe dafür maßgeblich sind, dass der nunmehrige Beschwerdeführer etwa, seine wahren Fluchtgründe im ersten Rechtsgang verschleiert hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der ledigliche Austausch des zugrundeliegenden behaupteten Sachverhaltes vermag jedenfalls keinerlei behördliche Verpflichtung zu näheren Ermittlungen zum nunmehrigen Sachverhalt bzw. eine gründliche Auseinandersetzung mit den nunmehrigen vorgetragenen Fluchtgründen auszulösen.

 

Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 - 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Durch die obdargestellte Sperrwirkung des § 68 Abs. 1 findet eine neuerliche Auseinandersetzung mit identem Sachverhaltsvorbringen bzw. Sachverhalt nicht statt.

 

Dass durch die ergangene Ausweisungsentscheidung der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Artikel 8 EMRK verletzt wäre, konnte in casu nicht erkannt werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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