TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 A2 266068-0/2008

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Veröffentlicht am 11.09.2008
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Spruch

A2 266.068-0/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

SPRUCH

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Senatsvorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Csucker über die Beschwerde des C.G., geb. 00.00.1987, StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.11.2005, Zl. 04 16.248-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1, Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Der verfahrensgegenständliche Asylantrag (begründet mit behaupteten Grundstücksstreitigkeiten mit und Verfolgung durch Angehörige der Volksgruppe der ¿Jola' im Ort B.) wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.11.2005, Zahl: 04 16.248-BAW abgewiesen und unter einem festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Gambia zulässig sei. Gleichzeitig wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde unter Anführung konkreter Beispiele widersprüchlicher Angaben (Seiten 71 des Erstbescheides) für unglaubhaft erachtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen das Vorbringen des Beschwerdeführers kursorisch wiederholt. Auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes wurde nicht näher eingegangen. Weitere Ausführungen, warum die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Gambia nicht zulässig sein sollte, wurden ebenso nicht getätigt.

 

3. Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 00.00.2005 zu einer auf drei Jahre bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen §§ 27, 28 SMG verurteilt. Mit Bescheid der BPD Wien vom 00.00.2006 wurde gegen den Beschwerdeführer sodann ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen, welches in Rechtskraft erwuchs.

 

Am 04.09.2008 führte der Asylgerichtshof eine mündliche Verhandlung durch, die im Wesentlichen folgenden Verlauf nahm:

 

"(..)

 

Der VR prüft nach Aufruf der Sache die Identität und Stellung der Anwesenden sowie etwaige Vertretungsbefugnisse wie oben eingetragen.

 

?Nach Aufruf der Sache um 10.00 Uhr ist der BF nicht zur Verhandlung erschienen.

 

Mit dem Beginn der Verhandlung wird zugewartet.

 

Nach neuerlichem Aufruf der Sache um 10.15, 10.30, 10.45 und 11.00 Uhr ist der BF noch immer nicht erschienen.

 

Festgehalten wird, dass die Ladung dem Bf. der Aktenlage nach ordnungsgemäß durch Hinterlegung am 12.08.2008 zugestellt worden ist und dass die Ladung auch nicht wieder retourniert worden ist. Verwiesen wird auch auf den Aktenvermerk vom 07.08.2008, wonach ein Mitarbeiter des Flüchtlingsheims, an welchem der Bf. seinen Wohnsitz hat, kontaktiert wurde und bestätigt werden konnte, dass dieser die Unterkunft regelmäßig nutzt. Seitens des Mitarbeiters der Caritas wurde der Bf. auch persönlich von dem Ladungstermin in Kenntnis gesetzt.

 

Durch den Verhandlungsleiter veranlasste Überprüfungen am heutigen Tag haben ergeben, dass der Bf. weiterhin an seiner Meldeadresse gemeldet ist und diesbezüglich auch Leistungen der Grundversorgung bezieht. Wie eine Haftanfrage am heutigen Tag ergeben hat, befindet sich der Bf. auch nicht in Justizhaft oder Schubhaft.

 

Eine neuerliche Rückfrage bei Herrn B. von dem Caritas Flüchtlingsheim am heutigen Tag hat ergeben, dass der Bf. seit einigen Tagen abgängig ist. Er werde das amtliche Abmeldeverfahren in Kürze einleiten.

 

Aus all diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Bf. am Verfahren nicht mitwirkt und ohne jede Entschuldigung der heutigen Ladung nicht Folge geleistet hat. Sofern nicht noch irgendwelche gegenteilige Informationen (Krankheitsbestätigung des Bf. oder ähnliches) einlangen, ist insgesamt von einem unentschuldigten Fernbleiben des Bf. auszugehen, wobei er sämtliche rechtliche Konsequenzen daraus zu tragen hat.

 

Eröffnung der Verhandlung.

 

VR legt den Gegenstand der Verhandlung wie oben eingetragen dar.

 

Eröffnung des Beweisverfahrens.

 

Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert:

 

*) USDOS Human Rights Report, Gambia, 11.03.2008

 

*) UK Home Office, BIA, COI Key Documents 04.04.2008; OGN 29.08.2007

 

*) Freedom House, Gambia 2008

 

*) BAA-Staatendokumentation, 28.05.2007

 

*) aktuelle Medienberichte und länderkundliche Unterlagen (als Hintergrundinformation)

 

Der VR bringt nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis:

 

Die Menschenrechtslage in Gambia hat sich insbesondere im Zusammenhang mit einem Putschversuch 2006 verschlechtert. Politische Gegner (oder als solche geltende Personen wie manche Journalisten) des Präsidenten können in Einzelfällen Opfer von Misshandlungen durch Staatsorgane werden, beziehungsweise müssen mit Verfolgung rechnen. Von einer pauschalen existenzbedrohenden Verfolgung aller Oppositioneller kann aber nicht gesprochen werden. Religionsfreiheit ist im Allgemeinen gewährleistet. Meinungsfreiheit und politische Freiheiten (Mehrparteienstaat mit im Wesentlichen freie Wahlen) sind zwar gegeben, aber zum Teil in der Praxis eingeschränkt. Berichte über schwerwiegende interethnische Spannungen bestehen nicht. Die Volksgruppe der Jolas macht 10 % der Bevölkerung Gambias aus, die Jolas sind in der Gegend von Foni im Südwesten von Gambia konzentriert. Es existiert eine medizinische Grundversorgung, Probleme bestehen bei der Behandlung von AIDS oder anderer komplexer Krankheitsbilder.

 

VR hält zusammenfassend fest, dass das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid grundsätzlich schlüssig und detailliert dargetan hat, dass die Angaben des Bf. nicht glaubwürdig sind (S. 7-8 des Bescheides vom 03.11.2005). Hinzu kommt, dass die dem Verfahren zu Grunde gelegten Länderinformationen zwar den Schluss zulassen, dass sich für politisch missliebige Personen die Situation in Gambia in den letzten Jahren verschlechtert hat und diesbezüglich Fälle politischer Verfolgung möglich sind, andererseits aber klar ist, dass es in Gambia keine Situation eines allgemeinen Bürgerkriegs oder einer sonstig asylrelevanten Gruppenverfolgung gibt. Insbesondere ergibt sich aus den Berichten auch nicht, dass die Jolas eine in Gambia dominante Volksgruppe wären, die völlig sanktionslos gegen die Volksgruppe der Wolof vorgehen und Straftaten begehen können, sodass auch aus diesem Grund eine asylrelevante Verfolgungsgefahr wenig plausibel erscheint. Die heutige Beschwerdeverhandlung wurde insbesondere zu dem Zweck anberaumt, aufgrund des Zeitablaufs mit dem Bf. die aktuelle Lage in Gambia zu erörtern und ihm die Gelegenheit zu geben, seine persönliche Glaubwürdigkeit darzulegen. Da er diese Gelegenheit nicht genutzt hat und da wie dargetan bereits der erstinstanzliche Bescheid schlüssig begründet ist, liegt Entscheidungsreife vor.

 

Es ergeben sich aus dem Akt auch keinerlei Hinweise, dass der Bf. an schweren Krankheiten leidet oder sonst besonders vulnerabel wäre. Zur Frage der Ausweisung genügt es darauf zu verweisen, dass sich der Bf. erst ungefähr 4 Jahre in Österreich aufhält, keine Hinweise auf familiäre Bezüge vorliegen und er sich auch bereits in Gerichtshaft befunden hat.

 

Dolmetscherin gibt informativ an, dass sich Balangar zwar im Gebiet von Foni befindet, aber nicht in einem Gebiet, in welchem die Jolas dominant wären. Balangar selbst ist ein ethnisch gemischter Ort. Die Bevölkerungsmehrheit in Balangar setzt sich aus Wolof zusammen. Es handelt sich um einen kleinen Ort.

 

Schluss des Beweisverfahrens.

 

(...)".

 

4. Bis zum Entscheidungszeitpunkt ist der Beschwerdeführer nicht mit dem Asylgerichtshof in Kontakt getreten. Sein Aufenthaltsort in Österreich ist weiterhin unbekannt.

 

II. Rechtliche Beurteilung:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 03.11.2005, Zl. 04 16.248-BAW, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesasylamt hat somit ein in den wesentlichen Punkten mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die im Rahmen der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die rechtliche Beurteilung klar zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides (vgl. VwGH 25.03.1999, 98/20/0559; VwGH 30.11.2000, 2000/20/0356).

 

3.1. Die Beschwerde hält der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nichts Substantiiertes entgegen.

 

Die Erstbehörde hat insbesondere zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben sowohl hinsichtlich der Ermordung seines Bruders als auch deren Anzeige gemacht hat. Insgesamt ergibt sich aus einer Gesamtschau der verschiedenen Befragungen des Beschwerdeführers im Erstverfahren, dass er letztlich nicht belegbare und durchwegs allgemein gehaltene Angaben gemacht hat, auch ohne dass er persönliche Erlebnisse anschaulich zu schildern in der Lage gewesen wäre. Unter dem Eindruck der ebenso nur allgemein gehaltenen Beschwerde kann daher der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in diesem Zusammenhang nicht entgegengetreten werden. Konkrete Beweismittel zur Bescheinigung seines Vorbringens hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht vorgebracht.

 

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2008, zu welcher der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erschienen ist, werden ergänzend die dort angeführten Länderberichte zur Lage in Gambia und die Ausführungen zur ethnischen Zusammensetzung des Heimatortes des Beschwerdeführers zugrunde gelegt, die, sofern entscheidungsrelevant, die Einschätzung des Bundesasylamtes zur aktuellen Lage bestätigen. Hinzu tritt die in der Beschwerdeverhandlung erörterte Erwägung, wonach es sich bei der Volksgruppe der Jola in Gambia um eine kleine (auch im Vergleich zu jener des Beschwerdeführers, der Wolof) handelt. Umso unwahrscheinlicher erscheint eine aktuelle asylrelevante ethnische Verfolgung (eine politische wurde nicht ausgesprochen) in diesem Zusammenhang aus Sicht des Asylgerichtshofes.

 

3.2. Die Beurteilung der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und mangelnde Plausibilität seiner Verfolgungsbehauptung durch die Erstinstanz hat sich sohin in der mündlichen Verhandlung erhärtet und hat der Beschwerdeführer durch seine unentschuldigte Abwesenheit an der mündlichen Verhandlung am 04.09.2008 von der Möglichkeit weiterer Ausführungen nicht Gebrauch gemacht. Besondere Vulnerabilitätsaspekte (wie zB schwere Erkrankungen) sind beim Beschwerdeführer, der in Österreich strafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde und sich nunmehr dem Asylverfahren entzogen hat, nicht ersichtlich geworden. Die aktuelle Berichtslage bestätigt, dass keine (individuellen oder generellen) Fluchtgründe vorliegen und eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Gambia als nunmehr jungem Erwachsenen rechtlich zumutbar ist. Bei der Bestätigung der Ausweisungsentscheidung war neben dem Fehlen von Anhaltspunkten für familiäre Bezüge auch auf die relativ kurze Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers und seine strafrechtliche Verurteilung Bedacht zu nehmen. Die Aufenthaltsdauer von ungefähr vier Jahren in Österreich lässt für sich genommen eine andere Beurteilung ebenso nicht zu.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement, Sicherheitslage, strafrechtliche Verurteilung, Volksgruppenzugehörigkeit, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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