TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 E3 252153-0/2008

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Veröffentlicht am 11.09.2008
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Spruch

E3 252.153-0/2008-8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und den Richter Mag. HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des A.F., geb. 00.00.1980, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.07.2004, FZ. 01 23.062-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus dem Iran, stellte am 08.10.2001 beim Bundesasylamt unter dem Namen A.F. einen Asylantrag und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass er aufgrund seiner Teilnahme an Studentendemonstrationen im Jahr 1999 vom iranischen Geheimdienst verfolgt worden sei.

 

Bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 08.10.2001 und 12.11.2001 sowie bei einer Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien am 19.10.2001 gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Heimatland mit Hilfe eines Schleppers unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses lautend auf den Namen A.S. per Flugzeug verlassen. Den gefälschten Reisepass habe er dem Schlepper wieder zurückgegeben.

 

Bei einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 20.12.2001 legte der Beschwerdeführer einen auf den Namen A.F. lautenden iranischen Führerschein sowie ein Schreiben eines iranischen Gerichts, wonach Letztgenannter im Zusammenhang mit einem Vorfall im Universitätsviertel zu Gericht erscheinen möge, vor.

 

Eine vom Bundesasylamt veranlasste kriminaltechnische Untersuchung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Führerscheins führte zum Ergebnis, dass es sich bei dem fraglichen Dokument um eine Totalfälschung handeln würde. In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer per Fax eine Kopie eines auf den Namen A.S.. lautenden Boarding Passes für den Flug der Austrian Airlines und mit Eingabe vom 23.04.2002 ein Schriftstück, bei dem es sich um die Bestätigung der iranischen Polizei über die Ausstellung eines Führerscheines an A.F. handeln würde, vor.

 

Das Bundesasylamt gab eine Überprüfung der vorgelegten Gerichtsladung durch die Österreichische Botschaft in Teheran in Auftrag, welche zur vorgelegten Gerichtsladung ausführte, dass der damit befasste Vertrauensanwalt diese als echt bezeichnet habe, da sie alle notwendigen Merkmale (Siegel, Geschäftszahl, Unterschrift erscheint bekannt, Inhalt erscheint plausibel) aufweise.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2002, FZ. 01 23.062-BAW, wurde dem Asylantrag des A.F. stattgegeben, diesem in Österreich Asyl gewährt und festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass der Beschwerdeführer einen unter § 7 AsylG 1997 zu subsumierenden Sachverhalt vorgebracht habe und alle Voraussetzungen der Asylgewährung vorliegen würden. Da dem Asylantrag des Beschwerdeführers vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei, könne gemäß § 58 Abs 2 AVG eine nähere Begründung entfallen.

 

Mit Aktenvermerk vom selben Tag hielt das Bundesasylamt fest, dass sich der Asylwerber in einer Gesamtschau als glaubwürdig erweise, sodass davon ausgegangen werden könne, dass die Angaben des Beschwerdeführers den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen würden. Die von der Kriminaltechnischen Zentralstelle ohne nähere Begründung erstellte Expertise, wonach es sich bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten iranischen Führerschein um eine Totalfälschung handeln würde, sei nicht nachvollziehbar und könne die Glaubwürdigkeit des Asylwerbers nicht in Zweifel ziehen.

 

Oben genannter Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 12.12.2002 persönlich im Amt ausgefolgt und daher rechtswirksam zugestellt. Mangels Berufung erwuchs dieser mit 27.12.2002 in Rechtskraft und war das Asylverfahren mit diesem Datum rechtskräftig abgeschlossen.

 

2. Am 05.04.2004 erschien die Ehegattin des Beschwerdeführers, F.A., geb. 00.00.1976, vor dem Bundesasylamt und legte einen Reisepass lautend auf A.S. vor. Eine Kopie wurde zum Akt genommen.

 

Mit Schreiben vom 05.04.2004 teilte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer mit, dass es davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass der Beschwerdeführer - entgegen seiner Behauptungen - A.S. heiße und legal mit einem belgischen Schengensichtvermerk in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Aufgrund dieser neu hervorgekommenen Tatsachen würde es an der Glaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens des Beschwerdeführers mangeln. Da das Bundesasylamt bei Erlassung des Bescheides vom 12.12.2002, FZ. 01 23.062-BAW von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers ausgegangen sei, werde dieses das Asylverfahren von Amts wegen wiederaufnehmen.

 

In seiner Stellungnahme vom 25.04.2004 zu dem Schreiben des Bundesasylamtes vom 05.04.2004 beteuerte der Beschwerdeführer, dass sein wahrer Name A.F. sei und legte zum Beweis dafür zwei Zertifikate des internationalen Hapkido-Verbandes vor, die mit seinem Lichtbild versehen sind und seinen Namen bestätigen würden.

 

Am 30.06.2004 führte das Bundesasylamt eine niederschriftliche Einvernahme durch. Die als Zeugin geladene Ehegattin des Beschwerdeführers ließ sich entschuldigen. Im Zuge der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, er sei im Oktober 2003 über die Türkei auf dem Landweg für 14 Tage unter Verwendung des gefälschten Reisepasses, den seine Frau im März 2003 vom Schlepper in Belgien organisiert hätte, in den Iran gereist, da seine Mutter todkrank im Spital gelegen wäre. Unter diesen Umständen sei ihm das Risiko im Iran egal gewesen, er habe seine Mutter besuchen müssen. Er sei mit dem gefälschten Reisepass auch wieder nach Österreich zurückgereist, anschließend habe ihm seine Frau den gefälschten Pass weggenommen und diesen dem Bundesasylamt vorgelegt.

 

Am 14.07.2004 wurde die Ehegattin des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt zeugenschaftlich einvernommen. Dabei führte diese aus, dass sie ihre Behauptung, ihr Mann trete unter falschen Namen auf, aufrecht halten würde. Er heiße mit Vornamen S. und mit Nachnamen A.. Ihr Mann sei wegen der Hochzeit seines Bruders im Iran gewesen, seine Mutter sei völlig gesund. Den Reisepass ihres Mannes habe sie diesem am 07.07.2004 zurückgegeben. Sie sei deswegen in psychischer Behandlung gewesen, da sie, als sie ihren Mann mit einem anderen Mann im Bett gesehen habe, einen Schock bekommen habe. Nunmehr sei sie ganz gesund. Im Zuge der zeugenschaftlichen Einvernahme legte die Gattin des Beschwerdeführers eine beglaubigte Kopie des Reisepasses ihres Ehegatten vor.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.07.2004, zugestellt durch Hinterlegung am 19.07.2004, verfügte das Bundesasylamt von Amts wegen die Wiederaufnahme des den Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahrens (Spruchpunkt I.) und wies gleichzeitig den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 08.10.2001 gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt II.). Weiters erklärte das Bundesasylamt die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, für zulässig (Spruchpunkt III.) und wies diesen gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt IV.).

 

Das Bundesasylamt traf die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer A.S. heiße, er legal unter Verwendung des iranischen Reisepasses am 01.10.2001 in Österreich eingereist sei und seine im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren angegebenen Fluchtgründe nicht der Wahrheit entsprechen würden.

 

Begründend führte das Bundesasylamt aus, der Beschwerdeführer habe sich den positiven Asylbescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2002 durch Erstattung objektiv unrichtiger Angaben hinsichtlich seiner Identität, seines Fluchtweges und seines Fluchtgrundes sowie durch die Vorlage eines gefälschten Führerscheines, einer falschen Sporturkunde und einer offensichtlich weiteren gefälschten Führerscheinbestätigung erschlichen.

 

Seine gesamte Fluchtgeschichte sei unglaubwürdig, da er nicht jene auf der Ladung des iranischen Revolutionsgerichtes angeführte Person sei und er zudem nach Asylgewährung in den Iran zurückgekehrt und dort für zwei Wochen aufhältig gewesen wäre. Die behaupteten Fluchtgründe seien keiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Ein Eingriff in Art 3 und 8 EMRK liege nicht vor.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26.07.2004 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet). Gegen die von Amts wegen verfügte Wiederaufnahme aufgrund angeblicher Asylerschleichung führte der Beschwerdeführer ins Treffen, dass der Behörde hinsichtlich der Ermittlung seiner Identität ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen sei, zumal sie sein Anbot, weitere seine Identität bezeugende Dokumente beizubringen, sowie seine Anregung zur Betrauung eines Vertrauensanwaltes im Iran mit der Prüfung seiner Identität nicht berücksichtigt und statt dessen festgestellt habe, er heiße A.S.. Weiters habe die Behörde, obwohl sie den gefälschten Pass in Händen hatte, die Echtheit dieses Dokuments nicht geprüft. Hätte sie das gemacht, wäre die Unechtheit des Reisepasses zu Tage getreten und hätte sie festgestellt, dass seine Angaben richtig sind. Darüber hinaus wäre den Aussagen seiner Ehefrau mehr Glauben geschenkt worden, ohne dass ihm ihre Aussagen als solche vorgehalten worden wären oder er Gelegenheit gehabt hätte, Fragen an diese zu stellen. Er beantrage sohin, Spruchpunkt I. und in der Folge auch die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

 

4. Mit Schreiben vom 14.04.2005 forderte der Unabhängige Bundesasylsenat den Beschwerdeführer auf, das Original des iranischen Reisepasses lautend auf A.S. binnen einer Frist von zwei Wochen vorzulegen, woraufhin dieser am 25.04.2005 vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat erschien und angab, er habe den Pass, als er ihn von seiner Gattin vor zirka einem Jahr zurückerhalten habe, weggeworfen.

 

Mit Vollmacht vom 02.09.2005 bevollmächtigte der Beschwerdeführer Mag. F. MEHRDAD, Hermanngasse 27/28, 1070 Wien, mit seiner Vertretung vor Behörden aller Art.

 

Am 07.02.2007 langte beim Bundesasylamt eine Mitteilung gemäß § 57 Abs 5 AsylG 2005 des Standesamtes Wien ein, wonach der Beschwerdeführer voraussichtlich am 10.02.2007 M.A., geb. 00.00.2007, ehelichen werde.

 

5. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zur Unzulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens:

 

2.1. Gemäß § 69 Abs 3 AVG kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

 

Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

 

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

 

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

 

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

Das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ist im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtskraft von Bescheiden nach der Judikatur "streng" zu prüfen (zB VwGH 26.04.1984, 81/05/0081).

 

Unter Erschleichung ist ein vorsätzliches - nicht bloß kausales oder bloß fahrlässiges - Verhalten der Partei im Zuge des Verfahrens zu verstehen, das darauf abzielt, einen für sie günstigen Bescheid zu erlangen (VwSlg 944 A; VwGH 07.07.1992, 90/08/0164). Es kann sich um die Aufstellung unrichtiger Behauptungen oder um das Verschweigen relevanter Umstände handeln (VwSlgNF 1557 A, 2887 A; VwGH 29.06.1989, 89/09/0020; 21.11.2001, 97/08/0579). Von einem Erschleichen kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn falsche Angaben gemacht werden, die die Behörde im Zuge eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens als solche hätte erkennen können (VwSlgNF 4455 A; VwGH 25.04.1995, 94/20/0779).

 

2.2. Im angefochtenen Bescheid begründete das Bundesasylamt die amtswegige Wiederaufnahme des am 27.12.2002 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens betreffend den Beschwerdeführer damit, dass sich dieser durch Erstattung objektiv unrichtiger Angaben hinsichtlich seiner Identität, seines Fluchtweges und seines Fluchtgrundes sowie durch die Vorlage eines gefälschten Führerscheines, einer falschen Sporturkunde und einer offensichtlich weiteren gefälschten Führerscheinbestätigung den positiven Asylbescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2002 erschlichen habe.

 

Das Bundesasylamt stützte seine Feststellung, der Beschwerdeführer heiße A.S., implizit auf die diesbezüglichen Angaben der Gattin des Beschwerdeführers im Zuge ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme vom 14.07.2004, ohne dass dem Beschwerdeführer diesbezüglich Parteiengehör oder die Möglichkeit zur Fragestellung eingeräumt worden wäre. Weiters hat das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid keinerlei Ausführungen getätigt, warum die Aussagen der Gattin glaubwürdiger erscheinen als jene des Beschwerdeführers und hat den Hinweis des Beschwerdeführers, wonach die Aussagen seiner Gattin ihre Begründung in den zwischen ihnen bestehenden Eheproblemen finden könnten, überhaupt nicht berücksichtigt. Vielmehr legte die Behörde ihrem Bescheid die Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers zugrunde, ohne sich beweiswürdigend dahingehend zu äußern, warum diesen Glauben zu schenken ist. So ging das Bundesasylamt in seinem Bescheid - den Ausführungen der Ehegattin entsprechend - unter anderem auch davon aus, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2003 aufgrund der Hochzeit seines Bruders vorübergehend in den Iran zurückgekehrt sei, äußerte sich aber mit keinem Wort, warum es seine Angaben, wonach er aufgrund der schweren Krankheit seiner Mutter heimgekehrt wäre, für unwahr erachtete.

 

Das Bundesasylamt ging offenbar, ohne eine kriminaltechnische Untersuchung zu veranlassen, von der Echtheit des von der Gattin des Beschwerdeführers am 05.04.2004 beim Bundesasylamt in Vorlage gebrachten iranischen Reisepass lautend auf den Namen A.S. aus, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens stets angab, bei diesem Reisepass würde es sich um eine Fälschung handeln und er sei unter Verwendung dieses falschen Namens in Österreich eingereist. Das Bundesasylamt hat es unterlassen, den von der Gattin des Beschwerdeführers vorgelegten Reisepass auf seine Echtheit zu überprüfen, obwohl aus den Aussagen des Beschwerdeführers diesbezüglich Zweifel aufgetreten sind. Das Bundesasylamt hat lediglich eine Kopie des Reisepasses angefertigt und diese zum Akt genommen, es jedoch verabsäumt eine kriminaltechnische Untersuchung des Dokuments zu veranlassen, welche dessen Echtheit bzw. Unechtheit klären hätte können. Somit schlägt auch der Begründungsversuch des Bundesasylamtes, die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach der Reisepass eine Fälschung sei, wäre nicht geeignet, die Feststellung der erkennenden Behörde zu erschüttern, zumal der Beschwerdeführer seit 07.07.2004 im Besitz dieses Reisepasses gewesen sei und diesen bis dato dem Bundesasylamt nicht vorgelegt habe, nicht durch, da besagter Reisepass bereits am 05.04.2004 physisch bei der Behörde vorgelegen ist, es jedoch unterlassen wurde eine kriminaltechnische Untersuchung einzuholen.

 

Das Bundesasylamt führte im angefochtenen Bescheid aus, dass sich die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aus der Vorlage eines gefälschten Führerscheines, einer falschen Sporturkunde (gemeint wohl die beiden vorgelegten Zertifikate des internationalen Hapkido-Verbandes) und einer offensichtlich gefälschten Führerscheinbestätigung ergebe, legte aber nicht dar, wie sie zur Annahme gelangt, dass insbesondere die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zertifikate des internationalen Hapkido-Verbandes und die Bestätigung über die Ausstellung eines Führerscheines gefälscht sind, zumal auch betreffend dieser Dokumente keine Untersuchung veranlasst wurde. Hinsichtlich des vorgelegten iranischen Führerscheins des Beschwerdeführers gab das Bundesasylamt eine kriminaltechnische Untersuchung in Auftrag, welche zum Ergebnis führte, dass es sich dabei um eine Totalfälschung handelt, doch beurteilte es die eingeholte Expertise - wie aus dem Aktenvermerk vom 12.12.2002 hervorgeht - als nicht nachvollziehbar, da diese ohne nähere Begründung getroffen worden sei. Im angefochtenen Bescheid ging das Bundesasylamt aber abweichend vom Aktenvermerk vom 12.12.2002 - ohne nähere Begründung - davon aus, dass der vorgelegte iranische Führerschein eine Totalfälschung sei.

 

Der erkennende Senat hält es daher - entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes - für nicht erwiesen, dass der Beschwerdeführer den Namen A.S. trägt, sondern erachtet das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er A.F. heiße und er unter Angabe des Falschnamens A.S. in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist für nicht schlicht unglaubwürdig.

 

Es kann daher - ohne näherer Überprüfung, beispielsweise auch durch Beiziehung eines Vertrauensanwaltes, - nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer den positiven Asylbescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2002 durch Erstattung unrichtiger Angaben hinsichtlich seiner Identität erschlichen hätte. Die Verfügung der amtswegigen Wiederaufnahme des mit 27.12.2002 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens des Beschwerdeführers gemäß §§ 69 Abs 3 iVm 69 Abs 1 AVG war daher mangels Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nicht zulässig und waren in der Folge auch die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

 

Sohin war insgesamt Spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 7 AsylG iVm § 67d Abs 4 AVG unterbleiben.

Schlagworte
Amtswegigkeit, Identität, Urkundenfälschung, Wiederaufnahme
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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