TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/15 B9 311176-1/2008

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Veröffentlicht am 15.09.2008
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Spruch

B9 311.176-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 iVm § 75 Abs. 7 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Vorsitzende und den Richter Mag. Stefan HUBER als Beisitzer über die Beschwerde der Q.E., geboren am 00.00.2007, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2006, Zl. 07 00.368 - BAW, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und Q.E. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass Q.E. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Die minderjährige Berufungswerberin, eine in Österreich am 00.00.2007 geborene Staatsangehörige der Republik Kovoso, stellte am 11.01.2007 vertreten durch den Vater Q.A., geb. 00.00.1977, am 11.01.2007 in Österreich einen Antrag internationalen Schutz im Familienverfahren im Sinne der Bestimmung des § 34 AsylG 2005. Der Vater Q.A., geb. 00.00.1977, sowie die Mutter Q.G., geb. 00.00.1981, und die Brüder Q.E., geb. 00.00.2001, und Q.X., geb. 00.00.2002, waren illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hatten am 06.10.2003 Anträge auf Gewährung von Asyl gestellt. Am 00.00.2007 wurde in Österreich Q.E. geboren.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2006, Zl. 07 00.368-BAW, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin vom 11.01.2007 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), weiters gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in Folge so bezeichnete) Berufung.

 

Mit Erkenntnis des erkennenden Asylgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. B9 302.086-2/2008/3E, wurde der Beschwerde des Vaters Q.A. gegen den diesen betreffenden erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.07.2006, Zl. 03 30.391 - BAW, stattgegeben und dem Vater Q.A. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem Vater Q.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, ist von einer Senatszuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.

 

Der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde am 11.01.2007 gestellt, das gegenständliche Verfahren wird daher nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 geführt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vor geht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Die minderjährige, in Österreich geborene Beschwerdeführerin brachte im gesamten Asylverfahren keine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete Verfolgungsbehauptung maßgeblicher Intensität vor. Die Beschwerdeführerin brachte sohin keine eigenen Fluchtgründe vor.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die minderjährige Tochter des Q.A., geb. 00.00.1977. Dies ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Q.A. unter Vorlage der Geburtsurkunde; auch das Bundesasylamt ging davon aus, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Tochter des Q.A. handelt. Es handelt sich sohin bei der Beschwerdeführerin um eine Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes.

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin brachte zwar keine eigenen Fluchtgründe vor. Da aber dem Vater Q.A. mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zahl B9 302.086-2/2008/3E, Asyl gewährt wurde, war auch in Bezug auf die Berufungswerberin im Hinblick auf die Bestimmung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 mit einer Asylgewährung vorzugehen.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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