TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/19 A1 257027-2/2008

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Veröffentlicht am 19.09.2008
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Spruch

A1 257.027-2/2008/5E

 

J.E. alias A.A.

 

Geb. 00.00.1987

 

StA. Nigeria

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Vorsitzenden und den Richter Dr. Christian Filzwieser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Ines Csucker über die Beschwerde des J.E., StA. Nigerias, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2008, FZ. 03 25.803-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und 2 AsylG 1997 idF BGBl Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

Der Beschwerdeführer beantragte am 27.8.2003 die Gewährung von Asyl.

 

Am 3.1.2005 und am 11.3.2008 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt zu seinem Asylantrag niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab er im Wesentlichen Folgendes an:

 

Am 3.1.2005:

 

...

 

F: Bitte nennen Sie Ihre Vor und Familienname, Ihr Geburtsdatum sowie Ihre Staatsangehörigkeit.

 

A: Mein Vorname ist J., mein Familienname ist E.. Ich bin geboren am 00.00.1987. Ich bin Sta. Von Nigeria.

 

Es werden alle persönlichen Daten des Antragstellers in den Datengruppen aufgenommen.

 

Der Antragsteller wird über die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Flüchtlingsberaterin hingewiesen.

 

F: Legen Sie bitte identitätsbezeugende behördlich ausgestellte Dokumente vor, wie einen Reisepass, eine Identitätskarte usw.

 

A: Ich habe und hatte solche nicht.

 

Zur Person:

 

Ich gehöre der Ethnie der Ibo an und spreche ich neben Englisch, die Sprache Ibo.

 

F: Besuchten Sie die Schule?

 

A: Ja. Ich besuchte sechs Jahre die Grundschule in Nnewi. Nach Beendigung der Schule half ich meinem Vater beim Handel.

 

F: Welchen Handel betrieb ihr Vater.

 

A: Autoersatzteile.

 

F: Bitte geben Sie an, wann sie ihre Wohnadresse in Nnewi verließen um in weiterer Folge nach Österreich zu reisen.

 

A: Anfang August 2003 verließ ich meine Wohnadresse in Nnewi. Ein Mann brachte mich mit einem großen Auto nach Lagos. Ein weiterer Mann brachte mich dann durch den Busch in ein Nachbarland. Dort wurde ich auf ein Schiff geschmuggelt. Auf dem Schiff war ich ca. 3 Wochen. Wo ich ankam, weiß ich nicht. Nach einer Nacht in einem Hotel kam ich dann mit einem Zug nach Österreich.

 

F: Wie lange blieben sie in Lagos auf ihrer Flucht?

 

A: In der Nacht fuhren wir von Nnewi nach Lagos, dort kamen wir am Morgen an. Den Tag und die darauf folgende Nacht verbrachten wir in Lagos. Dann fuhren wir ins Nachbarland.

 

F: Bitte nennen Sie Ihre Fluchtgründe. Tun Sie dies bitte konkret und detailgenau.

 

A: Mein Problem ist, dass mein leben in Gefahr ist. Und zwar, nachdem mein Vater im Mai 2003 verstorben ist. Eine Woche nach seinem Tod befanden wir uns eines Abends gemeinsam mit meiner Mutter und meinen Schwestern zu Hause, als zwei Männer kamen. Sie sagten, dass sie meiner Mutter etwas zu berichten hätten und meine Mutter ging mit ihnen mit.

 

Als meine Mutter zurückkam, erzählte sie, dass die Männer ihr erzählt hätten, dass mein Vater einer society angehörte, als er noch lebte. Die Vereinbarung mit dieser society ist, dass wenn mein Vater stirbt, sein Sohn seinen Platz einnehmen muss. Meine Mutter sagte ihnen, dass sie nichts davon wisse. Die Männer hatten meiner Mutter einen Brief mit einem Datum und einer Adresse gegeben, zu der ich kommen sollte. Nachdem die Männer gegangen waren, sagte meine Mutter, dass wir mit dem Pastor reden müssten, weil sie von der ganzen Sache nichts gewusst hat. Wir gingen also zum Pastor und erzählten ihm die ganze Geschichte.

 

Der Pastor sagte, dass wir beten müssen und dann den Brief verbrennen sollten. Er sagte mir auch, dass ich nicht hingehen sollte.

 

Eine Woche später kam ich gerade von einem Freund nach Hause, der nicht weit von uns entfernt wohnte. Ich sah ein Auto, einen 504er bei unserem Haus geparkt. Ich dachte, dass die Leute in dem Auto nach jemanden suchen würden.

 

Als ich zu dem Auto kam, forderten mich die Leute auf ins Auto einzusteigen. Als ich mich weigerte, zwangen sie mich ins Auto einzusteigen. Sie brachten mich zu einem Zimmer, wo sie mich einsperrten.

 

Dort behielten sie mich bis am Abend und sagten mir, dass ich zu dieser Adresse kommen müsse, andernfalls wären sie für das was mir passieren würde, nicht verantwortlich. Ich kam dann nach Hause zurück.

 

Als ich meiner Mutter davon erzählte, sagte sie mir, dass wir noch einmal zu dem Pastor müssen.

 

Als der Pastor das alles hörte, sagte er, dass die Situation jetzt wirklich fürchterlich sei und dass ich ein paar Kleider holen und vorübergehend bei ihm bleiben soll. Meine Mutter holte ein paar Kleider und blieb ich in der Folge für zwei Monate beim Pastor. Danach übergab mich der Pastor diesen Mann und sagte mir, dass mir helfen würde in Sicherheit zu kommen. Dieser Mann verhalf mir dann zur Flucht und so fand ich mich hier wieder.

 

F: Haben Sie alle Ihre Fluchtgründe angegeben oder möchten Sie dem Angegebenen noch etwas hinzufügen?

 

A: Ich habe alles angegeben und dem Gesagten nichts mehr hinzuzufügen.

 

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Nigeria?

 

A: Diese Leute bedrohen mein Leben. Ich habe Angst vor ihnen. Ich weiß nicht, was passieren würde.

 

F: Wann und wie wurde ihr Leben bedroht.

 

A: Das erste Mal, als sie zu uns nach Hause kamen und meine Mutter informierten. Als sie mich dann abholten und in das Zimmer sperrten.

 

Ich weiß ja nicht, was als nächstes passiert wäre.

 

F: Hatten Sie in ihrem Heimatland Probleme mit den staatlichen Behörden, Sicherheitsbehörden oder den Gerichten?

 

A: Nein.

 

F: Wandten sie sich jemals an die nigerianischen Behörden um die behaupteten Geschehnisse denen zur Kenntnis zu bringen und um Hilfe und Schutz zu ersuchen?

 

A: Als wir beim Pastor waren, sprachen wir darüber, ob wir zur Polizei gehen sollten. Der Pastor sagte jedoch, dass es diese Leute seien die die Polizei bestechen und dass niemand wissen könnte, was passieren würde, wenn wir wirklich zur Polizei gingen.

 

F: Sie haben also ihre Flüchtgründe nicht den nigerianischen Behörden zur Kenntnis gebracht.

 

A: Nein.

 

F: Den Brief betreffend: Was stand in diesem Brief genau.

 

A: Ich weiß es nicht, ich habe diesen Brief nicht gelesen. Meine Mutter gab den Brief den Pastor.

 

F: Bei welcher society wäre ihr Vater gewesen?

 

A: Ich weiß den Namen der society nicht.

 

F: Aus welchen Gründen riet ihnen der Pastor an, nicht zur society zu gehen.

 

A: Ich wollte nicht zu dieser society, weil ich zu keiner society möchte, weil ich ja Christ bin. Der Pastor sagte mir, dass diese Leute bestimmte Riten befolgen und es schwer für mich sein würde, von dort wieder weg zu gehen.

 

F: Warum sehen sie jetzt ihr Leben von der society bedroht.

 

A: Sie haben meine Mutter schon gewarnt. Sie haben mich entführt und sagten mir auch, dass sie für nichts garantieren könnten, wenn ich am letzten Freitag des Monats nicht zu ihnen kommen würde.

 

F: Vor was wurde ihre Mutter gewarnt.

 

A: Das war an dem Tag, als sie zu uns nach Hause kamen und meine Mutter mit ihnen hinaus ging. Meine Mutter sagte mir das nur, ich selbst war bei dem Gespräch nicht dabei. Das war an dem Tag als sie ihr den Brief gaben.

 

Fragewiederholung:

 

A: Wie ich schon sagte, war ich bei diesem Gespräch nicht dabei, meine Mutter war ja mit ihnen hinausgegangen.

 

F: Wieso können sie dann die Behauptung aufstellen, dass ihre Mutter gewarnt wurde.

 

A: Wie ich ihnen schon sagte, sagte mir meine Mutter, dass diese Leute ihr gesagt hätten, dass mein Vater ein Mitglied dieser society war.

 

F: Wann wurden sie entführt?

 

A: eine Woche nachdem sie zu uns nach Hause gekommen waren.

 

F: Beschreiben sie ihre angegebene Entführung detailgenau.

 

A: ich kam von einem Freund nach Hause, und sah einen 504er nicht weit von unserem Haus geparkt. Darin saßen zwei Männer. Als ich vorbei ging riefen sie mich, ich dachte sie wollten mich etwas fragen. Als ich zum Auto kam, forderten sie mich auf ins Auto einzusteigen. Ich weigerte mich. Sie zwangen mich einzusteigen und fuhren mit mir davon.

 

F: Wie lange fuhren sie mit dem Auto.

 

A: Weiß ich nicht.

 

F: Wo kamen sie nach der Autofahrt an.

 

A: In einem Zimmer.

 

F: Sie wurden mit dem Auto bis in die Mitte des Raumes gefahren?

 

A: Nein.

 

F: Sondern?

 

A: Ich kenne den Ort nicht.

 

F: Wieso blieben Sie nicht in Nigeria?

 

A: Ich kenne keinen anderen Ort in Nigeria. Ich habe immer bei meinen Eltern in diesem Dorf gelebt.

 

F: Welche Gründe stehen gegen ihren Verbleib in Nigeria.

 

A: Es war nicht mein Plan, das Land zu verlassen. Es war der Pastor, der das so bestimmt hat.

 

F: Wieso fahren Sie in die Schweiz?

 

A: Als ich im Februar aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatte ich Probleme. Ich hatte nichts zu wohnen und nichts zu essen. Ich traf mich mit einem Freund, ein weiterer kam hinzu, der hatte einen Bruder in der Schweiz und so wurde vorgeschlagen einfach in die Schweiz zu fahren, weil uns der Bruder in der Schweiz helfen würde.

 

F: In der Schweiz verwendeten sie die Identität A.A., geboren am 00.00.1985, unbekannte Herkunft.

 

Ihre Erklärung!

 

A: Das war die Idee des Bruders meines Freundes. Er sagte mir, dass ich nicht sagen dürfe, dass ich aus Österreich bin, weil man mich sonst nach Österreich oder nach Nigeria zurückbringen würde.

 

F: Möchten Sie noch etwas angegeben in ihrem Asylverfahren?

 

A: Nein.

 

...

 

Am 11.3.2008:

 

...

 

F: Wann verließen Sie das Dorf U. in Nnewi um aus Nigeria auszureisen?

 

A: 2003.

 

F: Wann genau im Jahre 2003 gingen sie weg von ihrer Wohnörtlichkeit?

 

A: Glaublich im Juli 2003.

 

F: Von Nnewi gingen sie nach Verlassen ihrer Wohnstatt wohin?

 

A: Nach Lagos. Dann in ein Nachbarland, in welches weiß ich nicht.

 

F: Ausgereist aus Nigeria sind sie wann?

 

A: Ende Juli 2003.

 

F: In Nigeria lebten sie gemeinsam mit welchen Personen zusammen?

 

A: Mit meiner Mutter.

 

F: haben sie Geschwister?

 

A: Ja, zwei, Schwestern.

 

F: Wo leben ihre Schwestern?

 

A: Sie sind verheiratet, sie leben in Nnewi.

 

F: Waren ihre Schwester im Jahre 2003, also vor ihrem Fluchtantritt auch verheiratet?

 

A: Nein.

 

F: Wo haben ihre Schwestern gelebt als sie noch in Nigeria waren?

 

A: Na, auch zu Hause mit mir und mit meiner Mutter.

 

F: Lebte noch wer gemeinsam mit ihnen in Nigeria?

 

A: Nein.

 

F: Ihr Vater, vielleicht?

 

A: Nein, der starb Ende 2002.

 

F: Haben sie Brüder?

 

A: Nein. Ich bin der einzige Sohn.

 

F: Haben sie die Schule besucht?

 

A: Sechs Jahre die Grundschule. Weitere Schulen besuchte ich nicht.

 

F: Wann, in welchem Jahr gingen sie von der Grundschule ab?

 

A: Weiß nicht.

 

F: Wie alt waren, als sie die Grundschule verließen?

 

A: (AW denkt, und denkt)

 

F: Wieso denken sie solange nach?

 

A: Glaublich 1998 verließ ich die Grundschule.

 

F: Nennen sie doch bitte den Namen ihrer Mutter und ihres Vaters.

 

A: A. und J..

 

F: Name der Schwestern bitte.

 

A: N., C..

 

F: Bitte nennen Sie Ihre Fluchtgründe. Tun Sie dies bitte konkret und detailgenau.

 

A: ich hatte Probleme mit einer Gruppe, deren Mitglied mein Vater war.

 

(AW hört zu sprechen auf).

 

Fragewiederholung:

 

A: Nach dem Tod meines Vaters, einige Monate später..

 

F: Wann war das konkret?

 

A: Weiß nicht.

 

F: Setzen sie bei der Schilderung der Fluchtgründe bitte fort.

 

A: Also einige Monate nach dem Tod meines Vaters, kamen zwei Männer um meine Mutter zu treffen. Sie sprachen mit ihr. Ich frage nachdem die Männer gegangen wären meine Mutter nach den Männern. Sie sagte, dass mein Vater zu denen gehörte. Ich müsse denen beitreten als einziger Sohn. Meine Mutter sagte, dass hätte sie bis zum Tod meines Vaters nicht gewusst.

 

Nach einiger Zeit kamen sie wieder...

 

F: Wann kamen sie wieder?

 

A: Sagen wir zwei Wochen danach.

 

F: Konkret. In welchem Monat in welchem Jahr kamen Männer wieder.

 

A: Sie kamen zwei Wochen danach wieder.

 

F: Sie wissen es nicht anzugeben?

 

A: Ja.

 

F: Setzen sie fort:

 

A: Also, sie kamen wieder. Ich war Einkaufen. Als ich nach Hause kam sah ich ein Auto vor dem Haus parken. Zwei Männer saßen im Auto. Sie riefen mich, sie gaben vor mich etwas fragen zu wollen, sie brachten mich in ein Haus. Zwei Tage wurde ich dort angehalten, nach den zwei Tagen wurde ich freigelassen, sie gaben mir einen Zettel mit einer Adresse den ich meiner Mutter übergeben sollte.

 

Diesen Zettel gab ich meiner Mutter. Meine Mutter suchte mich als ich verschwunden war. Ich erzählte ihr alles. Sie brachte mich zu einem Pastor, nach Erklärung meiner Probleme erklärte er meiner Mutter, ich solle einige Zeit bei ihm bleiben. Nach einiger Zeit meinte er dann, es wäre besser, wenn ich das Land verlasse.

 

F: Ab wann haben sie daher nicht mehr zu Hause gelebt in Nnewi bei ihrer Mutter und ihren Schwestern?

 

A: Seit Beginn des Jahres 2003.

 

F: Was ist für sie der Beginn des Jahres. Welche Monate gehören für sie zum Jahresbeginn.

 

A: Vielleicht Februar oder März 2003. Seit jenen Monaten im Jahre 2003 lebte ich nicht mehr zu Hause.

 

F: Sie gaben an, Ende 2002 seine ihr Vater verstorben. Welche Monate umfassen für das Ende des Jahres 2002.

 

A: Oktober oder November 2002 ist mein Vater verstorben.

 

F: Wie geht es ihrer Mutter nun?

 

A: Ja, es geht so, manches Mal ist sie krank.

 

F: Wie geht es ihren Schwestern und deren Ehegatten?

 

A: Eine ist nur verheiratet. Eine ist noch immer bei meiner Mutter lebend. Es geht.

 

Ich habe mit ihnen schon lange nicht mehr gesprochen.

 

F: Wann haben sie zuletzt Kontakt gehabt mit ihren Familienangehörigen, Mutter und Schwestern.

 

A: Dezember 2007.

 

F: haben sie Neuigkeiten erfahren bei Kontaktaufnahme im Dezember 2007.

 

A: Nein. Ich fragte sie nur wie es ihnen ginge.

 

F: Was haben sie geantwortet?

 

A: Sie antworteten, dass alles in Ordnung sei.

 

F: Haben Sie alle Ihre Fluchtgründe angegeben oder möchten Sie dem Angegebenen noch etwas hinzufügen?

 

A: Ich habe alles angegeben.

 

F: Haben sie nichts zu erwähnen vergessen?

 

A: Nein, nichts.

 

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Nigeria?

 

A: Ich verließ das Land wegen der Entführung durch diese Leute.

 

Fragewiederholung:

 

A: Ich weiß nicht was geschieht.

 

F: Sagen sie, ich frage sie jetzt zwei Mal nach ihren Befürchtungen. Sie machen keine Befürchtungen geltend. Muss ich daher annehmen, dass sie keine Befürchtungen haben im Falle der Rückkehr? Sie hätten mir jetzt ihre Befürchtungen sagen können. Das taten sie nicht, daher muss ich annehmen, dass sie keine Befürchtungen haben.

 

A: Wegen der Entführung brachte mich meine Mutter zum Pastor.

 

F: Wer waren ihre Entführer, wer waren jene Männer die mit ihrer Mutter gesprochen hätten?

 

A: Weiß ich nicht.

 

F: Weshalb wurden sie entführt?

 

A: Sie, die Männer sagten, sie hätten eine Vereinbarung mit meinem Vater gehabt.

 

F: Welche Vereinbarung hätten die Männer gehabt?

 

A: Ich hätte dieser Gemeinschaft beitreten sollen, als einziger Sohn meines Vaters.

 

F: Welcher Gemeinschaft?

 

A: Weiß ich nicht.

 

Es gibt in Nigeria viele Gesellschaften.

 

F: Handelsgesellschaften, Aktiengesellschaften gibt es viele.

 

A: Ich denke...

 

F: Also, welche Gesellschaft konkret meinen sie.

 

A: Ich meine eine Geheimgesellschaft.

 

F: Was macht die Geheimgesellschaft. Wieso ist sie geheim. Ist das eine mafiaähnliche Organisation oder ist die Gesellschaft zu einem anderen Zweck gegründet.

 

A: Weiß ich nicht.

 

Meine Mutter sagte nur, dass es gut wäre, hier her zu gehen.

 

F: Sie wurden bereits einmal im Asylverfahren einvernommen. Damals, nämlich am 03.01.2005 machten sie ein anderes Sterbedatum für ihren Vater geltend.

 

Wie kann das sein?

 

A: Ich sagte, ich erinnere mich nicht an alles, es ist schon lange her.

 

F: Wissen sie, aus jener Widersprüchlichkeit im Sterbedatum ihres Vaters ist der gesamte zeitliche Geschehnisablauf ihres heutigen Vorbringens widersprüchlich zu ihren damaligen Angaben.

 

A: Als das alles geschah, war ich - ich erinnere mich nicht an alles.

 

F: Hatten Sie in ihrem Heimatland Probleme mit den staatlichen Behörden, Sicherheitsbehörden oder den Gerichten?

 

A: Nein.

 

F: In Österreich Probleme mit den Behörden?

 

A: Ja. Ich habe da ein Drogenproblem.

 

F: Wie oft hatten sie denn schon ein solches Drogenproblem in Österreich?

 

A: Jetzt habe ich ein solches Problem.

 

Fragewiederholung:

 

A: Drei Mal hatte ich jetzt schon ein Drogenproblem.

 

F: Was sagt ihnen das Schlagwort "Spanien"?

 

A: Ich rief meine afrikanische Freundin an, die ist in Spanien. Sie hat von Spanien Dokumente. Ich erzählte ihr von meinen Problemen, ich war damals gerade aus meiner dritten Inhaftierung entlassen worden.

 

Wir wollten in Österreich heiraten. Wir legten Dokumente vor. Jedoch wurde uns die Verheiratung untersagt.

 

F: Sie legten Dokumente für ihre Verehelichung vor?

 

A: Ja, nigerianische. Pass, Geburtsurkunde, und Papiere der Lokalregierung.

 

F: Haben sie jene genannten Dokumente auch schon einmal in Spanien in Vorlage gebracht?

 

A: Nein.

 

F: Ich lege ihnen nunmehr den Akt vor. Ich lege ihnen nunmehr jene von ihnen präsentierten Dokumente in hs. Akt, Aktenseite 331, 333, 335, 337, 339 und 341 in Kopie vor. Sind das die Dokumente die sie präsentierten und von denen sie nunmehr sprechen?

 

A: Ja.

 

F: Sind diese Dokumente, die sich in Kopie im Akt befinden, echt bzw. wahren Inhalts?

 

A: Ja.

 

F: Erklären sie mir doch bitte, wie es ihrem verstorbenen Vater möglich ist, im Juni 2007 eine beeidete Aussage zu machen, hs. Akt, Aktenseite 339.

 

A: Das Dokument wurde von jener Person unterzeichnet, die mir jene Urkunde überbrachte.

 

F: Sind die Dokumente nunmehr doch nicht echt und wahren Inhalts?

 

A: Ich verstehe die Frage nicht.

 

Fragewiederholung:

 

A: Also gut, sie sind nicht echt.

 

F: Wo sind jene Dokumente jetzt?

 

A: Ich habe sie vernichtet. Man erlaubte mir nicht zu heiraten.

 

F: Schlagwort "Schweiz". Das sagt ihnen was?

 

A: Ich versuchte dort Asyl zu bekommen. Die mich empfangende Person fragte mich dort was ich vorbringen wolle. Ich sagte, dass ich hier meine wahre Identität aufgezeigt habe und sie sagten mir, dass man mich Abschieben müsse nach Nigeria.

 

Man sagte mir, ich solle in der Schweiz Sierra Leone als Staatsangehörigkeit in meinem dortigen Asylverfahren angeben und ich solle auch eine andere Identität verwenden.

 

F: Ein zentrales Erfordernis im Asylverfahren ist die persönliche Glaubwürdigkeit eines Antragstellers.

 

Glauben sie, dass sie persönlich glaubwürdig sind?

 

A: Ich war derjenige der die Drogen bei sich hatte. Ich habe das Problem hier in Österreich.

 

F: Sind sie schon verurteilt zur letzten Tatbegehung?

 

A: Nein.

 

F: Möchten Sie noch etwas angegeben in ihrem Asylverfahren?

 

A: Nein.

 

...

 

"F: Es werden ihnen die tatsächlichen allgemeinen Gegebenheiten in Nigeria zur Kenntnis gebracht (Beilage 1). Sie haben danach die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen.

 

A: Ich fürchte um mein Leben."

 

Mit Bescheid vom 20.03.2008, FZ. 03 25.803-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG (Spruchpunkt I.) ab, erklärte gleichzeitig seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

 

Zur Person des Asylwerbers traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:

 

Der Ast. stellte am 27.08.2003 unter der behaupteten Identität J.E., 00.00.1987 geboren, StA v. Nigeria gegenständlichen Antrag auf Asylgewährung.

 

Der Ast. wurde erstmalig am 03.01.2005 im Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.01.2005 wurde über den Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgesprochen. Gleichzeitig wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asts. gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt. Gleichzeitig wurde der Ast. aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes brachte der Ast. via gesetzlicher Vertretung Berufung ein.

 

Mit Schreiben vom 08.11.2004 übermittelte das Fremdenpolizeiliche Büro der BPD Wien u.a. ein Schreiben der Schweizer Asylbehörde vom 13.08.2004. Aus jenem Schreiben (hs. Akt, Aktenseite 43) geht hervor, dass der Ast. am 13.08.2004 in der Schweiz aufhältig war und er unter der Behauptung, A.A. zu heißen, am 00.00.1985 geboren und unbekannter Herkunft zu sein, vor den Schweizer Behörden in Erscheinung trat.

 

Mit 24.09.2007 wurden von der spanischen Botschaft diverse Zivilstandsdokumente des Ast. in Kopie und eine Reisepasskopie des Ast. (eine Seite) dem Bundesasylamt übermittelt.

 

Der Ast. wurde rechtskräftig mit 00.00.2004 vom Landesgericht Wien gem. § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) Suchtmittelgesetz verurteilt.

 

Der Ast. wurde rechtskräftig mit 00.00.2005 vom Landesgericht Wien gem. § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) Suchtmittelgesetz verurteilt.

 

Der Ast. wurde rechtskräftig mit 00.00.2005 vom Landesgericht Wien gem. § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) Suchtmittelgesetz verurteilt.

 

Der Ast. wurde rechtskräftig mit 00.00.2005 vom Landesgericht Korneuburg gem. § 223/2, 224 StGB verurteilt.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat vom 27.12.2007 wurde der bekämpfte Bescheid behoben und gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Der Ast. wurde unter bestehenden Verdacht, nämlich gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen zu haben, am 14.02.2008 festgenommen.

 

Der Ast. wurde am 11.03.2008 zu seiner niederschriftlichen Einvernahme aus seiner Anhaltung in der JA Josefstadt dem BAA vorgeführt.

 

Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

 

Er reiste illegal in das Bundesgebiet, spätestens zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (27.08.2003), ein.

 

Die geltend gemachten Fluchtgründe werden der Entscheidung - mangels Glaubhaftmachung und mangels persönlicher Glaubwürdigkeit des Asts.

- nicht zu Grunde gelegt.

 

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist nicht festzustellen, dass der ASt. im Falle einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Nigeria einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgesetzt wäre.

 

Unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen existieren keine Umstände, welche einer Ausweisung der ASt. aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

 

Zur Situation im Herkunftsland trag das Bundesasylamt folgende Feststellungen:

 

Innenpolitik

 

Präsident Yar'Adua ist mit dem Versprechen angetreten, den Reformkurs seines Vorgängers fortzusetzen, der auf Einführung und Stärkung von "good governance", Korruptionsbekämpfung, Festigung ziviler Strukturen, Reform der Armee, Aufarbeitung der Vergangenheit, Wiederbelebung der Wirtschaft und Armutsbekämpfung ausgerichtet war. Das Reformkabinett Obasanjos erreichte in der Wirtschaftspolitik viele dieser Ziele (Schuldenabbau, Inflationsbekämpfung, Bankenreform), während die von den Menschen erwartete "Demokratiedividende" allerdings ausblieb. Die sozialen Schieflagen konnten nicht abgebaut werden, die Korruptionsbekämpfung hat zwar auf Bundesebene eindrucksvolle Erfolge erzielt, die aber auf der Ebene der 36 Bundesstaaten noch nicht sichtbar sind.

 

Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt der Zivilregierung erheblich verbessert. Die Regierung bekennt sich ausdrücklich zum Schutz der Menschenrechte, die auch in der Verfassung als einklagbar verankert sind. Schwierig bleiben allerdings die Rahmenbedingungen wie Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes. Hinzu kommen "alte Gewohnheiten" der Sicherheitskräfte aus langen Jahren der Militärdiktaturen, die Ausübung und Wahrnehmung der Menschenrechte beeinträchtigen, wenngleich Polizeiwillkür nunmehr geahndet werden soll.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria- Innenpolitik, Juli 2007

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Innenpolitik.html (Zugriff am 24.10.2007))

 

Bürgerkriegsgebiete:

 

Es gibt in Nigeria keine Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (Bericht d. Auswärtigen Amts 06.11.2007)

 

Wirtschaftliche Situation

 

Die wirtschaftliche Lage Nigerias hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, und die eingeleiteten Reformen der letzten zwei bis drei Jahre zeigen erste positive Resultate. Viele Beobachter sprechen von einem enormen Wachstumspotenzial in Nigeria. Grund hierfür sind vor allem die großen Öl und Gasreserven des Landes, die damit verbundenen hohen Zusatzeinnahmen, die nach Plänen der nigerianischen Regierung zu einem großen Teil für Infrastrukturprojekte (Straßenbau, Schienenverkehr, Telekommunikation, Energieversorgung) ausgegeben werden sollen.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria Wirtschaft, Juni 2007;

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Wirtschaft.html (Zugriff am 24.10.2007))

 

Grundsätzlich ist aufgrund der in Nigeria, wie auch in vielen anderen Ländern Afrikas herrschenden Massenarmut nur in Ausnahmefällen davon auszugehen, dass sich eine Person ohne besondere Fähigkeiten oder ohne finanzielle Mittel durch unqualifizierte Arbeit bzw. ohne Unterstützung aus der Armut befreien wird können. Allerdings ist es, wie das Beispiel von Millionen armer und/oder sozial und wirtschaftlich schwacher Nigerianerinnen zeigt, durchaus möglich, sowohl seine eigenen Grundbedürfnisse als auch die abhängiger Familienmitglieder zu befriedigen, wenn auch auf dem landestypischen und schichtspezifisch niedrigem Niveau.

 

Grundsätzlich besteht die Ansicht, dass junge Menschen, insbesondere Frauen auch mit geringer Schulbildung relativ gute Chancen auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt haben bzw. auch in verschiedenen selbständigen Erwerbarten.

 

(Dr. Peter Gottschligg, Bericht - Erwerbsmöglichkeiten wirtschaftlich und sozial schwacher Frauen in Nigeria, Stand Dezember 2006)

 

Medizinische Versorgung

 

Rückkehrer finden in den Großstädten eine ausreichende medizinische Versorgungslage vor.

 

Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. In letzteren können die meisten physischen und psychischen Krankheiten behandelt werden. Staatliche Heilfürsorge oder auch eine staatliche Krankenversicherung existieren nicht. Die Patienten müssen ihre Behandlung auch in staatlichen Krankenhäusern selbst bezahlen.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007)

 

Rückkehr:

 

Das Auswärtige Amt hat keine Erkenntnisse darüber, dass abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben.

 

Bislang ist dem Auswärtigen Amt kein Fall einer Verhaftung aus politischen Gründen noch im Flughafengebäude oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland bekannt geworden.

 

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Diese befinden sich jedoch in einem derart desolaten Zustand, dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.05.2006;

 

U.K. Home Office, Country Report Nigeria, 01.03.2007)

 

Erkenntnisse darüber, dass abgelehnte Asylwerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor (AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007)

 

Ausweichmöglichkeiten:

 

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repression Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen.

 

(Bericht Auswärtige Amt, 06.11.2007)

 

Hilfsorganisationen

 

Es gibt eine Vielzahl von Menschenrechtsorganisationen, die sich grundsätzlich frei betätigen können. Sie sind nach Art, Größe und Zielrichtung sehr unterschiedlich und reichen von landesweit verbreiteten Organisationen wie der CLO (Civil Liberties Organization), der CD (Campaign for Democracy) und dem CRP (Constitutional Rights Project), die sich in erster Linie in der Aufklärungsarbeit betätigen, über ethnisch verankerte Organisationen, die sich vorrangig für die Rechte bestimmter ethnischer Gruppen einsetzen, und Frauenrechtsgruppen bis hin zu in örtlichen Gemeinden verankerten Gruppen, die vor allem konkrete Entwicklungsanliegen bestimmter Gemeinden vertreten.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.05.2006)

 

Zahlreiche lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen können im Allgemeinen ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und ihre Berichte auch veröffentlichen. Die Regierung ist im Wesentlichen kooperativ und reagiert auch auf Anschuldigungen seitens der NGO¿s.

 

(U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - Nigeria, 8. März 2007)

 

INTERNATIONALE UND NICHTSTAATLICHE ORGANISATIONEN

 

Die in Nigeria aktiven internationalen Organisationen unterstützen Entwicklungsprojekte und implementieren nicht notwendigerweise eigene Reintegrationsprojekte. Sie unterstützen Regierungsmaßnahmen und Aktivitäten privater Organisationen je nach Finanzierungsprioritäten.

 

Meldewesen

 

Jeder Bewohner Nigerias kann sich in anderen Landesteilen niederlassen, da es kein Meldesystem gibt. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sich auch in der Praxis viele Nigerianer in anderen Bundesstaaten als dem Heimatstaat niedergelassen haben und dort eine wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten.

 

(U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices-Nigeria, 08.03.2007; U.K. Home Office, Country Report Nigeria, March 2007)

 

Zu einer allenfalls drohenden Doppelbestrafung nach dem so genannten Dekret 33/1990 wegen des vom Berufungswerber in Österreich verübten Drogendeliktes werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Der Titel des Erlasses Nr. 33 aus 1990 lautet "(Novellierungs-) Erlass betreffend die nationale Suchtmittelgesetzvollstreckungsbehörde". Durch den Erlass wurde das Gesetz betreffend die nationale Suchtmittelgesetzvollstreckungsbehörde (Kapitel 253 der Bundesgesetze Nigerias, 1990) abgeändert. Durch die Novellierung per Erlass Nr. 33 aus 1990 wurde diesem Gesetz folgender - hier in deutscher Übersetzung wiedergegebener - § 12 A hinzugefügt:

 

"12. A. (1) Jeder, dessen Reise in Nigeria ihren Ausgang nimmt, ohne dass bei ihm verbotene Suchtmittel oder psychotrope Substanzen entdeckt werden, bei dem sich jedoch herausstellt, dass er derartige verbotene Suchtmittel oder psychotrope Substanzen in ein fremdes Land eingeführt hat, macht sich ungeachtet der Tatsache, dass er wegen der strafbaren Handlung der unrechtmäßigen Einfuhr oder des Besitzes derartiger Suchtmittel oder psychotroper Substanzen im Ausland vor Gericht gestellt oder verurteilt wird, einer strafbaren Handlung gemäß diesem Absatz schuldig.

 

(2) Jeder nigerianische Staatsbürger, der im Ausland einer strafbaren Handlung im Zusammenhang mit Suchtmitteln oder psychotropen Substanzen für schuldig befunden wird und dadurch den Namen Nigerias in Verruf bringt, macht sich einer strafbaren Handlung gemäß diesem Absatz schuldig.

 

(3) jeder, der wegen einer strafbaren Handlung gemäß Absatz (1) oder

(2) dieses Paragraphen verurteilt wird, ist mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren ohne die Möglichkeit der Wahl einer Geldstrafe zu bestrafen und sein Vermögen und Besitz nach Maßgabe dieses Erlasses einzuziehen."

 

Nach Auffassung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs von Nigeria handelt es sich um einen Tatbestand, der sich auf das in Verrufbringen des Namens Nigerias bezieht und sich solcherart von einer ihm Ausland verübten strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Einfuhr, dem Handel oder dem Besitz von Suchtmitteln im Ausland unterscheidet. Die strafbare Handlung gemäß dem zitierten § 12 A sei nicht dieselbe wie die strafbare Handlung, deretwegen ein nigerianischer Staatsbürger im Ausland verurteilt wird, weil es unvorstellbar sei, dass ein fremder Staat einen nigerianischen Staatsbürger wegen des in Verrufbringens Nigerias verurteilen und bestrafen wird. Deshalb ist die Strafbestimmung nach Auffassung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs mit Art. 36 Abs. 9 der nigerianischen Verfassung grundsätzlich vereinbar, der lautet wie folgt:

 

"Niemand, der nachweist, dass er wegen einer strafbaren Handlung vor ein zuständiges Gericht oder Sondergericht gestellt und entweder schuldig gesprochen oder freigesprochen wurde, kann wegen der selben strafbaren Handlung oder wegen einer strafbaren Handlung, die den selben Tatbestand wie diese strafbare Handlung erfüllt, noch einmal vor Gericht gestellt werden, ausgenommen auf Anordnung eines höheren Gerichts (Anmerkung: Im Falle der Aufhebung untergerichtlicher Urteile wegen eines Verfahrensmangels und Anordnung eines neuerlichen Verfahrens)."

 

Die Frage, ob es sich bei der Bestrafung nach dem zitierten Dekret 33 aus 1990 nach bereits erfolgter Anklage oder Verurteilung wegen eines Drogendelikts im Ausland um eine nach der zitierten Verfassungsbestimmung unzulässige Doppelbestrafung handelt, unterliegt allerdings noch immer einer Prüfung durch ein nigerianisches Gericht. Ein Ergebnis dieser Prüfung liegt noch nicht vor.

 

Der zitierte § 12 A des Gesetzes betreffend die nationale Suchtmittelgesetzvollstreckungsbehörde, eingefügt durch Dekret Nr. 33 aus 1990, wurde bisher nicht aufgehoben und ist - zumindest formal - weiterhin Bestandteil der nigerianischen Rechtsordnung. Es kann jedoch - im Gegensatz zu verschiedenen verbalen Bekenntnissen zum Dekret 33 aus 1990 - nicht festgestellt werden, dass seit Anfang des Jahres 2000 Inhaftierungen, Anklageerhebungen oder Verurteilungen auf Grundlage des obzitierten § 12A des Gesetzes betreffend die nationale Suchtmittelgesetzvollstreckungsbehörde, eingefügt durch Dekret Nr. 33 aus 1990 erfolgt sind. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass nach Nigeria abgeschobene oder zurückkehrende nigerianische Staatsangehörige auf Grund des im Dekret 33 aus 1990 vorgesehenen Straftatbestandes des "Inverrufbringens des Namens Nigerias" angeklagt oder verurteilt worden sind. Es kann des Weiteren nicht festgestellt werden, dass nach Nigeria abgeschobene bzw. zurückkehrende Personen auf Grundlage der genannten Gesetzesbestimmung festgenommen oder inhaftiert worden wären. Die österreichischen Fremdenpolizeibehörden führen ebenso wie die Behörden anderer EU-Mitgliedstaaten (insbesondere Deutschland, Italien) laufend Abschiebungen nach Nigeria durch. In der ersten Hälfte des Jahres 2002 wurden von den österreichischen Behörden (auch) Personen nach Nigeria abgeschoben, die zuvor von österreichischen Gerichten wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz verurteilt worden waren. Die Ankunft der Abgeschobenen wird in der Regel am Flughafen Lagos von einem Angehörigen der Österreichischen Botschaft beobachtet, wobei eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Zusatzstrafe von Asylwerbern nach der Heimkehr nicht festgestellt werden konnte.

 

(Quellen: Schreiben der österreichischen Botschaft Lagos vom 05.12.2002 samt angeschlossener Stellungnahme des Präsidenten des obersten Gerichtshofes von Nigeria; Auskunft von ACCORD vom 13.01.2003 betreffend konkrete Anwendungsfälle des so genannten Dekrets 33 in Nigeria).

 

Es ist auch auf den aktuellen Nachtrag zum Gutachten des Vertrauensanwalt der ÖB Lagos vom 30.06.2005 zu verweisen, wonach eine Bestrafung wegen "Schädigung des Ansehens Nigeria" im Hinblick auf bedeutendere Fälle (Drogenhandel etc.) in der Praxis kaum mehr jemals vorkommt (Quelle: Nachtrag zum Schreiben es GA, von der Botschaft übermittelt vom 30.06.2005).

 

Dasselbe ergibt sich auch aus der Anfragebeantwortung des Auswärtigen Amtes Berlin vom 20.11.2006, wonach nicht davon auszugehen ist, dass die nigerianischen Behörden von der Verurteilung Kenntnis erlangt haben bzw. erlangen können. Es sei auch unwahrscheinlich, dass nigerianische Staatsangehörige die im Ausland wegen Drogendelikten verurteilt worden sind, im Fall der Rückkehr wegen des Dekrets 33 mit weiterer Strafverfolgung rechnen müssen. Es bestehe auch - nach Nachforschungen beim "Nigerian Supreme Court" in Abuja - keine Kenntnis von Fällen nigerianischer Staatsangehöriger, gegen welche laufende Verfahren auf der Grundlage von Dekret 33 anhängig sind bzw. welche bereits wegen des Dekrets 33 verurteilt worden sind. Es liegen sohin zwei aktuelle inhaltlich übereinstimmende Auskünfte vor, aus welchen sich ergibt, dass kein reales Risiko einer Bestrafung nach dem so genannten Dekret 33/1990 besteht und dieses Dekret in der Praxis nicht mehr angewandt wird (Quelle: Auskunft des Auswärtigen Amtes Berlin vom 20.11.2006, betreffend Abschiebung nigerianischer Staatsnaghöriger nach Nigeria und Strafverfolgung nach Dekret Nr. 33).

 

Zur Vorgangsweise der Fremdenpolizeibehörden bei Abschiebungen nach Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Weitergabe von Fremden betreffenden Daten ist in einem Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 01.08.2001, Zahl:

31.490/193-III/16/01 geregelt. Dieser Erlass enthält folgende für den vorliegenden Fall bedeutsame Bestimmungen:

 

"1.1. Verständigung von der Festnahme bzw. Anhaltung

 

Art. 36 des obgenannten Übereinkommens (des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963) bestimmt, dass die zuständigen Empfangsstaaten die konsularische Vertretung des Entsendestaates auf Verlangen des Betroffenen unverzüglich zu unterrichten haben, wenn in deren Konsularbezirk ein Angehöriger dieses Staates festgenommen, in Verwahrungs- oder Untersuchungshaft genommen oder sonst angehalten wird.

 

Dem gegenüber bestimmen mit einzelnen Staaten abgeschlossene Konsularverträge, dass der zuständige Konsul unverzüglich von jedem Freiheitsentzug eines Angehörigen des Entsendestaates unabhängig vom Verlangen des Betroffenen zu verständigen ist.

 

Mit afrikanischen und asiatischen Staaten wurden bis dato keine solchen Abkommen geschlossen.

 

(...)

 

Die Bekanntgabe der Festnahme bzw. der Anhaltung eines Fremden gegenüber der ausländischen Vertretungsbehörde ist daher nur zulässig, wenn der Betroffene eine solche Verständigung wünscht, es sei denn, es besteht mit dem Herkunftsstaat ein bilaterales Abkommen, welches die Verständigung unabhängig von der Zustimmung des Betroffenen vorsieht."

 

"1.2. Datenweitergabe zwecks Erlangung eines Ersatzreisedokumentes

 

Handelt es sich um einen undokumentierten Fremden, werden ausländischen Vertretungsbehörden üblicherweise nur jene Daten der abzuschiebenden Person übermittelt, die für die Feststellung der Staatsangehörigkeit und teilweise auch für die Gestattung der Einreise in den Herkunftsstaat erforderlich sind. Dies sind in der Regel die persönlichen Daten des Fremden, dh. etwa Name, Geburtsdatum, Adresse im Herkunftsstaat.

 

Die Vertretungsbehörden verlangen in zunehmendem Maße darüber hinaus Informationen über allfällige Asylverfahren, strafrechtliche Verurteilungen, Flugdaten und den Gesundheitszustand des Fremden.

 

Dazu gilt im Einzelnen Folgendes:

 

Informationen zum Asylverfahren

 

Die Regelungen des Asylgesetzes betreffend die Datenweitergabe sehen in § 21 Abs. 2 AsylG vor, dass die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat nicht zulässig ist.

 

Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise notwendigen Bewilligungen zu beschaffen, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Asylantrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und das Ergebnis der Refoulement-Prüfung dem nicht entgegensteht und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist.

 

Daraus ergibt sich, dass den ausländischen Berufsvertretungsbehörden keine Daten bekannt zu geben sind, die Rückschlüsse auf ein in Österreich durchgeführtes Asylverfahren zulassen.

 

§ 36 AsylG regelt die Verwendung personenbezogener Daten, soweit diese zur Vollziehung des AsylG, für Zwecke der Durchführung der Genfer Flüchtlingskonvention im Ausland, für die Bestimmung des zuständigen Staates nach dem Dubliner Übereinkommen und für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Abs. 3 enthält eine Aufzählung jener Stellen, denen Daten zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben übermittelt werden dürfen. Vertretungsbehörden sind dabei nicht genannt.

 

Informationen über strafrechtliche Verurteilungen

 

§ 9 Abs. 1 des Strafregistergesetzes regelt die Bekanntgabe von Verurteilungen durch inländische Strafgerichte und aller der im § 2 leg. cit. genannten Verurteilungen, sowie die sich darauf beziehenden Entschließungen des Bundespräsidenten und rechtskräftige Entscheidungen inländischer Strafgerichte in Form von Strafregisterauskünften. (...)

 

Zwischenstaatliche Vereinbarungen, nach denen ausländischen Staaten solche Auskünfte ohne besonderes Verlangen mitzuteilen sind, bleiben von der Regelung des § 9 Abs. 1 Strafregistergesetz unberührt. Solche Abkommen bestehen mit allen europäischen Staaten (ausgenommen Rumänien und Restjugoslawien), der Türkei und Israel.

 

Ausländische Vertretungsbehörden erhalten grundsätzlich keine Auskunft aus dem österreichischen Strafregister, weil gemäß den so genannten Gegenseitigkeitsabkommen (Ausnahme Deutschland) direkte Auskünfte nur für den Zweck der Strafrechtspflege zulässig sind."

 

"3. Datenweitergabe an ausländische Sicherheitsbehörden bzw. Sicherheitsorganisationen (z.B. Interpol, Europol)

 

Das Polizeikooperationsgesetz (PolKg), BGBl. I Nr. 104/1997, regelt die internatio

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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