TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/30 A3 317124-1/2008

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Veröffentlicht am 30.09.2008
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Spruch

A3 317.124-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Vorsitzende und den Richter Mag. LAMMER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin WILHELM über die Beschwerde des T.S., geb. 00.00.1991, StA. Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2008, FZ. 05 14.667-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird in den Spruchpunkten I, II und III abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Äthiopiens, reiste am 12.09.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte in weiterer Folge noch am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Er wurde hiezu sowohl am 15.09.2005, 19.09.2006 als auch am 27.11.2007 niederschriftlich einvernommen.

 

2. Zur Begründung seines Asylantrages brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aufgrund des politischen Engagements seines Vaters für eine oppositionelle Partei mit den Sicherheitsbehörden seines Herkunftslandes in Konflikt geraten zu sein. Konkret habe man zunächst Druck auf den Vater des im Betreff Genannten ausgeübt, um diesen zur Herausgabe von regierungsfeindlichen Dokumenten zu bringen. Im Zuge dieser behördlichen Aktivitäten wäre es wiederholt zu Hausdurchsuchungen und kurzfristigen Festnahmen des Vaters des Antragstellers gekommen. Des Weiteren habe man jedoch auch dem Antragsteller und dessen Mutter mit einer Verhaftung gedroht, für den Fall, dass sich diese weigern sollten im gewünschten Maße zu kooperieren. Im Mai 2005 hätten Nationalratswahlen in Äthiopien stattgefunden und wäre der Vater des Beschwerdeführers als Kandidat für die zuvor genannte Oppositionspartei aufgestellt worden. Während der Abwesenheit des Vaters hätten Sicherheitskräfte neuerlich das Wohnhaus der Familie nach belastendem Beweismaterial durchsucht, jedoch ohne Erfolg. "Als sie keine Dokumente fanden, drohten sie uns, dass wir unseren Vater niemals wieder sehen werden (Seite 27 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Die Mutter des Antragstellers habe sich daraufhin besorgt über den Verbleib ihres Gatten gezeigt und sich nach diesem auf die Suche gemacht. Nach einer Woche sei sie erfolglos nach Hause zurückgekehrt und hätten sie wenig später Sicherheitskräfte verhaftet und fünf Tage lang festgehalten. Nach ihrer Rückkehr habe die Mutter des Beschwerdeführers letztlich den Entschluss gefasst endgültig das Land zu verlassen und in weiterer Folge einen Schlepper für den im Betreff Genannten organisiert. Sie selbst sei nach dem Verkauf des Hauses ebenfalls geflohen, jedoch getrennt von ihrem Sohn und hätte letztgenannter jeglichen Kontakt zu ihr verloren. Im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland befürchte der Beschwerdeführer, "dass mir das selbe Schicksal widerfährt wie auch meinem Vater (Seite 29 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

 

3. Durch die in weiterer Folge seitens der belangten Behörde initiierten Erhebungen vor Ort, durchgeführt von der österreichischen Botschaft in Addis Abeba, konnte keine einzige der vom Antragsteller im Rahmen seiner Einvernahmen getätigten Angaben bestätigt werden. Darüber hinaus könne anhand der Kandidatenlisten eine offizielle Teilnahme des Vaters des Beschwerdeführers an den Parlamentswahlen 2005 definitiv ausgeschlossen werden und sei die angegebene Wohnadresse der Familie des im Betreff Genannten nicht auffindbar.

 

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2008, Zl. 05 14.667-BAG, wies die Erstinstanz den Asylantrag in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997 idF 101/2003 ab. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Äthiopien gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. Für zulässig erklärt. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der im Betreff Genannte gem. § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Äthiopien ausgewiesen.

 

Das Bundesasylamt hat im nunmehr angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in einer objektiv nachvollziehbaren Beweiswürdigung dahingehend begründet, wonach das Vorbringen des Antragstellers als nicht glaubhaft zu beurteilen sei, da dieses auffallend vage und durch keinerlei Beweise gestützt worden wäre. Zudem hätten auch Ermittlungen vor Ort keine Bestätigung der ins Treffen geführten Angaben erzielt, sondern vielmehr starke Zweifel am Wahrheitsgehalt der präsentierten Fluchtgeschichte aufkommen lassen.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob der im Betreff Genannte über seine rechtsfreundliche Vertreterin fristgerecht Berufung und führte in seinem Rechtsmittelschriftsatz aus, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland einen massiven Eingriff in dessen durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde. Zudem wäre letztgenanntem in Äthiopien in Ermangelung familiärer Strukturen jegliche Lebensgrundlage entzogen

 

II. Zum Sachverhalt:

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger Äthiopiens ist. Die Identität des Antragstellers konnte mangels Vorlage von als unbedenklich zu qualifizierenden Personaldokumente nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das erstinstanzliche Aktenkonvolut unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheids, sowie des Berufungsschriftsatzes.

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005) sind "[A]lle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 (in der Folge: AsylG) i. d. F. der AsylG-Nov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG in der jeweils geltenden Fassung, di. nunmehr die Fassung der AsylG - Nov. 2003, zu führen.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999 Zl. 98/01/0318).

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG von Amts wegen bescheid mäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Hinsichtlich des Umfanges der durch Art. 2 EMRK und des 6. ZP EMRK verfassungsgesetzlich normierten Rechte ist - unter Einbeziehung von Art. 85 B-VG - davon auszugehen, dass die österreichische Bundesverfassung das subjektive Recht, nicht zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet zu werden, ausnahmslos garantiert (VfGH 14.12.1994, Zl. B 711/94). Der Verfassungsgerichtshof hat diesbezüglich ausgeführt, dass "die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuliefern - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden ...

 

Gleiches hat nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sinngemäß auch für das gemäß Art. 1 des 6. ZP EMRK i. V. m. Art. 85 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht zu gelten, nicht zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet zu werden" (VfGH 14.12.1994, Zl. B 711/94). Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Zur Auslegung des § 57 FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung i. S. d. § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Dem Beschwerdeführer wurde vor der Behörde erster Instanz hinlänglich Gelegenheit geboten, alle seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Argumente ins Treffen zu führen und wurden diese im bekämpften Bescheid als absolut unglaubwürdig eingestuft. Hauptgrundlage für die Einschätzung der belangten Behörde bildete im Wesentlichen die vor Ort erzielten Ermittlungsergebnisse der österreichischen Botschaft sowie des Roten Kreuzes, welche im Vergleich zum, auffallend vagen, Vorbringen des Antragstellers keine einzige Übereinstimmung erzielten.

 

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen seine Angaben bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

 

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Antragstellers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der Erstbehörde am 15.09.2005, 19.09.2006, sowie am 27.11.2007 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, möglichst umfassend und detailliert den Gang der Ereignisse, welche sodann zu seiner Flucht geführt haben, darzulegen und wurden sämtliche Kernaussagen zu seiner behaupteten Bedrohungssituation Überprüfungen vor Ort in Äthiopien durch die österreichische Botschaft unterzogen. Die daraus resultierenden Ungereimtheiten wurden in weiterer Folge dem Antragsteller zur Stellungnahme vorgehalten und sah sich dieser nicht dazu in der Lage, diese inhaltlich nachvollziehbar zu entkräften.

 

Es entsteht sohin der Eindruck, dass der im Betreff Genannte sich bloß eine konstruierte Rahmengeschichte zu Recht gelegt hat, um sich durch diese Vorgangsweise im Bundesgebiet einer allfälligen Abschiebung in sein Herkunftsland zu entziehen. Es hieße die Augen vor der Realität zu verschließen, würde man in diesem Zusammenhang die offensichtlich rein wirtschaftliche motivierte Asylantragstellung negieren.

 

Auf Grund obiger Überlegungen und aufgrund der letztlich völlig zutreffenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes über die Divergenzen des Vorbringens des Beschwerdeführers im Vergleich zu den in seinem Herkunftsland erzielten Ermittlungsergebnissen kommt der Asylgerichtshof daher ebenso wie das Bundesasylamt zum klaren Ergebnis, dass das diesbezügliche individuelle Vorbringen nicht glaubhaft ist.

 

Der Entscheidung der Behörde erster Instanz wird sohin vollinhaltlich hinsichtlich sämtlicher Spruchpunkte beigetreten bzw. werden die begründenden Passagen des Erstbescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben. Weiters wird ausgeführt, dass in Äthiopien überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe) besteht, dass eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre. Als notorische Tatsache wird überdies die Kenntnis vorausgesetzt, dass in Äthiopien derzeit keine Situation dergestalt besteht, dass jede zurückzuführende Person einer lebensbedrohlichen Situation überantwortet werden würde etwa aufgrund des Mangels der Deckung existentieller Grundbedürfnisse.

 

Hervorgehoben sei, dass des Weiteren der Beschwerdeführer insbesondere nicht in seinen gewährleisteten Rechten gemäß Art. 2 bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch Rückverbringung verletzt würde.

 

Soweit im Rechtsmittelschriftsatz unter Bezugnahme größtenteils veralteter, primär aus dem Jahr 2005 stammender, Länderberichte die Behauptung aufgestellt wird, denen zufolge der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland mangels familiärer Strukturen in eine aussichtslose Situation geraten wurde, ist auf die diesbezüglichen aktuellen Länderfeststellungen der belangten Behörde zu verweisen: Demnach existieren in Äthiopien für unbegleitete Minderjährige "Waisenhäuser und andere Einrichtungen, die von der Kinderkommission des äthiopischen Sozialministeriums betreut werden (vgl. Seiten 6 bis 15 des erstinstanzlichen Bescheides)."

 

Angemerkt wird, wie bereits von der erstinstanzlichen Behörde dargelegt, dass kein Familienbezug und Familienleben in Österreich vorliegt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Schule besucht, ist ein im Rahmen der gebotenen Achtung des Rechtes auf Privatleben nach Art. 8 EMRK zu berücksichtigender Sachverhalt. Die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet seit seiner Einreise im September 2005 ist nicht als sehr lange zu bezeichnen und wird auch dadurch relativiert, dass die Einreise illegal erfolgte und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber bestanden hat. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Eingehens des Schulbesuches den Status eines Asylwerbers und damit bloß das damit verbundene vorläufige Aufenthaltsrecht hatte, musste er sich des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein. Der Beschwerdeführer verliert die vorläufige Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber mit der Rechtskraft des vorliegenden Erkenntnisses und er hat keine Möglichkeit, eine Legalisierung seines Aufenthaltes im Inland vorzunehmen. Daher ist davon auszugehen, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers, auch unter Berücksichtigung seiner Deutschkenntnisse, an einem Verbleib im Bundesgebiet zwar beachtlich sind, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, allerdings in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Ausweisung ist daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig, zumal für den Beschwerdeführer in weiterer Folge keine Hindernisse dagegen bestehen, sich vom Ausland aus um einen Einreise- und Aufenthaltstitel für Österreich zu bemühen. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von einer Ausweisung des Beschwerdeführers wiegen demgemäß schwerer als deren Auswirkungen auf dessen Lebenssituation.

 

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin auch hinsichtlich des die Ausweisung betreffenden Ausspruches als rechtmäßig.

 

Von einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (§ 41 Abs. 7, 1. Fall AsylG).

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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