TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/01 C15 252341-0/2008

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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Spruch

C15 252.341-0/2008/12E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Vorsitzende und die Richterin Dr. Kirschbaum als Beisitzerin über die Beschwerde des M. R., geb. 00.00.1962, StA. Indien, gegen Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG), mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, zu lauten hat:

 

"Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wird M. R. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 23.10.2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.10.2003 einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002.

 

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 05.08.2004 vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Telugu dazu niederschriftlich einvernommen; sein Vorbringen ist im Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, richtig und vollständig wiedergegeben.

 

2. Das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, wies mit Bescheid vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt I) und stellte in Spruchpunkt II fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, zulässig ist. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung (in der Folge als "Beschwerde" bezeichnet).

 

4. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das zu jenem Zeitpunkt zuständige Mitglied mit Bescheid vom 09.11.2004 (mündlich verkündet am 20.10.2004), Zahl: 252.341/3-II/04/04, in seinem Spruchpunkt I die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, Spruchteile I und II, gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen und in seinem Spruchpunkt II ausgeführt, dass die Entscheidung über die Berufung gegen den Spruchteil III des Bescheides des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen werde. In der Begründung zu Spruchpunkt II des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 09.11.2004, Zahl: 252.341/3-II/04/04, wurde ausgeführt, dass die Rechtsgrundlage des § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003, mit welchem die Ausweisung des Berufungswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt werde, vor dem Verfassungsgerichtshof Gegenstand offener Verfahren gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG sei und daher der Unabhängige Bundesasylsenat einen ausreichenden Grund dafür sehe, von der nach § 8 Abs. 2 AsylG idgF grundsätzlich angeordneten Verbindung der Ausweisung mit den Entscheidungen über Asyl und Refoulementschutz ausnahmsweise vorläufig abzusehen.

 

5. Mit Beschluss vom 07.05.2008, Zl. 2006/19/0343-9, hat der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 09.11.2004, Zahl:

252.341/3-II/04/04, betreffend § 7 und § 8 Abs. 1 AsylG abgelehnt.

 

6. Mit Erkenntnis vom 17.03.2005, G78/04 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof den Hauptantrag des Unabhängigen Bundesasylsenates zu G78/04 auf Aufhebung des Wortes "Ausweisung" in § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl I 101/2003 zurückgewiesen und den Antrag auf Aufhebung des § 8 Abs. 2 AsylG zu Gänze abgewiesen. Ferner hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 18.03.2005, G117/04 - G148/04, G173/04, sämtliche Anträge des Unabhängigen Bundesasylsenates auf Aufhebung des § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl I 101/2003, die nicht mit den Verfahren zu G78/04 verbunden waren, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 23.10.2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.10.2003 einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002.

 

Sowohl der Antrag auf Asyl gemäß § 7 AsylG als auch die Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG sind rechtskräftig und durchsetzbar.

 

Der Asylwerber verfügt weder über Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Person und zu den familiären Bindungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Vorbringen in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 05.08.2004 sowie im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20.10.2004. Die Feststellung zur Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG ergeben sich aus den Verwaltungsakten.

 

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

3.1. Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.

 

3.2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 sind Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. Nr. 126/2002 zu führen. Nach Absatz 3 dieser Bestimmung sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Absatz 1 anzuwenden.

 

Da der im vorliegenden Fall zu beurteilende Asylantrag vor dem 01.05.2004 gestellt wurde, wäre grundsätzlich das gegenständliche Beschwerdeverfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. Nr. 126/2002 zu führen. Da aber lediglich der Ausspruch über die Ausweisung Gegenstand dieses Erkenntnisses ist, wird im Sinne der oben dargestellten Übergangsbestimmungen der § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 angewendet.

 

3.3. Lediglich der Vollständigkeit halber wird nochmals darauf verwiesen, dass Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens lediglich Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes vom 05.08.2004, FZ. 03 33.447-BAW, ist, da über Spruchpunkt I und Spruchpunkt II bereits rechtskräftig entschieden wurde.

 

3.4. Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden.

 

Wie bereits im Rahmen des Verfahrensganges dieses Erkenntnisses dargelegt, hat der Verfassungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003, bzw. gegen das Wort "Ausweisung" in der genannten Gesetzesstelle und sind auch keine diesbezüglichen Verfahren beim Verfassungsgerichtshof mehr anhängig.

 

Da das Asylverfahren für den Beschwerdeführer negativ entschieden worden ist, liegt kein Aufenthaltstitel und sohin kein rechtmäßiger Aufenthalt nach dem Asylgesetz vor. Da auch kein sonstiger Aufenthaltstitel vorliegt, erweist sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet als rechtswidrig. Zur Beendigung des rechtswidrigen Aufenthalts ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten.

 

Bei der Setzung einer solchen aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist zu prüfen, ob die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers darstellt (Art. 8 Abs. 1 EMRK). Das Recht auf Achtung des Familienlebens schützt das Zusammenleben der Familie und umfasst alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern auch dann, wenn diese nicht zusammenleben.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, welche die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass ein beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH vom 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Der Berufungswerber hat - seinen eigenen Angaben zufolge - keinen Familienbezug in Österreich. Ferner ist er illegal in das Bundesgebiet eingereist. Da auch aus dem Verhalten des Berufungswerbers nicht geschlossen werden kann, dass Ausreisewilligkeit vorliegt, kann der illegale Aufenthalt des Berufungswerbers im Bundesgebiet nur durch eine Ausweisung beendet werden. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass das Asylverfahren in Bezug auf Asyl und Refoulementschutz bereits am 09.11.2004 rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und lediglich aufgrund (damals) noch offener Verfahren beim Verfassungsgerichtshof vorläufig von einer Ausweisung abgesehen wurde. Hinzu kommt, dass sich im Ergebnis auch die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof als inhaltlich nicht berechtigt erwiesen hat.

 

Aus all diesen Gründen stellt die Ausweisung sohin keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Zur Abänderung des Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides durch den Asylgerichtshof wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VwGH vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0223-7) verwiesen, demgemäß die Ausweisung eines Asylwerbers nur mit Einschränkung auf den Herkunftsstaat ausgesprochen werden kann.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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