TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/14 B4 232923-3/2008

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Veröffentlicht am 14.10.2008
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Spruch

B4 232.923-3/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde des N.H., geboren am 00.00.1971, serbischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.1.2006, Zl. 05 22.514-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer begehrte erstmals am 16.9.2002 beim Bundesasylamt die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 19.10.2002 vor dem Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei jugoslawischer Staatsangehöriger, gehöre der albanischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus dem in der kosovarischen Gemeinde S. gelegenen Ort N.. Er sei aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen und wolle deshalb nicht in den Kosovo zurückkehren. In Österreich habe er einen sicheren Arbeitsplatz. Probleme habe er weder in Österreich noch in seinem Heimatland. Im Kosovo gäbe es aber keine Arbeit und er habe auch keine Chance, Arbeit zu bekommen. Die Frage, ob er jemals Probleme mit der Polizei, den Behörden oder Privatpersonen gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer.

 

3. Mit Bescheid vom 19.10.2002, Zl. 02 26.384-BAL, wies das Bundesasylamt diesen (ersten) Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003 ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "in die BR Jugoslawien - Provinz Kosovo" gemäß § 8 leg. cit. für zulässig.

 

4. Die dagegen erhobenen Berufung, in der der Beschwerdeführer abermals daraufhin wies, er wolle in Österreich leben und arbeiten, wies der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 12.12.2002, Zl. 232.923/0-VII/20/02, gemäß §§ 7,8 leg. cit. ab.

 

5. Am 26.9.2003 stellte der Beschwerdeführer abermals einen Asylantrag. Diesen begründete der Beschwerdeführer, der am gleichen Tag beim Bundesasylamt einvernommen wurde, damit, dass er in Österreich Arbeit habe, während es im Kosovo keine Arbeit gebe. Andere Probleme habe er nicht. Auch in dieser Einvernahme verneinte er die Frage, ob er in seinem Heimatland jemals Probleme mit Privatpersonen gehabt habe. Er wolle Asyl, damit er weiter arbeiten könne.

 

6. Mit Bescheid vom 28.9.2003, Zl. 03 29.289-BAL, wies das Bundesasylamt auch den zweiten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 leg. cit. ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo" gemäß § 8 leg. cit. für zulässig.

 

7. In der dagegen eingebrachten Berufung wies der Beschwerdeführer abermals daraufhin, dass er in Österreich arbeiten wolle; im Kosovo könne man hingegen nicht leben, da man dort keine Arbeit finde.

 

8. Am 3.2.2004 zog der Beschwerdeführer anlässlich einer Vorsprache beim Bundesasylamt seinen (zweiten) Asylantrag zurück, dies mit der Begründung, dass er am folgenden Tag in den Kosovo zurückkehren wolle.

 

9. Daraufhin wurde der zuletzt genannte Bescheid des Bundesasylamtes mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.2.2004, Zl. 232.923/1-VII/20/03, behoben.

 

10. Mit einem am 20.12.2005 vom Bundesasylamt eingelangten Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno Wageneder, abermals einen Asylantrag. Darin führte er aus, er sei mit einer Kontingentbewilligung nach Österreich eingereist und arbeite in der Landwirtschaft; er verfüge über einen Befreiungsschein und habe bereits einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt, der jedoch zurückgewiesen worden sei. Im Kosovo würde er politische Schwierigkeiten bekommen, da der radikalere Teil der Bevölkerung ihm vorwerfe, ein Freund der Serben zu sein. Dies deshalb, da er und sein Bruder jahrelang in der Stadt Si., die unmittelbar an der Grenze zwischen Serbien und Kroatien liege, in einer Bäckerei gearbeitet habe.

 

11. Im Antragsformular des Bundesasylamtes gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen Folgendes an: Er stelle seinen Asylantrag deshalb, da er von 1992 bis 1998 in Serbien als Bäcker gearbeitet habe, deswegen sei er nach Österreich gekommen. Während dieser Zeit hätten ihn etliche Gruppen oder Personen mit Masken bedroht, da er mit den Serben zusammengearbeitet habe. Sie hätten ihn beschuldigt, ein serbischer Spion zu sein und gesagt, dass er auf ihrer Liste stehe; er habe im Kosovo keinen Platz mehr und solle zu den Serben gehen. Ansonsten würden sie ihn umbringen.

 

12. Am 5.1.2006 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen einvernommen, wobei er im Wesentlichen Folgendes angab: Die früheren Anträge habe er auf Grund wirtschaftlicher Probleme gestellt. Nun seien es andere Probleme. Am 4.2.2004 sei er in den Kosovo zurückgekehrt und dort geblieben, bis er im Mai 2004 legal mit einem Visum nach Österreich eingereist sei. Nachdem ihm die Fremdenpolizei zuvor mitgeteilt habe, dass er bis 15.1.2006 Österreich verlassen müsse, habe er sich entschlossen, einen Asylantrag zu stellen; in den Kosovo könne er nicht zurückkehren, da er 1992 bis 1998 in Serbien gearbeitet habe. Es passiere zum Beispiel in Rahovec, dass Personen, die mit den Serben zusammengearbeitet hätten, mitten in der Nacht von Unbekannten mitgenommen und umgebracht würden. Die Frage, welche konkreten, ihn selbst betreffenden Vorfälle es gegeben habe und wann diese stattgefunden hätten, meinte der Beschwerdeführer, er sei im Jahr 1998 von Serbien nach Österreich gereist; er bekomme Drohungen, da er 1998 nicht in den Kosovo zurückgekehrt sei, um zu kämpfen, sondern nach Österreich geflüchtet sei. Drohungen habe es früher auch schon gegeben, in der letzten Zeit jedoch öfter. Als der Beschwerdeführer eineinhalb Jahre zuvor zu Hause gewesen sei, sei er die ganze Zeit eingesperrt gewesen. Die Personen seien maskiert gewesen und seine Familie habe Angst, von diesen Drohungen zu erzählen. Die Personen hätten die Eltern des Beschwerdeführers gefragt, wo ihr Sohn sei, warum er nicht in den Kosovo zurückkomme und ob es den Grund habe, dass er mit den Serben zusammengearbeitet habe. Der Beschwerdeführer selbst habe die Personen nie gesehen, nur seine Familienangehörigen hätten Kontakt mit ihnen gehabt. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer diese Drohungen nicht schon bei seinen ersten beiden Asylanträgen angegeben habe, gab der Beschwerdeführer an, dass damals seine Angst größer gewesen sei als alles andere; die Drohungen seien jetzt immer öfter geworden. Die Frage, warum er seinen (erg. zweiten) Asylantrag 2003 zurückgezogen habe, meinte der Beschwerdeführer, er sei damals nach Hause zurückgefahren; seine Freundin sei krank gewesen.

 

13. Am 11.1.2006 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal beim Bundesasylamt einvernommen. Aufgefordert anzugeben, wann die Drohungen stattgefunden hätten, erklärte der Beschwerdeführer, dass die schon im Jahr 2003 ausgesprochen worden seien; er habe sie jedoch nicht ernst genommen. Die letzte Drohung sei im Oktober 2005 gewesen. Die Frage, ob er diese Drohung kurz umschreiben könne, gab der Beschwerdeführer an, es sei etwas gewesen, das seinen Vater betroffen habe. Aber auch seine Frau habe eine Drohung erhalten, und zwar Drohbriefe, die sie irgendwann im Jahr 2005 "im 10. oder 11. Monat" - genau wisse er es nicht, bekommen habe.

 

14. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den zuletzt genannten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm wegen seiner Tätigkeit als Bäcker in Serbien im Kosovo gedroht worden, sei unglaubwürdig: Die Angaben des Beschwerdeführers dazu seinen vage und allgemein gehalten gewesen; er habe trotz mehrmaliger genauer Nachfrage keine detaillierten Angaben dazu machen können. Eine Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet sprach das Bundesasylamt nicht aus.

 

15. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige, nun als Beschwerde zu wertende (vgl. vgl. dazu unten) Berufung. Diese rügt im Wesentlichen, dass das Bundesasylamt die Angaben des Beschwerdeführers weder über die internationale Verwaltung des Kosovo verifizieren habe lassen noch die Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Kosovo durch den Dolmetscher "über Mobiltelefonverbindung" befragt habe. Auch habe es die vom Beschwerdeführer erwähnten Drohbriefe, die seine Lebensgefährtin erhalten habe, weder beigeschafft noch ihm deren Vorlage aufgetragen.

 

16. Mit Schreiben vom 10.10.2008 übermittelte das Bundesasylamt dem Asylgerichtshof ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Eferding, in dem diese mitteilt, dass der Beschwerdeführer nicht mehr an jener Adresse in XY gemeldet sei, an der er sich zuvor aufgehalten habe.

 

17. Eine Abfrage des Zentralen Melderegisters am 13.10.2008 ergab, dass der Beschwerdeführer seit seiner Abmeldung von seiner vormaligen Adresse in XY nicht mehr in Österreich gemeldet ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des Asylgesetz 1997 idF BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag am 20.12.2005 gestellt; das Verfahren war daher am 31.12.2005 anhängig und ist somit nach dem Asylgesetz 1997 idF BGBl. I 101/2003 (AsylG) zu führen.

 

1.2. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (AVG), mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

1.3. Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des Asylgesetz 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieser gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

1.4. Gemäß § 61 Abs. 3 lit. c) Asylgesetz 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG durch Einzelrichter.

 

1.5.1. Nach § 75 Abs. 4 AsylG begründen ab- oder zurückweisende Bescheide "auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 [...] in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG)."

 

1.5.2. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24.02.2005, Zlen. 2004/20/0010 bis 0013, VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 20.03.2003, Zl. 99/20/0480, VwGH 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

1.5.3. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913, und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

1.5.4. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315, VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173, VwGH 21.10.1999, Zl. 98/20/0467).

 

1.5.5. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. VwGH 04.04.2001, Zl. 98/09/0041, VwGH 07.05.1997, Zl. 95/09/0203; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 105 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

2. Im vorliegenden Fall hat das Bundesasylamt den neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers nach Ansicht des Asylgerichtshofes zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen: Denn es kann nicht gesagt werden, dass das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers einen "glaubwürdigen Kern" aufweisen würde. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Bundeasylamt zutreffend darauf hingewiesen hat, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zuwenig konkret ist, als dass man annehmen könnte, dass es den Tatsachen entspricht. Weiters hat der Beschwerdeführer im Verfahren über seinen zweiten, im September 2003 gestellten Asylantrag die Drohungen, die - nach seinem Vorbringen im Verfahren über den nunmehrigen Asylantrag - jedenfalls zumindest zum Teil schon damals gegen ihn ausgesprochen worden waren, nicht erwähnt; vielmehr hat er die Frage nach Verfolgung durch Privatpersonen verneint. Dass dies aus Angst geschehen sei, überzeugt nicht, zumal der Beschwerdeführer den genannten Asylantrag letztlich zurückgezogen, um in den Kosovo zurückzukehren. Festzuhalten ist dabei, dass die Angaben des Beschwerdeführers zur Frage, wann die Drohungen begonnen hätten, überdies widersprüchlich sind: So erwecken seine Ausführungen im Antragsformular des Bundesasylamtes den Eindruck, dass bereits seine erste Einreise nach Österreich aus dem Grund erfolgt sei, dass er wegen seiner Arbeit in Serbien Verfolgung befürchte; weiters kann die Antwort des Beschwerdeführer auf die ihm bei der Einvernahme am 5.1.2006 gestellte Frage, warum er die Drohungen nicht schon im Verfahren über seine beiden ersten Asylanträge angegeben habe - nämlich, dass er Angst gehabt habe und jetzt immer öfter Drohungen ausgesprochen worden seien, nicht aber etwa dass es damals noch keine Drohungen gegen ihn gegeben habe - nur so verstanden werden, dass es auch schon während der Zeit, in der das erste - 2002 abgeschlossene - Asylverfahren anhängig war, Drohungen gegen ihn ausgesprochen worden seien. Im Widerspruch dazu hat der Beschwerdeführer aber bei seiner Einvernahme am 11.6.2006 angegeben, die Drohungen hätten (erst) im Jahr 2003 angefangen. Was die dargestellten Verfahrensrügen in der Beschwerde angeht, ist ihr zu entgegnen, dass der - im gesamten Verfahren über den dritten Asylantrag anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt keine derartigen Beweisanträge gestellt hat. Daher kann auch nicht gesagt werden, dass das Verfahren vor dem Bundesasylamt iSd § 32 Abs. 1 Z 2 AsylG mangelhaft wäre. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die freiwillige Rückkehr im Jahr 2003 nahe legt, dass der Beschwerdeführer, der nicht mehr in Österreich gemeldet ist, abermals in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist.

 

Der Vollständigkeit halber sei weiters festgehalten, dass weder der Beschwerdeführer behauptet hat noch sich von Amts wegen aufzugreifende Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass im Kosovo eine solch extreme Gefährdungslage herrschen würde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Gleiches gilt für die Frage, ob der Beschwerdeführer im Kosovo in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre:

Zum einen hat dieser ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich in seinem nunmehriger Antrag - im Gegensatz zu seinen beiden ersten Asylanträgen - nicht auf wirtschaftliche Gründe stützt; zum anderen ist davon auszugehen, dass die Grundversorgung im Kosovo gewährleistet ist (vgl. dazu etwa: Punkt IV 1.1. des Berichtes des [dt.] Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien [Kosovo] vom September 2007; USDOS: Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008, 26). Unabhängig davon verfügt der Beschwerdeführer nach seinen Angaben im Kosovo über ein familiäres Netz, und zwar zumindest seine Eltern und seine Lebensgefährtin.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
29.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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