TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/16 D12 258334-0/2008

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Veröffentlicht am 16.10.2008
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Spruch

D12 258334-0/2008/10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde der mj. D.H., geb. 00.00.2004, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.02.2005, FZ. 04 19.943-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und mj. D.H. gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG 1997 wird festgestellt, dass mj. D.H. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 29.09.2004 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 10 AsylG) gestellten Asylantrag der minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde die Asylwerberin "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Vater als gesetzlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 21.02.2005 am 28.02.2005 fristgerecht Berufung.

 

Mit "Erkenntnis" des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.12.2006, Zahl 258.334/2-II/04/06 wurde der "Beschwerde" der Asylwerberin vom 21.02.2005 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.02.2005, FZ. 04 19.943-BAL, stattgegeben und der Asylwerberin gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass der Asylwerberin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erhob der Bundesminister für Inneres mit Schriftsatz vom 12.02.2007 Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0171-5, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

1. Aufgrund des Akteninhaltes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 00.00.2004 in Österreich geboren und ist die minderjährige, unverheiratete Tochter des D.T., welchem mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.10.2008, Zahl: D12 258330-0/2008/28E, gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt wurde. Der Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 10 AsylG eingebracht.

 

2. Diese Feststellungen ergeben sich aus den Asylakten der minderjährigen Beschwerdeführerin und ihres Vaters.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Durch die Behebung des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.12.2006, Zahl 258.334/2-II/04/06, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0171-5, ist dieses Verfahren wieder in das Stadium vor Erlassung des behobenen Berufungsbescheides zurückgetreten. Da das seinerzeit verfahrensführende Senatsmitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates nicht zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde und es sich um ein Verfahren gegen einen abweisenden Bescheid handelt, ist das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003, von dem nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG stellen Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines

1. Asylberechtigten; 2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 iVm 15) oder 3. Asylwerbers einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.

 

(2) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.

 

(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.

 

(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes, minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

 

Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist die Beschwerdeführerin die unverheiratete minderjährige Tochter des D.T.. Diesem wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.10.2008, Zahl: D12 258330-0/2008/28E, Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall dem Vater der Beschwerdeführerin Asyl gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Vater der Beschwerdeführerin ein Familienleben mit der antragstellenden Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 2 AsylG Asyl zu gewähren.

 

Gemäß § 12 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund Asylantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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