TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/16 D7 312577-1/2008

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Veröffentlicht am 16.10.2008
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Spruch

D7 312577-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Stark als Vorsitzende und die Richterin Dr. Gollegger als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Gubitzer über die Beschwerde des B.T., geb. 00.00.2006, Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2007, Zahl 07 00.239-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und B.T. gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) und

 

§ 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass B.T. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

I.1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer ist am 00.00.2006 im österreichischen Bundesgebiet geboren. Seine Mutter brachte für ihn am 22.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt ein.

 

Der Antrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2007, Zahl 07 00.239-BAS, in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen und dem Antragsteller der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt und der Antragsteller in Spruchpunkt III. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 21 bis 37).

 

I.2. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2007, Zahl 07 00.239-BAS, richtet sich gegenständliche fristgerecht am 29.05.2007 zur Post gegebene Berufung (nunmehr Beschwerde). In dieser wurde im Wesentlichen kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat als Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt sei und auf die Berufung des Vaters, Aktenzahl 04 03.392-BAS, verwiesen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 43 bis 45).

 

I.3. Mit 01.07.2008 wurde die ursprünglich zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, aufgelöst, an seine Stelle trat der neu eingerichtete Asylgerichtshof. Nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes wurde gegenständlicher Verwaltungsakt dem nunmehr zuständigen Senat zur Entscheidung zugewiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

II.1. Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005, Art. 2 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gegenständliches Verfahren war am 30.06.2008 bzw. 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und ist daher vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Es handelt sich um ein Beschwerdeverfahren gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, in dem eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat. Dem zur Entscheidung berufenen Senat wurde nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes das Beschwerdeverfahren zugeteilt und dieser hat dieses Verfahren gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, weiterzuführen.

 

II.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG), hat die Berufungsbehörde außer in dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft.

 

Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 22.12.2006 beim Bundesasylamt eingebracht, weshalb das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, anzuwenden ist.

 

II.3.1. B.T. ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation.

 

II.3.2. Wie das Bundesasylamt in seinem Bescheid festgestellt hat, ist der Beschwerdeführer der Sohn von Frau B.E., geb. 00.00.1981, Staatsangehörigkeit Russische Föderation, und Herrn V.L., geb. 00.00.1979, Staatsangehörigkeit Russische Föderation, ist. Der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.03.2005, Zahl 04 03.392-BAS, gemäß § 7 AsylG 1997 idgF abgewiesen (Spruchpunkt I). In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Vaters des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG leg. cit. festgestellt und der Vater des Beschwerdeführers in Spruchpunkt III. des Bescheides gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

II..3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.12.2006 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2007, Zahl: 07 00.239-BAS, in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Antragsteller der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. wurde der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

 

II.3.4. Der gegen den Bescheid des Vaters des Beschwerdeführers eingebrachten Berufung wurde mit in der öffentlichen Verhandlung mündlich verkündetem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 05.11.2007, GZ. 259.918/0/5Z-X/28/05, schriftliche Ausfertigung vom 27.12.2007, GZ 259.918/0/7E-X/28/05, stattgegeben und dem Vater des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 38 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem Vater des Beschwerdeführers damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

II.4.1. Die Person des Beschwerdeführers (II.3.1.) konnte nach Vorlage eines Auszuges aus dem Geburtenbuch des Standesamtes festgestellt werden.

 

II.4.2. Die in der Beschwerde nicht angefochtene Begründung zum Verwandtschaftsverhältnis (II.3.2.) wurde nachvollziehbar im Bescheid des Bundesasylamtes getroffen.

 

II.4.3. Der Verfahrensgang im Asylverfahren des Vaters des Beschwerdeführers (II.3.2. und II.3.4.) und der Verfahrensgang im Asylverfahren des Beschwerdeführers (II.3.3.) ergeben sich aus dem Akt des Bundesasylamtes, Zahl 07 00.239-BAS, dem Akt des Unabhängigen Bundesasylsenates, Zahl 259.918/0-X/28/05, und dem Akt des Asylgerichtshofes, Zahl D7 312577-1/2008.

 

II.5. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen, wer sich infolge von vor dem 01. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

 

einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist (§ 34 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gemäß § 34 Abs. 3 AsylG 2005, in der Fassung in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn, dass

 

die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (§ 34 Abs. 4 AsylG 2005).

 

Die Bestimmungen des Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Die gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 4 AsylG 2005 geforderten Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Wie bereits ausgeführt (II.3.2.) wurde der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen. Der gegen den Bescheid des Vaters eingebrachten Berufung wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates stattgegeben und dem Vater des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG 1997 wurde festgestellt, dass dem Vater des Beschwerdeführers damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (siehe II.3.4.).

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
03.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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