TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/17 D3 401536-1/2008

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Veröffentlicht am 17.10.2008
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Spruch

D3 401536-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Scherz als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des G.D., geb. 00.00.1992, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.08.2008, GZ. 08 04.972-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

Der Berufungswerber, ein georgischer Staatsbürger und Angehöriger der Volksgruppe der Georgier und orthodoxen Bekenntnisses, gelangte am 06.06.2008 gemeinsam mit seinem Cousin G.G. nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen der polizeilichen Ersteinvernahme am 9.6.2008 vor der Polizeiinspektion Traiskirchen gab er an am 00.00.1992 geboren worden zu sein. Zu seiner Schulbildung führte er zunächst aus für neun Jahre die Schule besucht zu haben, jedoch seit 2002 nicht mehr in seinem Heimatland gewesen zu sein. Der einvernehmende Beamte bemerkte dazu, dass er auf Grund seines angegebenen Geburtsdatums die Schule zwischen 1998 und 2007 besucht haben müsse. Zu seinem Fluchgrund führte er aus durch seinen Nachbarn A.M. verfolgt zu werden, da er beobachtet habe wie dieser U.G. Geld gestohlen habe.

 

Am 13.06.2008 wurde der Antragsteller vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, unter Beziehung eines Dolmetschers der georgischen Sprache, im Beisein von Mag. Kux als gesetzlichem

Vertreter wie folgt befragt:

 

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

 

A: Nein, hier ich bin hier mit meinem Cousin.

 

F: Leben Sie mit irgendeiner Person in einer Lebensgemeinschaft in Österreich?

 

A: Nein.

 

F: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben, insbesondere zu Ihrer Person oder vorgelegten Dokumenten etwas berichtigen?

 

Antwort: Nein.

 

F: Haben Sie Dokumente bei sich?

 

A: Nein.

 

Es werden Ihnen nun allgemeine Fragen bzg. Georgien gestellt. Bitte beantworten Sie diese mit Ja oder Nein. Sie erhalten später noch die Möglichkeit, dazu nähre Angaben zu machen!

 

F: Sind Sie vorbestraft?

 

A: Nein.

 

F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

A: Nein.

 

F: Gehörten Sie jemals einer politischen Partei an?

 

A: Nein.

 

F: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten Gruppierung an?

 

A: Nein.

 

F: Womit haben Sie bisher Ihren Lebensunterhalt verdient?

 

A: Meine Mutter hat für mich gesorgt.

 

F: Stimmen Ihre Angaben bzg. Ihres Fluchtweges, die Sie bei der Erstbefragung angegeben haben?

 

A: Ja.

 

F: Mit welchem Dokument sind Sie gereist?

 

A: Ich hatte kein Dokument.

 

F: Haben Sie jemals ein Dokumente besessen?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie schon jemals für ein europäisches Land, Norwegen oder Island ein Visum erhalten?

 

A: Nein.

 

F: Wie haben Sie die Grenzkontrollen passiert?

 

A: Ich war im LKW versteckt.

 

F: Haben Sie schon jemals in einem europäischen Land, Norwegen oder Island einen Asylantrag gestellt, oder wurden Sie erkennungsdienstlich behandelt?

 

A: Nein.

 

Vorhalt: Auf Grund ihres Äußeren und ihrem Verhalten, kann die Behörde nicht davon ausgehen, dass Sie noch minderjährig sind. Weiters gaben Sie in der Erstbefragung an, Sie wären seit 2002 nicht mehr in Georgien aufhältig gewesen, jedoch hätten sie lt. Rechnung der Exekutive die Schule erst 2007 beendet.

 

A: Ich bin mit der Schule noch nicht fertig.

 

Vorhalt: Auf Grund dieser Tatsache werden Sie zu einer Altersfeststellung zu einem Arzt geschickt!

 

Dazu gebe ich an: Das ist in Ordnung.

 

Weiters wird dem Ast. zur Kenntnis gebracht, dass auf Grund eines Schlepperberichtes die Reiseroute von georgischen Asylwerbern Georgien-Türkei-Bulgarien-Rumänien-Ungarn-Österreich ist.

 

F: Daher beabsichtigt das Bundesasylamt, eine Anfrage gemäß Artikel 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates an Bulgarien, Ungarn und Rumänien zu richten.

 

(Anmerkung: Dem AW werden der diesbezügliche rechtliche Hintergrund, der Ablauf und die rechtlichen Folgen der Artikel-21-Anfrage erklärt).

 

A: Ich habe kein Problem damit.

 

Am 13.06.2008 stelle das Bundesasylamt ein Informationsersuchen gemäß Art 21 Dublin-II-V an Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Am 17.06.2008 wurden der Antragsteller und sein gesetzlicher Vertreter über das Führen der Konsultationen in Kenntnis gesetzt. Die Anfragen blieben jedoch ohne Ergebnis.

 

Am 10.07.2008 wurde der Beschwerdeführer von Dr. K. zwecks Feststellung seines Alters untersucht. In dem als Sachverständigengutachten titulierten Befund werden Größe, Gewicht, Geschlecht, Hautfarbe, Kopfumfang, Anzahl der Zähne, Art der Behaarung, Farbe der Nägel, Größe und Volumen der Nieren sowie Volumen der Schilddrüse wiedergegeben. Ohne nähere Begründung folgt eine Zusammenfassung, wonach "aufgrund der äußeren Inspektion, des äußeren Eindruckes sowie der sonographischen Messgrößen von Nieren und Schilddrüse das Alter von Herrn G.D. auf 24 bis 26 Jahre, jedoch deutlich über dem 18. Lebensjahr eingeschätzt" werde. Dem Arztbrief beigelegt wurde ein Auszug aus dem Lehrbuch "Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie", Hofmann et al, 3. Aufl. Dem Schreiben wurde auch eine "Stellungnahme bezüglich der Untermauerung der Altersfeststellung von Asylanten mittels Ultraschalluntersuchung von Niere und Schilddrüse" beigelegt. Darin legt Dr. K. dar, dass er seit 25 Jahren Forschungsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und der österreichischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin sei. Ferner sei er seit 25 Jahren Ausbilder der österreichischen und deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin und veranstalte vier Mal pro Jahr Ausbildungskurse für Pädiater im St. Anna Kinderspital und in der Kinderklinik Glanzing im Wilhelminenspital. Darüber hinaus halte er seit 10 Jahre Ausbildungskurse an der Universitätskinderklinik in Heraklion, Kreta und verweise auf zahlreiche wissenschaftliche Publikationen an der Universitätskinderklinik Wien. Zu der von ihm angewandten Methode halte er fest, dass die Vermessung von Länge und Volumen der Nieren und Volumen der Schilddrüsen eine standardisierte Methode sowohl in der Kinder- und Jugendheilkunde als auch in der Erwachsenenmedizin mit festgelegten Mittelwerten und Standardabweichungen sei. Diese Werte zur Untermauerung der Schätzung des Alters von Personen heranzuziehen sei ihm bei der Suche nach objektiven Messdaten zur Unterstützung des subjektiven Eindrucks der körperlichen Stigmata gekommen. Überschneidungen der Messdaten aus dem Kinder- und Jugendalter und aus dem Erwachsenenalter seien möglich. Eine genaue Feststellung des chronologischen Alters wäre mittels eines Handwurzelröntgens der rechten Hand und Bestimmung des Knochenalters möglich, dies sei aber nach Auskunft der Menschenrechtskommission entgegen den Menschenrechten (Strahlenbelastung). Zusammenfassend scheine ihm nach seiner langjährigen Erfahrung die völlig strahlenfreie und belastungsfreie Methode der Ultraschalluntersuchung von Niere und Schilddrüse eine gut geeignete Möglichkeit das angegebene Alter von Personen zusätzlich zur persönlichen Einschätzung zu untermauern.

 

Am 22.07.2008 wurde der Antragsteller neuerlich vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, unter Beziehung eines Dolmetschers der georgischen Sprache, im Beisein von Mag. S. wie folgt befragt:

 

V: Sie wurden in der Einvernahme am 13.06.2008 davon in Kenntnis gesetzt, dass das von Ihnen vor der Behörde angegebene Alter nicht glaubwürdig ist. Sie wurden einem Facharzt zur Altersfeststellung vorgeführt. Die Untersuchung hat seitens des körperlichen Aspektes bzw. der Untersuchung von Nieren und Schilddrüse, dass Sie wahrscheinlich zwischen 24 und 26 Jahre alt sind, jedoch deutlich über 18 Jahre alt sind. Wollen Sie dazu Stellung nehmen?

 

A: Ich habe nichts anzugeben.

 

Vorhalt: Aufgrund Ihres äußeren Erscheinungsbildes, gestützt auf die von einem Facharzt durchgeführte Altersfeststellung, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das von Ihnen vorgegebene Lebensalter der Richtigkeit entspricht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Sie bereits volljährig sind.

 

Antwort: Was soll ich dazu sagen.

 

Behördliche Anmerkung: Der Rechtberater ist nicht mehr als gesetzl. Vertreter tätig, sonder erfüllt nur mehr die Funktion des Rechtsberaters.

 

Vorhalt: Ihnen wird hiermit zur Kenntnis gebracht, dass davon auszugehen ist, dass Sie volljährig sind. Aus diesem Grund werden Sie im weiteren Verlauf Ihrer Einvernahmen nun nicht mehr vom Rechtsberater in der Erstaufnahmestelle als gesetzlicher Vertreter vertreten.

 

Antwort: Keine Angaben

 

F: Stimmen ihre Angaben bzg. des Fluchtgrundes, die Sie bei der Erstbefragung angegeben haben?

 

A: Ja.

 

F: Wer ist der Mann, der Sie verfolgt?

 

A: Es ist ein junger Mann, namens A.M..

 

F: Wer ist das?

 

A: Ein Nachbar von mir. Wir sind zusammen aufgewachsen.

 

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Antragsteller am 20.08.2008 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Graz, unter Beziehung eines Dolmetschers der georgischen Sprache wie folgt befragt:

 

F: Befinden Sie sich dzt. in ärztlicher Behandlung/Therapie oder nehmen Sie Medikamente?

 

A: Nein. Ich bin gesund und benötige keine Medikamente.

 

F: Sind Sie psychisch bzw. physisch in der Lage der Einvernahme einwandfrei folgen zu können?

 

A: Ja.

 

F: Sie haben in Traiskirchen Angaben zur Person, zum Reiseweg und zum Fluchtgrund gemacht. Wollen Sie etwas konkretisieren oder ergänzen?

 

A: Ich kann mich an das Interview erinnern und halte meine Angaben aufrecht.

 

F: Haben Sie persönliche Beziehungen in Österreich?

 

A: Nein. Nur mein gleichzeitig mitgereister Cousin G..

 

F: Können Sie Dokumente vorlegen, die Ihre Identität bestätigen?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie jemals einen Auslandsreisepass beantragt?

 

A: Nein.

 

F: Wovon haben Sie in Georgien gelebt?

 

A: Meine Mutter hat inoffiziell gearbeitet und mich unterstützt.

 

F: Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen? Wie lautet Ihr konkreter Fluchtgrund?

 

A: Wir haben einen netten Nachbarn, der ein Geschäft hat. Sein Name ist U.G.. Ein anderer Nachbarjunge von uns ist ein Krimineller. Er hat aus dem Geschäft Geld gestohlen. Wir haben das gesehen. Sein Name ist A.M.. Am Abend haben wir ihn gesehen. Er hat uns dann erzählt, dass er viel Geld gestohlen hat. Wir meinten, er solle das Geld zurückbringen. Am nächsten Tag sind mein Cousin und ich zu U.G. gegangen und haben ihm alles erzählt. Dieser versuchte noch mit M. zu sprechen, da dieser das Geld nicht zurückgab. U.G. erstatte eine Anzeige, worauf M. kurz verhaftet wurde und nach ein paar Tagen wieder frei gelassen wurde. Danach wurden wir von M. bedroht und verfolgt.

 

F: Wie genau wurden sie verfolgt?

 

A: Wir wurden von ihm geschlagen. Danach sind wir weggelaufen, aber er hat uns weiter gesucht.

 

F: Wie viel wurde gestohlen?

 

A: Viel.

 

F: Ungefähr?

 

A: Mehr als 50.000 Dollar.

 

F: In so einer Kasse befinden sich mehr als 50.000 Dollar.

 

A: Ja, es kam auch von anderen Geschäften Geld in die Kasse.

 

V: Ihr Cousin sagte dezidiert, dass es 60.000 Dollar gewesen seien. Sie können nur eine ungefähre Angabe machen. Sie waren doch immer zusammen. Warum diese unterschiedliche Aussage?

 

A: Vielleicht weiß er das besser oder hat er besser zugehört.

 

F: Wann genau war dieser besagte Vorfall?

 

A: Weiß ich nicht.

 

Frage wiederholt. Das war doch ein einprägsames Erlebnis.

 

A: Vielleicht vor ungefähr drei oder vier Monaten, genauer weiß ich das nicht mehr.

 

F: Was haben Sie dann bis zur Ausreise gemacht? Wo hielten Sie sich auf?

 

A: Nichts. Wir waren irgendwo draußen.

 

F: Bitte genauer?

 

A: Meistens auf der Straße.

 

F: Wie lange waren Sie draußen?

 

A: Das weiß ich nicht genau.

 

F: Und dann?

 

A: Reisten wir aus.

 

F: Wurden Sie in dieser Zeit je von M. angetroffen?

 

A: Nein, nie.

 

F: Hatten Sie Kontakt zu Ihren Angehörigen in dieser Zeit?

 

A: Ja, mit meiner Mutter. Sie mir auch finanziell geholfen.

 

V: Ihr Cousin sprach zuvor von 15 Tagen, die sie beide auf der Straße verbracht hätten. Sie sprechen lediglich wiederum allgemein von ein paar Tagen. Was sagen Sie dazu?

 

A: Wenn er das so sagt, dann ist das ok. Ich kann das nicht so genau angeben.

 

F: Haben Sie jemals versucht in Georgien eine Arbeit zu bekommen?

 

A: Es ist schwierig in Georgien eine Arbeit zu finden, versucht habe ich es aber schon. Ab und zu habe ich auf diversen Baustellen gearbeitet.

 

F: Welche Gründe hat nun Ihr mitgereister Cousin?

 

A: Die gleichen Gründe wie ich.

 

F: Haben Sie außer den geschilderten Problemen noch andere in Ihrer Heimat?

 

A: Nein.

 

F: Was unternahmen Sie nun gegen Ihren Nachbarjungen?

 

A: Nichts.

 

F: Warum nicht?

 

A: Wegen einer Schlägerei würde er ohnhin nicht verhaftet werden, nur wenn er etwas Arges anstellen würde.

 

F: Am 01.08.08 kam es in Ihrem Asylquartier zu einer Schlägerei, an der Sie und Ihr Cousin beteiligt waren. Was sagen Sie dazu?

 

A: Ich habe nur versucht zu helfen. Wir haben auch viel getrunken gehabt. Der Alkohol war Schuld. Ich habe auch nichts beschädigt.

 

F: Sie wurden weiters am 15.08, also erst vor 5 Tagen wegen Entwendung zur Anzeige gebracht. Wie sehen Sie das?

 

A: Ich weiß davon nichts.

 

V: Ihr Cousin hat zuvor dies aber gerade bestätigt. Es ging um Lebensmitteldiebstahl.

 

A: Wir hatten nicht genug Geld fürs Brot. Ich habe es auch meinem Cousin gesagt, dass wir das nicht dürfen.

 

F: Würde Ihnen im Falle der Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen?

 

A: Ich habe Angst vor diesem Jungen.

 

F: Welche Angehörigen haben Sie noch in Georgien?

 

A: Meine Mutter, eine Tante, Großeltern, Onkel.

 

F: Warum haben diese keine Probleme?

 

A: Meine Mutter wurde schon von ihm belästigt. Ich habe aber in letzter Zeit aber nicht mit ihr gesprochen.

 

F: Hätten Sie in einem anderen Teil des Heimatlandes leben können? Sie geben selbst an von staatlicher Seite keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Sie hätten durch einen Ortswechsel Ihren privaten Problemen ausweichen können.

 

A: Ich glaube, M. könnte mich überall finden.

 

F: Haben Sie dies jemals versucht, gemeint einen Ortswechsel?

 

A: Nein.

 

Anmerkung: Dem AW werden die Feststellungen zu Georgien von der Dolmetscherin zu Kenntnis gebracht.

 

Der AW gibt dazu an: Mag schon sein, dass es medizinische Programme gibt. Aber sonst stimme ich den Feststellungen nicht zu. Mit den Rückkehreinrichtungen bin ich einverstanden, das stimmt. Dass die Probleme der Korruption sich bessern, finde ich gut, ich bin dafür.

 

F: Können Sie Gründe geltend machen, die gegen eine Ausweisung sprechen?

 

A: Ich möchte hier in Österreich die Sprache erlernen.

 

F: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?

 

A: Nein, ich habe nichts hinzuzufügen.

 

F: Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetsch gegeben?

 

A: Nein, ich habe alles einwandfrei verstanden.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.8.2008, ZI 08 04.972-BAG, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 06.06.2008 gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf Georgien nicht zuerkannt und gemäß Spruchteil III. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits vollinhaltlich wiedergegebenen Einvernahme dargestellt und anschließend Feststellungen zur Situation in Georgien getroffen sowie die Quellen hierfür angegeben. Als weiteres Beweismittel wurde das Sachverständigengutachten vom 10.7.2008 herangezogen, sowie in den Akt des Cousins des Antragstellers Einsicht genommen.

 

Beweiswürdigend wurde zunächst festgehalten, dass der Antragssteller seine Identität mangels Vorlage eines Dokumentes nicht glaubhaft habe machen können. Die Feststellung seiner Volljährigkeit beruhe auf dem Sachverständigengutachten von Dr. K., an dem nicht gezweifelt werde. Das Vorbringen sei vage und allgemein geschildert gewesen. Der Antragsteller habe keine konkreten und detaillierten Angaben machen können, sodass er keinen Bezug zu seiner Person habe herstellen können. Überdies habe es Widersprüche in den Aussagen zu seinem Cousin gegeben. So habe dieser konkret angegeben es seien 60.000 US-Dollar gestohlen worden, der Antragsteller habe hingegen zunächst bloß von "viel", sodann von "mehr als 50.000 Dollar" gesprochen. Der Cousin habe angeführt sie hätten 15 Tage auf der Straße gelebt, während der Asylwerber nur von ein paar Tagen gesprochen habe. Habe er zunächst angegeben er sei dauernd von dem Nachbarsjungen verfolgt worden, habe der Asylwerber dies in einer weiteren Einvernahme auf eine einzige Auseinandersetzung beschränkt. Eine Anzeige bei der Polizei hätte der Antragsteller unterlassen. Über Probleme des eigentlich Geschädigten, der auch eine Anzeige erstattet habe, hätte er jedoch nichts ausgesagt. Zum Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative habe der Antragsteller lediglich die Befürchtung geäußert, überall durch M. aufgespürt zu werden. Durchaus plausibel hätte er jedoch die schlechte Arbeitsmarktssituation in Georgien angeführt. Andererseits lasse das Verhalten des Antragstellers in Österreich stark an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln.

 

Zu Spruchteil I. wurde rechtlich begründend festgehalten, dass der Antragsteller eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht habe, sodass keine Bedrohungssituation pro futuro festgestellt werde habe können. Selbst wenn man von der Glaubwürdigkeit ausgehen würde, bestünde eine innerstaatliche Fluchtalternative, zumal die Verfolgung von privater Seite ausginge und der Verfolger nicht über die Möglichkeiten den Antragsteller auszuforschen und wirksam unsanktioniert zu bedrohen, verfüge.

 

Zu Spruchteil II wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass dem Vorbringen im gesamten Verfahren keine glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte für eine mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegende konkrete Gefahr entnehmbar seien. Eine Existenzgrundlage sei durch die Unterstützung des georgischen Staates, aber auch durch das bestehende familiäre Netz sichergestellt. Es könne ferner nicht davon gesprochen werden, dass eine ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen in Georgien herrschen würde. Da der Antragssteller auch keine auf seine Person bezogene außergewöhnlichen Umstände aufgezeigt oder bescheinigt habe, sei nicht vom Vorliegen eines Abschiebungshindernisses auszugehen.

 

Zu Spruchpunkt III führte das Bundesasylamt nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur aus, dass der Antrag seines Cousins ebenso abgelehnt worden sei und der Antragsteller über keine sonstigen Verwandten oder Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge. Auch ein relevantes Privatleben habe der Betroffene, insbesondere angesichts seines kurzen Aufenthaltes in Österreich, nicht begründet, sodass die Ausweisung das gelindeste Mittel darstelle um den Aufenthalt zu beenden.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass er entgegen der Ansicht der Behörde die Voraussetzungen eines Flüchtlings erfülle. Bei richtiger Sachverhaltsfeststellung und rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes hätte die Behörde Asyl gemäß § 3 AsylG gewähren müssen, zumindest jedoch die Unzulässigkeit der "Abweisung, Abschiebung oder Zurückschiebung" feststellen müssen. Die vorgenommene Interessensabwägung im Hinblick auf Artikel 8 Abs 2 MRK hätte nicht zu seinem Nachteil ausfallen dürfen. Er werde durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Privatleben verletzt.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen.

 

Da gegenständlicher Asylantrag am 06.06.2008 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des AsylG 2005 zu beurteilen.

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:

 

"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gem. § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gem. § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. dazu unter dem besonderen Gesichtspunkt der Auslegung der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde im abgekürzten Berufungsverfahren nach § 32 AsylG die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 23.07.1998, Zl. 98/20/0175, Slg. Nr. 14.945/A, die mehrfach vergleichend auf § 66 Abs. 2 AVG Bezug nehmen; zu diesem Erkenntnis siehe auch Wiederin, ZUV 2000/1, 20 f).

 

Thienel (Das Verfahren der Verwaltungssenate 2 [1992] 127 f.), dessen Ausführungen sich insoweit allerdings nicht auf § 66 Abs. 3 AVG, sondern auf die "im § 39 AVG normierten Ermessensdeterminanten" beziehen, vertritt dazu die Ansicht, die Zurückweisung durch einen unabhängigen Verwaltungssenat werde ¿regelmäßig jedenfalls den Geboten der Raschheit und Kostenersparnis zuwiderlaufen' und ¿unnötigen Verwaltungsaufwand' verursachen. Ob andersartige Konstitutionen denkbar seien, wird von Thienel¿ nicht weiterverfolgt'."

 

Nach Ausführungen zur Frage der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens mit dem Ergebnis, dass von einer generellen Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG nicht auszugehen sei, setzt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, fort wie folgt:

 

"In diese Richtung gehen auch die Gesetzesmaterialen zu § 38 AsylG (RV 686 BlgNR 20. GP 30), weil diese ausdrücklich die Geltung des AVG für das Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat betonen und daran anschließend hervorheben, dass die Möglichkeit der ¿Zurückverweisung' durch § 32 AsylG ¿erweitert' worden sei, was in Bezug auf Berufungsverfahren vor der belangten Behörde, in denen § 32 AsylG nicht anzuwenden ist, eine positive Anknüpfung an die in § 66 Abs. 2 AVG vorgesehene Zurückverweisungsmöglichkeit bedeutet

(...).

 

Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom 27.04.1989, Zl. 86/09/0012, Slg. Nr. 12.917/A, aus einer in den Verwaltungsvorschriften angeordneten zwingenden und ohne Ausnahme bestehenden Verpflichtung zur Durchführung einer Berufungsverhandlung trotz Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahme hinsichtlich der Geltung des § 66 Abs. 2 AVG die Unanwendbarkeit dieser Bestimmung in einem solchen Berufungsverfahren gefolgert. Das steht aber zu der hier - für das Verfahren vor der belangten Behörde - zu Grunde gelegten gegenteiligen Auffassung schon deshalb nicht im Widerspruch, weil eine derartige uneingeschränkte Verhandlungspflicht für den Unabhängigen Bundesasylsenat nicht besteht. (...) Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."

 

Nach der grundsätzlichen Bejahung der Frage der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Ermessensübung i. S.d. § 66 Abs. 2 und 3 AVG Folgendes aus:

 

"Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamtenVerfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht..."

 

Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gem. § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung (so der VwGH in seinem Erkenntnis vom 21.12.200, Zl. 2000/20/0084).

 

Gemäß § 28 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. sind Asylwerber persönlich vor dem zur jeweiligen Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes zu vernehmen, soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Von einer Einvernahme darf abgesehen werden, wann und insoweit die Asylwerber nicht in der Lage sind, durch Aussagen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass kein Zweifel daran besteht, dass die oben in der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Grundsätze der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG auf den Unabhängigen Bundesasylsenat auch für den Asylgerichtshof gelten, zumal dieser nicht - wie der UBAS - ein gerichtsähnlicher unabhängiger Verwaltungssenat, sondern ein Höchstgericht darstellt, dem noch weniger zuzusinnen ist, erstmals mit der ernsthaften Prüfung des Antrages zu beginnen und das gesamte Verfahren von Anbeginn an durchzuführen.

 

Der Frage des Alters des Antragstellers kommt im Asylverfahren, insbesondere hinsichtlich seiner rechtlichen Vertretung und des Refoulementschutzes besondere Bedeutung zu. Wie der Menschenrechtsbeirat in seinem Bericht zur Schubhaft Minderjähriger ausführt, ist dass Kernproblem der Überprüfung der Altersangaben der derzeit bestehende Mangel einer allgemein anerkannten, sowie rechtlich zulässigen, medizinischwissenschaftlichen Methode der Altersfeststellung. Wie Dr. K. schon in seiner Stellungsnahme ausgeführt hat, sind Handwurzelröntgen auf Grund der Strahlenbelastung aus menschenrechtlicher Sicht unzulässig. Darüber hinaus wäre ein solches jedoch, wenn überhaupt, im Fall eines männlichen Jugendlichen nur bis zum 17. Lebensjahr aussagekräftig, wobei dabei auch eine Standardabweichung von 14,5 Monaten zu berücksichtigen ist (vgl Bericht des Menschenrechtsbeirates zur Schubhaft Minderjähriger (2000) S 23).

 

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen (amtsärztliche) Gutachten, die einer Entscheidung einer bescheiderlassenden Behörde zugrunde gelegt werden, den folgenden Erfordernissen eines Sachverständigengutachtens entsprechen: einer vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellung (Befund) und den aufgrund der besonderen Fachkenntnissen und Erfahrungen des Sachverständigen gewonnenen Schlussfolgerungen aus dem Befund (Gutachten im engeren Sinn). Das Gutachten im engeren Sinn ist jener Teil in dem der Sachverständige auf Grund seiner besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen seine aus dem Befund gewonnen Schlussfolgerungen darlegt. Um die Schlüssigkeit des Gutachtens überprüfen zu können, muss der Sachverständige auch darlegen auf welchem Weg er zu diesen Schlussfolgerungen gekommen ist (VwGH 17.12.1999 Zl. 99/02/0294).

 

Da die Erstbehörde Zweifel an der vom Beschwerdeführer behaupteten Minderjährigkeit hatte, beauftragte sie Dr. K. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung des Alters des Beschwerdeführers. Das Gutachten ist ausgesprochen kursorisch gehalten. Genauere Angaben über die spezifische Qualifikation des Gutachters und die Verlässlichkeit der von ihm verwendeten Methoden, sowie die Gewichtung der verschiedenen Methoden untereinander fehlen. An dieser Einschätzung vermag auch die dem Gutachten beigefügte Stellungnahme von Dr. K. nichts zu ändern, in der er die von ihm angewandte Methode zur Altersfeststellung mittels Ultraschalluntersuchung von Niere und Schilddrüse zu untermauern versucht. In dieser Stellungnahme wird nämlich einerseits keinerlei spezifische ausgewiesene Expertise Dr. K. zur Altersfeststellung dargelegt und andererseits bestätigt, dass für die Feststellung des Alters einer Person die Methode der Vermessung von Niere und Schilddrüse lediglich als Unterstützung des subjektiven Eindrucks der körperlichen Stigmata und der persönlichen Einschätzung dienen könne. Zudem gesteht die Stellungnahme zu, dass Überschneidungen der Messdaten aus dem Kinder- und Jugendalter und aus dem Erwachsenenalter möglich seien und eine genaue Feststellung des chronologischen Alters mit der Methode der Vermessung von Nieren- und Schilddrüsenvolumen nicht möglich seien. Dies sei nach Ansicht Dr. K. nur mittels eines Handwurzelröntgens und Bestimmung des Knochenalters möglich. Aus dem Gutachten von Dr. K. geht nun geradezu nicht hervor, in wie weit im gegenständlichen Fall in nachvollziehbar dargestellter Weise andere Methoden zwecks Feststellung des Alters konkret angewandt worden sind. Im Gutachten von Dr. K. wird somit nicht dargestellt, wie und in wie fern unter Zugrundelegung anderer Methoden Rückschlüsse auf das konkrete Alter des Beschwerdeführers gezogen werden konnten.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht möglich, schlüssig nachzuvollziehen, wie der Gutachter zu der von ihm festgelegten Altersbestimmung gelangen konnte (siehe auch schon AsylGH 14.07.2008, S1 400131-1/2008; 24.7.2008, S12 400630-1/2008). Die Schlüssigkeit des Gutachtens ist jedoch nach der dargelegten Rechtsprechung eine Grundvoraussetzung, um es als Beweismittel für die Volljährigkeit des Antragstellers heranziehen zu können. Sonstige Umstände, die nach der Rechtsprechung des VwGH Indizien für die Volljährigkeit bilden können (zB widersprüchliche Aussagen zu Lebensgeschichte) sind nicht ersichtlich (VwGH 17.12.1999, 99/02/0294; 16.4.2007, 2005/01/0463).

 

Es ist von Amts wegen Aufgabe der Erstbehörde sein, gerade in einem wissenschaftlich notorischerweise sensiblen Bereich wie jenem der "Altersfeststellung" vor Befassung eines Gutachters Erhebungen zu dessen Untersuchungsmethodik und Reputation (sofern diese nicht als notorisch anzusehen ist) zu machen.

 

Der Beschwerdeführer wird mit der Feststellung seiner (allfälligen) Volljährigkeit neuerlich zu konfrontierten sein und insbesondere hinsichtlich seiner bisherigen Aufenthaltsorte und seiner Schulbildung zu befragen sein. Die sehr kurze Befragung im Rahmen der Ersteinvernahme durch die Polizeiinspektion Traiskirchen kann nicht alleine ausreichend sein, um von dem Vorliegen von ausreichenden Indizien für die Volljährigkeit des Beschwerdeführers zu sprechen, insbesondere zumal der Antragsteller im Zuge seiner Befragung durch das Bundesasylamt am 13.6.2008 angab, die Schule noch nicht abgeschlossen zu haben.

 

In diesem Zusammenhang wird auch der mit dem Beschwerdeführer eingereiste Cousin, Herr G.G. einzuvernehmen sein. Diese Ermittlungsergebnisse werden dem Beschwerdeführer sodann vorzuhalten sein. Im Zweifel wird im Sinne der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers auszugehen sein (vgl VwGH 16.04.2007, 2005/01/0463).

 

Der Erörterung der aufgeworfenen Fragen, mit denen sich die Erstbehörde auseinander zu setzen hat und zu denen der Berufungswerber im neuerlich durchzuführenden Verfahren zu befragen sein wird, kommt für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hatte gemäß § 67 d Abs 2 Z 1 AVG zu entfallen.

 

Die Rechtssache war daher spruchgemäß an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Schlagworte
Gutachten, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Minderjährigkeit, Volljährigkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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