TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/27 C15 251158-0/2008

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Veröffentlicht am 27.10.2008
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Spruch

C15 251.158-0/2008/9E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.N., geb.00.00.1972, StA.

Indien, vertreten durch: RA Dr. Lennart Binder LL.M., Rochusgasse 2/12, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.06.2004, FZ. 04 00.364-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, beantragte am 28.04.2003 erstmals die Gewährung von Asyl. Zu diesem Antrag wurde er am 12.11.2003 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.11.2003, FZ. 03 12.187-BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt. Dieser Bescheid erwuchs am 11.12.2003 in Rechtskraft.

 

2. Am 08.01.2004 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Asylantrag und brachte darin vor, dass er erfahren habe, dass neue Asylgründe vorliegen würden. Es laufe ein Verfahren gegen ihn, von dem er erst jetzt erfahren habe und bestehe auch ein Haftbefehl. Daher habe er seine Familie mit der Beschaffung der Unterlagen beauftragt. Er werde in seiner Heimat Indien politisch - insbesondere durch die Polizei - verfolgt.

 

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 28.04.2004 legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen (mit deutscher Übersetzung) in Kopie vor:

 

Ein Schreiben von Sunil Kumar, Rechtsanwalt vom 14.12.2003, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Shiromani Akali Dal geweseb und wegen seines Engagements für die Partei von der Polizei im April 2002 und im November 2002 verhaftet und beide Male nur durch Bezahlung von Bestechungsgeldern freigelassen worden sei. In der Polizeihaft sei er gefoltert worden. Die Polizei suche noch immer nach ihm und würden seine Familienmitglieder zwecks Bekanntgabe seines Aufenthaltes schikaniert werden (vgl. AS 29).

 

Eine beeidete Erklärung von G.S. [dem Vater des Beschwerdeführers] vom 14.12.2003, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Shiromani Akali Dal gewesen und wegen seines Engagements für die Partei von der Polizei im April 2002 verhaftet und nur durch Bezahlung von Bestechungsgeldern durch G.S. und des Sarpanch freigelassen worden sei. Im November 2002 sei er nochmals verhaftet worden und wieder nur durch Bestechung freigekommen. In der Polizeihaft sei er gefoltert worden. Die Polizei suche noch immer nach ihm und würden seine Familienmitglieder zwecks Bekanntgabe seines Aufenthaltes schikaniert werden (vgl. AS 33).

 

Ein Schreiben von D.S., dem Präsidenten der Shiromani Akali Dal, in welchem angeführt wird, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Shiromani Akali Dal gewesen und wegen seines Engagements für die Partei von der Polizei 2002 zweimal verhaftet und beide Male nur durch Bezahlung von Bestechungsgeldern freigelassen worden sei. In der Polizeihaft sei er gefoltert worden. Die Polizei suche noch immer nach ihm und würden seine Familienmitglieder zwecks Bekanntgabe seines Aufenthaltes schikaniert werden (vgl. AS 39).

 

Eine beeidete Erklärung von H.K., Sarpanch des Dorfes M., vom 14.12.2003, welche besagt, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Shiromani Akali Dal gewesen und wegen seines Engagements für die Partei von der Polizei 2002 verhaftet und nur durch Bezahlung von Bestechungsgeldern durch H.K. und einigen Respektspersonen des Dorfes freigelassen worden sei. 2002 sei er nochmals verhaftet worden und wieder nur durch Bestechung freigekommen. In der Polizeihaft sei er gefoltert worden. Die Polizei suche noch immer nach ihm und würden seine Familienmitglieder zwecks Bekanntgabe seines Aufenthaltes schikaniert werden (vgl. AS 43).

 

Ein Haftbefehl des Exekutivgerichts in K. vom 00.00.2003, demgemäß der Beschwerdeführer in Verfahren 3verurteilt worden sei und daher über ihn der Haftbefehl ausgesprochen und angeordnet worden sei, ihn vor dem 00.00.2003 dem Gericht vorzuführen (vgl. AS 49).

 

Bei der oben angeführten Einvernahme brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe diese Unterlagen deswegen nicht schon im Erstverfahren vorlegen können, weil sie ihm erst jetzt geschickt worden seien. Er habe seinem Vater gesagt, dass er ihm Beweismittel schicken solle; warum dies solange gedauert habe, wisse er nicht. Auf die Wiederholung der Frage durch das Bundesasylamt gab er an, er habe seine Adresse erst später bekannt gegeben. An seinen Fluchtgründen habe sich nichts geändert; es sei alles noch so, wie er es im ersten Verfahren geschildert habe. Auf Vorhalt, dass sich diese Dokumente aber inhaltlich auf ein anderes Vorbringen beziehen würden, als er im ersten Verfahren angegeben habe, obwohl er behauptete, dass sich an seinen Gründen nichts verändert habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe die Schreiben nicht gelesen, da er weder Englisch noch Deutsch könne. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er dasselbe wie im ersten Verfahren, nämlich, dass die Polizei ihn inhaftieren und schlagen würde. Die Frage des Bundesasylamtes, ob er den nunmehrigen Asylantrag gestellt habe, um nicht abgeschoben zu werden, bejahte er. Er könne nicht nach Indien zurück, da es nicht so leicht sei, Arbeit zu finden. Auf die Frage, ob gegen ihn nun eine Anzeige erstattet worden sei, gab er an, dies stehe alles in den Papieren. Auf Wiederholung der Frage gab er an, die Polizei habe ihn immer wieder mitgenommen. Auf die nochmalige Wiederholung der Frage hin, gab er an, er wisse jedoch das genaue Datum nicht; irgendwann zwischen 2000 und 2002, weil ihm Kontakt mit Extremisten vorgeworfen worden sei. Auf Vorhalt, warum er dies nicht schon im Erstverfahren angegeben habe, brachte er vor, er habe doch von seinen Problemen mit der Polizei berichtet. Auf Vorhalt, es gehe hier um die Anzeige, gab er an, er wisse nicht, ob er danach gefragt worden sei.

 

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 15.06.2004, FZ. 04 00.364-BAW, wurde der zweite Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend führte das Bundesasylamt dazu aus, dass der Antragsteller selbst im Rahmen seiner Einvernahme keine neuen Fluchtgründe angeben habe können. Er habe zwar einige Schreiben vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass er politisch tätig gewesen und aus diesem Grund mehrfach von der Polizei festgenommen und gefoltert worden sei, aber würden diese Aussagen in krassem Widerspruch zu seinen Angaben im Erstverfahren stehen. Diese Schriftstücke seien als unglaubwürdig zu werten, da der Antragsteller selbst angegeben habe, nicht zu wissen, was in diesen Schreiben stehe. Die Angaben in diesen Unterlagen würden sich allesamt auf Sachverhalte beziehen, die dem Antragsteller bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung im Erstverfahren bekannt gewesen seien und stehe daher die Rechtskraft des ersten Bescheides diesen Behauptungen entgegen.

 

4. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung (in der Folge: Beschwerde) erhoben und vorgebracht, dass er sehr wohl eine neue Tatsache genannt und Dokumente vorgelegt habe, die die näheren Umstände seiner asylrelevanten Verfolgung dartun würden. Diese habe das Bundesasylamt nicht angesehen und sei deren Inhalt nicht in den Bescheid eingeflossen.

 

5. Im Rahmen des Berufungsverfahrens (nunmehr: Beschwerdeverfahren) wurden dieselben Dokumente nochmals im Original mit deutscher Übersetzung vorgelegt. Die Überprüfung des Inhalts durch den Asylgerichtshof hat ergeben, dass es sich um den Selben handelt wie jenen der bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kopien.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem, dem Asylgerichtshof vorliegenden, Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.

 

2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

Da der gegenständliche Asylantrag am 08.01.2004 gestellt wurde, ist das Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.

 

2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69, 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

2.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren (abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) abweicht (vgl. VwGH vom 19.07.2001, Zl. 99/20/0418-13). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und ist in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen. Es kann jedoch nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vorn herein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und VwGH vom 19.07.2001, Zl. 99/20/0418).

 

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme (wegen nova reperta), nicht jedoch bedeuten sie eine Änderung der Sachlage im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG (vgl. Hauer-Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 617). Eine neue Sachentscheidung ist demnach nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhalts, sondern wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH vom 26.02.2004, Zl. 2004/07/0014; VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235 und VwGH vom 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben nochmals zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhalts kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vorn herein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913 und die in Walter / Thienel, "Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze", Band I, 2. Auflage, 1998, E 9 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (vgl. VwGH vom 29.09.2005, Zl. 2005/20/0365; VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/01/0626; VwGH vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0380 und VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

 

Für die Beschwerdeinstanz ist Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhalts darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von den Parteien erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu hervorgebracht werden (vgl. VwGH vom 27.06.2001, Zl. 98/18/0297).

 

2.3. Im vorliegenden Fall geht es bei der zu beurteilenden Frage - gemäß der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - einerseits darum, ob die nunmehr behaupteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des letzten rechtskräftigen Bescheides vorgelegen sind und andererseits darum, ob das neue Vorbringen einen "glaubhaften Kern" enthält. Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt zu seinem zweiten Asylantrag am 28.04.2004 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob sich an seinen Fluchtgründen etwas geändert habe, an:

"Nein, es ist alles noch so, wie ich es im ersten Verfahren schilderte." Zusätzlich legte er einige Unterlagen, nämlich einen Haftbefehl vom 00.00.2003 und vier Schreiben von Bewohnern seines Heimatdorfes vom 00.00.2003, vor.

 

2.4. Was nun die Gründe des Beschwerdeführers für seine Ausreise aus Indien anlangt, die sich ja seinen eigenen Angaben zufolge im zweiten Verfahren nicht geändert haben, nämlich Probleme mit der Polizei aufgrund der Entführung seines Bruders und eine Festnahme im Zuge der Wahlen der Führers der Tempel im Punjab im Jänner 2003 (vgl. AS 19 des Voraktes zur BAA Zahl: 03 12.187-BAW), handelt es sich um dieselben Gründe, die der Beschwerdeführer bereits in seinem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren vorgebracht hat; dieser Sachverhalt hat sich bereits vor Rechtskraft des den ersten Asylantrag abweisenden Bescheides ereignet; damit liegt keine nachträgliche Sachverhaltsänderung vor, sondern ist davon auszugehen, dass der nunmehr vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraftwirkung des ersten abweisenden Asylbescheides erfasst ist. In diesem Bescheid wurde auch festgestellt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu den geschilderten Problemen mit den Sicherheitsbehörden nicht glaubwürdig seien.

 

2.5. Zu den nunmehr im zweiten Asylverfahren vorgelegten Unterlagen ist zunächst zum Haftbefehl auszuführen, dass dieser vom 00.00..2003 stammt und sohin jedenfalls von der Rechtskraftwirkung des ersten Bescheides, FZ. 04 00.364-BAW (rechtskräftig am 11.12.2003) mit umfasst ist. Die weiteren Unterlagen - Schreiben von vier verschiedenen Dorfbewohnern vom 00.00.2003 - tragen zwar ein Datum nach Rechtskraftwirkung des ersten Asylbescheides (auch wenn es sich lediglich um drei Tage handelt), beziehen sich allerdings ausschließlich auf Sachverhalte, die dem Beschwerdeführer bereits während des ersten Asylverfahrens bekannt hätten sein müssen (im Wesentlichen Festnahmen im April und November 2002 durch die Polizei) und die er bereits im ersten Asylverfahren hätte vorbringen können. Anzumerken ist ferner, dass der Beschwerdeführer auf die Frage des Bundesasylamtes, aus welchen Gründen diese Unterlagen erst nach der Beendigung des ersten Asylverfahrens geschickt wurden, angab, er habe seine Adresse erst später bekannt gegeben (vgl. AS 55).

 

2.6. Ungeachtet dessen ist zum neuen Vorbringen des Beschwerdeführers im zweiten Asylverfahren auszuführen, dass dieses jeglicher Glaubwürdigkeit entbehrt und auch die vorgelegten Unterlagen den von der Judikatur geforderten "glaubhaften Kern" nicht aufweisen. Dies aus folgenden Gründen:

 

Zum einen hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt im zweiten Asylverfahren am 28.04.2004 angegeben, dass sich an seinen Fluchtgründen nichts geändert habe; zum andern legte er jedoch Unterlagen (vgl. dazu auch Punkt 2.5. dieses Erkenntnisses) vor, welche sich inhaltlich auf ein anderes Vorbringen beziehen als jene im ersten Asylverfahren. Im ersten Asylverfahren gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, sein Bruder sei im Jahr 1997 oder 1998 entführt worden und in der Folge sei die Polizei immer wieder gekommen und habe den Beschwerdeführer zu dieser Entführung einvernommen. Im Jänner 2003 sei er bei Ausschreitungen anlässlich der Wahlen der Führer der Tempel im Punjab festgenommen worden. Mitglied einer politischen Partei oder politisch tätig sei er nicht. Hingegen geht aus den vorgelegten Schreiben hervor, dass der Beschwerdeführer 2002 von der Polizei festgenommen worden sei, da er aktives Mitglied der Shiromani Akali Dal sei. In seinem gesamten ersten Asylverfahren hat der Beschwerdeführer niemals von einer politischen Tätigkeit bzw. der Mitgliedschaft in einer politischen Partei gesprochen, sondern - im Gegenteil - angegeben, dass er niemals politisch tätig und auch nicht Mitglied einer politischen Partei gewesen sei (vgl. AS 19 und AS 21 des Voraktes zur BAA Zahl: 03 12.187-BAW).

 

Auf den Widerspruch zwischen seinen Fluchtgründen im ersten und zweiten Asylverfahren (die sich ja seinen eigenen Angaben zufolge nicht geändert hätten) angesprochen, gab der Beschwerdeführer lediglich an, er habe die nunmehr vorgelegten Schreiben nicht gelesen, da er weder Englisch noch Deutsch könne. Diese Erklärung vermag allerdings nicht zu überzeugen, da - wenn die Schilderungen in den vorgelegten Schreiben tatsächlich der Wahrheit entsprechen würden - dem Beschwerdeführer ohnehin aus seiner eigenen Erfahrung bekannt sein müsste - auch ohne Lektüre der Schreiben. Ebenso wenig konnte er die Fragen des Bundesasylamtes nachvollziehbar beantworten. So gab er auf die Frage, ob es eine Anzeige gegen ihn geben würde, lediglich an: "Es steht eh alles in den Papieren." Erst auf mehrmalige Nachfrage hin bejahte er die Frage nach der Anzeige, konnte jedoch keine Details nennen. Beispielsweise brachte er vor, dass er das genaue Datum [der Anzeige] nicht wisse; er sei zwischen 2000 und 2002 [sohin vor Rechtskraft des ersten Bescheides] einmal angezeigt worden. Ferner konnte der Beschwerdeführer auch nicht schlüssig erklären, aus welchen Gründen er dieses Vorbringen nicht bereits im ersten Verfahren erstattet habe und gab dazu lediglich an, er wisse nicht, ob er danach konkret gefragt worden sei. Aus all diesen Gründen geht der Asylgerichtshof daher davon aus, dass diese Schreiben keinen "glaubhaften Kern" aufweisen, sondern es sich lediglich um Gefälligkeitsschreiben handelt.

 

2.7. Letztlich ist noch anzumerken, dass der Beschwerdeführer dem Bundesasylamt gegenüber im Rahmen der Einvernahme vom 28.04.2004 zugegeben hat, dass er den zweiten Asylantrag lediglich deshalb gestellt habe, um seine Abschiebung nach Indien zu verhindern. Als Begründung gab er an, man bekomme nicht überall in Indien leicht Arbeit.

 

3. Der Beschwerdeführer konnte somit in seinem zweiten Asylverfahren mangels Vorliegen eines glaubhaften Kerns seines Vorbringens eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht glaubhaft machen und steht sohin die Rechtskraft des abweisenden Vorbescheides dem neuerlichen Asylantrag entgegen.

 

Anhaltspunkte für eine vom individuellen Vorbringen unabhängige wesentliche Änderung der Umstände im Herkunftsstaat (vgl. dazu etwa VwGH vom 07.06.2000, Zl. 99/01/0321) des Beschwerdeführers seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens haben sich nicht ergeben. Auch in den anzuwendenden Rechtsnormen ist keine maßgebliche Änderung eingetreten.

 

Das Bundesasylamt ist sohin zu Recht vom Vorliegen einer entschiedenen Sache ausgegangen, über welche nicht neuerlich entschieden werden kann.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG idF BGBl I Nr. 2008/4 unterbleiben.

Schlagworte
Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
05.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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