TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/11 S4 402496-1/2008

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Veröffentlicht am 11.11.2008
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Spruch

S4 402.496-1/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des A.F., geb. 00.00.1981, StA. Algerien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2008, Zahl: 08 08.289-EAST Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Algerien und ist eigenen Angaben zufolge am 5.8.008 schlepperunterstützt in Italien eingereist, wo er am 6.8.2008 erkennungsdienstlich behandelt wurde und am 27.8.2008 einen Asylantrag stellte (vgl. Eurodac-Treffer Aktenseite 9 u. Aktenseite 21). Er reiste sodann per Zug am 4.9.2008 nach Österreich weiter, wo er am 8.9.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (vgl. Aktenseite 19 f.).

 

Mit E-mail vom 17.9.2008 ersuchte Österreich Italien um Übernahme des Asylwerbers gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II). Italien hat (durch Unterlassen einer fristgerechten Antwort) gem. Art. 20 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) die Wiederaufnahme des Asylwerbers akzeptiert. Letztlich hat sich Italien auch (nachträglich) mit Schreiben vom 14.10.2008 (Aktenseite 69) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 10 Abs. 1 bzw. Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) zu übernehmen.

 

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22.10.2008 erklärte der Asylwerber nach Vorhalt, dass Italien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass es in Österreich Gesetze gebe, in Italien dagegen nicht und weiters in Österreich im Gegenzug zu Italien die Menschenrechte eingehalten würden (Aktenseite 79).

 

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2008, Zahl: 08 08.289-EAST Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Italien hat auf Grundlage des Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) ausdrücklich akzeptiert, den Asylwerber wieder aufzunehmen und war es diesem bereits am 27.8.2008 möglich, in Italien einen Asylantrag zu stellen. Zweifel am Zugang des Antragstellers zu einem Asylverfahren in Italien liegen daher nicht vor.

 

Gemäß der - mittlerweile ständigen - Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (VfGH vom 8.3.2001, G 117/00 u. a., VfSlG 16.122; VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2000/01/0498) ist auf Kriterien der Art. 3 und 8 EMRK bei Entscheidungen gemäß § 5 AsylG, ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen Anordnung in der Bestimmung selbst, Bedacht zu nehmen.

 

Sohin ist zu prüfen, ob der Asylwerber im Falle der Zurückweisung seines Asylantrages und seiner Ausweisung nach Italien gem. §§ 5 und 10 AsylG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gem. Art. 3 EMRK (eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 8 EMRK wurde seitens des Antragstellers nicht behauptet und liegen auch keinerlei Anhaltspunkte hiefür vor, da der Asylwerber keine Verwandtschaft in Österreich hat) verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

 

Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Antragsteller in Italien selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen ebenso wenig vorhanden wie dass ihm Italien entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatstaat unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. hierzu insbesondere Seite 5 f. des angefochtenen Bescheides).

 

Eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK könnte somit lediglich dann erfolgen, wenn ihm Italien, etwa im Wege einer Abschiebung in seinen Heimatstaat, sofern ihm dort unmenschliche Behandlung drohen würde, entsprechenden Schutz versagen würde. Da im konkreten Fall keine Hinweise dafür vorliegen, dass über den in Italien gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers bereits eine erste Sachentscheidung getroffen worden wäre, verbieten sich auch spekulative Erwägungen über dessen Ausgang und die Erfolgsaussichten des Beschwerdeführers. Ausgehend davon, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Italien gegen seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen aus der Dublin-Verordnung qualifiziert verstoßen würde, erscheinen die lediglich pauschal in den Raum gestellten Einwendungen des Asylwerbers, wonach es in Italien keine Gesetze gebe und die Menschenrechte nicht geachtet würden, nicht geeignet, um ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Italien darzutun.

 

Der Vollständigkeit halber ist weiters auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen zu verweisen, denen zu entnehmen ist, dass Asylwerbern in Italien bis zur Entscheidung über ihren Antrag eine komplette Grundversorgung gewährt wird, die Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und medizinische Versorgung umfasst (vgl. Seite 10 des angefochtenen Bescheides), sodass nicht zu befürchten ist, dass der Asylwerber in Italien in eine existentielle Notlage geraten müsste.

 

Schließlich ist zu ergänzen, dass sich im Verfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohenden Krankheit (im Endstadium), die überdies in Italien nicht behandelbar wäre, leidet, sodass nach der strengen Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK seine Überstellung nach Italien nicht einmal ansatzweise eine für eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK relevante Gravität erreicht.

 

Im Übrigen hat bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum italienischen Asylverfahren, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sowie Erwägungen zu seiner Ausweisung gem. § 10 AsylG und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, real risk
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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