TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 S4 402589-1/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

S4 402.589-1/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.1973, StA.

Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.10.2008, Zahl:

08 08.624-EAST Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger des Iran und ist mittels eines am 11.8.2008 ausgestellten spanischen Visums (mit Gültigkeit von 1.9.2008 bis 20.9.2008) per Flugzeug am 12.9.2008 legal nach Österreich gereist, von wo aus er schließlich am selben Tag weiter nach Madrid flog. Am 13.9.2008 reiste er von Spanien aus sodann wiederum per Flugzeug erneut nach Österreich, wo er am 16.9.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (vgl. Aktenseite 17 f. u. 29).

 

Mit E-mail vom 18.9.2008 ersuchte Österreich Spanien um Übernahme des Asylwerbers gemäß Art. 9 Abs. 2 bzw. Art. 9 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II). Spanien hat sich mit Schreiben vom 8.10.2008 (Aktenseite 83) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) zu übernehmen.

 

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 16.10.2008 erklärte der Asylwerber nach Vorhalt, dass Spanien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass seiner Ausweisung nach Spanien nichts entgegenstünde, er jedoch fürchte, dass er aufgrund seines Visums vielleicht leichter in den Iran abgeschoben werden könnte (Aktenseite 91).

 

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.10.2008, Zahl: 08 08.624-EAST Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Spanien ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und hierbei im Wesentlichen vorgebracht, dass er im Falle einer Überstellung nach Spanien fürchten müsse, keine Verpflegung bzw. finanzielle Hilfe zu bekommen. Weiters seien die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte veraltet.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

 

Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.

 

Zunächst ist auszuführen, dass das Bundesasylamt im vorliegenden Fall zu Recht die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz verneint hat:

So ergibt sich bereits aus den vom Asylwerber erstinstanzlich vorgelegten Dokumenten, dass diesem am 11.8.2008 ein spanisches Schengenvisum mit Gültigkeit von 1.9.2008 bis 20.9.2008 ausgestellt wurde (vgl. Aktenseite 29). Ausgehend davon, dass das Visum des Asylwerbers zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Asylantragstellung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten (konkret Österreich) noch gültig gewesen ist, ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) sohin die Verpflichtung Spaniens zur Aufnahme des Beschwerdeführers sowie zur Prüfung seines Asylantrages und hat Spanien seine Zuständigkeit auch ausdrücklich akzeptiert. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

 

Gemäß der - mittlerweile ständigen - Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (VfGH vom 8.3.2001, G 117/00 u. a., VfSlG 16.122; VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2000/01/0498) ist auf Kriterien der Art. 3 und 8 EMRK bei Entscheidungen gemäß § 5 AsylG, ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen Anordnung in der Bestimmung selbst, Bedacht zu nehmen.

 

Sohin ist zu prüfen, ob der Asylwerber im Falle der Zurückweisung seines Asylantrages und seiner Ausweisung nach Spanien gem. §§ 5 und 10 AsylG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gem. Art. 3 EMRK (eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 8 EMRK wurde seitens des Antragstellers nicht behauptet und liegen auch keinerlei Anhaltspunkte hiefür vor, da der Asylwerber keine Verwandtschaft in Österreich hat) verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

 

Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Antragsteller in Spanien selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen ebenso wenig vorhanden wie dass ihm Spanien entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatstaat unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. hierzu insbesondere Seite 6 des angefochtenen Bescheides).

 

Eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK könnte somit lediglich dann erfolgen, wenn ihm Spanien etwa im Wege einer Abschiebung in seinen Heimatstaat, sofern ihm dort unmenschliche Behandlung drohen würde, entsprechenden Schutz versagen würde. Da der Asylwerber in Spanien noch gar keinen Asylantrag gestellt hat, ihm solches im Falle seiner Überstellung nach Spanien jedoch selbstverständlich freisteht (vgl. Seite 5 des angefochtenen Bescheides), verbieten sich auch spekulative Erwägungen über den Ausgang und die Erfolgsaussichten eines vom Beschwerdeführer im zuständigen Mitgliedstaat möglicherweise angestrebten Asylverfahrens. Soweit der Asylwerber vorbringt, dass ihm aufgrund seines spanischen Schengenvisums im Falle einer Überstellung nach Spanien eventuell eine Kettenabschiebung in den Iran drohe, erscheint diese durch keine konkreten Anhaltspunkte belegte Vermutung nicht geeignet, um ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Spanien darzutun. Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach es das Bundesasylamt unterlassen habe, aktuelle Ermittlungen hinsichtlich der Versorgungslage von Asylwerbern in Spanien in seine Erwägungen einfließen zu lassen und er fürchten müsse, in Spanien keine Verpflegung oder finanzielle Hilfe zu erhalten, ist dem Asylwerber entgegenzuhalten, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spanien gegen seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen aus der Dublin-Verordnung qualifiziert verstoßen würde, sodass seine in der Beschwerde geäußerten Befürchtungen (die der Asylwerber auf einen seinerseits veralteten Bericht von amnesty international stützt !) letztlich keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Spanien darzutun vermögen. In diesem Zusammenhang ist weiters auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen zu verweisen, denen zufolge Asylwerbern in Spanien finanzielle Unterstützung für Ausgaben verschiedenster Art (u. a. persönliche Ausgaben und Reisekosten, Kleidung und Ausbildung etc.) gewährt wird (Seite 7 des angefochtenen Bescheides). Konkrete Hinweise, dass der Asylwerber in Spanien in eine existentielle Notlage geraten müsste, liegen somit nicht vor.

 

Schließlich ist zu ergänzen, dass sich im Verfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohenden Krankheit (im Endstadium), die überdies in Spanien nicht behandelbar wäre, leidet, sodass nach der strengen Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK seine Überstellung nach Spanien nicht einmal ansatzweise eine für eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK relevante Gravität erreicht.

 

Im Übrigen hat bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum spanischen Asylverfahren, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sowie Erwägungen zu seiner Ausweisung gem. § 10 AsylG und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, real risk, Rechtsschutzstandard
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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