TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/29 98/14/0221

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Veröffentlicht am 29.05.2001
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §263 Abs2;
BAO §263 Abs3;
BAO §270 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der R GmbH als Rechtsnachfolgerin der L-GmbH in W, vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 27. März 1998, RV-140.97/1-6/1997, betreffend Gewerbesteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In der gegen den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wird nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof und antragsgemäßer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. September 1998, B 982/98-3, ua ausgeführt, der in der Sache zuständige Berufungssenat I, der den angefochtenen Bescheid beschlossen habe, sei insofern rechtswidrig zusammengesetzt gewesen, als der entsendete Dr. FD und der ernannte Mag. CK an der Entscheidung mitgewirkt hätten. Dr. FD und Mag. CK seien dem Berufungssenat I nicht als Mitglieder, sondern bloß als Stellvertreter zugewiesen. Ihre Mitwirkung an der Entscheidung käme daher nur in Betracht, wenn alle Mitglieder des Berufungssenates I verhindert gewesen wären. Dem Berufungssenat I seien insgesamt 88 entsendete und ernannte Mitglieder zugewiesen. Es sei daher höchst unwahrscheinlich, dass alle entsendeten und ernannten Mitglieder des Berufungssenates I verhindert gewesen wären, weswegen Stellvertreter an der Entscheidung hätten mitwirken müssen. Aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich auch kein Anhaltspunkt für die Verhinderung aller entsendeten und ernannten Mitglieder des Berufungssenates I. Der angefochtene Bescheid sei daher infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gültigen Verzeichnis der Mitglieder und Stellvertreter der Berufungskommission für Oberösterreich ergibt, ist Dr. FD dem Berufungssenat I nicht als von der gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe entsendetes Mitglied, sondern als entsendeter Stellvertreter und Mag. CK nicht als ernanntes Mitglied, sondern als ernannter Stellvertreter zugewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 15. September 1999, 98/13/0153, vom 29. März 2001, 99/14/0105, vom 23. April 2001, 2000/14/0056, und vom 10. Mai 2001, 98/15/0208, ausgeführt hat, sind Stellvertreter erst dann zur Mitwirkung in Berufungssenaten nach § 270 Abs 3 BAO heranzuziehen, wenn alle Mitglieder der betreffenden Gruppe bzw des Bereiches der selbständigen oder unselbständigen Berufe an der Mitwirkung verhindert sind. Die Verhinderung aller Mitglieder ist von der belangten Behörde zumindest aktenintern eindeutig und nachvollziehbar darzutun.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass sowohl aus der Gruppe der Entsendeten als auch aus der der Ernannten nur als Stellvertreter Zugewiesene an der Entscheidung des Berufungssenates I mitgewirkt haben. Weder im angefochtenen Bescheid noch in der Gegenschrift hat die belangte Behörde die Verhinderung aller von der gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe entsendeten Mitglieder und aller ernannten Mitglieder an der Mitwirkung der Entscheidung des Berufungssenates I dargetan. Die Mitwirkung des Dr. FD und des Mag. CK in ihrer Stellung als Stellvertreter an der Entscheidung des Berufungssenates I erweist sich daher als rechtswidrig.

Da der Berufungssenat I, der den angefochtenen Bescheid beschlossen hat, nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war, war der Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 2 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 29. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998140221.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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