TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/30 95/13/0013

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Veröffentlicht am 30.05.2001
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §24 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
KStG 1966 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der MS in W, vertreten durch Dr. Maximilian Schludermann, Rechtsanwalt in Wien IV, Brucknerstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 22. November 1994, Zl 6/3- 3410/92-04, betreffend ua Einkommensteuer 1984 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich Einkommensteuer 1984 bis 1988, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde u.a. die Ansicht vertreten, dass Michael L, der Sohn der Beschwerdeführerin, hinsichtlich der Geschäftsanteile der Michael L GmbH "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Treunehmer seiner Mutter" gewesen sei. Der Prüfer stützte dies vornehmlich auf ein verbindliches Anbot des Michael L, seine Geschäftsanteile an seine Mutter abzutreten. Daneben stützte sich der Prüfer diesbezüglich auch auf Feststellungen, welche im Prüfungsverfahren einer anderen GmbH getroffen worden waren. Demnach sei Gesellschafterin dieser (anderen) GmbH Elzbieta V gewesen, laut einer Aussage des Ehemannes der Beschwerdeführerin habe Elzbieta V die Anteile aber nur nach außen für die Beschwerdeführerin gehalten. Auch bei dieser GmbH habe es ein Anbot vom 23. Juli 1986 auf Abtretung von Geschäftsanteilen des "damaligen" Gesellschafters Gerhard K gegeben. Ausgehend davon, dass Michael L die Geschäftsanteile der Michael L GmbH treuhändig für seine Mutter gehalten habe, gelangte der Prüfer zur Ansicht, dass die bei der Michael L GmbH anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen der Beschwerdeführerin zugeflossen seien, weil von dieser aussagekräftige Unterlagen hinsichtlich ihrer Vermögenslage bzw deren Zustandekommens nicht hätten beigebracht werden können. Die Herkunft der Vermögenswerte sei nach Würdigung des diesbezüglichen, im Prüfungsbericht näher dargestellten Vorbringens der Beschwerdeführerin als ungeklärt zu bezeichnen. Nach Ansicht des Prüfers habe es nur durch den Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttungen zur Bildung der Vermögenswerte kommen können.

In den in der Folge vom Finanzamt erlassenen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1984 bis 1988 wurden den verdeckten Gewinnausschüttungen entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Beurteilung, sie sei wirtschaftliche Eigentümerin der Michael L GmbH gewesen, und rügte die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Überlegungen des Prüfers. Das Anbot des Michael L auf Abtretung der Anteile an die Beschwerdeführerin sei errichtet worden, weil Michael L zur Absicherung seiner wirtschaftlichen Existenz habe verhindern wollen, dass im Fall einer Scheidung die Gesellschaftsanteile in das Auseinandersetzungsverfahren einbezogen würden. Vom Prüfer sei nicht darauf eingegangen worden, dass die bloße Möglichkeit einer Annahme (des Anbotes) noch nicht die tatsächliche Annahme nach sich ziehe. Anlässlich der Prüfung der Michael L GmbH sei auch geprüft worden, wer der wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft gewesen sei. Dass dies Michael L gewesen sei, werde aus der Feststellung deutlich, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen Michael L und nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet worden seien. Die Beschwerdeführerin wandte sich auch gegen die Beurteilung, dass die unbestritten vorhandenen Vermögenswerte nur durch den Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttungen der Michael L GmbH hätten entstehen können und nicht durch die von der Beschwerdeführerin angegebenen Umstände.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie vornehmlich aus, weshalb die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Beweiswürdigung des Prüfers, warum die von der Beschwerdeführerin angebotenen Erklärungen, wie es zu den vorhandenen Vermögenswerten gekommen sei, nicht zielführend seien. Daneben meinte die belangte Behörde, das Vorbringen, warum Michael L das Anbot hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Michael L GmbH gelegt habe, vermöge nicht zu überzeugen, weil das Anbot zu dem angegebenen Zweck auch hätte angenommen werden müssen. Nach den vorgelegten Unterlagen könne auch nicht davon gesprochen werden, dass die Richtigkeit der Behauptung, Michael L habe eine Kapitalaufstockung des Stammkapitals der Michael L GmbH aus eigenen Mitteln durchführen können, nachgewiesen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Frage strittig, ob die Beurteilung, dass der Beschwerdeführerin verdeckte Gewinnausschüttungen der Michael L GmbH zugeflossen seien, zu Recht erfolgte.

Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Erfassung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit dem Zufluss von verdeckten Gewinnausschüttungen ist, dass ein Sachverhalt als erwiesen angenommen wird, welcher einer Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung zugänglich ist.

Verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinn des § 8 Abs 1 KStG 1966 sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft mindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Wesentliche Voraussetzung für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Gewinnausschüttung ist daher u.a. die Zuwendung eines Vorteiles an einen Anteilsinhaber.

Im Beschwerdefall wurde im Verwaltungsverfahren ausdrücklich bestritten, dass die Beschwerdeführerin "wirtschaftlich" Gesellschafterin der Michael L GmbH gewesen sei. Es wäre daher zur tauglichen Begründung des angefochtenen Bescheides die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, darzulegen, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin doch von deren Gesellschaftereigenschaft hinsichtlich der Michael L GmbH auszugehen sei. Dies hat die belangte Behörde jedoch nicht getan. Sie hat vielmehr ausgeführt, weshalb ihrer Ansicht nach die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Beweiswürdigung des Prüfers, warum die von der Beschwerdeführerin angeführten Erklärungen, wie es zu den vorhandenen Vermögenswerten gekommen sei, nicht zielführend seien.

Nun mag zwar bei unbestrittener Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Gewinnausschüttung, somit auch bei unbestrittener Eigenschaft einer Person als Gesellschafter der entsprechenden GmbH, eine Vermögensdeckungsrechnung geeignet sein, allfällige Einwendungen gegen die Behauptung, die verdeckte Gewinnausschüttung sei diesem Gesellschafter nicht zugeflossen, im Rahmen der Beweiswürdigung als unzutreffend zu beurteilen. Ist aber durch die Bestreitung der Gesellschaftereigenschaft die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung als solche strittig, so ist vorerst in einer den Grundsätzen einer dem Gesetz entsprechenden Begründung (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200) darzutun, aus welchen Erwägungen die Behörde die Gesellschaftereigenschaft als erwiesen annimmt. Der Hinweis der belangten Behörde darauf, dass das von der Beschwerdeführerin angeführte Motiv für das Gesellschaftsanteilabtretungsanbot nicht überzeuge, genügt diesem Erfordernis ebenso wenig wie der Umstand, dass die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet seien, den Nachweis zu erbringen, dass Michael L eine Kapitalaufstockung des Stammkapitals der Michael L GmbH aus eigenen Mitteln habe durchführen können. Dies umso mehr, als nach dem seitens der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beschwerdeführerin die anlässlich der Prüfung der Michael L GmbH festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung dem Michael L zugerechnet, somit Michael L - dem Gesellschaftsvertrag entsprechend - als Gesellschafter dieser Gesellschaft angesehen wurde. Zum Vorbringen der belangten Behörde in einem Nachtrag zu der von ihr zur Beschwerde erstatteten Gegenschrift, wonach der Berufung des Michael L im Rahmen einer zweiten Berufungsvorentscheidung stattgegeben worden sei, das in der Beschwerde vorgetragene Argument der Annahme des Zuflusses der verdeckten Gewinnausschüttung an zwei Personen daher nicht mehr stichhältig sei, ist - abgesehen davon, dass eine unzureichende Begründung des angefochtenen Bescheides in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann und die zweite Berufungsvorentscheidung überdies erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangen war - darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheidung nicht zu entnehmen ist, aus welchen Gründen der Berufung des Michael L stattgegeben worden war. Es wäre daher sogar denkbar, dass sich die diesen Bescheid erlassende Behörde durch entsprechende Argumente in der Berufung davon hat überzeugen lassen, dass der anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung der Michael L GmbH festgestellte Sachverhalt entgegen der bis dahin vertretenen Ansicht nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen ist, welchen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer Beurteilung, es liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, zu Grunde legte. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon infolge dieser wesentlichen Begründungsmängel als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs 3 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird jedoch zu dem vom Prüfer festgestellten Anbot auf Abtretung der Geschäftsanteile darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein solches Anbot für sich allein nicht zur Folge hat, dass die Gesellschaftsanteile steuerlich bereits dem Annahmeberechtigten zuzurechnen wären (vgl das hg Erkenntnis vom 9. November 1994, 91/13/0068, unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 9. Mai 1989, 89/14/0033). Hinsichtlich des ebenfalls vom Prüfer angesprochenen Treuhandverhältnisses wird zur Frage der steuerlichen Anerkennung eines solchen auf das hg Erkenntnis vom 16. März 1989, 89/14/0024, verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 30. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995130013.X00

Im RIS seit

23.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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