TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/31 98/20/0176

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Veröffentlicht am 31.05.2001
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §90b Abs5;
StVG §93;
StVG §94;
StVG §96 Abs1;
StVG §96 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/20/0177 98/20/0178 98/20/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Strohmayer, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerden des HC in Wien, hinsichtlich der zur hg. Zl. 98/20/0179 protokollierten Beschwerde vertreten durch Dr. Brigitte Victor-Granzer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 2/15, diese vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen die Bescheide des Bundesministers für Justiz jeweils vom 5. Februar 1998, Zlen. 432.118/36-V.6/1997- 1, 2 und 3 (hg. Zlen. 98/20/0176 bis 0178) sowie Zl. 432.118/36- V.6/1997-4 (hg. Zl. 98/20/0179), jeweils betreffend Angelegenheiten des Strafvollzuges,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die zu den hg. Zlen. 98/20/0176 bis 0178 protokollierten Beschwerden werden als gegenstandslos geworden erklärt und das Beschwerdeverfahren wird insoweit eingestellt;

II. zu Recht erkannt:

Die zur hg. Zl. 98/20/0179 protokollierte Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der zu den hg. Zlen. 98/20/0176 bis 0178 protokollierten Beschwerden ist der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag vom 14. September 1998 nicht nachgekommen. Es war daher - insoweit - gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG wie in Spruchpunkt I. angeführt zu verfahren.

Nach der Begründung des Bescheides, gegen den sich die zur hg. Zl. 98/20/0179 protokollierte Beschwerde richtet, erhielt der damals in der Justizanstalt Stein angehaltene Beschwerdeführer am 18. Dezember 1996 Besuch von Frau Rosita R., Wirtschaftstreuhänderin und Schwester des Beschwerdeführers. Als Besucherraum wurde der Tischbesuchsraum zugewiesen, der bedingt durch vorweihnachtlichen Besucherandrang stark belegt war. Der Beschwerdeführer begehrte hingegen die Durchführung des Besuches in einer Einzel-Sprechkabine. Nachdem ihm dies nicht zugestanden worden war, erklärte er, keinen Wert mehr auf die Besuchsabwicklung zu legen. Der Besuch von Frau R. wurde daher letztlich nicht durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge von Frau R. nicht mehr besucht.

Diesen Sachverhalt würdigte die belangte Behörde - im Anschluss an eine Darstellung anzuwendender Rechtsvorschriften - im Wesentlichen dahingehend, dass das Gesetz Strafgefangenen grundsätzlich kein subjektives Recht auf Durchführung eines Besuches (auch eines Rechtsbeistandes) in einem "besonderen Besuchsraum" einräume und die vom Beschwerdeführer vorgegebene Dringlichkeit und Wichtigkeit des Gespräches offenbar doch nicht vorgelegen sei, weil der Beschwerdeführer letztlich auf die Gesprächsführung einfach verzichtet habe und seither von Frau R. nie mehr besucht worden sei. Nach dem Vorbringen in der Administrativbeschwerde sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer die behauptete Wichtigkeit und Bedeutung (des Besuches) erst unmittelbar bei Besuchsbeginn preisgegeben habe. Ein subjektives Recht auf Abwicklung von Gesprächen mit Rechtsbeiständen "in einem bestimmten Raum" sei auch aus § 96 Abs. 1 StVG nicht ableitbar. Die Gefahr einer inhaltlichen Überwachung des Gespräches habe der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete - ursprünglich nur auf die Behauptung "massivster Rechtsverletzungen und gesamter Verfristungen" gestützte - Beschwerde, die in diesbezüglicher Befolgung des Mängelbehebungsauftrages vom 14. September 1998 mit Schriftsatz vom 21. Jänner 1999 ergänzt wurde, ist wie folgt begründet:

"Der beschwerdegegenständliche Bescheid ist infolge von Verletzung von materiellen und Verfahrensregeln rechtswidrig.

Zunächst wird gerügt, dass der beschwerdegegenständliche Bescheid sich insofern mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt nicht ausreichend auseinandersetzt, als keine Begründung dafür angegeben wird, wieso meinem Wunsch auf Durchführung des Besuches meiner Schwester Frau Rosita R. am 18.12.1996 in einer Einzel-Sprechkabine nicht stattgegeben werden konnte.

Die Bestimmung des § 93 StVG spricht allgemein davon, dass Strafgefangene Besuche von bestimmter Dauer empfangen dürfen.

Abs. 3 leg. cit. räumt das Recht ein, Besuche, die persönliche Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit, wichtige Rechts- oder Geschäftsangelegenheiten oder ernstliche Fragen des Fortkommens des Strafgefangenen betreffen, auch in kürzeren Abständen und von längerer Dauer empfangen zu können.

Schon aus der Aufzählung dieser besonders wichtigen oder persönlichen Angelegenheiten kann abgeleitet werden, dass solche Besuche primär in einem gesonderten Raum stattfinden sollten, da ansonsten der Zweck dieser Besuche nicht erfüllt werden könnte. Im vorliegenden Fall scheint unbestritten zu sein, dass es am 18.12.1996 einen besonders starken Besucherandrang wegen der Vorweihnachtszeit gab und daher mein Wunsch auf Durchführung des Besuches in einer Einzel-Sprechkabine nicht nur legitim, sondern auch verständlich war. Dass ich die Wichtigkeit und die Bedeutung erst bei Besuchsbeginn bekanntgegeben habe, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Dass es aus organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen wäre, den Besuch in einer Einzel-Sprechkabine abzuwickeln, behauptet nicht einmal die belangte Behörde.

Von 'besonderen Besuchsräumen' spricht § 94 Abs. 1 StVG, eine Unterscheidung von Tischbesuchsraum und Einzel-Sprechkabinen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Daraus folgt, dass die Ablehnung der Durchführung eines Besuches in einer Einzel-Sprechkabine einer Verweigerung meines subjektiven Rechtes auf das Empfangen von Besuchen gemäß § 93 StVG gleichkommt.

Insgesamt ergibt sich somit, dass der beschwerdegegenständliche Bescheid aus den genannten Gründen rechtswidrig ist."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

§§ 93 und 94 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), lauten in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 799/1993 wie folgt:

"Besuche

§ 93. (1) Strafgefangene dürfen Besuche innerhalb der festgesetzten Besuchszeiten so oft und in dem zeitlichen Ausmaß empfangen, als deren Abwicklung mit vertretbarem Aufwand gewährleistet werden kann. Es darf ihnen nicht verwehrt werden, jede Woche wenigstens einen Besuch in der Dauer von mindestens einer halben Stunde zu empfangen; wenigstens einmal innerhalb von sechs Wochen ist die Besuchsdauer auf mindestens eine Stunde zu verlängern. Erhält ein Strafgefangener selten Besuch oder hat ein Besucher einen langen Anreiseweg, so ist die Besuchsdauer jedenfalls angemessen zu verlängern.

(2) Zur Regelung wichtiger persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Angelegenheiten, die weder schriftlich erledigt noch bis zur Entlassung aufgeschoben werden können, sowie zur Aufrechterhaltung familiärer und sonstiger persönlicher Bindungen ist den Strafgefangenen in geeigneten Räumlichkeiten Gelegenheit zum Empfang von Besuchen in hiefür angemessener Häufigkeit und Dauer, erforderlichenfalls auch außerhalb der Besuchszeiten, zu geben. Auf eine Überwachung solcher Besuche kann, soweit keine Bedenken bestehen, verzichtet werden.

(3) Besucher, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nur in Begleitung Erwachsener zum Besuch zuzulassen. Mehr als drei Besucher sollen nicht gleichzeitig zum Besuch eines Strafgefangenen zugelassen werden.

§ 94. (1) Außer in den Fällen des § 93 Abs. 2 sind Besuche nur während der Besuchszeiten zu gestatten. Diese sind vom Anstaltsleiter an mindestens vier Wochentagen, davon wenigstens einmal am Abend oder am Wochenende, festzusetzen; auf Besucher, die berufstätig sind oder eine weite Anreise haben, ist hiebei Rücksicht zu nehmen. Die Besuche haben in den dafür vorgesehenen Besuchsräumen oder, wenn es die Witterung gestattet, innerhalb dafür vorgesehener Teile des Anstaltsbereiches im Freien stattzufinden. Soweit ein Missbrauch nicht zu besorgen ist, kann der Anstaltsleiter, insbesondere bei Besuchen von Angehörigen, ein Unterbleiben der Überwachung des Gespräches oder andere Lockerungen der Besuchsgestaltung bewilligen. Bei bettlägerigen oder ihrer Krankheit wegen abgesonderten Strafgefangenen hat der Anstaltsleiter nach Anhörung des Anstaltsarztes Besuche im Krankenraum zu gestatten, es sei denn, dass davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder der Gesundheit des Strafgefangenen, des Besuchers oder dritter Personen zu besorgen wäre.

(2) Die Besucher haben sich, wenn sie nicht bekannt sind, über ihre Person auszuweisen. Sie sind in kurzen und einfachen Worten darüber zu belehren, wie sie sich beim Besuche zu verhalten haben.

(3) Die Besucher haben sich so zu verhalten, dass die Zwecke des Strafvollzuges nicht gefährdet werden und der Anstand nicht verletzt wird. Die Besucher und die Strafgefangenen dürfen einander keine Gegenstände übergeben.

(4) Soweit nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Überwachung des Inhalts des Gespräches zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher zu unterbleiben hat, ist das Gespräch verständlich, in deutscher Sprache und auch sonst so zu führen, dass es leicht überwacht werden kann. Angehörige einer inländischen sprachlichen Minderheit sind zum Gebrauch ihrer Sprache berechtigt. Ist ein Strafgefangener der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, so ist der Gebrauch einer Fremdsprache zulässig; dies gilt, soweit keine Bedenken bestehen, auch dann, wenn der Besucher der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist."

Besuche u.a. von Rechtsbeiständen, zu denen gemäß § 90b Abs. 5 StVG u.a. Wirtschaftstreuhänder gehören, sind gemäß § 96 Abs. 1 StVG auch außerhalb der in § 93 Abs. 1 genannten Zeitabstände während der Amtsstunden zu gestatten. Gemäß § 96 Abs. 2 StVG ist der Inhalt der zwischen solchen Besuchern und den Strafgefangenen geführten Gespräche nicht zu überwachen. Besondere Anordnungen darüber, unter welchen räumlichen Bedingungen Besuche von Rechtsbeiständen abzuwickeln sind, werden in dieser Bestimmung nicht getroffen.

In der Beschwerde wird nicht auf den konkreten Zweck des beschwerdegegenständlichen Besuches und die mangelnde Eignung des Tischbesuchsraumes für die Durchführung dieses Besuches eingegangen und kein Versuch unternommen, für die Erfüllung des "Wunsches" des Beschwerdeführers nach Durchführung der Besprechung in einem abgesonderten Raum eine sachliche Notwendigkeit aufzuzeigen. Den von der belangten Behörde aus dem Verhalten des Beschwerdeführers gezogenen Schlüssen wird nicht entgegengetreten. Die rechtliche Schlussfolgerung, schon aus der mangelnden Unterscheidung von "Tischbesuchsraum" und "Einzel-Sprechkabinen" im Gesetz ergebe sich, dass die Ablehnung der Durchführung eines Besuches in einem Raum der zuletzt genannten Art einer Verweigerung des subjektiven Rechtes auf das Empfangen von Besuchen "gleichkomme", wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.

Schon der Inhalt der zur hg. Zl. 98/20/0179 protokollierten Beschwerde lässt somit erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Diese Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998200176.X00

Im RIS seit

31.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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