RS UVS Oberösterreich 1996/02/12 VwSen-120031/24/Br

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Veröffentlicht am 12.02.1996
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Rechtssatz

Nach § 136 LFG besteht gemäß dessen lit.c auch für den Zivilflugplatzhalter die Verpflichtung, wahrgenommene Unfälle und Störungen in der Zivilluftfahrt unverzüglich (nunmehr) der Austro Control GesmbH zu melden. Diese Bestimmung ist im Zusammenhalt mit der Zivilluftfahrt-Störverordnung (ZSV) BGBl. Nr.152/1978 zu lesen. Laut § 3 Abs.1 ZSV (vorletzter Halbsatz) besteht eine solche Meldepflicht ohne Rücksicht darauf, ob bereits eine sogenannte Flugnotmeldung oder eine Störungsmeldung von einem anderen Meldepflichtigen erstattet wurde. Gemäß dem Absatz 2 leg.cit. bedarf es hiezu der Verwendung der auf Zivilflugplätzen zur Verfügung zu stellender gesonderter Formblätter. Unzweckmäßig ist jedoch, daß auf diesem Formblatt (St.Dr.Lager-Nr.657) keine Datumsrubrik vorgesehen ist, sodaß der Erstellungszeitpunkt der Meldung letztlich wohl nur erschwert nachvollzogen werden kann. Daraus folgt, daß es sich bei einer derartigen Meldung primär (bloß) um eine schriftlich zu erstattende Meldung handelt. Der Begriff "unverzüglich" bedeutet daher im luftfahrtrechtlichen Kontext auch, daß sich die Unverzüglichkeit in ihrer zeitlichen Dimension auf die Typizität der Schriftlichkeit bezieht und daher nicht in Minuten und auch nicht in Stunden zu quantifizieren wäre. Zumal die Störungsmeldung im Sinne des § 3 ZSV ausdrücklich die Schriftlichkeit vorsieht - im Gegensatz zum Regelungsinhalt des § 18 ZSV -, erwiese sich dieser Tatvorwurf auch hinsichtlich seiner Subsumtion als unzureichend. Hier wäre durch die Erstbehörde unter Beachtung des § 18 Abs.1 ZSV darzulegen gewesen, daß die Meldung unverzüglich fernmündlich, fernschriftlich oder über Funk zu erfolgen hatte und welcher Art die Meldung und dazu noch wie lange diese verspätet war.

Lediglich für die Erstattung der Flugnotmeldung gemäß § 18 Abs.1 ZSV, welche anläßlich eines Flugunfalles erforderlich ist, ist die auch dort begrifflich normierte "Unverzüglichkeit" ausdrücklich als "fernmündlich, fernschriftlich oder auf dem Funkweg" zu erstatten festgelegt. Dies sollte dem Berufungswerber hier offensichtlich zur Last gelegt werden.

Hier lag im Sinne des § 2 ZSV ein Unfall vor, welcher über Veranlassung des Berufungswerbers binnen 21 Minuten, nämlich um

13.17 UTC bzw. 15.17 GMT der Austro Control (Flugsicherungsstelle L) telefonisch gemeldet wurde. Der Vorwurf der verspäteten Meldung ließ sich somit bei richtiger Subsumtion auch objektiv nicht aufrechterhalten. Offenbar wurden hier auch die jeweiligen Zeitansätze (UTC und Lokalzeit), welche während der Sommerzeit zwei Stunden auseinanderliegen, nicht berücksichtigt, sodaß es zu Fehlannahmen hinsichtlich des Einlangens der Unfallmeldung gekommen ist.

Inhaltlich sei der Vollständigkeit halber dazu bemerkt, daß mit einer Meldung bei der Flugsicherungsstelle in L (Abteilung der Austro Control) innerhalb von 21 Minuten nach einem derartigen Unfall der gesetzlichen Intention nicht zuwider gehandelt werden konnte. Mit einer derartig - objektiv besehen - kurzen Zeitspanne können keine wie immer gearteten nachteiligen Folgen erblickt werden. Was durch den mangelhaften Tatvorwurf hier ohnedies nicht mehr Gegenstand ist, würde eine vorerst zu erfolgende visuelle Unfallaufnahme durch den (die) Verantwortlichen, insbesondere aber einer Koordinierung von Rettungsmaßnahmen der Vorrang gegenüber der Meldeverpflichtung zukommen und sich schon dadurch eine realistische Zeitspanne bis zur Meldung rechtfertigen bzw. sich zwingend ergeben.

Die Einstellung hatte in diesem Punkt aber bereits im Vorfeld wegen eingetretener Verfolgungsverjährung zu erfolgen.

In den Punkten 3. und 5. schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat unter Maßgabe der vorgenommenen Änderung des Spruches inhaltlich den Ausführungen der Erstbehörde an. In Punkt 5. ist aber auf die Subsidiaritätsproblematik Bedacht zu nehmen gewesen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung dazu, daß eben ein hindernisfreibleibender Sicherheitsstreifen seinem Zweck nur gerecht werden kann und somit jedes darin abgestellte Flugzeug und jede sich dort unbefugt aufhaltende Peson dieser Schutznorm zuwider läuft.

Nach § 68 Abs.1 LFG ist zum Betrieb von Zivilflugplätzen eine Bewilligung erforderlich (Zivilflugplatz-Bewilligung). Das gleiche gilt für jede Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges eines Zivilflugplatzes. Auch ist für die Benützung einer zivilen Bodeneinrichtung, um eine solche handelt es sich bei der Landepiste, eine Bewilligung erforderlich (§ 78 Abs.1 LFG). In Verbindung mit § 10 Abs.1 und § 2 Abs.2 der Zivilflugplatz-Verordnung wird normiert, daß die Tragfähigkeit von Bewegungsflächen, mit Ausnahme des Sicherheitsstreifens, für das Gesamtgewicht jener Arten von Luftfahrzeugen ausreichen muß, für welche die Bewegungsflächen (gemäß der Zivilflugplatz-Bewilligung) bestimmt sind. Diese Tragfähigkeit ist in der Benützungsbewilligung (§ 78 des Luftfahrtgesetzes) sowohl als höchstzulässiges Gesamtgewicht als auch je Hauptfahrwerksbein, getrennt nach Arten der in Betracht kommenden Fahrwerke (Einzelrad-, Doppelrad- und Doppelradtandem-Fahrwerk), in Kilopond festzusetzen. Der Betriebsumfang von Zivilflugplätzen bestimmt sich a) nach der Art des zugelassenen Verkehrs (öffentlicher Flugplatz, Privatflugplatz), b) nach Art der Luftfahrzeuge, die den Zivilfluplatz benützen dürfen (zB Motorflugzeuge, Hubschrauber, Segelflugzeuge), c) nach der Art und den Ausmaßen (Klassen) der für den Start und die Landung vorgesehenen Bewegungsflächen und d) nach der Art des zugelassenen Flugbetriebes (Sichtflugbetrieb bei Tag/Nacht ......(vgl. VwGH 22.10.1980, 2848/78).

In der Begründung des "Betriebsbewilligungsbescheides" wurde neben dem Ergebnis der "noch durchzuführenden Tragfähigkeitsprüfung" schließlich auch noch auf den Bescheid vom 19.12.1985, Zl.:VerkR-5101/20-1995-III/H (Errichtungsbewilligung für die Asphaltpiste) und wiederum auf dessen bezughabende Verhandlungsschrift, welche auch hinsichtlich dieses Bescheides zum wesentlichen Bestandteil desselben gemacht wurde, verwiesen. Auf der Seite sieben der Niederschrift vom 16.12.1985 ist festgehalten, daß "die Tragfähigkeit der befestigten Piste für ein Gesamtabfluggewicht bis 2000 Kilopond für jedes in Betracht kommende Fahrwerk vorgesehen sei". Mit dieser technisch wohl unlogischen Formulierung (Gesamtabfluggewicht für jedes Fahrwerk) sollte wohl gemeint sein, daß die Zulassung auf Luftfahrzeuge beschränkt sein sollte, welche keine höhere Belastung jedes einzelnen in Betracht kommenden Fahrwerks als zwei Tonnen aufweisen. Angesichts des Fehlens einer Angabe auch über eine höchstzulässige Abflugmasse, könnte nach dieser Diktion selbst die Antonov noch in diesem Bereich zu liegen kommen.

Ein Spruch eines Bescheides, der in Ansehung von Vorschreibungen auf in der Verhandlungsschrift enthaltene Ausführungen eines Gutachtens verweist, wird den Anforderungen des § 59 Abs.1 AVG nicht gerecht. Dies gilt auch dann, wenn die Verhandlungsschrift zum Bestandteil des Spruches erklärt wird (VwGH 24.5.1989, 88/03/0135, sowie 13.3.1991/03/0038 siehe auch Hauer-Leukauf, Seite 444, E 78).

Durch die im hier gegenständlichen Administrativverfahren vorkommenden mehrfachen und zu widersprüchlichem Inhalt führenden Verweisen, insbesondere aber des per Verordnung normierten Erfordernisses, daß die Belastung auf jedes in Betracht kommende Fahrwerk gesondert auszuweisen ist, kann dieser Bescheid nicht als Grundlage einer Bestrafung des Berufungswerbers angesehen werden. Grundsätzlich ist auch ein Bescheid zuerst in seinem objektiven Erklärungsinhalt (grammatikalisch) auszulegen. Allfällige andere Willensinhalte, selbst wenn diese sowohl beim Konsenswerber als auch bei der bescheiderlassenden Behörde vorliegen, vermögen weder eine über den Erklärungsinhalt hinausgehenden, noch einen hinter diesem zurückbleibenden normativen Charakter entfalten. Gemäß der Spruchpraxis des VwGH, zu gewerblichen Betriebsanlagen - die bei Flugplätzen geltenden Regelungen könnten in analoger Bedeutung dem gewerblichen Betriebsanlagenrecht vergleichbar erachtet werden - müssen die Auflagen so klar gefaßt sein, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen, soll damit ein Anknüpfungspunkt für eine strafbare Tat verbunden werden können (VwGH 25.2.1993, Zl. 92/04/0164, eines für viele). Diese Unklarheit gelangte insbesondere im Punkt 14. des Flugplatzbewilligungsbescheides zum Ausdruck, indem durch  die Änderung der Tragfähigkeit der Piste (wenn auch nur aus technischer und nicht rechtlicher Sicht festgestellt) einen anderen Bescheidinhalt annehmen läßt.

Nachdem schließlich die mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.11.1994 gesetzten Verfolgungshandlung auf "ein Gesamtabfluggewicht bis 2.000 kp für jedes in Betracht kommende Fahrwerk" abstellt und das Gewicht der Antonov nicht bezeichnend ist, ist im Hinblick auf die im 4. Punkt des Straferkenntnisses auch keine Verfolgungshandlung - nämlich auch keine allenfalls auch auf den Betriebaufnahmebewilligungsbescheid vom 21. Juli 1961 zu beziehende - gesetzt worden. Somit ist auch im Hinblick auf diesen Ansatz die Verfolgungsverjährung eingetreten, sodaß es dem Verwaltungssenat verwehrt wäre hier noch eine Korrektur vorzunehmen, wenngleich zusätzlich auch die weitgehende Unklarheit der Rechtslage durch die sich mehrfach widersprechenden Bescheide eine Bestrafung nicht zuließe.

Somit ist der Berufungswerber auch in diesem Punkt mit seinem Berufungsvorbringen wenigstens im Ergebnis im Recht. Wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den Anordnungen der Flugsicherungsorgane zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist vom Landeshauptmann mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Im Falle der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen ohne die nach § 103 oder § 108 erforderlichen Bewilligungen ist eine Geldstrafe von mindestens 50.000 S zu verhängen (§ 146 Abs.1 LFG).

Im Sinne der hier gesetzlich normierten Subsidiarität der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen gegenüber dem in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Tatbestand ist daher zu prüfen, ob hier überhaupt ein von der Verwaltungsbehörde zu ahndendes Verhalten in Form einer Unterlassung vorlag (vgl. VwGH 20.5.1994, Zl. 93/02/0110).

Fällt etwa eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind gemäß § 22 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Wenn auf eine Handlung mehrere Tatbestände zutreffen, sich aber aus dem Verhältnis dieser Tatbestände zueinander ergibt, daß sie sich ausschließen, liegt Gesetzeskonkurrenz vor. Im Falle der Spezialität und Konsumption schließt die Lehre auf die Gesetzeskonkurrenz aus der Natur der Tatbestände, im Falle der Subsidiarität - wie hier - aus der klaren Anordnung des Gesetzgebers (vgl. VwGH 1990/49, Slg.Nr.2478).

Der unabhängige Verwaltungssenat beurteilt den hier vorliegenden Sachverhalt als die Erfüllung eines in die Zuständigkeit des Gerichtes fallenden Tatbestandes selbständig. Diese Kompetenz kommt ihm insbesondere deshalb zu, weil im gegenständlichen Zusammenhang bei der Staatsanwaltschaft bzw. beim LG Ried eine Voruntersuchung noch anhängig ist.

Im Kommentar von Foregger-Serini, StGB, 4. Auflage, Manz Verlag, Seite 212, wird dargelegt, daß als Fahrlässigkeit bewußte oder unbewußte Fahrlässigkeit zu verstehen ist; die Fahrlässigkeit muß sich auch auf den Eintritt des pönalisierten Erfolges beziehen. Eine als Fahrlässigkeit zu wertende Sorgfaltsverletzung bestehe häufig in der Mißachtung einer konkreten, zum Schutze der körperlichen Sicherheit aufgestellten Norm. Die Normverletzung (hier im Sinne des § 1 iVm § 24 Zivilflugplatz-Betriebsordnung) ist zuzurechnen, wenn sich der strafgesetzwidrige Erfolg (§ 80 StGB) als Verwirklichung gerade jener Gefahr erweist der zu begegnen gewesen und hier in Gestalt als Verwaltungsübertretung als verletzt erachtet wurde. Gleiches gilt daher nach h. Ansicht, wenn ein bestimmtes Verhalten durch Treffen von geeigneten Vorkehrungen geboten gewesen wäre.

Zur Kausalität sei hiezu bemerkt, daß als erste Voraussetzung für die objektive Zurechenbarkeit eines Erfolges die im Sinne der Äquivalenztheorie verstandene Kausalität ist. Das Verhalten ist Bedingung für den eintretenden Erfolg. Aus dieser Betrachtung wird hier der Kausalzusammenhang auch nicht ins unendliche ausgedehnt. Der Zurückverfolgung der Ursachenkette eines bestimmten Erfolges wäre dort der Riegel vorzuschieben, als die Frage nach dem Kausalzusammenhang ausschließlich bezüglich eines tatbestandsmäßigen, d.h. im Hinblick auf die Herbeiführung dieses Erfolges objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens zu stellen war. Zur Grenze der Sorgfaltsübung ist zu prüfen, ob dem Handelnden "die Einhaltung des gebotenen Maßes an Vorsicht nach seinen persönlichen und nach den Umständen des Falles zuzumuten war." Im Rahmen der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit erscheint es hier angesichts der Funktion des Berufungswerbers positiv beurteilbar, daß hier der Berufungswerber und ein von ihm zu vertretenes Kontrollnetz zu einer Hintanhaltung der Anwesenheit von Personen im Sicherheitsstreifen objektiv möglich und subjektiv von ihm einzufordern gewesen wäre; die Einhaltung dieses Erfordernisses hätte ihn in keiner Richtung hin überfordert, sodaß dieser Unterlassung strafrechtliche Relevanz zumindest für den Fall beizumessen ist, falls diese Pflicht nicht in geeigneter Form gänzlich deligierbar und delegiert war. Diesbezüglich haben sich im Rahmen dieses Verfahrens nur wenige Anhaltspunkte gefunden (vgl. dazu Burgstaller, Fahrlässigkeit im Strafrecht, Manz 1975, 85 ff).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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