RS UVS Oberösterreich 1999/08/10 VwSen-500077/3/Ga/Km

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Veröffentlicht am 10.08.1999
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Rechtssatz

Gemäß § 1 Abs2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 - GelverkG gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen die Gewerbeordnung 1994 mit der Maßgabe, daß das Personenbeförderungsgewerbe als bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe gilt.

Nach § 5 Abs1 erster Satz GelverkG darf die Konzession nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes 1. die Zuverlässigkeit, 2. die finanzielle Leistungsfähigkeit und 3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen.

§ 28 Abs1 GewO hat folgenden Wortlaut:

"(1) Sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs4 oder § 22 Abs4 nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen wenn, 1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen oder 2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und a. dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder b. wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen."

Nach Abs3 des § 28 GewO kann die Nachsicht gemäß Abs1 auch mit der Beschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes erteilt werden, wenn die Befähigung lediglich in diesem Umfang gegeben ist.

In den Entscheidungsgründen zu seinem Erkenntnis vom 2. März 1995, G 272/94, hat der VfGH (zur Aufhebung der Wendung "Z2" in § 28 Abs.3 GewO) ausgeführt, dass nach der GewO die Möglichkeit besteht, eine Gewerbeberechtigung auch nur für eine Teiltätigkeit anzustreben. Dass in einem derartigen Fall die Erteilung einer Nachsicht vom vorgesehenen Befähigungsnachweis davon abhängig gemacht wird, dass vom Nachsichtswerber nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung im beantragten Umfang erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, hält der VfGH für erforderlich, um das öffentliche Interesse der Sicherung eines entsprechenden Standards fachlicher Leistungen zu erreichen. Es kann aber nicht mehr als erforderlich angesehen werden, wenn auch für den Fall, dass die Gewerbeberechtigung nur für eine bestimmte Teiltätigkeit eines Gewerbes angestrebt wird, vom Nachsichtswerber verlangt wird, dass er (sinngemäß) über die volle Befähigung verfügt, somit auch Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, die darüber hinausgehen, was für die Ausübung der jeweiligen Teiltätigkeit nottut (vgl Anm. 57a zu § 28 GewO bei Kinscher/Sedlak, GewO, 6.A.).

Nach Meinung der Bundes-Gewerbereferententagung 1995 sollte in der Frage, ob der Nachsichtswerber die für eine Teiltätigkeit des Gewerbes erforderliche Qualifikation aufweist, die jeweils geltende Befähigungsnachweisregelung zwar weiterhin als Maßstab herangezogen werden; es wäre dann aber (nur) zu prüfen, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, deren Nachweis in der betreffenden Regelung vorgeschrieben ist, (auch) für die Ausübung der in Aussicht genommenen Teiltätigkeit erforderlich sind (vgl hiezu Rz 30 und 31 zu § 28 GewO bei Grabler/ Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 1998, Springer Wien, 146).

Eine solche - nun für den ganzen Abs1 des § 28 GewO maßgebliche - Einschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes hat hier der Berufungswerber mit seinem Antrag ("Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes mit Pkw, eingeschränkt auf die Beförderung von Kindergartenkindern von und zum Kindergarten") zweifellos gestellt und in seiner Berufung bekräftigt. In Entsprechung dieser Einschränkung des Nachsichtsantrages hätte daher auch die belangte Behörde schon das Vorliegen des Nachsichtsgrundes iSd § 28 Abs1 Z1 GewO zu prüfen gehabt. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht jedoch hervor, dass die belangte Behörde bei ihren Erwägungen zur Erfüllung des Nachsichtstatbestandes gemäß Z1 legcit umfassend auf das Vorliegen der vollen Befähigung, ohne erkennbare Bedachtnahme auf Inhalt und Zweck des § 28 Abs3 GewO, abgestellt hat. Das dabei erzielte Ergebnis aber verfehlt den Antrag, auf den bindend abzustellen gewesen wäre. Mit anderen Worten: Die belangte Behörde unterstellte ihren bezüglichen Bescheiderwägungen einen Antrag mit uneingeschränktem Umfang, der nicht gestellt worden ist.

Anders als im angefochtenen Bescheid wäre im Licht schon des § 28 Abs1 Z1 iVm § 28 Abs3 GewO nur und nichts anderes zu prüfen gewesen, ob der Nachsichtswerber im Sinne seines Antrages die Befähigung zumindest im Umfang der Beschränkung auf die Teiltätigkeit besitzt.

In sinngemäß entsprechender Weise hätte dies nach den Umständen des Berufungsfalles auch für die Prüfung des Nachsichtsgrundes gemäß § 28 Abs1 Z2 iVm § 28 Abs3 GewO gegolten. Aber auch diesbezüglich lässt der angefochtene Bescheid nicht erkennen, dass das Vorliegen der hinreichenden tatsächlichen Befähigung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der antragsgemäßen Einschränkung auf die Teiltätigkeit konkret beurteilt worden wäre; vielmehr wurde die Beurteilung auch in diesem Punkt nach Maßgabe eines Gesamt-Befähigungsbildes vorgenommen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Äußerung der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Fachgruppe Oberösterreich für das Beförderungsgewerbe mit Pkw, vom 7. Mai 1999 als wenig hilfreiche Ermittlungsquelle für die Nachsichtsbehörde, geht doch daraus nur hervor, daß die Fachgruppe den in Rede stehenden Antrag nur in Richtung des Nachsichtsgrundes gemäß § 28 Abs1 Z2 GewO beurteilt hat, wobei, weil nähere Ausführungen fehlen, der Oö. Verwaltungssenat dafürhält, dass die Äußerung gesamthaft und somit ohne strikt konkretisierende Bedachtnahme auf die antragsgemäße Einschränkung auf die Teiltätigkeit erfolgte. Allerdings lässt sich aus dem dem Tribunal vorgelegten Verfahrensakt nicht eindeutig nachvollziehen, in welcher Fassung - in der ursprünglichen oder in der gemäß Schreiben des Nachsichtswerbers vom 29. Jänner 1999 eingeschränkten Fassung - der Antrag an die Fachgruppe zur Abgabe eines Gutachtens im Sinne des § 346 Abs3 GewO übermittelt wurde. Davon abgesehen, verkannte die Fachgruppe ("Aus diesen Gründen ist die Fachgruppe nicht in der Lage, einer positiven Erledigung des obigen Ansuchens zuzustimmen."), dass ihr die seit der Gewerberechtsnovelle 1997 für das Nachsichtsverfahren geltende Rechtslage kein Zustimmungsrecht mehr zubilligt. Im übrigen entspricht eine Äußerung der Fachgruppe in der vorliegenden Qualität in keiner Weise dem vom Gesetzgeber des § 346 Abs.3 GewO ins Auge gefassten "Gutachten", was in der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde allerdings keinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat.

Auch die nun erst in der Gegenschrift der belangten Behörde (und nicht schon, wie es iSd § 60 AVG geboten gewesen wäre, in der Begründung des angefochtenen Bescheides) angestellten Vergleiche der Befähigungsgrundlagen betreffend die fachliche Eignung im Güterbeförderungsgewerbe und im Personenbeförderungsgewerbe (Mietwagengewerbe mit Pkw) lassen nicht erkennen, dass diese vergleichende Gegenüberstellung aus dem Blickwinkel der hier zufolge Antragsbindung allein maßgeblichen Teiltätigkeit des Gewerbes und somit im Licht einer hiezu korrespondierenden Befähigung vorgenommen wurde (wobei aus Gründen der Nachprüfbarkeit die Inhalte der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr - BZP-VO in einem nur die Teiltätigkeit widerspiegelnden, insofern konkret anzugebenden Umfang heranzuziehen gewesen wären).

Die belangte Behörde führt schließlich aus, der Einschreiter habe nicht behauptet, dass er die volle Befähigung iSd § 28 Abs1 Z1 GewO besitze. Tatsächlich hat der Nachsichtswerber alles in allem hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich für die Teiltätigkeit sehr wohl - eben nur im Umfang der Teiltätigkeit - für befähigt erachtet (vgl die in vertretbarer Weise in diesem Sinn deutbare Stellungnahme des Nachsichtswerbers vom 27.5.1999). Hat aber - zusammenfassend - die belangte Behörde dem zum Nachsichtsantrag geführten Ermittlungsverfahren schon unter dem Gesichtspunkt des Nachsichtsgrundes gemäß § 28 Abs1 Z1 GewO einen Antragsinhalt unterstellt, der gar nicht vorlag einerseits und ist zu bedenken andererseits, daß dann, wenn ein dem Antrag entsprechendes Ermittlungsverfahren geführt worden wäre und das Vorliegen der iSd § 28 Abs3 GewO eingeschränkten Befähigung zutage gefördert hätte, der Nachsichtsgrund nach § 28 Abs2 Z2 GewO nicht (und somit auch nicht mehr die Ausnahme nach lit.a oder lit.b legcit) zu prüfen gewesen wäre, so erweist sich der angefochtene Bescheid als Ganzes als rechtswidrig, weshalb er aufzuheben war.

Aus diesen Gründen stellte sich der dem Oö. Verwaltungssenat zum eigentlichen, dh eingeschränkten Nachsichtsantrag vorliegende Sachverhalt im Berufungsfall als so mangelhaft heraus, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde unvermeidlich erscheint, weshalb gleichzeitig die Zurückverweisung zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides zu verfügen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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