TE Vwgh Erkenntnis 2001/8/7 98/18/0330

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Veröffentlicht am 07.08.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs4;
FrG 1997 §7 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/18/0331 98/18/0332

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde 1. des G B, geboren am 25. Oktober 1952 (Zl. 98/18/0330), 2. der N S, geboren am 13. April 1967 (Zl. 98/18/0331), und 3. des M B, geboren am 31. Mai 1987 (Zl. 98/18/0332), sämtliche in Wien, sämtliche vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien je vom 28. August 1998, Zlen. SD 514/98, sowie SD 513/98 und SD 512/98, jeweils betreffend Anträge auf Abspruch über das Mehrbegehren auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. August 1998 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Abweisung ihres Mehrbegehrens auf Erteilung einer "unbefristeten Aufenthaltsberechtigung" - nach Erteilung einer bis 31. Jänner 1999 befristet wirksamen Aufenthaltserlaubnis - gemäß § 7 Abs. 4 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75 - zurückgewiesen.

Zur Begründung führt sie in den Bescheiden nahezu gleich lautend aus, dass die Beschwerdeführer am 15. Oktober 1997 beim Amt der Wiener Landesregierung (inhaltsgleiche) Anträge auf Erteilung von "unbefristet wirksamen Aufenthaltsberechtigungen" eingebracht hätten, die vom Amt der Wiener Landesregierung an die Bundespolizeidirektion Wien im Sinne der Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 abgetreten worden seien. Dort habe der Erstbeschwerdeführer anlässlich seines Antrages auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung eine Inskriptionsbestätigung der Technischen Universität für das Wintersemester 1997/1998 als ordentlicher Hörer vorgelegt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe eine Bestätigung der Universität Wien vorgelegt, dass sie im Wintersemester 1997/1998 als ordentlich Studierende der Studienrichtung Medizin zur Fortsetzung gemeldet sei. Der Drittbeschwerdeführer habe als Angehöriger seiner Mutter die Eintragung der Aufenthaltsberechtigung in den Reisepass der Zweitbeschwerdeführerin beantragt. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG, wonach Drittstaatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis bräuchten, wenn ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung diene, sei den Beschwerdeführern eine Aufenthaltserlaubnis bis 31. Jänner 1999 - der Zweitbeschwerdeführerin als Studentin und dem Drittbeschwerdeführer für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Studenten" - erteilt worden.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrten die Beschwerdeführer eine Entscheidung über die Abweisung des Mehrbegehrens auf Erteilung einer "unbefristet wirksamen Aufenthaltsberechtigung", ohne den Aufenthaltstitel konkret zu bezeichnen. Aus der Systematik des Fremdengesetzes 1997 ergebe sich, dass die "Erteilung" eines unbefristeten Aufenthaltstitels eine Form der Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltsberechtigung darstelle, und zwar jene, die zeitlich nicht begrenzt sei. Die befristete Verlängerung eines Aufenthaltstitels sei daher gegenüber der "Erteilung" einer unbefristeten Bewilligung kein aliud, sondern ein minus. Die Erstbehörde habe daher durch die jeweilige Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis implicite zum Ausdruck gebracht, dass das Mehrbegehren auf unbefristete Erteilung, also über den 31. Jänner 1999 hinaus, abgewiesen werde. Diese Bescheide der Erstbehörde in Form von Vignetten in den Reisepässen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sei diesen am 27. März 1998 durch Ausfolgung zugestellt worden und sohin - mangels Ergreifung eines Rechtsmittels - in Rechtskraft erwachsen. Dem nunmehrigen Antrag stehe sohin die Unanfechtbarkeit der Bescheide im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG entgegen, zumal der Antrag - wie oben dargelegt - die Abänderung der in Rechtskraft erwachsenen Bescheide (Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis) in der selben Sache zum Ziel habe. Die Zulässigkeit des vorliegenden Antrages käme nur dann in Betracht, wenn neu entstandene Tatsachen vorlägen, was von den Beschwerdeführern aber nicht einmal behauptet werde. Vielmehr sei in den Berufungsfällen eine "res judicata" gegeben, sodass sich die Anträge als unzulässig erwiesen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, dass die drei Beschwerdeführer Anträge auf Erteilung von jeweils unbefristet wirksamen Aufenthaltsberechtigungen bzw. Niederlassungsbewilligungen eingebracht hätten. Am 27. März 1998 sei den Beschwerdeführern durch Anbringung von Vignetten in deren Reisepässen jeweils eine bis 31. Jänner 1999 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Den Beschwerdeführern sei weder über ihre Anträge vom 15. Oktober 1997 noch über die Tatsache der Anbringung der Vignetten in den Reisepässen ein (nicht) erlassener Bescheid zugestellt oder mündlich eröffnet worden. Ihnen sei anlässlich der Anbringung der Vignetten in den Reisepässen auch nicht erklärt worden, dass ein Bescheid erlassen worden sei. Die Tatsache der Anbringung der Vignetten stelle weder ausdrücklich noch schlüssig die vorherige Erlassung eines mündlichen oder schriftlichen Bescheides dar. Seien sohin tatsächlich keine Bescheide erlassen und den Beschwerdeführern keine antragsgemäß unbefristeten Aufenthaltsberechtigungen bzw. Niederlassungsbewilligungen erteilt worden, dann habe die belangte Behörde über die Nichterledigung der Anträge mit Bescheid in der Sache zu entscheiden. Die Feststellung der belangten Behörde, dass ein Bescheid über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis erlassen worden wäre, sei aktenwidrig und unrichtig.

2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, werden Aufenthaltstitel als Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungsbewilligung erteilt. Gemäß § 7 Abs. 5 FrG wird die Form der Aufenthaltstitel durch Verordnung des Bundesministers für Inneres kundgemacht.

§ 14 FrG trifft gemeinsame Bestimmungen für das Verfahren bei der Erteilung der Einreise- und Aufenthaltstitel. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist der Einreise- oder Aufenthaltstitel im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen. Ein Aufenthaltstitel kann gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung auch in Bescheidform erteilt werden, wenn der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu verschaffen.

§ 3 Abs. 2 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1997 - FrG-DV, BGBl. II Nr. 418, bestimmt, dass Aufenthaltstitel in Form einer Vignette entsprechend der gemeinsamen Maßnahme des Rates der Europäischen Union zur einheitlichen Gestaltung der Aufenthaltstitel vom 16. Dezember 1996, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 007/1997, erteilt werden.

Die Beschwerde stellt ausdrücklich außer Streit, dass in den Reisepässen der Beschwerdeführer am 27. März 1998 Vignetten angebracht wurden, laut denen jeweils eine bis zum 31. Jänner 1999 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.

3. Die in § 14 Abs. 4 FrG vorgesehene Ersichtlichmachung eines Aufenthaltstitels im Reisedokument des Fremden stellt sich als eine von den die Form von Bescheiden regelnden Bestimmungen der §§ 58 ff AVG abweichende Vorschrift über die Bescheidausfertigung dar. Gemäß § 14 Abs. 4 FrG ist kein "Bescheid" nach den Regeln des AVG zu erlassen, sondern eine besondere Urkunde (Ersichtlichmachung) auszustellen; der Ausstellung dieser Urkunde kommt die Wirkung der Erlassung eines Bescheides zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 94/18/1109 mwN).

4. Auf den vorliegenden Fall bezogen heißt das, dass mit der Ersichtlichmachung der jeweiligen Aufenthaltserlaubnis in den Reisepässen der Beschwerdeführer am 27. März 1998 Bescheide erlassen wurden, die ihren Anträgen auf Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels zum Teil stattgaben. Der Inhalt dieser Bescheide erschöpfte sich indes nicht in der Erteilung der jeweiligen Aufenthaltserlaubnis, weil in der von der Erstbehörde vorgenommenen Befristung der Gültigkeitsdauer gleichzeitig auch die Versagung der von den Beschwerdeführern begehrten unbefristeten Erteilung zu erblicken ist (vgl. das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996 sowie die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1997, Zl. 96/19/1165 mwN., sowie vom 2. Oktober 2000, Zl. 99/19/0043).

5. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass über die Anträge der Beschwerdeführer vom 15. Oktober 1997 auf Erteilung von unbefristet wirksamen Aufenthaltsberechtigungen mit der Ersichtlichmachung der Aufenthaltserlaubnis in den Reisepässen jeweils zur Gänze abgesprochen worden war und die Anträge der Beschwerdeführer vom 1. April 1998 auf Abspruch des über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis hinausgehenden Mehrbegehrens gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen waren.

6. Aus dem Gesagten folgt, dass auch die Verfahrensrüge der Relevanz entbehrt, weil die belangte Behörde zu Recht von der Erledigung der Anträge der Beschwerdeführer vom 15. Oktober 1997 durch die ausgestellten Vignetten ausging.

7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. August 2001

Schlagworte

Einhaltung der Formvorschriften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180330.X00

Im RIS seit

27.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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