TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/13 98/12/0092

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Veröffentlicht am 13.09.2001
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Index

63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

RGV 1955 §1 Abs1 litb;
RGV 1955 §1;
RGV 1955 §2 Abs1;
RGV 1955 §2 Abs2;
RGV 1955 §2 Abs5;
RGV 1955 §4 Z2;
RGV 1955 §4;
RGV 1955 §47 Abs1;
RGV 1955 §47;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die ?eschwerde des F in K, vertreten durch die Dr. Christoph Brenner und Dr. Alexander Riel, Rechtsanwälte in Krems, Utzstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 20. Februar 1998, Zl. 305136/1- III/8/98, betreffend Reisegebühren (§§ 4 und 47 der Reisegebührenvorschrift 1955), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter (Bezirksinspektor) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Justizanstalt Stein (Dienstort: Krems-Stein), in der er im Bereich der Wirtschaftsverwaltung tätig ist. Er hat fallweise - im Beschwerdefall ergibt sich aus den im strittigen Zeitraum gelegten Reiserechnungen, dass dies fünf- bis siebenmal pro Monat der Fall war - Tag- bzw. Nachtdienste in der Außenstelle Mautern (Gärtnerei) zu leisten. Mautern ist eine selbständige Ortsgemeinde, die außerhalb des Dienstortes Krems-Stein liegt. Seine Tätigkeit in der Außenstelle besteht in der Bewachung der dortigen Insassen.

Mit Schreiben vom 12. Jänner 1998 brachte der (anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Dienste in der Außenstelle vor, dass auf Grund der damit verbundenen Dienstzeiten die Benützung des eigenen PKWs unbedingt erforderlich sei; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht möglich bzw. untunlich. Die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges sei ihm jeweils von seiner Dienststelle bewilligt worden. Durch seine Dienstverrichtungen (in der Außenstelle) außerhalb des Dienstortes seien ihm erhöhte Aufwendungen erwachsen. Er habe nach § 4 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) Ansprüche auf Reisekostenvergütung und Tagesgebühren für die Zeit vom März 1996 bis September 1997 in der Höhe von S 22.425,60. Die Reisegebühren seien von der zuständigen Buchhaltung auf ihre rechnerische Richtigkeit überprüft und von ihm rechtzeitig durch Übermittlung der Reiserechnungen bekannt gegeben worden. Abschließend stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm die geltendgemachten Reisegebühren anzuweisen, in eventu über seinen Antrag bescheidmäßig abzusprechen.

Aus den im Verwaltungsakt enthaltenen rechtzeitig gelegten Reiserechnungen geht hervor, dass diese den Zeitraum von Mai 1996 bis einschließlich September 1997 umfassen. Der vom Beschwerdeführer genannte Betrag ist die Gesamtsumme der vom Beschwerdeführer in diesem Zeitraum geltend gemachten (von der von der Buchhaltung des OLG Wien nicht beanstandeten, aber zum Teil ihrer Höhe nach korrigierten) Tagesgebühren und einem Kilometergeld für Fußmärsche (für eine Wegstrecke von jeweils 6 Kilometer). Die vom Beschwerdeführer in einem Teil seiner Reiserechnungen bei Nachtdiensten geltend gemachten Nächtigungsgebühren, die von der genannten Buchhaltung durch Streichung nicht "anerkannt" wurden, scheinen hingegen in der von ihm geltend gemachten Gesamtsumme nicht auf.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Februar 1998 wies die belangte Behörde seinen Antrag "auf Auszahlung von Reisegebühren für den Zeitraum März 1996 bis September 1997 in der Höhe von S 22.425,60 für die von Ihnen geleistete Bewachung der Insassen in der Außenstelle der Justizanstalt Stein, der Gärnterei Mautern, "gemäß § 47 Abs. 1 RGV ab.

Sie begründete dies im Wesentlichen nach Wiedergabe der (damals geltenden) Rechtslage nach § 47 RGV und einem an die Leiter der Justizanstalten gerichteten Erlass der belangten Behörde vom 4. Juli 1997 (Erinnerung an die Rechtslage, wonach u. a. mit der Gefangenenaufsicht und dem Wirtschafts- und Arbeitsbetrieb verbundene Dienstverrichtungen in Außenstellen von Justizanstalten regelmäßig und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen seien. Ansprüche auf Reisegebühren seien in diesen Fällen nach § 47 Abs. 1 RGV ausgeschlossen; lediglich im Fall einer Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes könnten nach § 47 Abs. 3 RGV die nachgewiesenen Kosten einer bewilligten Benützung eines Massenbeförderungsmittels ersetzt werden) damit, bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten Dienstverrichtungen handle es sich um die Bewachung von Insassen der Außenstelle der Justizanstalt Stein, der Gärtnerei Mautern. Der Beschwerdeführer habe daher anstelle der üblichen Dienstverrichtung in der Justizanstalt eine ebenfalls routinemäßige charakteristische Dienstverrichtung in der Außenstelle versehen. Für diese außerhalb seines Dienstortes (Stein) vollzogenen Dienstverrichtungen und für die Zurücklegung der Wegstrecke von Stein nach Mautern und zurück mit seinem Privat-PKW stünden daher die geltend gemachten Ansprüche nach dem Gesetz nicht zu. Das vom Anstaltsleiter bestätigte Dienstinteresse an der Benützung des eigenen PKW könne daran nichts ändern. Eine besondere Vorschrift im Sinn des § 47 Abs. 2 RGV bestehe nicht; ein Massenbeförderungsmittel im Sinn des Abs. 3 der genannten Bestimmung sei nicht benützt worden. Es sei auch ein besonderer Mehraufwand nicht erkennbar gewesen. Der Antrag sei daher zur Gänze abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

I. Rechtslage

1. Allgemeines

Im Beschwerdefall ist nach dem Grundsatz der Zeitraumbezogenheit der geltend gemachten Ansprüche die Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV), BGBl. Nr. 133 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 375/1996 anzuwenden. Die grundlegende Neufassung des § 47 RGV, insbesondere dessen Abs. 2, durch die Dienstrechts-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 127/1999, findet daher keine Anwendung.

Vorab ist drauf hinzuweisen, dass die ursprünglich als Verordnung (u.a.) nach § 21 des Gehaltsüberleitungsgesetz (GÜG) erlassene RGV nach dem Außerkrafttreten dieser Bestimmung des GÜG (mit 1. Februar 1956; siehe Art. IX Abs. 1 der GÜG - Novelle 1956, BGBl. Nr. 56) auf Grund des Abs. 1 des § 92 GG (Stammfassung, BGBl. Nr. 54/1956) als Bundesgesetz weiter galt. Trotz ersatzloser Aufhebung des § 92 GG (Stammfassung) durch die Novelle BGBl. Nr. 518/1993 steht sie weiterhin auf der Stufe eines Bundesgesetzes in Geltung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 95/12/0054 mwN). Soweit eine Bestimmung der RGV (in der Stammfassung) diese Vorschrift als Verordnung bezeichnet, ist dies im Sinn dieser Ausführungen als überholt anzusehen.

Das I. Hauptstück der RGV enthält in seinen §§ 1 bis 38 die "Gemeinsamen Bestimmungen", während ihr II. Hauptstück die (für einzelne nach ihrer Verwendung unterschiedene Beamtengruppen geltenden) "Sonderbestimmungen" (§§ 39 ff) trifft.

2. Sonderbestimmungen für Justizwachebeamte

Die §§ 47 und 48 RGV (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) betreffen Sonderbestimmungen für "Justizwachebeamte und Jugenderzieher an Justizanstalten".

Die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung des § 47 RGV (Abs. 3 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 288/1988; die übrigen Bestimmungen in der Stammfassung) lautet:

"(1) Für die mit dem regelmäßigen Dienstbetriebe der Justizanstalt, und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschafts- und Arbeitsbetriebe verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen besteht in der Regel kein Anspruch auf Gebühren nach § 4.

(2) Die für diese Dienste allenfalls anfallenden Gebühren sind in besonderen Vorschriften geregelt.

(3) Wenn ausnahmsweise die Benützung eines Massenbeförderungsmittels bewilligt und dieses auch tatsächlich benützt wird, so hat die Reisekostenvergütung nach der niedrigsten Klasse des Massenbeförderungsmittels zu erfolgen, wobei auf die §§ 7 und 8 Bedacht zu nehmen ist."

Eine Vorschrift im Sinn des § 47 Abs. 2 RGV wurde während der Geltung dieser Bestimmung im Bundesgesetzblatt nicht kundgemacht.

3. Allgemeine Bestimmungen (I. Hauptstück)

3.1. Nach § 1 Abs. 1 RGV haben die Bundesbeamten (§ 1 Abs. 1 BDG) - im Folgenden kurz Beamte genannt - nach Maßgabe dieser Verordnung u.a. Anspruch auf den Ersatz der Mehraufwandes, der ihnen durch eine Dienstreise (lit. a) und durch eine Dienstverrichtung im Dienstort (lit. b) erwächst.

3.2. Eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als zwei Kilometer beträgt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RGV).

Nach § 2 Abs. 2 RGV liegt eine Dienstverrichtung im Dienstort im Sinne dieser Verordnung vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zur Dienstverrichtungsstelle mehr als zwei Kilometer beträgt.

Dienstort im Sinn dieser Verordnung ist die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstzuteilung zugewiesen ist (§ 2 Abs. 5 Satz 1 RGV).

3.3. Die Ansprüche bei Dienstreisen werden im Abschnitt II (§§ 4 ff), die von Dienstverrichtungen im Dienstort im Abschnitt III (§ 20) geregelt.

3.4. Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten nach § 4 Z. 1 leg. cit. die Reisekostenvergütung (sie umfasst die Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel für die Strecke zwischen der Dienststelle und der Ort der Dienstverrichtung, die Kosten der Benützung anderer Beförderungsmittel sowie die Entschädigung für Wegstrecken (Kilometergeld)), nach Z. 2 die Reisezulage (sie dient der Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft, sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfasst die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr) sowie nach Z. 3 die nachgewiesenen Aufwendungen für dienstlich notwendige Tätigkeiten (sie umfassen die zusätzlichen Kosten, die über die üblichen, mit der Durchführung einer Dienstreise verbundenen Aufwendungen hinaus entstehen, wie etwa Kosten für Ferngespräche oder für Telegramme oder für die Anfertigung von Kopien).

3.4.1. Im Abschnitt II, Unterabschnitt A, wird in den §§ 5 ff RGV die Reisekostenvergütung näher geregelt, und zwar für die Benützung von Beförderungsmitteln, die nicht Massenbeförderungsmittel sind, in § 10, für Wegstrecken, die zu Fuß zurückgelegt werden müssen, in § 11 leg. cit. 3.4.2. Im Abschnitt II Unterabschnitt B wird in den §§ 13 ff RGV die Reisezulage (Tages- und Nächtigungsgebühr) in Form von Tarifen festgelegt.

II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung von Reisegebühren bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der RGV, insbesondere deren §§ 4 und 47, verletzt.

2.1. Vorab weist der Beschwerdeführer zunächst darauf hin, dass der Dienstgeber die Diäten für die hier strittigen Dienstverrichtungen seit Oktober 1995 nicht mehr ausbezahle.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts bringt er im Wesentlichen vor, dass ein Anspruch nach § 47 Abs. 1 RGV zwar grundsätzlich ausgeschlossen sei (arg.: "in der Regel"), ein Gebührenanspruch aber dann bestehe, wenn tatsächlich ein finanzieller Mehraufwand gegeben sei. Dies komme auch im Erlass der belangten Behörde vom 14. Juli 1997 zum Ausdruck, weil dieser davon ausgehe, dass den Bediensteten der Justizanstalt aus den in § 47 Abs.1 RGV umschriebenen Dienstverrichtungen grundsätzlich kein finanzieller Mehraufwand entstehe. Ob dies der Fall sei, sei daran zu messen, welcher Aufwand für die Lebenshaltung (insbesondere Verpflegungsaufwand) für den Bediensteten bei Dienstverrichtung in seiner Dienststelle anfalle und ob dieser "Normalaufwand" durch die auswärtige Dienstverrichtung überschritten werde. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass er in der Justizanstalt Stein die Möglichkeit habe, äußerst kostengünstig Mahlzeiten (z.B. Abendessen zwischen S 15,-- und 20,- -) einzunehmen; diese Möglichkeit der kostengünstigen Verpflegung entfalle in der Außenstelle Mautern völlig. Das Anfallen eines gegenüber dem "Normalaufwand" in der Justizanstalt erhöhten Aufwandes sei wegen der geringen Verpflegskosten in der Anstalt evident. Eine Selbstversorgung sei außerhalb der Justizanstalt keinesfalls auch nur annähernd zu den den Bediensteten innerhalb der Anstalt verrechneten Kosten möglich.

Die belangte Behörde sei nach wie vor säumig bei der Erlassung von " besonderen Vorschriften" im Sinn des § 47 Abs. 2 RGV. Ungeachtet des Erlasses derartiger Vorschriften bestehe jedoch schon nach § 47 Abs. 1 RGV ein Anspruch auf Gebühren nach § 4 leg. cit., wenn eine auswärtige Dienstverrichtung mit höheren Kosten verbunden sei als diese bei Dienstverrichtungen im Dienstort anfielen. Dies sei bezüglich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Reisekosten zweifellos der Fall.

2.2. Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

2.2.1. Vorab ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer für die strittigen Dienstverrichtungen in der Außenstelle Mautern in seinem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Antrag geltend gemachten reisegebührenrechtlichen Ansprüche folgende Teilansprüche umfassen:

a) Kilometergeld für eine zu Fuß zurückgelegte Wegstrecke (Reisekostenvergütung) und

b) Tagesgebühren (Reisezulage).

Dies ergibt sich aus dem Inhalt seines Antrags, insbesondere aus der geltend gemachten Gesamtsumme in Verbindung mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Reiserechnungen. Eine Reisekostenvergütung für die Benützung seines Privat-PKW hat der Beschwerdeführer - ungeachtet seines Hinweises auf diese Tatsache in seinem Antrag vom 12. Jänner 1998 - nach den vorgelegten Reiserechnungen niemals geltend gemacht. Die in den Reiserechnungen aufscheinenden Nächtigungsgebühren (die von der zuständigen Buchhaltung "hinausreklamiert" wurden) hat er offenkundig in seinem Antrag vom 12. Jänner 1998 nicht mehr aufrecht erhalten. Im Übrigen würden dem Beschwerdeführer Nächtigungsgebühren bei Nachtdiensten nicht zustehen, weil er wegen der ihm während des Nachtdienstes in der Außenstelle treffenden Pflicht zur Dienstverrichtung überhaupt keine Nachtunterkunft in Anspruch nehmen könnte und ihm deshalb aus diesem Titel kein Mehraufwand erwachsen kann (vgl. in diesem Zusammenhang auch die hg. Erkenntnisse vom 31. Mai 1996, Zl. 96/12/0057, und vom 22. Jänner 1997, Zl. 95/12/0328).

2.2.2. Reisegebühren haben nach § 1 Abs. 1 RGV den Zweck den Mehraufwand zu ersetzen, der dem Beamten aus einem der in den lit. a bis d umschriebenen Anlässe (hier: aus einer Dienstreise nach § 2 Abs. 1 RGV) erwachsen ist, wobei der Ersatz in der Regel in pauschalierter Form vorgenommen wird.

Daran hält im Übrigen auch die für Justizwachebeamte geltende Sonderbestimmung des § 47 Abs. 1 RGV im Prinzip fest, schließt sie doch einen Gebührenanspruch nach § 4 leg. cit. für die von ihr erfassten Dienstverrichtungen nur " in der Regel" aus. § 47 Abs. 1 RGV geht dabei - wie sich aus dem Zusammenhang mit Abs. 2 dieser Bestimmung ergibt - offenkundig davon aus, dass bei den von ihr angesprochenen Dienstleistungen dem Beamten kein Mehraufwand erwächst. Die im Abs. 2 genannten besonderen Bestimmungen, auf die verwiesen wird, sollen offenbar jene Fälle regeln, in denen (typischerweise) Mehraufwendungen entstehen.

2.2.3. Die RGV geht - wie die durchgehende Verwendung des Begriffes Dienstort in der Einzahl, aber auch die Differenzierung zwischen Dienststelle und Dienstverrichtungsstelle (z.B. in § 2 Abs. 2) zeigt - offensichtlich davon aus, dass der Beamte - und das ist auch tatsächlich in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle so - nur einen Dienstort hat, von dem aus die Frage der reisegebührenrechtlichen Ansprüche bei örtlichen Veränderungen zu beurteilen ist. Für diese Betrachtung spricht weiters auch die Regelung des § 5 Abs. 1 RGV 1955, nach der als Ausgangspunkt und Endpunkt der Reisebewegung die Dienststelle anzusehen ist, der der Beamte zur Dienstleistung zugewiesen ist. Damit ist - so die Durchführungsbestimmungen zur RGV 1955 (zitiert nach Galee-Traumüller, Reisegebührenvorschrift der Bundesbediensteten,

9. Auflage, Anm. 1 zu § 5 RGV, S. 44) - zum Ausdruck gebracht, dass den Ausgangs- und Endpunkt der Reise in jedem Fall die Dienststelle und - im Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 RGV 1955 - der Dienstort bildet. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes geht also die Reisegebührenvorschrift 1955 in ihren Regelungen nur von einem Dienstort für einen Beamten aus (so bereits das hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/12/0275).

Dies gilt auch für den Anwendungsbereich der Sonderbestimmung nach § 47 Abs. 1 RGV, weil jeder überzeugende Hinweis auf eine in dieser Beziehung abweichende Regelung fehlt.

§ 47 Abs. 1 RGV ist daher nicht anzuwenden, wenn der Justizwachebeamte in mehreren Ortsgemeinden Dienst verrichten muss und ihm daraus - typologisch betrachtet - Mehraufwendungen im Sinn des § 1 RGV entstehen.

2.2.4. Dies trifft im Beschwerdefall aber zu.

Nach den Verwaltungsakten ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer überwiegend seinen Dienst in der Justizanstalt Stein (Dienstort Krems-Stein), jedoch fallweise (nach den vorliegenden Unterlagen durchschnittlich fünfmal pro Monat) in der in der Gemeinde Mautern gelegenen Außenstelle (Dienstort Mautern) zu verrichten hat. Bei einer - wie im Beschwerdefall vorliegenden -

dislozierten Außenstelle, die außerhalb des Dienstortes der (Stamm-)Dienststelle gelegen ist, ist im Sinn der RGV (d.h. unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 1 RGV) dem örtlichen Aspekt eine größere Bedeutung als dem organisatorischen Aspekt einzuräumen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0268 und Zl. 93/12/0271). Unter dem Gesichtspunkt von nach der RGV zu beurteilenden Ansprüchen kommt es in dem Fall, dass die in Rede stehenden Organisationseinheiten in verschiedenen Ortsgemeinden liegen, also nicht allein auf die organisationsrechtliche Beziehung zwischen der (Stamm)Dienststelle und der ihr zuzuordnenden dislozierten Außenstelle, sondern insbesondere darauf aus, inwieweit bei einer solchen örtlichen Trennung unabhängig von der organisatorischen Ausgestaltung typischerweise ein Mehraufwand für den Beamten besteht.

2.2.5. Im Beschwerdefall kann auch nicht von vornherein gesagt werden, dass einem Beamten mit zwei Dienstorten (wie dem Beschwerdeführer), selbst wenn diese wie im Beschwerdefall benachbart sind, generell keine Mehraufwendungen durch die dadurch notwendigen Ortsveränderungen und sonstigen damit verbundenen Belastungen entstehen. Dies hat der Gesetzgeber auch seiner Neuregelung des § 47 Abs. 2 RGV durch die Dienstrechts-Novelle 1999 zugrunde gelegt.

Es ist daher dann, wenn ein Beamter, wie vorliegendenfalls, in mehreren Ortsgemeinden Dienst verrichten muss, ein Anspruch auf Gebühren nach der RGV nicht von vornherein zu verneinen, weil der Beamte im Regelfall immer nur an seinem jeweiligen Dienstort bzw. an seiner jeweiligen Dienststelle Dienst zu versehen hat (vgl. auch in diesem Sinne die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1994, Zl. 93/12/0268 und Zl. 93/12/0271). Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken, dass hinsichtlich des örtlichen Anknüpfungspunktes für reisegebührenrechtliche Ansprüche grundsätzlich darauf abzustellen sein wird, bei welcher Organisationseinheit der Bedienstete tatsächlich überwiegend eingesetzt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Februar 1988, Zl. 86/12/0252, und vom 13. Juni 1988, Zl. 88/12/0056).

3. Da die belangten Behörde unzutreffend vom Ausschluss des Gebührenanspruches des Beschwerdeführers nach § 47 Abs. 1 RGV ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts nach §  42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird die Gebührlichkeit der im Antrag vom 12. Jänner 1998 geltend gemachten Ansprüche nach den §§ 4 ff RGV zu prüfen sein.

4. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr.416/1994.

Wien, am 13. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998120092.X00

Im RIS seit

05.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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